Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Fritz N gegen den Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Dezember 1990, Zl. VerkR-13.807/5-1990-II/Sch, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Berufungsbescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe
1) am 16. September 1989 gegen 0.50 Uhr im Gemeindegebiet von I auf der Oberwanger Landesstraße in Richtung Ortsgebiet L es als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws unterlassen, sein Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand zu lenken, indem er mehrmals die dort befindliche Leitlinie um mindestens 1 m überfahren habe,
2) bei der anschließenden Fahrt auf dem Güterweg V bis zu seinem Anwesen in I 27 es unterlassen, dem ihm mit Blaulicht nachfahrenden Einsatzfahrzeug der Gendarmerie Platz zu machen,
3) am 16. September 1989 gegen 1.10 Uhr sich auf dem Gendarmerieposten Mondsee gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, indem er ungenügend Luft in das Testgerät geblasen habe, so daß auch nach dreimaligem Versuch kein verwertbares Ergebnis zustande gekommen sei; dies alles, obwohl habe vermutet werden können, daß er sein Fahrzeug zuvor in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.
Er habe hiedurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen: Zu
1)
nach § 7 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu
2)
nach § 26 Abs. 5 StVO, zu 3) nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO. Es wurden Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorliegen einer Gegenschrift der belangten Behörde erwogen hat:
Die Beschwerde wendet sich in erster Linie gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Zu den über die Beweisrüge hinaus erhobenen Verfahrensrügen des Beschwerdeführers ist folgendes zu sagen:
Die Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Oktober 1989 an den Beschwerdeführer, er möge sich rechtfertigen, erfolgte, wie sich insbesondere aus dem Zitat der nach Ansicht der Behörde übertretenen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 ergibt, im Verwaltungsstrafverfahren, nicht aber im Verfahren wegen Entzuges der Lenkerberechtigung. Die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten M und A vor der genannten Behörde erfolgten in einem Vorgang sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im Verfahren wegen Entzuges der Lenkerberechtigung. Beide Zeugen machten bestimmte Angaben über den Abstand zwischen dem Fahrzeug des Beschwerdeführers und dem Gendarmeriefahrzeug auf der Fahrt auf dem Güterweg V. Die Wahrnehmungen der beiden Zeugen über das Überfahren der Leitlinie durch das Fahrzeug des Beschwerdeführers erfolgten nach ihrer Aussage auf der Oberwanger Landesstraße, nicht aber auf dem obgenannten Güterweg. Die vom Beschwerdeführer vermißte nähere Feststellung über das Ausmaß seines Überfahrens der Leitlinie findet sich im Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - "in dem Sie mehrmals die dort befindliche Leitlinie um mindestens 1 m überfuhren".
Die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen, ob auf dem Güterweg V ein Überholen überhaupt möglich gewesen wäre, waren deshalb überflüssig, weil unter der im § 26 Abs. 5 StVO angeordneten Pflicht, einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen, auch die Pflicht zu verstehen ist, mit seinem Fahrzeug anzuhalten, wenn anders ein Vorbeifahren des Einsatzfahrzeuges nicht möglich sein sollte. Die Meinung des Beschwerdeführers, die dort angeordnete Pflicht bezöge sich nur auf entgegenkommende Einsatzfahrzeuge, ist bereits aus dem zweiten Satz des Abs. 5 des § 26 StVO zu widerlegen, welcher lautet: "Kein Lenker eines anderen Fahrzeuges darf unmittelbar hinter einem Einsatzfahrzeug nachfahren oder, außer um ihm Platz zu machen, vor ihm in eine Kreuzung einfahren."
Zwischen der spruchmäßigen Feststellung, die Atemluftprobe habe auch nach dreimaligem Versuch kein verwertbares Ergebnis gezeigt, und der Ausführung in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der Beschwerdeführer sei dreimal zum Hineinblasen aufgefordert worden, besteht kein logischer Widerspruch; die rechtliche Beurteilung
- Verweigerung der Atemluftprobe durch ungenügendes Hineinblasen in das Gerät - wäre auch nicht anders, wenn der Beschwerdeführer zweimal auf Aufforderung und das dritte Mal aus eigenem in das Gerät in der festgestellten Weise hineingeblasen hätte.
Es ist unerfindlich, welche anderen - übrigens vom Beschwerdeführer in erster Instanz und in der Berufung nie vorgebrachten - Umstände der Amtssachverständige der belangten Behörde über sein Aktengutachten hinaus hätte erheben sollen:
Hätte der Beschwerdeführer nämlich - wofür sich nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte ergeben - infolge stärkerer Alkoholisierung die Aufforderung der Gendarmeriebeamten überhaupt nicht verstanden, so wäre es - sofern ein solcher Sachverhalt von den Behörden angenommen worden wäre - zu einem Schuldspruch entweder wegen § 5 Abs. 1 StVO oder nach Art. IX Abs. 1 Z. 3 EGVG gekommen. Die Sachverhaltsermittlungen der Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens haben aber weder Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Tatbestandes nach der einen oder nach der anderen genannten Verwaltungsübertretung ergeben.
Welche bestimmten Fragen dem Zeugen M bei einer allfälligen zweiten Vernehmung zu stellen gewesen wären, vermochte der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.
Keine Vorschrift des Verwaltungsstrafverfahrens verbietet es der Behörde, einem Zeugen die von einem anderen Beteiligten, auch von einem Beschuldigten, gemachten früheren Angaben vorzuhalten, wenn dies der Wahrheitsforschung förderlich ist.
Da es der Beschwerde somit insgesamt nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Parteienvernehmung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991180052.X00Im RIS seit
12.06.2001