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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GEG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29. Dezember 1989, Zl. Jv 6388 - 33a/89, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Am 3. April 1987 war beim Bezirksgericht D. (in der Folge: BG) der Antrag der Beschwerdeführerin vom 1. April 1987 auf Beweissicherung eingelangt. Auf Seite 1 dieses Antrages hatte die (durch ihren nunmehrigen Vertreter vertreten gewesene) Beschwerdeführerin u.a. "wegen Beweissicherung (STW S 50.000,--)" angeführt. Durch Verwendung von auf Seite 1 dieses Antrages aufgeklebten Gerichtskostenmarken waren Gebühren in der Höhe von S 1.200,-- entrichtet worden.
Dieser Antrag war gestellt worden, weil die Antragsgegnerin den - in einem früheren Beweissicherungsverfahren festgestellten - Zustand der ihr von der Beschwerdeführerin vermietet gewesenen Wohnung (das betreffende Mietverhältnis sei durch gerichtliche Aufkündigung mit 31. Oktober 1986 beendet worden) noch vor deren Rückstellung am 14. November 1986 wesentlich verändert habe.
Dieser Antrag auf Beweissicherung war der Antragsgegnerin am 10. April 1987 zugestellt worden.
Auf Seite 1 der am 14. Juli 1987 beim BG eingelangten Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 13. Juli 1987 zur Gebührennote des Sachverständigen hatte die Beschwerdeführerin u. a. wieder "wegen Beweissicherung (STW S 50.000,--)" angeführt.
Am 17. Oktober 1989 langte beim BG der vom Vertreter der Beschwerdeführerin im eigenen und in deren Namen gestellte Antrag auf Rückzahlung von Gebühren in Höhe von S 750,-- ein, und zwar mit folgender Begründung:
Der Beweissicherungsantrag sei mit S 1.200,-- Pauschalgebühr versehen. Eine Bewertung des Streitgegenstandes sei nicht erfolgt. Die Angabe auf dem Rubrum resultiere tatsächlich aus einem Schreibfehler, werde aber an dem Streitwert im Sinn der §§ 54 bis 60 JN keine Änderung herbeiführen. Mangels ausdrücklicher Bewertung des Streitgegenstandes finde sohin die Gebührenbemessung nach der Regelung des § 17 GGG statt. Denkbar wäre auch die Bewertung nach § 56 JN mit S 30.000,-- anzuwenden. In jedem Falle ergebe sich aber, daß eine Gebühr zurückzuerstatten sei.
Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (wie die Beschwerdeführerin vermeint) von ihr für den dargestellten Antrag auf Beweissicherung Gerichtsgebühren in der Höhe von S 750,-- (allenfalls nur S 450,--) zuviel entrichtet wurden oder (dem angefochtenen Bescheid folgend) nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst wird der Vollständigkeit halber auf Grund nachstehend zitierter Bestimmungen das Vorliegen der FORMELLEN
Voraussetzungen für den angeführten Rückzahlungsantrag bejaht:
Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, daß überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.
Nach § 30 Abs. 3 GGG hat der Kostenbeamte die Rückzahlung von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Gebühr entrichtet hat, zu verfügen. Hält der Kostenbeamte - wie im vorliegenden Fall - den Rückzahlungsanspruch nicht für begründet, dann entscheidet über ihn der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz mit Bescheid. Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Auf Grund des § 30 Abs. 4 GGG erlischt der Anspruch auf Rückzahlung drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gebühr entrichtet wurde.
Nun zur oben angeführten streitentscheidenden Frage:
Gemäß TP 1 des gemäß § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs beträgt die Höhe der Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes ... über 5.000 S bis 10.000 S 450 S, über 1.000 S bis 30.000 S 750 S, über 30.000 S bis 50.000 S 1.200 S ...
Nach Anmerkung 1. zu dieser TP unterliegen der Pauschalgebühr nach ihr alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen, Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erkenntnisse der Börsenschiedsgerichte, Bestandverfahren und VERFAHREN ÜBER BEWEISSICHERUNGSANTRÄGE. Die Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.
Auf Grund der Anmerkung 4. erster Halbsatz des ersten Satzes zu dieser TP sind neben der Pauschalgebühr nach ihr in Verfahren erster Instanz keine weiteren Gerichtsgebühren zu entrichten.
Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Nach § 16 Z. 1 lit. c GGG in der ursprünglichen - für den vorliegenden Fall maßgebenden - Fassung beträgt die Bemessungsgrundlage 6.000 S bei Bestandstreitigkeiten und Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen.
Auf Grund des § 16 Z. 1 lit. c GGG in der Fassung durch Art. I Z. 2 Abs. 2 des gemäß seinem Art. IV erster Satz mit 1. Jänner 1988 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 646, beträgt die Bemessungsgrundlage 6.000 S bei Bestandstreitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag verlangt wird, sowie Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen.
Läßt sich die Bemessungsgrundlage nicht nach den Bestimmungen der §§ 14 bis 16 ermitteln, so ist bei bezirksgerichtlichen Streitigkeiten nach § 17 lit. a GGG ein Betrag von 10.000 S zugrunde zu legen.
Die Beschwerdeführerin scheint insbesondere zu übersehen, daß der Kostenbeamte und der Präsident des Landesgerichtes ... (belangte Behörde) als JustizVERWALTUNGsorgan in Vollziehung des GGG und des GEG 1962 von der Lage der betreffenden GERICHTsakten und damit auch von dem dort von der Beschwerdeführerin in der oben dargestellten Form im Sinn des § 56 Abs. 2 erster Satz JN angegebenen Wert des Streitgegenstandes auszugehen hatte (siehe z.B. Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Wien 1986, S. 26, Anmerkung zu § 56 JN). Daran vermag - abgesehen davon, daß in der Beschwerde vorgebracht wird, im Beweissicherungsantrag sei auf dem Rubrum der Streitwert mit S 50.000,-- bezeichnet, im Prozeßvorbringen eine Bewertung des Interesses nicht vorgenommen worden, - die (bloß) in dem Rückzahlungsantrag aufgestellte Behauptung, eine Bewertung im Sinn des § 56 (JN) sei nicht erfolgt, die Angabe auf dem Rubrum resultiere tatsächlich aus einem Schreibfehler, nichts zu ändern.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung kann auch aus § 226 Abs. 2 ZPO, wonach in die Klage auch die erforderlichen Angaben über den Wert des Streitgegenstandes aufzunehmen sind, wenn die Zuständigkeit oder die Besetzung (§ 7a JN) des angerufenen Gerichtes vom Werte des Streitgegenstandes abhängt und die Klage nicht auf eine Geldsumme gerichtet ist, keineswegs herausgelesen werden, daß bei einem Antrag auf Beweissicherung gemäß den §§ 384 bis 389 ZPO die Form der von der Beschwerdeführerin (aus welchen Gründen immer) vorgenommenen Bewertung des Streitgegenstandes nicht im Sinn des § 56 Abs. 2 erster Satz JN erfolgt sei. Weder in der ersten (Wien 1984) noch in der zweiten Auflage (Wien 1990) des Lehrbuches des österreichischen Zivilprozeßrechts von Fasching kann aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Rz 1046 Abs. 2 letzter Satz und Rz 1051 etwas Gegenteiliges entnommen werden. Rz 1046 behandelt im übrigen die Sonderfälle bei eidlicher Vermögensangabe kraft Artikel XLII Abs. 3 EGZPO und bei Rechnungslegung und in Rz 1051 wird darauf hingewiesen, daß aus den ParteiANGABEN, der Klagserzählung und dem Klagebegehren die Tatsachen hervorgehen müßten, aus denen das Gericht gemäß § 41 JN beurteilen könne, ob es zuständig sei, weiters wird u.a. ausgeführt, manchmal seien aber darüber hinausgehende ANGABEN erforderlich (so müsse bei Ansprüchen, für die keine gesetzliche Bewertungsregel und keine Eigenzuständigkeit bestehe, der Streitwert angegeben werden: § 56 Abs. 2, § 59 JN; ...).
Der Beschwerdeführerin kann insofern beigepflichtet werden, daß der Verwaltungsgerichtshof (z.B. in dem von der Beschwerdeführerin nicht angeführten Erkenntnis vom 30. März 1989, Zl. 88/16/0185, ÖStZB 23/24/1989, S. 473) auf die Ausführungen des Justizausschusses zu der angeführten Novellierung des § 16 Abs. 1 lit. c GGG hingewiesen hat, wonach nur klargestellt werden sollte, daß Prozesse, die die Zahlung eines Geldbetrages zum Gegenstand haben, für die aber ein Bestandverhältnis Rechtsgrundlage ist, gebührenrechtlich nicht anderes behandelt werden als andere Geldstreitigkeiten.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist aber in ihrem Fall auch § 16 Abs. 1 lit. c GGG (hier in der Fassung vor der zitierten Novelle) nicht anwendbar, weil in einem Antrag auf Beweissicherung nach den §§ 384 bis 389 ZPO kein Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Bestandvertrage gemäß den §§ 560 bis 576 ZPO erblickt werden kann. Damit in Einklang stehen auch die überzeugenden Ausführungen Arnolds, Das neue Gerichtsgebührengesetz, Anw 1/1985, S. 3ff, insbesondere S. 5 Fußnote 19, wonach bei der oben angeführten Anmerkung 1. erster Satz zu TP 1 eine reduzierende Auslegung, daß dies nicht für Beweissicherungsanträge im Zuge des Prozesses gelte, geboten erscheine.
Auf Grund der bereits zu § 56 Abs. 2 JN gemachten Ausführungen zeigt sich, daß § 17 GGG im vorliegenden Fall ebenfalls nicht anzuwenden ist.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990160018.X00Im RIS seit
24.10.2001