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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des mj. Thomas S in R, vertreten durch Anita K, diese vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. Juli 1990, Zl. 2 - 108 St 35 - 89/3, betreffend Änderung des Familiennamens (mitbeteiligte Partei: Helfried S in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 1990 gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 24. Jänner 1989, mit dem die Änderung des Familiennamens des Beschwerdeführers von "S" in "K" gemäß § 2 Abs. 1 Z. 6 des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 (NÄG), bewilligt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und hob den erstinstanzlichen Bescheid auf. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Behörde erster Instanz habe ihrer Entscheidung ein mit 17. Oktober 1988 datiertes Gutachten der schulpsychologischen Beratungsstelle Liezen, demzufolge die beantragte Namensänderung dem Wohl des Beschwerdeführers diene bzw. zuträglich wäre, zu Grunde gelegt. Nach Erhebung der Berufung durch den Mitbeteiligten habe die Mutter des Beschwerdeführers ein weiteres mit 26. September 1989 datiertes psychologisches Gutachten vorgelegt, in dem es als dem Kindeswohl abträglich angesehen worden sei, wenn infolge der Beibehaltung des bisherigen Familiennamens die intakte Familie des Beschwerdeführers nicht nach außen dokumentiert und dieser Umstand zu Spannungen im Freundeskreis führen würde. Weder aus dem Antrag der Mutter des Beschwerdeführers noch aus der Sach- und Rechtslage folge, daß das Wohl des Beschwerdeführers ohne die Änderung des Familiennamens gefährdet wäre. Vielmehr sei aus den im Beschwerdefall abgegebenen Gutachten lediglich entnehmbar, daß eine Namensänderung dem Kindeswohl dienen würde. Da nach den Intentionen des Gesetzes aber nur bei Gefährdung des Kindeswohles eine Namensänderung vorzunehmen sei, habe der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Änderung seines Familiennamens verletzt. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde habe die Mutter des Beschwerdeführers, bereits als sie Namensänderung bei der Behörde erster Instanz beantragt hatte, darauf hingewiesen, daß eine Abweisung dieses Antrages dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichen würde, weil er als einziges Mitglied der durch die Verehelichung der Mutter des Beschwerdeführers nach ihrer Scheidung vom Mitbeteiligten neu entstandenen Familie den Namen "S" führen müsse. Sowohl die Beurteilung durch den psychologischen Sachverständigen als auch eine Einvernahme des Beschwerdeführers durch den Leiter der Außenstelle Gröbming der Bezirkshauptmannschaft Liezen hätten ergeben, daß die beantragte Namensänderung dem Kindeswohl diene und daß eine Verweigerung der Namensänderung Nachteile für den Beschwerdeführer nach sich zöge und somit sein Wohl gefährden würde. Insbesondere werde der Beschwerdeführer wegen seines Namens in der Schule verspottet. Der Mitbeteiligte als ehelicher Vater des Beschwerdeführers verfolge seine eigenen Interessen und kümmere sich nicht ausreichend um den Beschwerdeführer, sodaß berechtigte Gründe für die Weigerung des Mitbeteiligten, der Namensänderung zuzustimmen, nicht ersichtlich seien. Als Verfahrensmangel wurde gerügt, daß es bei der durch die Aktenlage nicht gedeckten Ansicht der belangten Behörde, eine Gefährdung des Wohls des Beschwerdeführers bei Versagung der Namensänderung sei weder behauptet noch klar erwiesen worden, deren Aufgabe gewesen wäre, von sich aus bei unklaren Formulierungen Ermittlungen über eine Gefährdung des Kindeswohles anzustellen. Im Vergleich zur Rechtslage bei Religionsaustritten, wo Wünsche von Kindern bereits in jungen Jahren nachgekommen werde, stelle die Versagung der Namensänderung gegen den ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers eine schwere Härte dar. Auch stehe der Beschwerdeführer mit dem nunmehrigen Ehemann seiner Mutter bereits wesentlich länger in intensivem Kontakt als mit seinem leiblichen Vater.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebeso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid auf der Grundlage des § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufgehoben und damit eine kassatorische Entscheidung getroffen. Dem angefochtenen Bescheid ist auch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß der Bescheidwille auf eine Bescheidbehebung im Zusammenhang mit einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG gerichtet gewesen wäre.
Mit der kassatorischen Entscheidung hat die belangte Behörde aber den zu Grunde liegenden, bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers auf Änderung seines Familiennamens unerledigt gelassen und somit - entgegen der ihr durch § 66 Abs. 4 AVG aufgegebenen Pflicht - nicht in der Sache entschieden, die den Inhalt des Spruches der Entscheidung der Behörde erster Instanz gebildet hat (vgl. die hg. Erkenntisse vom 22. Februar 1983, Zl. 82/07/0243, und vom 25. Juni 1986, Zl. 85/11/0278).
Schon allein aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlaßt, für das nunmehr fortzuführende Verwaltungsverfahren darauf hinzuweisen, daß nach der Aktenlage die Unterschiedlichkeit des Familiennamens des Beschwerdeführers gegenüber dem Namen der sonstigen Mitglieder seiner nunmehrigen, durch die Wiederverehelichung seiner Mutter neu entstandenen Familie den im Verwaltungsverfahren beigebrachten Gutachten zufolge einerseits innerhalb der Familie auf Seiten des Beschwerdeführers zu Rivalitätsgefühlen führt und andererseits auch in den außerfamiliären Beziehungen Schwierigkeiten für den Beschwerdeführer bringt. Unter Zugrundelegung der Gutachten wäre es für den Beschwerdeführer infolge der ihn treffenden zeitweiligen Verspottung durch seine Mitschüler wegen der Namensverschiedenheit von Wichtigkeit, eine intakte Familie rein äußerlich durch den gemeinsamen Familiennamen dokumentieren zu können. Auf Grund der im Freundeskreis zu erwartenden weiteren Spannungen wäre die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens dem Wohl des Beschwerdeführers abträglich.
Die wiederholte Aussage des Gutachters, die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens werden dem Kindeswohl abträglich sein, könnte jedenfals auch dahin gedeutet werden, daß nicht nur die einer Gefährdung innewohnende Möglichkeit, sondern bereits die Gewißheit einer Beeinträchtigung mit der Beibehaltung des Namens verbunden ist. Einem solchen Verständnis des Gutachtens käme für den Verfahrensausgang maßgebliche Bedeutung zu, weil auch ohne Verwendung des Gesetzeswortlautes in einem Gutachten eine Gefährdung des Kindeswohles zum Ausdruck kommen kann.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990010162.X00Im RIS seit
05.06.1991