TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/5 90/18/0261

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Veröffentlicht am 05.06.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/04 Erbrecht einschließlich Anerbenrecht;

Norm

HöfeG Tir §7 Abs1;
VwGG §48 Abs1 lita;
VwGG §48 Abs1 Z1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Johann N gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 10. September 1990, Zl. LHK-57/10-89, betreffend Abweisung eines Ansuchens um Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß § 7 Abs. 1 des Tiroler Höfegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 10. September 1990 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Bewilligung der Aufhebung der Hofeigenschaft des geschlossenen Hofes "A" in EZ 90027 des Grundbuches X gemäß § 7 des Tiroler Höfegesetzes, LGBl. Nr. 47/1900, in der geltenden Fassung, abgewiesen.

Nach einer Wiedergabe der im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Höfegesetzes und der dazu ergangenen hg. Judikatur vertrat die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, daß die Frage zu beantworten sei, ob die Höhe des auf dem in Rede stehenden geschlossenen Hof erzielbaren Einkommens, also der Ertrag des Hofes, als ausreichend für eine angemessene Familienerhaltung im Sinne des Tiroler Höfegesetzes anzusehen sei. Aus dem von der Berufungsbehörde eingeholten und in der Begründung des Berufungsbescheides wiedergegebenen Gutachten des Sachverständigen geht hervor, daß sich aus der Viehhaltung, Forstwirtschaft, aus dem Bergbauernzuschuß, der Bewirtschaftungsprämie, den Pachteinnahmen (Christbaumkultur) und dem Mietwert der Wohnung ein Gesamteinkommen für den geschlossenen Hof des Beschwerdeführers in der Höhe von S 144.317,-- ergebe. Ferner wurde in einer Gegenüberstellung der Milchviehhaltung zur Schafhaltung mit Lämmermast auf Grund der eingeholten Daten der Landwirtschaftskammer, Abteilung Schafzucht, ein Nettoeinkommen in der Höhe von S 62.188,-- festgestellt. Im Falle der Schafhaltung mit Lämmermast würde sich der jährliche Ertrag des geschlossenen Hofes des Beschwerdeführers entsprechend den Ausführungen des Amtssachverständigen auf S 168.613,-- belaufen. Wenn man nun bedenke, daß das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen je Betrieb in der Zone III und IV inklusive den öffentlichen Zuschüssen im Jahre 1988 S 150.000,-- betragen habe (vgl. den Bericht über die Lage der Tiroler Land- und Forstwirtschaft 1988/89), so sei nach Ansicht der Berufungsbehörde durchaus der Schluß gerechtfertigt, daß der geschlossene Hof des Beschwerdeführers mit seinem jährlichen Ertrag von S 168.613,-- geeignet sei, die (angemessene) Erhaltung einer fünfköpfigen Familie zu gewährleisten. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß beispielsweise der von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter bzw. der Bauern bekanntgegebene Richtsatz für die Gewährung einer Ausgleichszulage bei einer fünfköpfigen Familie mit jährlich S 136.766,-- beziffert worden sei, und sohin das auf dem in Rede stehenden Hof erzielbare jährliche Familieneinkommen von S 168.613,-- diesen Richtsatz bei weitem übersteige. Es solle auch nicht unerwähnt bleiben, daß der mittlere Verdienst der Arbeitnehmer in Tirol inklusive der Sonderzahlungen im Jahre 1989 monatlich S 16.159,-- brutto(Ü) betragen habe (Quelle: Beitragsgrundlagenstatistik der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol); ein Landwirt mit durchschnittlichen Fähigkeiten könne auf dem gegenständlichen Hof immerhin ein monatliches Einkommen von S 14.051,-- - allerdings netto - erzielen. Wenn man schließlich noch den sich für den Hofeigentümer bietenden Vorteil des Bezuges von Hofprodukten ("Selbstversorger") berücksichtige, der durch den Wegfall jeglicher Handelsspannen im Durchschnitt mit 100 Prozent der Erzeugerpreise angenommen werden könne und sohin zu einer wesentlichen Verbilligung der Haushaltsführung beitrage, so zeige sich nach Auffassung der Berufungsbehörde "in augenscheinlicher Weise", daß der in Rede stehende Hof auch weiterhin die Eignung zur (angemessenen) Erhaltung einer bäuerlichen Familie aufweise und sohin die Voraussetzungen für die Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß § 7 Abs. 1 des Tiroler Höfegesetzes im vorliegenden Fall nicht gegeben seien.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem zuletzt ergangenen Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 90/18/0275, die Auffassung vertreten, daß die Frage, ob die Erträgnisse eines geschlossenen Hofes zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie ausreichen, nur auf der Basis der nach objektiven Kriterien zu ermittelnden Höhe des finanziellen Aufwandes zur angemessenen Erhaltung einer Familie dieser Größe beantwortet werden kann, weshalb feststehen muß, welcher finanzielle Aufwand erforderlich ist, um eine fünfköpfige Familie unter Bedachtnahme auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen zu erhalten.

Mit dem erwähnten hg. Erkenntnis wurde ebenfalls ein Bescheid der belangten Behörde, mit welchem ein gleichartiges Ansuchen eines anderen Beschwerdeführers mit einer inhaltlich mit dem angefochtenen Bescheid übereinstimmenden Begründung abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zur Vermeidung von Wiederholungen genügt gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ein Hinweis auf dieses hg. Erkenntnis, weshalb auch im Beschwerdefall davon auszugehen ist, daß die von der belangten Behörde gegebene Begründung nicht ausreicht, um davon ausgehen zu können, daß der Ertrag des geschlossenen Hofes des Beschwerdeführers für die angemessene Erhaltung einer fünfköpfigen Familie ausreicht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers hinsichtlich der Stempelgebühr war abzuweisen, weil für die in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerde und eine erforderliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nur S 330,-- an Stempelgebühren zu entrichten waren. Ein Ersatz von Kosten für die Stempelgebühr auf der bereits vor einem Gericht verwendeten und von diesem entwerteten Vollmacht war nicht zuzusprechen.

Schlagworte

Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180261.X00

Im RIS seit

05.06.1991

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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