TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/5 91/18/0015

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Veröffentlicht am 05.06.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §19;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 19. November 1990, Zl. Ib-292-109/90, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 19. November 1990 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 6.000,-- (Ersatzarreststrafe acht Tage) verhängt, weil er "als Zulassungsbesitzer der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Bregenz) auf Verlangen vom 23.03.1990 nicht binnen zwei Wochen nach der am 29.03.1990 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt" habe, "von wem das Fahrzeug (Pkw) mit dem Kennzeichen ..... am 12.03.1990 um 18.53 Uhr auf der Senderstraße in Lauterach, ca. 50 bis 80 m vor Ende der Ausbaustrecke, in Fahrtrichtung Lustenau gelenkt wurde, bzw. die Person nicht genannt" habe, "die diese Auskunft erteilen kann".

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Anwort auf die ihm zugegangene Anfrage nach der Person, welche das in Rede stehende Fahrzeug zur angegebenen Zeit gelenkt hat, der Behörde mitgeteilt, daß er seinen Pkw "zum fraglichen Zeitpunkt" seinen "beiden Kindern Clemens ..... und Claudia ..... geliehen habe", und es sei ihm "nicht bekanntgegeben worden, wer zum damaligen Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hat". Damit hat der Beschwerdeführer die an ihn gestellte Frage nach dem damaligen Lenker nicht beantwortet und auch nicht jene Person genannt, die diese Auskunft erteilen kann. Aus der Antwort des Beschwerdeführers ergibt sich zwar, daß eines seiner beiden genannten Kinder das Kraftfahrzeug zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt gelenkt haben müßte, doch hat der Beschwerdeführer damit der sich aus § 103 Abs. 2 leg. cit. ergebenden Verpflichtung, eine (einzelne) Person namhaft zu machen, nicht entsprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0206). Dabei ist es nicht von Bedeutung, daß in der dem Beschwerdeführer zugestellten Lenkeranfrage nicht davon die Rede war, daß er für den Fall, daß er die Auskunft über den Lenker nicht geben kann, jene Person zu benennen hat, die die Auskunft erteilen kann, weil es Sache des Zulassungsbesitzers ist, dem die einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes bekannt sein müssen, von sich aus eine solche Person zu benennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1990, Zl. 90/02/0136, und die darin zitierte Vorjudikatur). Selbst wenn die Kinder des Beschwerdeführers, welche sich "im Lenken abgewechselt haben sollen", die Auskunft verweigert haben sollten, wie in der Beschwerde behauptet wird, so wäre es dem Beschwerdeführer möglich gewesen, EINES seiner Kinder bekanntzugeben, welches jedenfalls in der Lage gewesen wäre, die geforderte Auskunft nach dem Lenker zu dem bestimmten Zeitpunkt zu geben. An der Rechtmäßigkeit des Schuldspruches vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer bereits in der Antwort auf die Lenkeranfrage mitgeteilt hat, daß sich seine Kinder, sollten sie "als Zeugen oder mutmaßliche Beschuldigte" geladen werden, "wechselseitig der Aussage entschlagen werden", weil in der bereits wiedergegebenen Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 leg. cit. vorgesehen ist, daß Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurücktreten.

Der Schuldspruch der belangten Behörde ist daher frei von Rechtsirrtum.

Die belangte Behörde führte zur Strafbemessung in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, daß der Schutzzweck der vom Beschwerdeführer übertretenen Rechtsvorschrift darin bestehe, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden könne, und der Beschwerdeführer durch sein Verhalten diesem Schutzzweck zuwider gehandelt habe. Milderungsgründe seien im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Erschwerend seien jedoch sechs einschlägige Vorstrafen zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei wegen einer derartigen Übertretung schon einmal mit einer Geldstrafe von S 6.000,-- belegt worden. Die vom Beschwerdeführer behauptete Willkür und der geltend gemachte Ermessensmißbrauch lägen daher nicht vor, da die nunmehr verhängte Geldstrafe immer noch im unteren Bereich des im Kraftfahrgesetz vorgesehenen Strafrahmens liege. Nicht zuletzt anläßlich der zuletzt erwähnten Bestrafung hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, daß derartige Übertretungen durchaus mit empfindlichen Geldstrafen geahndet werden. Mit Schreiben vom 7. August 1990 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, über seine persönlichen Verhältnisse Auskunft zu geben. Gleichzeitig sei er auch ersucht worden, für seine Angaben entsprechende Belege bzw. Bestätigungen vorzulegen, andernfalls die Strafbemessung nach den im Akt enthaltenen Unterlagen vorgenommen bzw. davon ausgegangen werde, daß die über ihn verhängte Geldstrafe seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen bzw. seinen Sorgepflichten angemessen sei. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen, womit er die im Verwaltungsverfahren bestehende Mitwirkungspflicht verletzt habe. Die Berufungsbehörde nehme daher eine Einschätzung der Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers vor, wobei er es seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben habe, wenn bei dieser Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen würden, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis hätten gelangen können. Es sei amtsbekannt, daß der Beschwerdeführer den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübe. Wenngleich davon ausgegangen werden müsse, daß bei diesem Berufsstand die Einkommens- und Vermögensverhältnisse durchaus unterschiedlich sein könnten, so nehme die Berufungsbehörde als Richtlinie für die Einschätzung dennoch an, daß die Ausübung des Anwaltsberufes vom Einkommen her zumindest mit der "führenden Tätigkeit" eines Angestellten verglichen werden könne. Demzufolge werde angenommen, daß der Beschwerdeführer ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen (ein Vierzehntel des Jahreseinkommens ohne Familienbeihilfe, Alleinverdiener- bzw. Alleinerhalterabsetzbetrag) von S 20.570,-- beziehe (vgl. Statistisches Handbuch für die Republik Österreich, herausgegeben vom Österreichischen Statistischen Zentralamt, 1989, S. 159, Ergebnisse des Mikrozensus September 1987). Die Berufungsbehörde gehe weiters davon aus, daß der Beschwerdeführer Zulassungsbesitzer eines Pkw der Marke Mercedes 190 E sei. Sie nehme weiters zu seinen Gunsten an, daß er für die im Ermittlungsverfahren erwähnten Kinder noch sorgepflichtig sei. Diese angenommenen Verhältnisse könnten nach Ansicht der Berufungsbehörde keine für den Beschwerdeführer günstigere Strafbemessung bewirken. Der Beschwerdeführer beziehe jedenfalls ein regelmäßiges Einkommen und sei in der Lage, den erwähnten Pkw zu erhalten und für die daraus entstehenden Kosten aufzukommen. Unter sorgfältiger Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse finde die Berufungsbehörde keinen Anlaß, von der festgesetzten Strafe abzugehen. Sie sehe in dem von der Behörde erster Instanz verhängten Strafausmaß keinen Widerspruch zu den persönlichen Verhältnissen. Nach Auffassung der Berufungsbehörde sei die verhängte Geldstrafe schuld-, tatvermögens- und einkommensangemessen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann der belangten Behörde unter diesen - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Umständen keine gesetzwidrige Strafbemessung vorwerfen, zumal in Übereinstimmung mit der Auffassung der belangten Behörde davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer das gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 geschützte Interesse, nämlich an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die u.a. im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung, verletzt hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. September 1987, Zl. 87/03/0067). Wer die ihm nach § 103 Abs. 2 leg. cit. obliegende Auskunftspflicht verletzt, vereitelt in der Regel die Strafverfolgung einer Verwaltungsübertretung und gefährdet damit diejenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, im besonderen Maße dann, wenn er - wie der Beschwerdeführer - wiederholt die verlangte Auskunft verweigert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1988, Zl. 87/03/0253). Ob die belangte Behörde, wie der Beschwerdeführer meint, "offensichtlich in rechtsmißbräuchlicher Ermessensübung die Geldstrafe für die Lenkerauskunftsverweigerung nach der Höhe der für das Grunddelikt festzusetzenden Geldstrafe verhängt", kann dahingestellt bleiben, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Anhaltspunkte dafür enthält, daß derartige Erwägungen für die Strafbemessung maßgebend gewesen sind. Ungeachtet dessen soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß die belangte Behörde nicht gehalten war, bei der Strafbemessung auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 89/02/0005).

Im übrigen hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß die belangte Behörde von unzutreffenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ausgegangen sei, weshalb kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Strafbemessung etwa unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig sein könnte.

Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Geldstrafe und Arreststrafe Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180015.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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