TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/11 87/14/0077

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Veröffentlicht am 11.06.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/03 Steuern vom Vermögen;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
ErbStÄquG §2 Z1;
StGG Art2;
VermStG §3 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag Kobzina sowie die Hofräte Dr Hnatek, Dr Pokorny, Dr Karger und Dr Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr Cerne, über die Beschwerde der N AG gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 6. März 1987, Zl 55.217-5/86, betreffend Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1980, 1. Jänner 1981, 1. Jänner 1982 und 1. Jänner 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, deren Aktien ausschließlich im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, betreibt nach ihren eigenen, nicht in Streit gezogenen Angaben neben verschiedenen anderen Anlagen auch Schlepplifte, für welche die gemäß der Gewerbeordnung erforderlichen Konzessionen mit Bescheiden der zuständigen Bezirkshauptmannschaft erteilt wurden.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob die Personenbeförderung mittels Schleppliften unter den Begriff "öffentlicher Verkehr" zu subsumieren ist und ob für den Fall der Verneinung dieser Frage der Umsatz der Schlepplifte oder der Anteil der Schlepplifte am Reinvermögen im Verhältnis zu den verschiedenen anderen Anlagen ein geeignetes Kriterium für die Beurteilung darstellt, ob die Beschwerdeführerin in wesentlichem Umfang noch anderen als den begünstigten Zwecken dient.

Das Finanzamt vertrat gestützt auf die Feststellungen einer nach § 147 BAO durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung die Ansicht, die Personenbeförderung mittels Schleppliften könne nicht unter den Begriff "öffentlicher Verkehr" subsumiert werden, weshalb in Hinblick auf den Anteil der fünf Schlepplifte am Reinvermögen und an den gesamten Einnahmen aus dem Personenverkehr, der über einen geringfügigen Umfang hinausgehe, die der Beschwerdeführerin bisher zuerkannte Befreiung gemäß § 3 Abs 1 Z 3 VStG und damit gemäß § 2 Abs 1 ErbStÄquG auch die Befreiung vom Erbschaftssteueräquivalent nicht mehr gewährt werden könne. Es liege nämlich insgesamt kein Unternehmen vor, das dem öffentlichen Verkehr diene. Das Finanzamt erließ zum Teil in wiederaufgenommenen Verfahren entsprechende Bescheide zu den im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten Stichtagen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diese Bescheide eingebrachte Berufung, in welcher begründend insbesondere darauf hingewiesen wurde, daß die Personenbeförderung dem öffentlichen Verkehr diene, als unbegründet ab und vertrat dazu nach Wiedergabe des § 3 Abs 1 Z 3 VStG in der für den gegenständlichen Rechtsstreit geltenden Fassung im wesentlichen folgende Ansicht:

Auf Grund einer von der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebenen Auskunft der gemäß § 181 GewO für die Konzessionserteilung zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 13. November 1986 bestünden für den Betrieb der Schlepplifte mangels einer in der Gewerbeordnung vorgesehenen Bestimmung keine behördlichen Anordnungen, die eine Betriebs- und Beförderungspflicht vorschrieben sowie die anzuwendenden Tarife behördlicherseits festlegten. Es könne daher unbedenklich davon ausgegangen werden, daß behördliche Anordnungen in dieser Richtung nicht bestünden, weswegen die Schlepplifte nicht dem öffentlichen Verkehr dienten. Die Beschwerdeführerin könnte demgemäß nur dann als ein dem öffentlichen Verkehr dienendes Unternehmen angesehen werden, wenn der begünstigungsschädliche Teil nicht von wesentlichem Umfang sei. Da die Anteile der Schlepplifte an den Einnahmen nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin zwischen 26,8 % und 30,3 % lägen, sei davon auszugehen, daß die Schlepplifte nicht als für die Steuerfreiheit unschädliche Nebenbetriebe angesehen werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Anwendung der Bestimmungen des § 3 Abs 1 Z 3 VStG idF BGBl Nr 33/1957 und des § 2 Z 1 ErbStÄquG verletzt.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet und kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs 1 Z 3 VStG idF BGBl Nr 33/1957 sind Unternehmen, die der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser oder Wärme oder dem öffentlichen Verkehr dienen, wenn die Anteile an ihnen ausschließlich Gebietskörperschaften gehören und die Erträge ausschließlich diesen Körperschaften zufließen, von der Vermögensteuer befreit; außerdem Elektrizitätsversorgungsunternehmungen im Sinn des § 1 Abs 1 Elektrizitätsförderungsgesetz 1953, BGBl Nr 113, soweit die Vermögensteuer auf den der Stromabgabe an Dritte dienenden Teil des Vermögens entfällt.

Vom Erbschaftssteueräquivalent sind gemäß § 2 Z 1 ErbStÄquG die nach Maßgabe des § 3 VStG von der Vermögensteuer befreiten juristischen Personen befreit.

Außer Streit steht, daß die Anteile an der Beschwerdeführerin ausschließlich Gebietskörperschaften gehören. Unbestritten ist auch, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um keine

Elektrizitätsversorgungsunternehmung im Sinn des Elektrizitätsförderungsgesetzes 1953 handelt.

Strittig ist somit - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - ausschließlich die Frage, ob die Beschwerdeführerin ein dem öffentlichen Verkehr dienendes Unternehmen ist oder nicht; denn nur dann, wenn dies zu bejahen ist, ist sie gemäß § 3 Abs 1 Z 3 VStG von der Vermögensteuer und damit auch nach § 2 Z 1 ErbstÄquG vom Erbschaftssteueräquivalent befreit.

Im hg Erkennntis vom 28. Mai 1986, Zl 85/13/0125, Slg Nr 6124/F, auf welches sich die belangte Behörde zu Recht stützt, hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß ein Unternehmen dem öffentlichen Verkehr nur dann dient, wenn seine Einrichtungen nach ihrer Zweckbestimmung im Rahmen der Beförderungsbedingungen von jedermann benutzt werden können, für das Unternehmen Betriebs- und Beförderungspflicht besteht und es nur Tarife anwenden darf, die von der zuständigen Genehmigungsbehörde für allgemein verbindlich erklärt wurden. Auf der Basis dieser Ansicht, die ihre Wurzel in Überlegungen der Steuergleichheit und damit im Gleichheitsgrundsatz hat (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Feber 1977, Zlen 586/76, 61/77), gegen die in der Beschwerde Überzeugendes nicht vorgetragen wird, und von welcher abzuweichen der Gerichtshof daher auch im Streitfall keinen Anlaß sieht, durfte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß die Personenbeförderung mittels Schleppliften nicht dem öffentlichen Verkehr dient, weil nach der unbestritten gebliebenen schriftlichen Auskunft der für die Genehmigung zuständigen Bezirkshauptmannschaft für den Betrieb der Schlepplifte weder eine Betriebs- und Beförderungspflicht besteht, noch die anzuwendenden Tarife behördlicherseits festgelegt wurden.

Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, dem angefochtenen Bescheid fehle jede stichhaltige Begründung dafür, daß Schlepplifte nicht dem Begriff "öffentlicher Verkehr" unterstellt werden könnten, weil die Verweisungen auf das Eisenbahngesetz und die Gewerbeordnung untaugliche Mittel seien, Schleppliften die Funktion, dem öffentlichen Verkehr zu dienen, abzusprechen, kann daher nicht gefolgt werden, zumal sich die belangte Behörde bei Verneinung der zu lösenden Rechtsfrage gar nicht auf das Eisenbahngesetz oder die Gewerbeordnung stützte.

Der Gerichtshof stimmt aber auch der Ansicht der belangten Behörde zu, daß die Heranziehung der Anteile der Schlepplifte an den Einnahmen der Beschwerdeführerin ein sachgerechtes Kriterium für die Beurteilung der Frage ist, ob es sich bei den Schleppliften um einen die Befreiung von der Vermögensteuer und vom Erbschaftssteueräquivalent nicht beeinträchtigenden Nebenbetrieb handelt. Wenn die Beschwerdeführerin diesbezüglich sinngemäß rügt, es wären richtigerweise die sich nach dem Bewertungsgesetz ergebenden Werte der Schleppliftanlagen den übrigen Werten der Versorgungsbetriebe wie "Y"-Straße, Parkplatz, Schipisten etc gegenüberzustellen, woraus sich nach den Feststellungen des Prüfers ein Anteil der Schlepplifte am Reinvermögen von 4,13 % ergibt, so läßt die Beschwerdeführerin unberücksichtigt, daß dieser Anteil, wie die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift zutreffend ausführt, ausdrücklich ohne anteilige Zuordnung von gemeinschaftlichen Anlagen wie Schiabfahrten, Dienstbarkeiten, Pistengeräten etc ermittelt worden ist. Der Gerichtshof teilt in diesem Zusammenhang die Auffassung, eine sachgerechte Aufteilung dieser gemeinschaftlichen Anlagen könne dahingehend erfolgen, daß diese nach dem Verhältnis der im öffentlichen Verkehr erzielten Umsätze einerseits zu den im nichtöffentlichen Verkehr erzielten Umsätzen anderseits durchgeführt wird (vgl Rössler/Troll, Bewertungs- und Vermögensteuergesetz, Kommentar,

15. Auflage, Rz 23 ff zu § 117). Die Aufteilung der den Schleppliften zuzurechendenen Werte einschließlich der gemeinschaftlichen Anlagen und die Aufteilung nach den anteiligen Einnahmen sind daher im wesentlichen (die Sommersaison ist im Verhältnis zur Wintersaison unbedeutend) deckungsgleich.

Wenn die belangte Behörde für die Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin in wesentlichem Umfang noch andere als die vom Tatbestand des § 3 Abs 1 Z 3 VStG umfaßten Leistungen erbringt, für die Schlepplifte einen - in der Beschwerde der Höhe nach unbestrittenen - Anteil am Gesamtumsatz der Beschwerdeführerin von mehr als 26 % heranzog, so ist im Hinblick darauf, daß somit der Umsatzschlüssel und der sich aus dem Wert der jeweiligen Anlagen ergebende Schlüssel im wesentlichen deckungsgleich sind, ihr weder vorzuwerfen, daß der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf, noch daß Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung sie zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte kommen können.

Bei dieser Sach- und Rechtslage durfte die belangte Behörde vielmehr zu Recht davon ausgehen, daß es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um ein dem öffentlichen Verkehr dienendes Unternehmen im Sinn des § 3 Abs 1 Z 3 VStG handelt, weshalb sie aus diesem Titel weder von der Vermögensteuer noch vom Erbschaftssteueräquivalent befreit ist.

Da der angefochtene Bescheid somit weder inhaltlich rechtswidrig noch mit der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991, BGBl Nr 104.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987140077.X00

Im RIS seit

11.06.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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