TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/6 90/09/0183

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Veröffentlicht am 06.06.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 idF 1988/231;
AuslBG §28a idF 1990/450;
AuslBG §3 Abs1;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des Landesarbeitsamtes Niederösterreich gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich 1.) zu Zl. 90/09/0183 vom 18. Oktober 1990, Zl. I/2-St-89138, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, und 2.) zu

Zl. 91/09/0020 vom 20. Dezember 1990, Zl. I/2-St-89138/1, betreffend Abänderung des zu 1.) genannten Bescheides gemäß § 52a VStG (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Die zu Zl. 90/09/0183 erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.) Die zu Zl. 91/09/0020 erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen.

3.) Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 10. Oktober 1989 wurde der Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) als verantwortliches Organ der Baufirma H KG für schuldig erkannt, er habe

1. in der Zeit vom 6. März 1989 bis zum 3. April 1989 an einer Großbaustelle in P 14 namentlich genannte Polen bei Bauarbeiten beschäftigt, obwohl für diese Personen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei (Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 AuslBG), und

2. durch die Beschäftigung der unter 1. genannten Personen ohne Bewilligung einer Arbeitskräfteüberlassung auch gegen das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz verstoßen (Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs. 3 iVm § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. c AÜG); dafür wurde die mP zu einer Geldstrafe von

S 140.000,-- nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG und von

S 10.000,-- nach § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. c AÜG verurteilt. Im Ermittlungsverfahren (Gendarmerieanzeige und Rechtfertigung der mP) habe sich ergeben, daß für die genannten Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Aus dem von der mP vorgelegten Vertrag zwischen der Firma H KG und der polnischen Firma Z ergebe sich ferner, daß Arbeitskräfteüberlassung vom Ausland nach Österreich vorliege, die antrags- und genehmigungspflichtig gewesen sei.

Aus Anlaß der Berufung der mP gegen dieses Straferkenntnis hat die belangte Behörde mit dem nunmehr zur Zl. 90/09/0183 angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG wie folgt entschieden:

1.

In der Tatbeschreibung zu 1) des Straferkenntnisses wird die Wortfolge "bei Bauarbeiten ... beschäftigt wurden" durch die Wortfolge "in Ihrem Auftrag durch die Fa. KBM Z mit dem Sitz in Krakau bei Bauarbeiten beschäftigt wurden" ersetzt und die Übertretungsnorm zu 1) auf § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b geändert.

2.

Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.

Begründend nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß die im Spruch genannten ausländischen Arbeiter tatsächlich auf der Baustelle der Fa. H KG gearbeitet hätten, und daß die mP auch gewußt habe, daß es sich dabei um ausländische Arbeitskräfte gehandelt habe. Der Vorwurf nach dem AuslBG sei jedoch richtig nach der lit. b des § 28 Abs. 1 Z. 1 und nicht nach dessen lit. a zu qualifizieren. Aus dem vorliegenden Antrag sei außerdem ersichtlich, daß es sich um "reine Arbeitskräfteüberlassung" gehandelt habe.

Mit dem weiteren, nunmehr zur Zl. 91/09/0020 angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1990 hat die belangte Behörde ferner ihren Bescheid vom 18. Oktober 1990 gemäß § 52a VStG wie folgt abgeändert:

Punkt 2. lautet: "2. Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses wird aufgehoben. Diesbezüglich wird das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt." Der bisherige Punkt 2. des Berufungsbescheides erhält die Bezeichnung "3.".

Diesen Bescheid begründete die belangte Behörde damit, daß eine Bestrafung sowohl nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG als auch nach dem AÜG wegen derselben Handlung gesetzwidrig wäre, weil die beiden Bestimmungen einander ausschlössen. Es sei daher nach § 52a VStG vorzugehen gewesen. Aus der Begründung des Bescheides vom 18. Oktober 1990 seien daher jene beiden Sätze "gegenstandslos", mit denen auf den Vertrag mit der Firma Z Bezug genommen und festgestellt worden sei, daß es sich um eine "reine Arbeitskräfteüberlassung" gehandelt habe.

Das Landesarbeitsamt Niederösterreich hat gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG und gemäß § 28a AuslBG idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 gegen beide angeführten Bescheide der belangten Behörde Amtsbeschwerde erhoben.

Zum Bescheid vom 10. Oktober 1990 (Beschwerde zur hg. Zl. 90/09/0183) macht die beschwerdeführende Partei geltend, die Qualifikation der Tat der mP gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG sei unzutreffend, weil eine Arbeitskräfteüberlassung durch ein ausländisches Unternehmen nicht unter § 18 AuslBG falle, vielmehr überlassene Arbeitskräfte in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zum Beschäftiger stünden. Begehrt wird daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "wegen Rechtswidrigkeit zufolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (Punkt 1. des Spruches)".

Den Bescheid vom 20. Dezember 1990 (Beschwerde zur hg. Zl. 91/09/0020) bekämpft die beschwerdeführende Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil dem Abänderungsbescheid eine Rechtsgrundlage fehle und weil sich aus dem Ermittlungsergebnis ableiten lasse, daß Arbeitskräfteüberlassung vorliege.

Die belangte Behörde hat zu beiden Beschwerden die Verwaltungsakten vorgelegt und eine gemeinsame Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht

beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28a AuslBG in der seit dem 1. Oktober 1990 geltenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 hat das Landesarbeitsamt im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung und ist berechtigt, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Ausschließlich auf diese, in Art. 131 Abs. 2 B-VG grundgelegte Gesetzesbestimmung stützt sich die Legitimatiaon der beschwerdeführenden Partei, vor dem Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdeführer aufzutreten. Diese Legitimation ist demnach nur im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem AuslBG gegeben und erstreckt sich keinesfalls auch auf Verwaltungsstrafverfahren nach anderen, sei es auch verwandten Rechtsgebieten. Damit fehlt es aber den vorliegenden Beschwerden insoweit an der Berechtigung zu ihrer Erhebung, als sie die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes nach dem AÜG zum Gegenstand haben. Diese Beurteilung (Verurteilung im erstinstanzlichen Straferkenntnis, Bestätigung dieses Schuldspruches im Bescheid der belangten Behörde vom 10. Oktober 1990 und letztlich Aufhebung dieses Schuldspruches mit dem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1990) kann somit selbst im Falle ihrer Rechtswidrigkeit nicht mit Amtsbeschwerde der beschwerdeführenden Partei beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden.

Damit ist aber bereits - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend verweist - das Schicksal der zu Zl. 91/09/0020 erhobenen Beschwerde entschieden. Da der dort angefochtene Bescheid ausschließlich die Beurteilung des Beschwerdefalles nach dem AÜG zum Gegenstand hat, erweist sich die dagegen erhobene Amtsbeschwerde als unzulässig. Diese Beschwerde war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Beschwerdepunkt der zu Zl. 90/09/0183 erhobenen Beschwerde ist ausschließlich die Frage, ob der mP ein Verstoß gegen lit. a oder gegen lit. b des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG vorzuwerfen ist. Wie bereits gesagt, hatte die belangte Behörde das AuslBG BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind den Arbeitgebern gleichzuhalten b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, und c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist (dies trifft für den Beschwerdefall nicht zu) einer Beschäftigungsbewilligung.

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde, oder

c) entgegen der Untersagung der Beschäftigung eines Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§ 14g) diesen beschäftigt, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis S 240.000,--.

Die belangte Behörde hat das Verhalten der mP der Strafdrohung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG unterstellt. Die beschwerdeführende Partei tritt dieser Qualifikation ausschließlich mit dem Hinweis entgegen, eine Arbeitskräfteüberlassung eines ausländischen Unternehmens an ein inländisches Unternehmen falle nicht unter § 18 AuslBG. Durch den Abänderungsbescheid vom 20. Dezember 1990 hat die belangte Behörde jede Bezugnahme auf das AÜG aus dem angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 1990 eliminiert. Aus der Sicht des AuslBG kann der Verwaltungsgerichtshof eine unrichtige Qualifikation der Tat durch die belangte Behörde nicht erkennen.

Der Unterschied zwischen den beiden Strafdrohungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und lit. b AuslBG liegt nämlich darin, daß gemäß lit. a das "Beschäftigen" von Ausländern, in lit. b hingegen das bloße "in Anspruch nehmen" von Arbeitsleistungen betriebsentsandter Ausländer ohne ein zwischen einem inländischen Unternehmen und den Ausländern bestehendes Beschäftigungsverhältnis unter Strafe gestellt wird (vgl. dazu die ständige, zuletzt im Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0074, angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Tatsächlich läßt sowohl der Inhalt des von der mP vorgelegten Vertrages mit der polnischen Firma Z als auch die Rechtfertigung der mP im Verwaltungsstrafverfahren die Annahme gerechtfertigt erscheinen, alleiniger Arbeitgeber der an der Baustelle der Firma H KG beschäftigten Ausländer sei die polnische Firma Z gewesen, welche nach dem Akteninhalt über keinen Betriebssitz im Inland verfügt. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die aus dem Ermittlungsverfahren abgeleitete Annahme der belangten Behörde unzutreffend sein sollte, die Firma H KG sei zur ausländischen "Entsenderfirma" ausschließlich in einer werkvertraglichen Beziehung gestanden, der Einsatz der ausländischen Arbeitskräfte wäre demnach ausschließlich zur Durchführung der von der Firma Z der Firma H KG gegenüber übernommenen Verpflichtungen zur Erfüllung aus dem abgeschlossenen Werkvertrag erfolgt. Unbeschadet der auch in diesem Fall gegebenen Bewilligungspflicht nach § 18 Abs. 1 AuslBG kann in diesem Fall das inländische Unternehmen nicht als Betrieb, in dem der Ausländer beschäftigt wird, angesehen werden. Der Qualifikation des festgestellten Sachverhaltes nach lit. b des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG haftet daher die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.

Die zur Zl. 90/09/0183 erhobene Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 51 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990090183.X00

Im RIS seit

06.06.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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