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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
DSt; keine Bedenken gegen §2; Verhängung einer Disziplinarstrafe nach §3 RL-BA 1977 wegen Nichteinhaltung einer - außerhalb des rechtlichen Bereiches liegenden - Absprache über die Zurücklegung eines nach dem KraftfahrG zugewiesenen polizeilichen Kennzeichens - WillkürSpruch
Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Die Bescheid wird aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer für Salzburg ist schuldig, dem Bf. die mit S 11.000.-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bf. gehörte in den Jahren 1980 bis 1983 dem Salzburger Landtag an. In einem an die Abteilung IX des Amtes der Salzburger Landesregierung im Wege des Präsidiums des Salzburger Landtages gerichteten Schreiben vom 21. Mai 1980 ersuchte er um die Zuweisung eines für Kraftfahrzeuge der Mitglieder des Salzburger Landtages reservierten polizeilichen Kennzeichens. In diesem Schreiben gab er folgende Erklärung ab:
"Ich verpflichte mich, im Falle des Ausscheidens aus dem Salzburger Landtag das nur für die Kraftfahrzeuge der Abgeordneten zum Salzburger Landtag reservierte polizeiliche Kennzeichen ungesäumt zurückzulegen."
Nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag wurde der Bf. vom Präsidium des Salzburger Landtages mehrfach schriftlich und mündlich aufgefordert, das ihm zugewiesene polizeiliche Kennzeichen im Sinne dieser Erklärung zurückzustellen. Nach mehreren Gesprächen mit dem Landtagsdirektor erklärte sich der Bf. im März 1986 dazu bereit, doch unterblieb die Rückstellung, weil das Kennzeichen dem Bf. - wie er angab - inzwischen gestohlen wurde. Dem Bf. wurde schließlich, nachdem er die Diebstahlsmeldung erstattet hatte, ein anderes Kennzeichen zugewiesen.
2. Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Salzburg sprach mit Erkenntnis vom 26. Jänner 1987 den Bf. von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf frei, er sei seiner am 21. Mai 1980 übernommenen Verpflichtung nicht nachgekommen, nach Ausscheiden aus dem Salzburger Landtag das für Kraftfahrzeuge der Abgeordneten zum Salzburger Landtag reservierte polizeiliche Kennzeichen S 266 zurückzulegen und habe dadurch das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen.
3. Die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) gab der Berufung des Kammeranwalt-Stellvertreters gegen diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 29. Juni 1987 Folge, hob das erstinstanzliche Erkenntnis auf, erkannte den Bf. des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig, verhängte über ihn die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises und sprach aus, daß er die Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen habe.
Dies wurde im wesentlichen wie folgt begründet:
". . .
In seiner rechtlichen Beurteilung führt der Disziplinarrat im freisprechenden Erkenntnis aus, daß trotz der für den Stand der Rechtsanwälte geltenden strengen Maßstäbe, der standesrechtlichen Vorschriften und der damit gegebenen Verpflichtung, eine übernommene Verbindlichkeit einzuhalten, auch wenn diese nicht klagbar sei, kein Schuldvorwurf gemacht werden könne. Die Erklärung vom 21. Mai 1980 habe keinerlei Rechtsgrundlage, die die darin übernommene Verpflichtung dem Beschuldigten gegenüber exekutierbar machen könne. Sie liege daher außerhalb des rechtlichen Bereiches und darin unterscheide sich der gegenständliche Sachverhalt von jenem in Bkd 59/73. Dort sei nämlich ein durchaus schutzwürdiges Interesse eines Vertragspartners verletzt worden. Ein solches könne aber hier nicht erkannt werden. Es sei durchaus plausibel, wenn dem Beschuldigten auch das subjektive Empfinden gefehlt habe, Unrecht zu setzen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Kammeranwalt-Stellvertreters vom 4. März 1987, in der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird, da es nicht darauf ankomme, ob eine übernommene Verpflichtung exekutierbar sei.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Es steht fest, daß sich der Beschuldigte in seiner schriftlichen Erklärung vom 21.Mai 1980 verpflichtet hat, nach Ausscheiden aus dem Landtag das ihm als Landtagsangehörigen zugeteilte KFZ-Kennzeichen zurückzugeben, welche Erklärung er nicht eingehalten hat.
Die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat in ständiger Rechtsprechung (Bkd 24/77) festgehalten, daß es dem Ansehen des Rechtsanwaltsstandes generell abträglich ist, wenn ein Rechtsanwalt übernommene Verbindlichkeiten, mögen sie nun klagbar oder unklagbar sein, nicht erfüllt. Dem trägt auch die Bestimmung des §3 RL-BA 1977 Rechnung. Die Öffentlichkeit erwartet von dem Anwalt ein in jeder Beziehung korrektes Verhalten. Deshalb ist auch die Nichterfüllung unklagbarer Verbindlichkeiten für den Stand untragbar. Zur Schädigung des Standesansehens genügt es, daß die übernommene Verpflichtung vom Anwalt während seiner Standeszugehörigkeit verletzt worden ist. Selbst eine vor Eintritt in den Anwaltsstand übernommene Verbindlichkeit muß als Anwalt in der Folge zugehalten werden. Nach §3 RL-BA 1977 hat der Rechtsanwalt eine übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen, jedenfalls dürfen Einwendungen gegen eine solche Forderung Ehre und Ansehen seines Standes nicht beeinträchtigen. Der Rechtsanwalt hat eine freiwillig geschlossene Vereinbarung unter allen Umständen einzuhalten (Anw.Bl.1955, 113 u. a.). Der Rechtsanwalt hat zu seinem Wort zu stehen (Anw.Bl. 1956, 73, 1976, 562 u.a.).
Wenn daher im angefochtenen Disziplinarerkenntnis ausgeführt wird, daß die Verpflichtung einerseits nicht rechtswirksam gewesen sei, andererseits auch nicht exekutierbar gewesen wäre und daß es sich im Gegensatz zur Entscheidung Bkd 59/73 nicht um eine zivilrechtliche, in Geld ausdrückbare Verpflichtung gehandelt habe, verkennt der Disziplinarrat die standesrechtliche Verpflichtung des Anwaltes zur Wahrung des Standesansehens eine einmal eingegangene Verpflichtung, mag diese auch - was hier nicht zu prüfen ist - nicht klagbar sein, unbedingt zu beachten. Ein gegebenes Versprechen, mag dieses auch nicht in Geld auszudrücken und nicht exekutierbar sein, ist einzuhalten.
Der Beschuldigte hat über sein eigenes Ansuchen ein 'privilegiertes' Kennzeichen für sein Privatfahrzeug erhalten. Solche 'privilegierte' Nummern sind - wie bekannt - begehrte Objekte. Es ist daher verständlich, daß bei Zuteilung eines solchen Kennzeichens vorausgesetzt wird, daß dieses bei Erlöschen der diese Zuteilung bewirkenden Funktion auch zurückgegeben wird, womit ja auch klargestellt werden soll, daß diese Funktion nicht mehr gegeben ist. Die jahrelange Verzögerung des Rückgabeversprechens ist einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt. Der Präsident des Salzburger Landtages sah sich veranlaßt, die Standesbehörde zur Erzwingung der Einhaltung eines gegebenen Wortes in Anspruch zu nehmen. Damit ist aber der Tatbestand der Verletzung des Standesansehens gegeben.
Es war daher der Berufung des Kammeranwaltes Folge zu geben, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und mit einem Schuldspruch vorzugehen.
Soweit der Beschuldigte in seiner Gegenausführung zum Rechtsmittel des Kammeranwaltes weitwendige politische Erörterungen anstellt, konnte auf dieses Vorbringen im Rahmen dieses Rechtsmittelverfahrens naturgemäß nicht eingegangen werden, weil es sich nicht als sachdienlich und demgemäß nicht als zielführend erweist.
Wenn in den rechtlichen Ausführungen auf die 'Nichtigkeit' der in Frage stehenden Verpflichtungserklärung des Beschuldigten und demgemäß auf eine geradezu 'hilflose Situation' des Landtages abgestellt wird, geht dieses Vorbringen nach dem Vorgesagten am Kern der Sache völlig vorbei. Maßgebend ist lediglich, daß der Beschuldigte am 21. Mai 1980 - freiwillig und nach der Aktenlage ersichtlich ohne jedwede Einwirkung von außen - um die Zuweisung des verfahrensgegenständlichen Kennzeichens, das für die Ausübung des Mandates an sich nicht notwendig war, angesucht hat, daß er sich für den Fall der Stattgebung seines Ansuchens ebenso freiwillig für den Fall des Ausscheidens aus dem Salzburger Landtag zu dessen Rückstellung verpflichtete und daß er in der Folge diese freiwillig übernommene Verpflichtung, die mit der bestehenden Rechtsordnung durchaus im Einklang steht, nicht eingehalten hat, sondern wortbrüchig geworden ist.
Mit dem vom Verteidiger des Beschuldigten in der Berufungsverhandlung vorgebrachten Argument der Ausübung des 'freien Mandates' ist für letzteren mangels jeglichen Konnex nichts zu gewinnen, weil das inkriminierte Verhalten erst mit der Beendigung des Mandates einsetzte."
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
5. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. etwa VfSlg. 8823/1980, 9186/1981, 10072/1984, 10413/1985) kann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
2. Der Bf. behauptet nicht, daß die von der bel. Beh. (der Sache nach) angewendeten Rechtsvorschriften, insbesondere §2 des Disziplinarstatutes (DSt) und §3 der "Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes . . ."
(RL-BA 1977), mit dem Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch stünden.
Der VfGH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung den §2 DSt - wonach ein Rechtsanwalt, welcher die Pflichten seines Berufes verletzt oder welcher in- oder außerhalb seines Berufes durch sein Benehmen die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt, der Disziplinarbehandlung durch den zuständigen Disziplinarrat unterliegt - weder wegen eines Verstoßes gegen den (auch den Gesetzgeber bindenden) Gleichheitsgrundsatz noch aus einem anderen Grund als verfassungswidrig erachtet. Er hat insbesondere (vgl. zB VfSlg. 3290/1957, 4886/1964, 5643/1967, 7262/1974, 7494/1975, 7907/1976, 9160/1981, 11007/1986, 11350/1987) die Auffassung vertreten, daß der Inhalt des Begriffes der Standespflichten aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des jeweiligen (Berufs-)Standes festgestellt werden kann und daß die Verwendung der im §2 DSt enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe mit Art18 B-VG vereinbar und daher zulässig ist, weil sie einen soweit bestimmbaren Inhalt haben, daß der Normadressat sein Verhalten danach einrichten kann und der VfGH sowie der VwGH in der Lage sind, die Anwendung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz zu prüfen.
Im Erkenntnis vom VfSlg. 11776/1988, hat der VfGH an dieser Auffassung ausdrücklich festgehalten, zugleich aber unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 8. 6. 1976 im Fall Engel (vgl. EuGRZ 1976, S 221) und auf das Erkenntnis des VfGH VfSlg. 11506/1987, betont, daß für das Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter im Hinblick auf die Schwere der im DSt angedrohten Strafen Art6 MRK zu beachten ist (in diesem Sinne bereits das Erkenntnis VfSlg. 11512/1987) und daß deshalb für solche Disziplinarverfahren auch dem Art7 MRK Bedeutung zukommt.
Der VfGH hat im Erkenntnis VfSlg. 11776/1988, unter Bedachtnahme auf die dort zitierte Rechtsprechung der EKMR - die Linie seiner neueren Judikatur zu Art7 MRK (VfSlg. 7907/1976, 8903/1980, 9401/1982) weiter verfolgend - ausgesprochen:
"Im Ergebnis ist der VfGH einer Meinung mit Frowein (in Frowein/Peukert, EMRK, Kommentar, S. 183), daß 'Art7 mit dem Verbot rückwirkender Strafgesetze eine der wichtigsten Grundlagen des rechtsstaatlichen Strafprozesses, aber darüber hinaus eine grundlegende Norm des Freiheitsschutzes' enthält. 'Nur wenn der Bürger weiß, welches Verhalten strafbar ist, kann er seinen Freiheitsspielraum erkennen und ausnutzen. Ohne die Grundsätze nullum crimen sine lege und nulla poena sine lege wäre auch die für einen Rechtsstaat fundamentale Rechtssicherheit nicht gewährleistet.'
Einer Verurteilung nach §2 DSt muß daher verfassungskonform im Sinne des Art7 MRK - zugrundeliegen, daß sie wegen einer Verletzung von Berufspflichten oder wegen eines Verstoßes gegen Ehre und Ansehen des Standes erfolgt, die sich aus gesetzlichen Regelungen oder aus verfestigten Standesauffassungen (wozu allenfalls Richtlinien oder die bisherige (Standes-)Judikatur Bedeutung besitzen; vgl. hiezu Appl. 5493/72 (CD 45, 23), aber auch Appl. 6782/74 (DR 9, 13)) ergeben, die in einer dem Klarheitsgebot entsprechenden Bestimmtheit feststehen."
3.a) Der Bf. macht der Sache nach geltend, die bel. Beh. habe, indem sie das ihm zur Last gelegte Verhalten dem §3 RL-BA 1977 und dem §2 DSt unterstellte, diese Vorschriften denkunmöglich und damit willkürlich angewendet und dadurch den Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt.
b) Nach der Rechtsprechung des VfGH fällt der Behörde Willkür unter anderem auch dann zur Last, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderem Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB VfSlg. 9147/1981, 9726/1983, 10214/1984).
c) Die bel. Beh. hat das hier in Rede stehende Verhalten des Bf. als einen Verstoß gegen §3 RL-BA 1977 (iVm §2 DSt) gewertet.
Den RL-BA 1977 kommt die Qualität einer Rechtsverordnung zu (VfSlg. 9470/1982). §3 - er findet sich im ArtI, der die Überschrift "Der Rechtsanwalt und sein Beruf" trägt - hat folgenden Wortlaut:
"§3. Der Rechtsanwalt hat eine übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen; jedenfalls dürfen Einwendungen gegen eine solche Forderung Ehre und Ansehen seines Standes nicht beeinträchtigen."
Wenngleich angesichts der einem Rechtsanwalt gesetzlich auferlegten Verpflichtung, auch außerhalb seines Berufes die Ehre und das Ansehen des (Rechtsanwalts-)Standes zu wahren (§2 DSt), davon auszugehen ist, daß unter den §3 RL-BA 1977 auch Verbindlichkeiten fallen, die ein Rechtsanwalt ohne Zusammenhang mit seiner Berufsausübung übernimmt, so besteht doch kein Zweifel, daß nicht jedwede außerhalb der Berufsausübung gemachte Zusage eine Verbindlichkeit im Sinne des §3 RL-BA 1977 begründet, deren Nichterfüllung standesrechtliche Sanktionen nach sich zieht.
Nach §37 Abs1 zweiter Satz Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. 267 (im folgenden: KFG), ist bei der Zulassung (unter anderem) eines Kraftfahrzeuges zum Verkehr auszusprechen, welches Kennzeichen gemäß §48 KFG das Fahrzeug zu führen hat. Nach §48 Abs1 erster Satz KFG ist mit bestimmten Ausnahmen für jedes Kraftfahrzeug bei der Zulassung ein eigenes Kennzeichen zuzuweisen. Die Behörde hat für ein von ihr zugewiesenes Kennzeichen die im §49 Abs6 angeführten Kennzeichentafeln auszugeben (§49 Abs1 erster Satz KFG). Diese sind öffentliche Urkunden (§49 Abs1 zweiter Satz KFG).
Aus diesen Regelungen wird deutlich, daß die Zuweisung eines Kennzeichens nicht Gegenstand einer rechtswirksamen Vereinbarung zwischen der Behörde (bzw. dem Rechtsträger, für den sie tätig wird) und dem Zulassungsbesitzer sein kann. Dies gilt gleichermaßen auch für die Zurücklegung eines Kennzeichens. Eine sich darauf beziehende Absprache liegt außerhalb des rechtlichen Bereiches und vermag denkmöglicherweise keine von der Rechtsordnung gebilligte Verpflichtung zu begründen, deren Nichteinhaltung bei einem Menschen, von dem ein besonderes Maß an Rechtstreue erwartet wird, nicht hingenommen werden kann. Es ist daher von vornherein ausgeschlossen, daß die Zusicherung der Zurücklegung eines polizeilichen Kennzeichens eine Verbindlichkeit im Sinne des §3 RL-BA 1977 entstehen läßt.
Somit kann nicht vertretbarerweise angenommen werden, der Bf. habe mit der gegenüber einer Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung abgegebenen "Verpflichtungserklärung" vom 21. Mai 1980 eine "Verbindlichkeit" im Sinne des §3 RL-BA 1977 "übernommen" und deren Erfüllung entgegen dieser Vorschrift unterlassen.
Die bel. Beh. hat demnach den Bf. in einer in besonderem Maße mit der Rechtslage in Widerspruch stehenden und damit willkürlichen Weise (vgl. dazu VfSlg. 10866/1986) des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt und über ihn eine Disziplinarstrafe verhängt.
4. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufzuheben, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob der Bf. durch diesen Bescheid auch aus einem anderen Grund in diesem oder ob er in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 1.000,-enthalten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
Disziplinarrecht RechtsanwälteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B1290.1987Dokumentnummer
JFT_10118997_87B01290_00