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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §345;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, in der Beschwerdesache des Dr. Ignaz S. gegen die nach § 345 ASVG eingerichtete Landesberufungskommission Niederösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer macht die Verletzung der Entscheidungspflicht der nach § 345 ASVG eingerichteten Landesberufungskommission Niederösterreich geltend und begehrt, gemäß § 42 Abs. 5 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden. Er führt aus, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern habe mit Schriftsatz vom 7. März 1988 vor der paritätischen Schiedskommission bei der Ärztekammer für Niederösterreich gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Schlichtung und Entscheidung einer Streitigkeit bezüglich der Honorarabrechnung für Kassenpatienten eingeleitet. Bei der mündlichen Verhandlung am 24. April 1990 sei wegen Stimmengleichheit eine Entscheidung der paritätischen Schiedskommission nicht zustande gekommen. Gemäß § 344 Abs. 3 ASVG in Verbindung mit § 181 BSVG gehe in einem solchen Fall auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern habe am 26. Juli 1990 einen Devolutionsantrag eingebracht. Die durch § 73 AVG in Verbindung mit § 347 Abs. 4 ASVG normierte sechsmonatige Frist seit Einlangen des Devolutionsantrages sowie der Gegenschrift bei der belangten Behörde sei längst abgelaufen. Ein Bescheid sei bisher weder zugestellt noch verkündet worden. Die Säumnisbeschwerde sei daher gemäß § 27 VwGG zulässig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 344 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 48. Novelle, BGBl. Nr. 642/1989 (die folgenden Gesetzeszitate beziehen sich durchwegs auf diese Fassung) ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen wegen Säumnis der paritätischen Schiedskommission (vgl. § 344 Abs. 3 ASVG) ist nach § 345 Abs. 2 ASVG die Landesberufungskommission zuständig.
Die nach § 345 Abs. 1 ASVG für jedes Land auf Dauer einzurichtende Landesberufungskommission besteht aus einem Richter des Dienststandes als Vorsitzenden und aus vier Beisitzern. Gemäß § 345 Abs. 3 ASVG in Verbindung mit § 346 Abs. 6 ASVG sind die Mitglieder der Landesberufungskommission in Ausübung ihres Amtes ungebunden und an keine Weisungen gebunden. Entscheidungen der Landesberufungskommission unterliegen gemäß § 345 Abs. 3 in Verbindung mit § 346 Abs. 7 ASVG ausdrücklich weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege. Eine Vorschrift, die die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt, besteht nicht.
Aus der dargestellten Rechtslage folgt, daß es sich bei den Landesberufungskommissionen nach § 345 ASVG um Kollegialbehörden im Sinne des Art. 133 Z. 4 B-VG handelt (vgl. Souhrada, Die neue Schiedskommissionsorganisation, SozSi 1990, 22). Nach der zitierten Vorschrift sind die Angelegenheiten, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz unter den Mitgliedern sich wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung des Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung und Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht, ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Dieser Ausschluß der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für Angelegenheiten, über die eine Kollegialbehörde im Sinne des Art. 133 Z. 4 B-VG zu entscheiden hat, erstreckt sich auch auf Säumnisbeschwerden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1991, Zl. 90/12/0174, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4 Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991080075.X00Im RIS seit
28.05.1991