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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §87;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H. gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. August 1990, Zl. 313.146/2-III/4/90, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. August 1990 wurde der Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Ausübung der Gewerbe 1) Versicherungsmakler und 2) Berater in Versicherungsangelegenheiten, je im Standort Wien 9., A-Gasse 10, gemäß § 91 Abs. 2 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 3 bis 5 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die angeführten Gesetzesstellen ausgeführt, im vorliegenden Verfahren sei es unbestritten, daß N alleinvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführerin der Y-Ges.m.b.H. gewesen sei. Mit Beschluß vom 7. Jänner 1986 sei vom Handelsgericht Wien der Antrag eines andrängenden Gläubigers, über das Vermögen dieser Gesellschaft den Konkurs zu eröffnen, zu Zl. nnn/n, mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. N, die seit 1984 auch handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin sei, müsse daher einen Ausschlußgrund im Sinne des § 13 Abs. 3 bis 5 GewO 1973 gegen sich gelten lassen. In dem hier zugrundeliegenden Verfahren sei die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 unter Fristsetzung aufgefordert worden, die Geschäftsführerin N zu entfernen. Da dies nicht geschehen sei, hätten die Vorinstanzen die Entziehung der Gewerbeberechtigungen verfügt. Gemäß § 13 Abs. 3 zweiter Halbsatz GewO 1973 sei der Ausschluß von der Gewerbeausübung (und damit auch die Entziehung) dann nicht auszusprechen, wenn der Konkursantrag (bzw. die diesem zugrundeliegende Insolvenzsituation) durch den Konkurs, das Ausgleichsverfahren oder strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden sei. In diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin während des Verfahrens vorgebracht, daß die Insolvenzsituation der Y-Ges.m.b.H. durch strafgesetzwidrige Handlungen des M hervorgerufen worden sei. M habe nämlich als freier Mitarbeiter der Y-Ges.m.b.H. dem damaligen Prokuristen P mehrfach fingierte Anträge auf Abschluß einer Lebensversicherung übergeben. In weiterer Folge habe die Y-Ges.m.b.H. die Provisionen kassiert und habe 75 bis 80 Prozent derselben an M weitergeleitet. Als die Versicherungsunternehmen, welche die Provisionen an die Y-Ges.m.b.H. zur Auszahlung gebracht hätten, festgestellt hätten, daß es sich um fingierte Versicherungsverträge gehandelt habe, hätten sich die Y-Ges.m.b.H. ebenso wie P und N freiwillig verpflichtet, die entstandenen Schäden zu ersetzen; nach dem Vorbringen im Schriftsatz vom 2. Juli 1990 sei dies deshalb unumgänglich gewesen, um eine weitere Zusammenarbeit mit dem geschädigten Versicherungsunternehmen zu ermöglichen. M sei zwar mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. April 1986, Zl. nnn/n, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges verurteilt worden; in diesem Verfahren sei ihm jedoch eine Schädigung der Y-Ges.m.m.b.H. nicht zur Last gelegt worden. Die strafgesetzwidrigen Handlungen des M hätten sich nämlich nicht gegen die Y-Ges.m.b.H., sondern gegen die getäuschten Versicherungsgesellschaften, welche zur Auszahlung einer Provision bewegt werden sollten, gerichtet. Die Y-Ges.m.b.H. habe lediglich die fingierten Anträge entgegengenommen und habe diese an die jeweiligen Versicherungsgesellschaften weitergeleitet. Die Weiterleitung der Provisionen sei in umgekehrter Richtung erfolgt, wobei ein Prozentsatz von 20 bis 25 Prozent bei der Y-Ges.m.b.H. verblieben sei. Das Verhältnis zwischen der Y-Ges.m.b.H. und M sei daher nicht strafrechtlicher, sondern rein zivilrechtlicher Natur. Im Schriftsatz vom 2. Juli 1990 habe die Beschwerdeführerin auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Y-Ges.m.b.H. sich freiwillig verpflichtet habe, den diversen Versicherungsanstalten die entstandenen Schäden zu ersetzen. Somit könne jedoch ein qualifiziertes Drittverschulden an der in Rede stehenden Insolvenz im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 verneint werden. Im übrigen sei während des Entziehungsverfahrens vorgebracht worden, daß der Fortbestand der Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin auf Grund der positiven Entwicklung des Geschäftsganges im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1973 im überwiegenden Interesse der Gläubiger gelegen wäre. Hiezu ist jedoch zu bemerken, daß auf Grund des Wortlautes der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmung (arg. "Entziehungsgründe" beziehe sich nur auf § 87 Abs. 1 GewO 1973) im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 leg. cit. ein allfälliges Gläubigerinteresse an der Betriebsfortführung außer Betracht zu bleiben habe (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/04/0143). Somit habe es aber auch nicht mehr entscheidungsrelevant sein können, daß das Handelsgericht Wien zu Zl. nnn/n, am 5. Februar 1988 einen Antrag, über das Vermögen der Beschwerdeführerin den Konkurs zu eröffnen, gleichfalls mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 4. März 1991, B 1127/90-13, nach Ablehnung gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem inhaltlichen Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nichtentzug der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, mit Bescheiden vom 16. Juli 1986 des Magistrates der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk - seien ihrer Geschäftsführerin, N, die Gewerbeberechtigungen für das Versicherungsmakler- und Versicherungsberatergewerbe entzogen worden. Zur Begründung sei ausgeführt worden, daß das Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 7. Jänner 1986, Zl. nnn/n, den Antrag auf Konkurseröffnung über das Vermögen der Y-Ges.m.b.H., deren alleinige Geschäftsführerin N gewesen sei, mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen habe. Den seitens ihrer Geschäftsführerin gegen diese Entscheidungen erhobenen Berufungen habe der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem - in Kopie vorgelegten - Bescheid vom 14. Mai 1990 Folge gegeben und festgestellt, daß eine weitere Gewerbeausübung durch die Genannte gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 im Intersse der Gläubiger gelegen sei. Auf Grund des vorgeschilderten Sachverhaltes sei im Jahre 1986 seitens des Magistrates der Stadt Wien an sie die Aufforderung ergangen, unverzüglich alle Maßnahmen zu treffen, die den Verlust des maßgeblichen Einflusses ihrer Geschäftsführerin, N, in ihrer Gesellschaft zur Folge hätten. Dieser Aufforderung sei sie nicht nachgekommen und es habe die belangte Behörde ihren gegen die Entziehungsbescheide erhobenen Berufungen keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid werde damit begründet, daß die Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 ein Absehen von der Entziehung im Gläubigerinteresse nicht vorsehe. Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde den Berufungen ihrer Geschäftsführerin mit dem vorangeführten Bescheid vom 14. Mai 1990 Folge gegeben habe, hätte sie auch ihrer Berufung, über die sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. August 1990 abgesprochen habe, Folge geben müssen. Die Rechtswidrigkeit sei darin zu erblicken, daß durch die positive Erledigung der Berufungen ihrer Geschäftsführerin davon auszugehen sei, daß sie der Aufforderung der Behörde auf Entfernung ihrer Geschäftsführerin zu Recht nicht nachgekommen sei. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, daß die Voraussetzungen für eine Entziehung ihrer Gewerbeberechtigung spätestens bei Vorliegen des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Mai 1990 nicht mehr gegeben gewesen seien.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesbestimmung ist Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.
§ 13 Abs. 5 leg. cit. bestimmt, daß eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen ist, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes zusteht oder zugestanden ist, auf die Abs. 3 oder 4 abzuwenden ist oder anzuwenden war.
Zufolge § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Voraussetzungen für einen Ausschluß gemäß § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 zutreffen, oder wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 hat die Behörde (§ 361) im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im §§ 87 oder 89 Abs. 1 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, und der Gewerbetreibende diese Person nicht innerhalb einer von der Behörde zu setzenden Frist entfernt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem - im angefochtenen Bescheid zitierten - Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/04/0143, zu der in diesem Umfang unverändert gebliebenen, durch § 91 Abs. 2 GewO 1973 in seiner Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, gegebenen Rechtslage dargetan hat, ist Voraussetzung einer auf § 91 Abs. 2 GewO 1973 gestützten Entziehung der Gewerbeberechtigung neben dem fruchtlosen Verstreichen der von der Behörde gesetzten Frist, daß u.a. die im § 87 GewO 1973 genannten Entziehungsgründe sinngemäß auf jene natürliche Person zutreffen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht. Nach dem normativen Gefüge des § 87 leg. cit. sind als Entziehungsgründe nur die in dessen Abs. 1 genannten Tatbestände anzusehen, während in den folgenden Absätzen jene Tatbestände genannt sind, welche die Behörde berechtigen, trotz Vorliegens eines solchen Entziehungstatbestandes im Einzelfall von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen. Bei Anwendung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 hat die Behörde daher nur zu prüfen, ob einer der im § 87 Abs. 1 legt. cit. genannten Tatbestände auf die natürliche Person, der ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Gesellschaft zusteht, sinngemäß zutrifft. Sie hat jedoch nicht zu prüfen, ob - bezogen auf diese Person - auch Tatbestände des § 87 Abs. 2 bis 6 GewO 1973 gegeben sind. Bezogen auf die juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes, deren Gewerbeberechtigung in Rede steht, ist eine solche Prüfung schon deshalb nicht angebracht, weil die Bestimmung des § 91 Abs. 2 eine den Bestimmungen des § 87 Abs. 2 bis 6 leg. cit. vergleichbare Regelung nicht kennt. Daraus folgt aber auch für den Beschwerdefall - in dem mit Ausnahme der dargestellten Beschwerderüge die sachverhaltsmäßige Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO 1973 in Ansehung der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt werden -, daß dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte bei ihrer Entscheidung unbeachtet gelassen, daß mit ihrem Bescheid vom 14. Mai 1990 die in Ansehung ihrer Geschäftsführerin ergangenen vorinstanzlichen Gewerbeentziehungsbescheide wegen Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 behoben worden seien, nach der dargestellten Gesetzeslage mangels Tatbestandsmäßigkeit keine Entscheidungsrelevanz zukommt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040111.X00Im RIS seit
28.05.1991Zuletzt aktualisiert am
06.08.2010