TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/27 90/19/0089

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Veröffentlicht am 27.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;

Norm

ArbVG §34 Abs1;
ASchG 1972 §21 Abs2;
ASchG 1972 §21;
ASchG 1972 §22 Abs2;
ASchG 1972 §22;
ASchG 1972 §31 Abs2 litl;
ASchG 1972 §31 Abs2 litm;
ASchG 1972 §31;
ASchG 1972;
VStG;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde der A1 Gesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. November 1988, Zl. 61.021/37-3/88, betreffend sicherheitstechnischer Dienst und betriebsärztliche Betreuung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 25. März 1983 beim Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk die Anträge, sowohl die Errichtung eines sicherheitstechnischen Dienstes als auch die Errichtung einer betriebsärztlichen Betreuung erst ab einer Zahl von 400 Arbeitnehmern zuzulassen.

Mit Bescheid vom 20. Juli 1987 wies das Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk beide Anträge mangels Antragslegitimation der Beschwerdeführerin im wesentlichen mit folgender Begründung zurück: Am Standort W, X-Straße 1, seien mehrere rechtlich selbständige Unternehmen - darunter auch die Beschwerdeführerin - angesiedelt, die sich zur Erreichung eines gemeinsamen Betriebszweckes zusammengeschlossen hätten, wobei sie auf Grund des engen wirtschaftlichen und personellen Zusammenhanges und der organisatorischen Struktur einen einheitlichen Betrieb bildeten. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens liege ein einheitlicher Betrieb mit mehreren Betriebsinhabern vor, wobei die in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, unabhängig davon, mit welchem dieser Unternehmen sie ihren Arbeitsvertrag abgeschlossen hätten, auf Grund des Arbeitnehmerbegriffes des § 1 Abs. 5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes als Arbeitnehmer dieses Betriebes und alle Betriebsinhaber gemeinsam als Arbeitgeber im Sinne der §§ 21 und 22 ASchG anzusehen seien. Anträge nach den Bestimmungen des genannten Gesetzes, die sich auf diesen einheitlichen Betrieb bezögen, seien daher von allen dort angesiedelten Unternehmen einzubringen. Die Beschwerdeführerin sei daher allein nicht zur Antragstellung berechtigt.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. November 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 zweiter Satz und § 22 Abs. 2 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972 (ASchG), ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

In der Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, es stehe folgender rechtserheblicher Sachverhalt fest:

"In einem Betriebsgebäude in W, X-Straße 1, sind sechs rechtlich selbständige Unternehmen untergebracht: die A1 Gesellschaft mbH, die A2 Gesellschaft mbH & Co. KG, die A3 Gesellschaft mbH, die A4 Gesellschaft mbH, die

A5 Gesellschaft mbH und die A6 Gesellschaft mbH.

Die A7 Gesellschaft mbH ist in einem anderen Gebäude an der Adresse X-Straße 2 untergebracht.

In allen diesen Unternehmen sind ständig insgesamt rund 480 Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Unternehmensgegenstand der A3 Gesellschaft mbH ist der Handel mit Lebens- und Genußmitteln sowie mit anderen Gegenständen des täglichen Bedarfes aller Art sowie die Beteiligung an solchen Unternehmen und deren Geschäftsführung, der Betrieb des Gast- und Schankgewerbes, der Betrieb von Tankstellen, der Betrieb des Fleischhauer- und Fleischselchergewerbes, der Buchhandel.

Der Gegenstand des Unternehmens der A1 Gesellschaft mbH ist der Handel mit Lebens- und Genußmitteln sowie mit anderen Gegenständen des täglichen Bedarfes aller Art sowie die Beteiligung an solchen Unternehmen und deren Geschäftsführung, der Betrieb des Gast- und Schankgewerbes, der Betrieb von Tankstellen, der Betrieb des Fleischhauer- und Fleischselchergewerbes, der Buch- und Kunsthandel, der Handel mit pyrotechnischen Artikeln gemäß § 146 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973.

Der Unternehmensgegenstand der A4 Gesellschaft mbH ist der Handel, insbesondere der Großhandel und Einkauf mit bzw. von Lebens- und Genußmitteln sowie mit anderen Gegenständen des täglichen Bedarfes aller Art sowie die Beteiligung an solchen Unternehmen und deren Geschäftsführung, der Betrieb des Gast- und Schankgewerbes, der Betrieb von Tankstellen, der Betrieb des Fleischhauer- und Fleischselchergewerbes, der Buchhandel, die Tätigkeit als Werbungsmittler, die Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften, Unternehmungen und Betriebseinrichtungen.

Der Gegenstand des Unternehmens der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG ist der Handel mit Waren aller Art, insbesondere der Handel mit Lebens- und Genußmitteln und mit anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs, der Erwerb, die Verwaltung und Verwertung von Grundstücken und von gewerblichen Schutzrechten und Know How jeder Art, die Übernahme und Vergebung von Lizenzen an diesen, die Übernahme, Durchführung und Vergebung von Einkaufs- und Verkaufskommissionsgeschäften.

Der Unternehmensgegenstand der A5 Gesellschaft mbH ist die Vermietung und Verpachtung von bebauten und unbeauten Grundstücken.

Der Unternehmensgegenstand der A6 Gesellschaft mbH ist die Übernahme von kaufmännischen Serviceleistungen, insbesondere von EDV-Lohnarbeiten und Auftragsbearbeitungen, und das Gast- und Schankgewerbe.

Alleingeschäftsführer aller dieser Unternehmen ist Herr N, mit Ausnahme der A5 (zwei zusätzliche Geschäftsführer) und der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG, deren Geschäftsführer die A6 Gesellschaft mbH ist.

Die A1 Gesellschaft mbH betreibt in gleicher Weise wie alle anderen, an verschiedenen anderen Standorten in Österreich befindlichen A1 Gesellschaften mbH, den Großhandelsverkauf im Cash & Carry-System. In ihr erfolgt die selbständige Abwicklung des Tagesgeschäftes eines Großmarkts (Anlieferung, Kundenbetreuung, Kasse, Wareneinlagerung, Warenbereitstellung, Warenverkauf und Erstellung von Kundenrechnungen). Dem Marktleiter unterstehen, neben einer Sekretärin und einer Personalsachbearbeiterin, Kassiererinnen, Regalbetreuer, Staplerfahrer und Angestellte, wobei im Markt - als personalstärkstem Unternehmen - ca. 280 Arbeitnehmer tätig sind. Der Marktleiter tätigt Bestellungen nach den von der Einkaufsgesellschaft ausgehandelten Richtlinien und auf Grund der von dieser erstellten Produktpalette. Der Marktleiter begründet selbständig Arbeitsverhältnisse und kann diese auch auflösen.

Die A2 Gesellschaft mbH & Co. KG erbringt als Unternehmensgegenstand Verwaltungsdienstleistungen. Sie nimmt diese Leistungen für sämtliche A-Märkte in Österreich, aber auch für andere Unternehmen (B und C) wahr. Ihr Aufgabenbereich umfaßt die zentralen Verwaltungsfunktionen, d.h. Finanz- und Rechnungswesen, Personalwesen, Organisation. Dazu gehören Buchhaltung und Bilanzierung, Kostenrechnung, Kalkulation, Organisation der Warenausgabe, Kreditgabe und Kreditabwicklung, Organisation des Mahnwesens, Rechnungsprüfung, Auftragsmanipulation. Im Fall der Dienstleistung für den A Selbstbedienungs-Großmarkt in W wird, wie die Berufungswerberin in der Stellungnahme vom 2. Mai 1988 selbst ausführt, bedingt durch den Standort aus ökonomischen Gründen die eine oder andere Dienstleistungsfunktion intensiver wahrgenommen (z.B. die Rechnungsprüfung).

Die A6 Gesellschaft nimmt im wesentlichen EDV-Tätigkeiten und Auftragsbearbeitungen (Entgegennahme und Bestätigung) für die übrigen Unternehmen, aber auch für fremde Unternehmen wahr.

Die A4 Gesellschaft mbH nimmt zentrale Einkaufsfunktionen für alle A-Märkte Österreichs, d.h. Auswahl der Lieferanten, Vereinbarung der Zahlungskonditionen und Lieferbedingungen, Erstellung der Produktpalette wahr. Die jeweiligen Marktleiter sind dazu verpflichtet, nach diesen Richtlinien und auf Grund der Produktpalette Bestellungen vorzunehmen, wobei sie hinsichtlich Menge und Zeitpunkt selbständig entscheiden.

Die A5 Gesellschaft mbH übt Funktionen als Liegenschaftseigentümer bzw. Pächter der Grundstücke für die übrigen Unternehmen aus.

Die A3 Gesellschaft mbH übt selbst keinerlei Funktionen aus und beschränkt sich lediglich auf die Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte.

Die meisten Entscheidungen in allen diesen Gesellschaften werden von Herrn N getroffen bzw. könnten von diesem getroffen werden. Er entscheidet, ob eine Gesellschaft neu gegründet wird, ob 'etwas gekauft' (z.B. eine Liegenschaft gekauft oder angemietet) wird, welche Personen zu Prokuristen oder leitenden Angestellten bestellt oder von dieser Funktion abberufen werden, etc. Es besteht kein Beherrschungsvertrag und kein Gewinnabführungsvertrag, die Entscheidungen trifft Herr BEISHEIM auf Grund seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und seiner Mehrheitsverhältnisse.

Es besteht ein gemeinsamer Betriebsrat in der

A1 Gesellschaft mbH und ein Betriebsrat in der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG. Im Anschluß an ein Wahlanfechtungsverfahren wurde zwischen der A1 Gesellschaft mbH und dem gemeinsamen Betriebsrat der Arbeiter und Angestellten der

A1 Gesellschaft mbH in einer Betriebsvereinbarung wörtlich festgehalten, daß 'die Auseinandersetzungen über die Zugehörigkeit von Mitarbeitern der einzelnen auf dem Areal W, X-Straße 1, angesiedelten Gesellschaften und deren Anerkennung als selbständige Betriebe im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes dauerhaft gelöst sind'.

Die am Standort W, X-Straße 1, untergebrachten Unternehmen sind ohne sichtbare Abgrenzung in einem einzigen Gebäude untergebracht und vermitteln den Eindruck eines einheitlichen Betriebes mit verschiedenen Abteilungen. Auch den mittels Schildern angebrachten Bezeichnungen der einzelnen Einheiten ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß verschiedene Unternehmen am Standort tätig sind. 'Verwaltung', 'Einkauf', 'Buchhaltung' etc., so sind die einzelnen Bereiche bezeichnet.

Auch der Personalspeiseraum ist einheitlich. Der Markt verfügt über eine Personalgarderobe, nicht die anderen Bereiche. Die Sanitär- und Waschräume sind für den Markt und die Verwaltung getrennt. An einer Anschlagtafel ist eine einheitliche Hausordnung angeschlagen, die von 'Geschäftsleitung' und 'Betriebsrat' ohne nähere Unterscheidung unterzeichnet wurde. Die außen am Betriebsgebäude angebrachten Tafeln lauten auf 'A SB Großhandel'.

Bis zu den Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Anfechtung der Betriebsratswahl im Jahr 1980 kam es des öftern vor, daß in den Arbeitsverträgen mit den Arbeitnehmern der einzelnen Unternehmen kein Unterschied gemacht wurde, sondern als Arbeitgeber lediglich die Bezeichnung 'A SB Großhandel' angegeben wurde, also keine genaue Angabe des Firmenwortlauts der einzelnen Unternehmen, für die der jeweilige Arbeitnehmer aufgenommen wurde. Die Arbeitnehmer wußten des öfteren daher gar nicht, mit welchem dieser Unternehmen sie konkret ein Arbeitsverhältnis eingegangen waren. Im Zusammenhang mit der Anfechtung der Betriebsratswahl im Jahr 1980 erfolgte eine generelle Bereinigung und wird das jeweils als Arbeitgeber auftretende Unternehmen in den Arbeitsverträgen genau bezeichnet. Auch die Beiträge zur Sozialversicherung, die zuvor gemeinsam abgeführt wurden, werden seit der generellen Bereinigung im Jahr 1980 in getrennten Beitragsnachweisen abgeführt."

Der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der Betriebsbegriff im § 34 Abs. 1 des Arbeitsverfassungsgesetzes als Grundbegriff des Arbeitsrechtes anzusehen sei. Der Inhalt des Betriebsbegriffes werde ausschließlich und wesentlich dadurch bestimmt, daß er eine Organisationseinheit bezeichne, die namentlich auch in der Einheit des Betriebsinhabers, der Betriebsmittel, der Beschäftigten und nicht zuletzt in einem fortgesetzt verfolgten, einheitlichen Betriebszweck seinen Ausdruck finde. Aus dem Wesensmerkmal des Betriebes als organisatorische Einheit ergebe sich aber, daß die Rechtsform des Unternehmens oder der Unternehmen, in die der Betrieb eingebunden sei, für die Betriebsqualifikation einer Arbeitsstätte ebensowenig ausschlaggebend sei, wie der Unternehmensgegenstand des berührten Unternehmens (der Unternehmen) oder die im übrigen bestehende rechtliche wie wirtschaftliche Selbständigkeit einer betroffenen Unternehmermehrheit. Es sei jedoch auch dann, wenn ein enger wirtschaftlicher oder personeller Zusammenhang zweier (oder mehrerer) Unternehmen gegeben sei, zu prüfen, ob diese je aus einem Betrieb bestünden oder gemeinsam einen Betrieb bildeten bzw. wie die organisatorische Struktur gestaltet sei. Ein eigener Betrieb sei dann gegeben, wenn sein Produktionsprozeß unabhängig von anderen Organisationseinheiten vor sich gehe und er nicht lediglich Hilfs- oder Ergänzungsbetrieb anderer Einheiten sei. Er müsse produktionstechnisch eine vollständige organisatorische Einheit bilden, die einen geschlossenen Aufgabenkreis dauernd zu erfüllen habe. Betriebe müßten somit technisch, produktionsmäßig und organisatorisch eine Einheit bilden, die auch ohne die übrigen Einheiten ein Arbeitsprodukt hervorbringe. Die einheitliche Organisation müsse dem Betriebszweck nach gegeben sein; da es sich dabei um den unmittelbaren Zweck der Tätigkeit des Betriebsinhabers und die Hervorbringung von Arbeitsergebnissen handle, trete diese einheitliche Organisation meist in der technischen Sphäre in Erscheinung, wobei diese organisatorische Einheitlichkeit noch nicht entscheidend beeinträchtigt sei, wenn bestimmte administrative, kaufmännische oder wirtschaftliche Agenden getrennt vom Betrieb in einer Zentrale für eine Reihe von Betriebsstellen gemeinsam geführt würden. Der Zweck des Unternehmens liege demgegenüber weiter entfernt, er sei wirtschaftlicher oder kultureller Natur, eben auf die Verwertung der im Betrieb erzielten Arbeitsergebnisse gerichtet. Insofern sei der Betrieb das Mittel zum Zweck des Unternehmens.

Auf dem Boden dieser Rechtslage wäre daher zu prüfen gewesen, inwieweit den einzelnen am Standort W, X-Straße 1, untergebrachten rechtlich selbständigen Unternehmen (darunter auch die Beschwerdeführerin) organisatorische Selbständigkeit zukomme, also ob sie - betrachte man den Produktionsvorgang - nicht produktionsmäßig so voneinander abhingen und so eng miteinander verflochten seien, daß von einer abgeschlossenen Produktion in den einzelnen Einheiten nicht gesprochen werden könne. Die Beschwerdeführerin betreibe den Großhandelsverkauf im Cash & Carry-System, wobei sie ihrer Auffassung nach als selbständige Betriebseinheit organisiert sei, die alle jene Funktionen umfasse, die den Großhandelsverkauf ausmachten. Fraglich sei, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich nur Funktionen ausgegliedert habe, die ihrer Natur nach nicht unmittelbar und direkt für die Erreichung des Betriebszweckes eines Großhandelsbetriebes notwendig seien. Für die technisch-administrative Organisation einer Einheit als selbständiger Großhandelsbetrieb sei Autonomie im Bereich der Warenwirtschaft (Beschaffung, Lagerung und Absatz), aber auch die für jeden Betriebsablauf erforderliche Administration (Personal- und Rechnungswesen) in einem Ausmaß, das der Einheit einen - zumindest weitgehend - unabhängigen Produktionsprozeß bzw. Betriebsablauf ermögliche, erforderlich. Unbestritten stehe fest, daß die Beschwerdeführerin das Tagesgeschäft eines Großmarktes (Anlieferung, Kundenbetreuung, Kasse, Wareneinlagerung, Warenbereitstellung, Warenverkauf und Erstellung von Kundenrechnungen) abwickle; der Marktleiter tätige Bestellungen ausschließlich nach den von der A4 Gesellschaft mbH ausgehandelten Richtlinien und auf Grund der von dieser erstellten Produktpalette. Die wesentlichen Elemente selbständiger Warenbeschaffung, d.h. Auswahl der Lieferanten, Vereinbarung der Zahlungskonditionen und Lieferbedingungen, Erstellung der Produktpalette, würden somit nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von der

A4 Gesellschaft mbH wahrgenommen werden. Die Beschwerdeführerin könne daher selbst bei einer der hauptsächlichsten Aufgaben eines Großhandelsbetriebes, nämlich der Warenbeschaffung, in nur sehr eingeschränktem Maß tätig werden, nämlich ausschließlich auf Grund der von einem anderen Unternehmen vereinbarten Konditionen Bestellungen vornehmen; die "Selbständigkeit" bei der Warenbeschaffung durch die Beschwerdeführerin beschränke sich lediglich auf die Bestimmung von Menge und Zeitpunkt der Bestellungen, de facto daher mehr oder minder auf den Ersatz der verkauften Waren, also auf das Nachfüllen geleerter Regale bzw. verkaufter Lagerbestände. Auch auf die Preisgestaltung könne die Beschwerdeführerin nicht Einfluß nehmen und komme ihr daher in diesem wichtigen Bereich keine Selbständigkeit zu, da Kalkulation und Preispolitik gleichfalls nicht von der Beschwerdeführerin selbst, sondern von der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG vorgenommen würden. Diese Verwaltungsgesellschaft nehme alle wesentlichen Verwaltungsfunktionen, darunter auch wesentliche Funktionen der Absatzdurchführung und -abwicklung, wahr: Ihr Aufgabenbereich umfasse die Verwaltungsfunktionen Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen, Organisation; dazu gehörten Buchhaltung und Bilanzierung, Kostenrechnung, Kalkulation, Organisation der Warenausgabe, Kreditgabe und Kreditabwicklung, Organisation des Mahnwesens, Rechnungsprüfung und Auftragsmanipulation.

Daraus folge, daß der Produktionsprozeß im Bereich der Beschwerdeführerin nicht unabhängig von anderen Einheiten abgewickelt werden könne, sondern zur vollständigen technisch-organisatorischen Abwicklung des Großhandelsverkaufs am Standort W vielmehr das Zusammenwirken mehrerer Einheiten erforderlich sei. Daß der Marktleiter Arbeitsverhältnisse begründen und auflösen könne, reiche allein zur Qualifikation der Beschwerdeführerin als selbständige Betriebseinheit nicht aus. Die A5 Gesellschaft mbH nehme Funktionen als Liegenschaftseigentümer bzw. Pächter der Grundstücke für die übrigen Unternehmen wahr. Die A6 Gesellschaft mbH nehme EDV-Tätigkeiten und Auftragsbearbeitungen (Entgegennahme und Bestätigung) für die übrigen Unternehmen, aber auch für fremde Unternehmen wahr. Die A3 Gesellschaft mbH übe selbst keinerlei Funktionen aus und beschränke sich lediglich auf die Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte. Sowohl die Verwaltung des für die Tätigkeit des Betriebes erforderlichen Grundbesitzes als auch die Erledigung bestimmter Aufgaben des Betriebes mittels EDV-Tätigkeit und die Auftragsbearbeitung stellten grundsätzlich Angelegenheiten dar, die für die organisatorisch-technische Abwicklung des Betriebsgeschehens unbedingt erforderlich seien.

Die Berufungsbehörde verkenne dabei nicht, daß die organisatorische Einheitlichkeit eines Betriebes noch nicht entscheidend beeinträchtigt sei, wenn bestimmte administrative, kaufmännische oder wirtschaftliche Agenden getrennt vom Betrieb in einer Zentrale für eine Reihe von Betriebsstellen gemeinsam geführt würden. Im gegenständlichen Fall handle es sich jedoch um eine Mehrheit rechtlich selbständiger Unternehmen, die innerhalb einer gemeinsamen Arbeitsstätte einen letztlich gemeinsamen Betriebszweck, nämlich die Organisation des Großhandelsverkaufes, gemeinsam verfolgten. Es sei daher davon auszugehen, daß eine die personellen wie sachlichen Betriebsmittel aller Gesellschaften verbindende einheitliche, allen gemeinsame Arbeitsstätte vorliege und tatsächlich von allen am Standort W, X-Straße 1, angesiedelten rechtlich selbständigen Unternehmen ein einheitlicher gemeinsamer Betriebszweck - nämlich die Organisation und Abwicklung des Großhandelsverkaufs - verfolgt werde, wobei für die technische Durchführung des Großhandels nicht nur die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, sondern auch die Tätigkeit der anderen Einheiten erforderlich sei. Diese rechtlich selbständigen Unternehmen könnten - jedes für sich allein genommen - produktionstechnisch den Produktionsprozeß nicht unabhängig von anderen Einheiten erfüllen; sie stellten daher lediglich Hilfs- oder Ergänzungsbetriebe der anderen Einheiten, also unselbständige Betriebsteile dar.

Es stünden zwar die genannten Unternehmen nicht de iure, aber de facto unter einheitlicher Leitung. N treffe auf Grund seiner Eigenschaft als Alleingeschäftsführer der meisten Unternehmen bzw. seiner Eigentums- und Mehrheitsverhältnisse die meisten wesentlichen Entscheidungen bzw. sei er in der Lage, diese Entscheidungen jederzeit treffen zu können. Es stehe unbestritten fest, daß ausschließlich er wichtige Personalentscheidungen treffe und über den weiteren Geschäftsausbau entscheide.

Auch das äußere Erscheinungsbild im Betriebsgebäude Vösendorf bestätige das von der belangten Behörde auf Grund der organisatorischen Struktur festgestellte Vorliegen eines einheitlichen Betriebes. Die einzelnen Unternehmen seien ohne sichtbare Abgrenzung untergebracht und würden auch äußerlich einen einheitlichen Betrieb mit verschiedenen Abteilungen widerspiegeln. Auch den mittels Schildern angebrachten Bezeichnungen der einzelnen Einheiten sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß verschiedene Unternehmen am Standort tätig seien. Auch der Personalspeiseraum sei einheitlich. Der Markt verfüge über eine Personalgarderobe, nicht die anderen Bereiche. Dies wäre eine Folge des Umstandes, daß im Markt das Tragen von Berufskleidung vorgesehen sei, nicht jedoch in den Verwaltungsabteilungen, für die daher Garderobeschränke in den Arbeitsräumen ausreichten. Daß die Sanitär- und Waschräume für den Markt und die Verwaltung getrennt seien, folge aus der Größe des Betriebsgebäudes und den Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, wonach Abortanlagen der räumlichen Ausdehnung des Betriebes angemessen verteilt sein müßten (§ 85 AAV). Daß de facto auch betriebsintern vom Vorliegen einer einheitlichen Organisation ausgegangen werde, sei auch dem Umstand zu entnehmen, daß an einer Anschlagtafel im Verwaltungstrakt eine einheitliche Hausordnung angeschlagen sei, die von "Geschäftsleitung" und "Betriebsrat" ohne nähere Unterscheidung unterzeichnet worden sei, wobei auch die Unterschrift des Vorsitzenden des gemeinsamen Betriebsrates des A Selbstbedienungs-Großmarktes aufscheine. Die außen am Betriebsgebäude angebrachten Tafeln würden auf "A SB Großhandel" lauten. Das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes werde auch dadurch bestätigt, daß bis zu der im Zusammenhang mit der Anfechtung der Betriebsratswahl im Jahre 1980 erfolgten generellen Bereinigung nicht immer ein Unterschied in den Arbeitsverträgen gemacht worden sei und auch die Beiträge zur Sozialversicherung, die zuvor gemeinsam abgeführt worden seien, erst seit dem Jahre 1980 ausnahmslos in getrennten Beitragsnachweisen für alle Unternehmen abgeführt würden.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, daß der Beschwerdeführerin die Qualifikation als selbständiger Betrieb nicht zukomme. Alle am Standort W, X-Straße 1, angesiedelten Unternehmen würden gemeinsam die allen gemeinsame Arbeitsstätte betreiben und einen einheitlichen Betriebszweck (Organisation des Großhandelsverkaufes) verfolgen. Alle Arbeitnehmer dieser Unternehmen seien daher Arbeitnehmer des einheitlichen Betriebes, weshalb die Anträge gemäß §§ 21 und 22 ASchG nur gemeinsam von allen Unternehmen als Arbeitgeber dieser Arbeitnehmer eingebracht werden könnten. Die Beschwerdeführerin sei daher allein nicht zur gegenständlichen Antragstellung legitimiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß den §§ 21, 22 Abs. 2 ASchG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht zunächst unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, die Zurückweisung ihrer Anträge wäre selbst dann nicht zulässig gewesen, wenn man den von der belangten Behörde eingenommenen Standpunkt teilen würde, die Beschwerdeführerin bilde keinen selbständigen Betrieb im Sinne des ASchG, sondern sei nur ein Teil eines Betriebes, der durch alle am Standort W situierten Gesellschaften gebildet werde.

Dieser Einwand ist nicht stichhältig.

Gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz ASchG ist in jedem Betrieb, in dem regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt sind, vom Arbeitgeber ein dem Umfang des Betriebes, der Zahl der Beschäftigten sowie dem Ausmaß und Grad der allgemeinen Gefährdung entsprechender sicherheitstechnischer Dienst einzurichten.

Nach Abs. 2 zweiter Satz der genannten Gesetzesstelle kann das Arbeitsinspektorat auf Antrag des Arbeitgebers, wenn es die betrieblichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Ausmaßes und des Grades der Gefährdung der Arbeitnehmer sowie unter Berücksichtigung des Umfanges des Betriebes geboten erscheinen lassen, wie in Banken, Versicherungsanstalten oder anderen Bürobetrieben, durch Bescheid zulassen, daß erst bei einer höheren Zahl als 250 Arbeitnehmer ein sicherheitstechnischer Dienst einzurichten ist. ...

Gemäß § 22 Abs. 1 erster Satz ASchG ist in jedem Betrieb, in dem regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt sind, vom Arbeitgeber eine dem Umfang des Betriebes, der Zahl der Beschäftigten sowie dem Ausmaß und Grad der Gefährdung der Gesundheit der Arbeitnehmer entsprechende betriebsärztliche Betreuung einzurichten.

Nach Abs. 2 zweiter Satz der genannten Gesetzesstelle kann das Arbeitsinspektorat auf Antrag des Arbeitgebers, wenn es die betrieblichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Ausmaßes und des Grades der Gefährdung der Gesundheit der Arbeitnehmer sowie unter Berücksichtigung des Umfanges des Betriebes geboten erscheinen lassen, durch Bescheid zulassen, daß erst bei einer höheren Zahl als 250 Arbeitnehmer eine betriebsärztliche Betreuung einzurichten ist. ...

Durch die zitierten Bestimmungen der §§ 21 Abs. 2 und 22 Abs. 2 ASchG wird somit jeweils dem "Arbeitgeber" das Recht zur Antragstellung für eine Ausnahmegenehmigung eingeräumt. Da das ASchG auf den Begriff des Betriebes aufbaut, ein Betrieb aber mehrere Unternehmen umfassen kann, ist es möglich, daß im Einzelfall Arbeitgeber nicht nur eine (physische oder juristische) Einzelperson, sondern auch eine Personenmehrheit sein kann. Sind aber in einem von mehreren Personen gemeinsam geführten Betrieb mehrere Personen Arbeitgeber der in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, so steht das Antragsrecht gemäß den zitierten Gesetzesbestimmungen mangels einer anderslautenden gesetzlichen Anordnung nicht jedem einzelnen Arbeitgeber, sondern nur der Gesamtheit aller Arbeitgeber dieses Betriebes, die in bezug auf den jeweiligen Betrieb als Arbeitgeber eine Einheit bilden, zu. Eine andere Auslegung ist schon deshalb nicht angebracht, weil die in den §§ 21 Abs. 1 und 22 Abs. 1 ASchG normierte Verpflichtung zur Einrichtung eines sicherheitstechnischen Dienstes bzw. einer entsprechenden betriebsärztlichen Betreuung ebenfalls dem "Arbeitgeber" auferlegt ist, ohne zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber, der in der Regel mit dem Betriebsinhaber ident sein wird, eine einzelne Person oder eine Mehrheit von Personen ist. Auch das Arbeitsinspektorat, das gemäß den §§ 21 Abs. 2 erster Satz, 22 Abs. 2 erster Satz ASchG einen Auftrag erteilt, hat dementsprechend den Bescheid auch an alle Arbeitgeber (eines einheitlichen Betriebes) zu richten.

Aus der Strafbestimmung des § 31 Abs. 2 lit. l und m ASchG, der zufolge der (einzelne) Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigter Übertretungen der §§ 21 und 22 ASchG zu verantworten haben, kann für den Standpunkt der Beschwerdeführerin schon deshalb nichts gewonnen werden, da es sich bei den Bestimmungen der §§ 21 Abs. 2 und 22 Abs. 2 ASchG um Normen des administrativen Verwaltungsrechtes handelt, die mit Normen des Verwaltungsstrafrechtes wegen der in diesem Bereich geltenden besonderen Grundsätze nicht in allen Belangen verglichen werden können. So kann, da im (Verwaltungs-)Strafrecht immer nur Einzelpersonen als Täter in Frage kommen, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bei Auslegung der Bestimmungen der §§ 21 und 22 ASchG nicht von § 31 ASchG der Schluß abgeleitet werden, daß jeder einzelne von mehreren in bezug auf einen selbständigen Betrieb eine Einheit bildenden Arbeitgebern zur Antragstellung auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Sinne der §§ 21 Abs. 2 zweiter Satz und 22 Abs. 2 zweiter Satz ASchG legitimiert ist. Im übrigen unterliegt nach der zitierten Strafbestimmung die Nichteinrichtung eines entsprechenden sicherheitstechnischen Dienstes bzw. einer entsprechenden betriebsärztlichen Betreuung der Strafdrohung, nicht jedoch das Unterlassen eines Antrages auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. Können sich bei Vorliegen einer Mehrheit von Arbeitgebern diese nicht darauf einigen, gemeinsam einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung zu stellen, so hat dies für sie keine strafrechtliche Folgen. Strafbar wäre nur, wenn sie es auch unterließen, der ihnen obliegenden Verpflichtung, einen sicherheitstechnischen Dienst bzw. eine betriebsärztliche Betreuung im Betrieb einzurichten, zu entsprechen. Das von der Beschwerdeführerin aufgezeigte, bei jeder Personengemeinschaft bestehende Problem der übereinstimmenden Willensbildung rechtfertigt daher nicht die Annahme, es sei bei Vorliegen einer Mehrheit von Arbeitgebern jeder einzelne zur Antragstellung im Sinne der §§ 21 Abs. 2 zweiter Satz und 22 Abs. 2 zweiter Satz ASchG berechtigt.

Verfehlt ist schließlich der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die von Lehre und Rechtsprechung bestimmten Bescheiden beigemessenen "dinglichen Wirkungen", weil daraus für die Frage des Vorliegens der Antragslegitimation im gegenständlichen Fall nichts abgeleitet werden kann.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin des weiteren darin, daß von der belangten Behörde die im gegenständlichen Fall maßgebliche Frage, ob es sich bei der Beschwerdeführerin um einen selbständigen Betrieb handle oder ob alle am Standort in W, X-Straße 1, untergebrachten rechtlich selbständigen Unternehmen einschließlich der Beschwerdeführerin gemeinsam eine Betriebseinheit darstellten, unrichtig gelöst worden sei. Auch unter Zugrundelegung einer grundsätzlichen Identität des Betriebsbegriffes im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) und ASchG sei der Bescheid sachlich unrichtig. Ein Betrieb werde sowohl durch eine äußere Zusammenfassung (organisatorische Einheit) als auch durch eine innere, auf einen bestimmten Zweck ausgerichtete Zielsetzung (Betriebszweck) charakterisiert. Dieser Definition des Betriebsbegriffes würden die am genannten Standort etablierten Unternehmen nicht entsprechen. Die Beschwerdeführerin führt hiezu im einzelnen - zusammengefaßt auf das Wesentlichste - folgendes aus: Unbestritten sei, daß das Tagesgeschäft eines Großmarktes (Warenlieferung, Kundenbetreuung, Kasse, Wareneinlagerung, Warenbereitstellung, Warenverkauf und Erstellung von Kundenrechnungen) von ihr abgewickelt werde. Produktionsprozeß eines Großhandelsbetriebes bedeute, Waren anzukaufen und mit Gewinnspanne weiterzuverkaufen. Subsidiär sei dagegen, wie diese Waren beschafft würden, ob durch Einzeleinkauf oder Gemeinschaftseinkauf. Bei letzterem habe der Marktleiter in Übereinstimmung mit der Einkaufsgesellschaft eine Mitsprachemöglichkeit "an der Erstellung der Produktpalette". Die endgültige Erstellung der Produktpalette erfolge in Übereinstimmung mit den übrigen Großhandelsmärkten. Ähnliches gelte auch für die Kalkulation und der Preisgestaltung. Dem Marktleiter komme in diesem Bereich eine Einflußmöglichkeit insofern zu, als er der "A KG" seine Basisdaten zur Verfügung stelle und solcherart im Vorfeld auch die endgültige Preisfestsetzung bestimme. Im übrigen seien der Einkauf, die Preisgestaltung, die Kalkulation und auch die ausgegliederten Verwaltungsfunktionen wie Buchhaltung, Kostenrechnung, Organisation der Warenausgabe, Kreditgabe und Kreditabwicklung, Organisation des Mahnwesens, Rechnungsprüfung und Auftragsmanipulation "ausgliederbare" Funktionen, die den Produktionsprozeß als solchen nicht berührten. Im übrigen erbringe die "A KG" diese Dienstleistungen auch für andere Unternehmen. Gegen die Annahme eines selbständigen Betriebes spreche nicht, wenn bei mehreren produktionstechnischen Einheiten, die je ein selbständiges Produkt herstellten, die Produktionsmittel von der "Unternehmensführung" nach einem wirtschaftlich effektiven Gesamtplan zur Verfügung gestellt würden. Auch die A6 Gesellschaft mbH erbringe ihre Tätigkeiten auch für andere Unternehmen. Der angefochtene Bescheid sei daher insofern unschlüssig, als er diese Tätigkeiten einmal als Hilfsprodukt und einmal als selbständige Leistungen qualifiziere. Die Liegenschaftsverwaltung, die von der A5 Gesellschaft mbH wahrgenommen werde, stehe in keinem besonderen Zusammenhang mit dem Produktionsprozeß. Die A3 Gesellschaft mbH übe selbst keinerlei Funktionen aus und beschränke sich lediglich auf die Wahrnehmung ihrer Gesellschaftsrechte. Da es zwischen dieser Gesellschaft und der Beschwerdeführerin in bezug auf den Produktionsvorgang keine Verbindung gebe, sei die Ansicht der belangten Behörde, daß "alle" am Standort W angesiedelten Unternehmen als einheitlicher Betrieb anzusehen seien, nicht schlüssig.

Auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Der Betriebsbegriff des ASchG orientiert sich grundsätzlich an der Definition des § 34 ArbVG (siehe u.a. das bereits von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1988, Zl. 87/08/0301, und die dort angeführte Literatur und weitere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Nach § 34 Abs. 1 ArbVG gilt als Betrieb jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Wesentliches Merkmal eines Betriebes im Sinne des ArbVG ist die organisatorische Einheit, die in der Einheit des Betriebsinhabers, des Betriebszweckes und der Organisation zum Ausdruck kommen muß. Hat eine bestimmte Arbeitseinheit mehrere Inhaber, so kann ein Betrieb nur dann angenommen werden, wenn sich diese zu einer Einheit zusammengeschlossen haben, wobei es allerdings nicht unbedingt erforderlich ist, daß sie eine Personengemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit bilden. Dieser Einheit muß ein gewisses Mindestausmaß an Selbständigkeit, besonders in produktionstechnischer Hinsicht, eingeräumt sein, und auch dem Ergebnis des Arbeitsvorganges dieser Einheit muß eine wenn auch beschränkte Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen eigen sein. Dagegen ist es für die Betriebseigenschaft in der Regel ohne Bedeutung, daß finanzielle, buchhalterische oder andere Verwaltungs- oder Leitungsaufgaben von einer zentralen Stelle erfüllt werden. Aus dem Wesensmerkmal des Betriebes als organisatorischer Einheit folgt, daß die Rechtsform des Unternehmens oder der Unternehmen, in die der Betrieb eingebunden ist, für die Betriebsqualifikation einer Arbeitsstätte ebensowenig ausschlaggebend ist wie der Unternehmensgegenstand des berührten Unternehmens (der Unternehmen) oder die im übrigen bestehende rechtliche wie wirtschaftliche Selbständigkeit einer betroffenen Unternehmermehrheit (vgl. hiezu auch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und die dort zitierte Literatur und weitere Judikatur).

Auf dem Boden dieser Rechtslage steht im Beschwerdefall nach den insoweit durchaus unbedenklichen und im wesentlichen unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wie auch nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin fest, daß die Beschwerdeführerin im Standort W, X-Straße 1, das Tagesgeschäft eines Großmarktes (Anlieferung, Kundenbetreuung, Kasse, Wareneinlagerung, Warenbereitstellung, Warenverkauf und Erstellung von Kundenrechnungen) selbständig abwickelt, wobei dem Marktleiter ca. 280 Arbeitnehmer unterstehen und von ihm selbständig Arbeitsverhältnisse begründet und aufgelöst werden können. Am selben Standort und in demselben Betriebsgebäude sind noch weitere fünf rechtlich selbständige Unternehmen untergebracht. Die A4 Gesellschaft mbH nimmt zentrale Einkaufsfunktionen für alle A-Märkte Österreichs, d.h. Auswahl der Lieferanten, Vereinbarung der Zahlungskonditionen und Lieferbedingungen und die Erstellung der Produktpalette wahr. Die A2 Gesellschaft mbH & Co. KG erbringt Verwaltungsdienstleistungen für sämtliche A-Märkte in Österreich, aber auch für andere Unternehmen (B und C). Ihr Aufgabenbereich umfaßt die zentralen Verwaltungsfunktionen, d. h. Finanz- und Rechnungswesen, Personalwesen, Organisation. Dazu gehören Buchhaltung und Bilanzierung, Kostenrechnung, Kalkulation, Organisation der Warenausgabe, Kreditgabe und Kreditabwicklung, Organisation des Mahnwesens, Rechnungsprüfung, Auftragsmanipulationen. Die A6 Gesellschaft nimmt im wesentlichen EDV-Tätigkeiten und Auftragsbearbeitungen (Entgegennahme und Bestätigung) für sämtliche A-Märkte in Österreich, aber auch für fremde Unternehmen wahr. Die A5 Gesellschaft mbH übt Funktionen als Liegenschaftseigentümer bzw. Pächter der Grundstücke für die übrigen Unternehmen aus. Die A3 Gesellschaft mbH übt selbst keinerlei Funktionen aus und beschränkt sich lediglich auf die Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte. In allen genannten Unternehmen sind ständig insgesamt ca. 480 Arbeitnehmer beschäftigt. Alleingeschäftsführer ist in allen genannten Unternehmen N mit Ausnahme der A5 Gesellschaft mbH mit zwei zusätzlichen Geschäftsführern und der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG, deren Geschäftsführer die A6 Gesellschaft mbH ist. Die im Betriebsgebäude W, X-Straße 1, untergebrachten Unternehmen weisen keine sichtbaren Abgrenzungen auf. Den mittels Schildern angebrachten Bezeichnungen der einzelnen Einheiten ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß verschiedene Unternehmen am Standort tätig sind. Angesichts eines derartigen Sachverhaltes vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit in der Annahme zu erblicken, daß ungeachtet der im übrigen bestehenden rechtlichen wie wirtschaftlichen Selbständigkeit der Beschwerdeführerin und der anderen genannten, im selben Betriebsgebäude am Standort in W, X-Straße 1, untergebrachten Unternehmen eine die personellen wie sachlichen Betriebsmittel aller Unternehmen verbindende einheitliche, allen gemeinsame Arbeitsstätte vorliegt und von allen genannten Unternehmen ein einheitlicher, gemeinsamer Betriebszweck, nämlich der Großhandelsverkauf, direkt oder indirekt verfolgt wird. Daraus folgt, daß die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu Recht nicht als selbständigen (einheitlichen) Betrieb angesehen und daraus zutreffend abgeleitet hat, daß sie nicht legitimiert sei, den streitgegenständlichen Antrag zu stellen.

Die Beschwerdeführerin übersieht bei ihren Einwendungen, daß bei der Prüfung, ob ein selbständiger Betrieb im Sinne des § 34 ArbVG vorliegt, vom konkreten Sachverhalt im Einzelfall auszugehen ist. Die von ihr in der Beschwerdeschrift aufgezählten Entscheidungen vor allem von verschiedenen Einigungsämtern sind schon deshalb nicht auf den gegenständlichen Fall übertragbar, weil ihnen in keinem Fall ein gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Die weitwendigen Beschwerdeausführungen zielen insgesamt darauf ab darzulegen, es handle sich bei ihr, aber auch bei den anderen am selben Standort etablierten, rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen jeweils um selbständige einheitliche Betriebe im Sinne des § 34 ArbVG, da, soweit es sie betrifft, von ihr alle wesentlichen Funktionen eines Großhandelsbetriebes unabhängig von den anderen Unternehmen wahrgenommen würden. Dabei läßt die Beschwerdeführerin außer acht, daß im vorliegenden Fall - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - von den genannten rechtlich selbständigen Unternehmen der einheitliche gemeinsame Betriebszweck, nämlich die Abwicklung des Großhandelsverkaufes, an einer gemeinsamen Betriebsstätte mit vereinigten sachlichen und personellen Betriebsmitteln von jeher verfolgt wird, wobei von den einzelnen Unternehmen jeweils bestimmte Funktionen ausgeübt werden, die für die Organisation und Abwicklung des Großhandelsverkaufes vorwiegend unmittelbar, aber auch mittelbar erforderlich sind. Es ist somit zweifellos der Fall gegeben, daß von mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen ein Betrieb im Sinne des § 34 ArbVG gemeinsam geführt wird. Werden die im Normalfall unselbständigen Abteilungen übertragenen Agenden eines einheitlichen Betriebes von verschiedenen rechtlich selbständigen Unternehmen wahrgenommen, so ändert dies nichts daran, daß auch in diesem Fall nur ein einheitlicher Betrieb gegeben ist. Dies trifft hier zu.

Als nicht zielführend muß auch der weitere Einwand der Beschwerdeführerin angesehen werden, daß es an einer Verbindung zwischen dem Produktionsprozeß der Beschwerdeführerin einerseits und dem Produktionsprozeß der A2 Gesellschaft mbH & Co. KG, der A6 Gesellschaft mbH, der A5 Gesellschaft mbH und der A3 Gesellschaft mbH andererseits mangle. Die genannten Unternehmen üben im Rahmen des Großhandelsverkaufes Funktionen aus, die, soweit sie nicht unmittelbar der Abwicklung des Großhandelsverkaufes dienen, jedenfalls mittelbar zur Erfüllung des einheitlichen Betriebszweckes erforderlich sind. Das trifft auch für die A3 Gesellschaft mbH zu, die zwar trotz des gleichen Unternehmensgegenstandes, wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, selbst keine Funktion ausübt, von der aber im Rahmen des einheitlichen Betriebszweckes des Großhandelsverkaufes Gesellschaftsrechte wahrgenommen werden. Dem Betriebszweck eines Großhandelsunternehmens dienen nicht nur die unmittelbar für die technische Abwicklung des Verkaufes notwendigen organisatorischen, sondern auch alle anderen für die Führung eines derartigen Betriebes erforderlichen kaufmännischen und administrativen Einrichtungen, wie z.B. Buchhaltung, Rechnungswesen, EDV, Vermögensverwaltung, Liegenschaftsverwaltung u.dgl. Ebenso vermag es nichts an der Einheitlichkeit des von mehreren Unternehmen geführten Betriebes zu ändern, wenn wie im vorliegenden Fall von einigen dieser Unternehmen die von ihnen ausgeübten Funktionen auch noch als Leistungen für andere Unternehmen erbracht werden. Die Frage, ob bei den an anderen Standorten betriebenen A-Märkten, für die die gleichen Leistungen erbracht werden, die Voraussetzungen eines einheitlichen Betriebes im Sinne des § 34 ArbVG vorliegen, ist für die gegenständliche Entscheidung irrelevant.

Völlig verfehlt erscheint das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, mit dem sie aus den Bestimmungen der §§ 21 und 22 ASchG ableiten will, daß der Gesetzgeber bei der Festlegung des Tatbestandsmerkmales "Betrieb" in den genannten Bestimmungen hauptsächlich den technischen Bereich des Produktionsprozesses im Auge gehabt habe, da von diesem Bereich "typischerweise" auch ein verstärktes Auftreten von Gefahrenquellen zu erwarten sei. Dieser Schluß kann schon deshalb nicht gezogen werden, da nach den §§ 21 und 22 ASchG grundsätzlich in jedem Betrieb, in dem regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt sind, vom Arbeitgeber ein sicherheitstechnischer Dienst bzw. eine betriebsärztliche Betreuung eingerichtet werden muß.

Auch das weitere auf die Bestreitung des Vorliegens einer einheitlichen Leitung gerichtete Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Unbestritten steht fest, daß der Alleingeschäftsführer der Beschwerdeführerin auch bei den anderen genannten Unternehmen mit der Geschäftsführung betraut ist. Es kann somit kein Zweifel daran bestehen, daß alle Unternehmen, die den Großhandelsbetrieb gemeinsam führen, unter gemeinsamer Leitung stehen. Ob alle Leiterfunktionen vom Geschäftsführer in den einzelnen Unternehmen im vollen Umfang selbst wahrgenommen werden oder wie bei der Beschwerdeführerin im größeren Ausmaß dem Marktleiter übertragen sind, vermag an der einheitlichen Leitung aller Unternehmen nichts zu ändern.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie ausgehend von der berechtigten Annahme, daß die Beschwerdeführerin nicht Inhaberin eines einheitlichen Betriebes im Sinne des § 34 ArbVG ist, ihren Antrag auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß den §§ 21 und 22 ASchG zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990190089.X00

Im RIS seit

01.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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