Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §188 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. des Martin F jun., 2. des Martin F sen., beide in B, beide vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 4. Jänner 1990, Zl. 1345-2/1988, betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer sowie Gewinnfeststellung (§ 188 BAO) für 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.020,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 4. März 1981 wurde über das Vermögen der M.F. KG (im folgenden kurz: KG), die ein Speditionsunternehmen betrieb, der Ausgleich eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren an der Gesellschaft die beiden Beschwerdeführer und F.F. als vollhaftende sowie I.E.-F., E.M., F.-M. F. und G.F. als beschränkt haftende Gesellschafter beteiligt.
Mit Schreiben vom 10. April 1981 wurde der KG von der Sch. AG der Abschluß eines Kaufvertrages bezüglich betriebszugehöriger Liegenschaften in H. angeboten. Mit Schreiben vom 8. Mai 1981 nahm die KG dieses Anbot an.
Im Zuge des Ausgleichsverfahrens machte R.B. dem Vertreter der KG und den an ihr beteiligten Gesellschaftern mit Schreiben vom 3. Juli 1981 ein bis zum 10. Juli 1981 verbindliches Anbot:
Er selbst oder von ihm namhaft zu machende Personen, Firmen und Gesellschaften würden die KG übernehmen, wobei er bzw. diese Personen in die Gesellschaft eintreten. Die derzeitigen Gesellschafter müßten selbstverständlich austreten. Er habe die Absicht, in die weitergeführte KG als Komplementär eine GmbH eintreten zu lassen, wobei sich einer der (derzeitigen) Gesellschafter zur Verfügung stellen sollte, kurzfristig als Gesellschafter die GmbH mitzugründen, um anschließend sofort seinen Anteil wieder an R.B. oder von diesem namhaft zu machende Personen, Firmen und Gesellschaften abzutreten. Der Kaufpreis solle S 5,700.000,-- (im Falle der Nichtbeibringung von Teilverzichtserklärungen von Gläubigern allenfalls maximal S 5,810.000,--) betragen. Die Übergabe bzw. die Abrechnung zwischen der KG alt und der neuen Gestion müßte bei Annahme dieses Angebotes am 10. Juli 1981 erfolgen. Von der X-Bank müsse ihm eine Bankgarantie übergeben werden, aus der sich ergebe, daß er laut diesem Anbot für sämtliche Verpflichtungen der alten Gestion schad- und klaglos gehalten werde.
Am 6. Juli 1981 bevollmächtigten die Beschwerdeführer Dr. S., sämtliche handelsrechtlichen Eingaben, betreffend sie selbst als Gesellschafter und betreffend die KG einschließlich des Ein- und Austritts von Gesellschaftern, mit Rechtswirksamkeit für sie, ihre Erben und Rechtsnachfolger zu unterfertigen und einzubringen, sowie darüber ergehende Beschlüsse in Empfang zu nehmen. Der Ausgleichsverwalter unterfertigte am 7. Juli 1981. Am selben Tag nahmen die Beschwerdeführer das Angebot des R.B. vom 3. Juli 1981 an.
Die X-Bank übernahm R.B. gegenüber mit Schreiben vom 10. Juli 1981 die unwiderrufliche Garantie, ihn für sämtliche Verpflichtungen der KG, die bis zum Übernahmsstichtag, als welcher der 10. Juli 1981 genannt wurde, entstanden sind, schad- und klaglos zu halten. Am selben Tag unterfertigte die X-Bank eine Vereinbarung, welche mit der KG und deren Gesellschaftern abgeschlossen wurde und vom Ausgleichsverwalter am 6. Juli 1981 unterfertigt worden war. Darin wurden Einzelheiten der Abwicklung des Ausgleichs festgelegt, in dessen Zuge die X-Bank Garantien übernahm. Hiebei wurde vom Vorliegen verbindlicher Anbote auf Kauf der Liegenschaft in H. (Lagerhalle) um S 24 Mio sowie auf Eintritt neuer Gesellschafter in die KG (wobei die Liegenschaften in den verbleibenden Aktiva der KG nicht inbegriffen waren) ausgegangen. Liegenschaftskaufpreis und Übernahmspreis waren an die X-Bank zu entrichten.
Am 20. Juli 1981 unterfertigte Dr. S. für die KG den Vertrag über die Veräußerung der Liegenschaft in H. Die Erwerberin des Grundstückes unterfertigte den Vertrag am 29. Juli 1981.
Am 27. Oktober 1981 wurde das Ausscheiden des Erstbeschwerdeführers und von F.F. als persönlich haftende Gesellschafter und das von I.E.-F., E.M. und F.-M. F. als Kommanditisten sowie der Eintritt von R.B. und anderen als Kommanditisten in das Handelsregister eingetragen.
Am 28. Dezember 1981 wurde das Ausscheiden des Kommanditisten G.F. sowie der Eintritt der F. GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin registriert.
Am 18. Jänner 1982 wurde die Änderung der Firma auf F. GmbH & Co KG und der Austritt des Zweitbeschwerdeführers als persönlich haftender Gesellschafter eingetragen.
Mit Beschluß des Ausgleichsgerichts vom 20. Oktober 1983 wurde das Ausgleichsverfahren eingestellt, nachdem die Ausgleichsschuldnerin den bei der Tagsatzung vom 27. Mai 1981 abgeschlossenen und mit Beschluß des Ausgleichsgerichtes vom 14. Juli 1981 bestätigten Ausgleich erfüllt hatte.
Im Abgabenverfahren vertraten die Beschwerdeführer die Auffassung, die Personengesellschaft, an der sie beteiligt gewesen seien, habe unter Wahrung ihrer zivilrechtlichen sowie auch ihrer steuerrechtlichen Identität fortbestanden. Dagegen stand das Finanzamt auf dem Standpunkt, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise läge ein Unternehmerwechsel bzw. eine Geschäftsveräußerung im ganzen vor. Es seien sämtliche Gesellschafter der ehemaligen KG (jetzigen GmbH & Co KG) aus dem Unternehmen ausgeschieden und gleichzeitig neue Gesellschafter eingetreten. Deshalb sei für die KG im Jahr 1981 eine Betriebsaufgabe zu unterstellen und es seien die steuerlichen Konsequenzen aus der Veräußerung von Anlagegütern der "alten Firma" zuzurechnen.
Das Finanzamt richtete entsprechende Gewinnfeststellungs-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerbescheide für 1981 mit gemeinsamer Begründung an die "Gesellschafter der ehemaligen Firma F. KG" zu Handen ihres steuerlichen Vertreters. Im Gewinnfeststellungsbescheid wurden die sieben ausgeschiedenen Gesellschafter namentlich genannt.
Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Gewinnfeststellungs- und des Gewerbesteuerbescheides als unbegründet ab. Hinsichtlich des Umsatzsteuerbescheides wurde der Berufung teilweise stattgegeben, wobei auf Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG ein Betrag von S 2,552.093,07 entfiel. Mit ihrer Berufungsentscheidung sprach die belangte Behörde ausdrücklich über eine Berufung der beiden Beschwerdeführer als ehemalige Gesellschafter der KG ab. Der Bescheid habe Wirkung gegenüber allen ehemaligen Gesellschaftern; mit seiner Zustellung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gelte die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 BAO). Er wurde adressiert an die ehemaligen Gesellschafter der M.F. KG jeweils zu Handen der beiden Beschwerdeführer jeweils vertreten durch deren steuerliche und anwaltliche Vertreter.
Ihre Ausführungen faßte die belangte Behörde im Hauptpunkt folgendermaßen zusammen: Mit Stichtag vom 10. Juli 1981 hätten die Beschwerdeführer das Verfügungsrecht über die Wirtschaftsgüter aufgegeben, die im Angebot vom 3. Juli 1981 aufgezählt seien. Erwerber dieser Wirtschaftsgüter sei zunächst R.B. gewesen. Dieser habe einerseits (aus zivilrechtlicher und gewerberechtlicher Sicht) die Fortführung zwecks Erwerbes von firmengebundenen Genehmigungen und andererseits (aus wirtschaftlicher und damit steuerrechtlicher Sicht) die Errichtung einer neuen Personengemeinschaft mit neuen Entscheidungs- und Risikoträgern geplant. Beide Ziele habe R.B. dadurch erreicht, daß er formalrechtlich in nicht allzu großem zeitlichen Abstand stufenweise (nach)vollzogen habe, was hinsichtlich des Ausscheidens der "Altgesellschafter" bereits ab dem Stichtag praktiziert und hinsichtlich des Eintrittes der "Neugesellschafter" zunächst nur geplant, aber auch schon bald praktiziert worden sei. Recht bald nach dem Übergabestichtag - eine exakte zeitliche Festlegung sei nicht erforderlich, da es für die Beendigung der "Altgesellschaft" unerheblich sei, ob wegen der allenfalls relativ langen Dauer, während der R.B. über sämtliche Gesellschaftsanteile allein verfügungsberechtigt gewesen sei, vom Erwerb des Unternehmens durch einen Einzelunternehmer oder wegen der vernachlässigbar kurzen Dauer der Errichtungsphase vom Erwerb durch eine Personengesellschaft auszugehen sei - sei eine von R.B. dominierte, nicht mit der zivilrechtlich fortbestehenden KG identische Personenvereinigung im Geschäftsleben in Erscheinung getreten. Diese Personenvereinigung habe Umsatzgeschäfte in beträchtlichem Umfang abgeschlossen. Sie bzw. ihre Gesellschafter hätten Unternehmerrisiko getragen. Für diese Personenvereinigung sei R.B. als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer aufgetreten. Er persönlich habe auch alle Entscheidungen getroffen. Die von ihm beherrschte Personenvereinigung habe über alle Wirtschaftsgüter verfügt, die ihr von der Mitunternehmerschaft, an der die Beschwerdeführer beteiligt gewesen seien, über R.B. mit Übergabevertrag übergeben worden seien. Der übernommene Fuhrpark und die sonstigen übernommenen Wirtschaftsgüter seien von R.B. und den Mitgesellschaftern nach deren freiem Willen eingesetzt worden. Die von R.B. dominierte Gemeinschaft sei im Geschäftsleben teils unter fremdem, teils unter falschem und teils unter noch nicht registriertem Namen aufgetreten. Die Lebenswirklichkeit habe mit dem Registerstand nicht übereingestimmt. In dieser Situation, in der die Lebenswirklichkeit und der Registerstand sich nicht gedeckt hätten, habe die von R.B. beherrschte Gesellschaft ebenso wie das Finanzamt oder die X-Bank dem tatsächlichen Geschehen größeres Gewicht als dem äußeren Anschein oder der formalen Gestaltung eingeräumt. Auch die Sch. AG spreche in einem Schreiben von einer Auflösung der Firma F. Zunächst hätten auch die Beschwerdeführer nicht dem Registerstand die ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, sondern sie hätten den wahren wirtschaftlichen Gehalt des Geschehens im Streitjahr anerkannt. Allein weil der Name, der von der von R.B. dominierten Personenvereinigung teilweise verwendet worden sei, mit dem Namen jener Personenvereinigung identisch sei, an der die Beschwerdeführer beteiligt gewesen seien, könne dies nicht zur Verneinung der eigenen Existenz der neuen Gesellschaft führen. Die bloß kurzfristige Verwendung eines fremden, falschen oder noch nicht registrierten Namens könne nicht dazu führen, daß Umsätze und Einkünfte dem Träger des Namens zugerechnet würden, wenn dieser selbst keine Unternehmerinitiative mehr entfalte, kein Unternehmerrisiko mehr trage und auch - ausgenommen zu Zwecken der Ausgleichserfüllung - nicht mehr nach außen in Erscheinung trete. Folgerichtig hätten selbst die Vertreter der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung die Auffassung vertreten, die Kontoeröffnung durch R.B. sowie die Umsätze von ca. S 10 Mio, die von der von R.B. dominierten Personengesellschaft unter einer im Streitjahr noch nicht registrierten Firma fatiert worden seien, seien nicht der "Altgesellschaft" zuzurechnen. Sie hätten es aber unterlassen, die gezogenen Schlüsse in konsequenter Weise auch auf die durch die Veräußerung des "Sch.-Grundstückes" erforderliche Vorsteuerberichtigung anzuwenden.
Neben dem Kernpunkt der Berufung würden auch die erstinstanzlich zum Ansatz gelangten Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 1981 bekämpft, die das Finanzamt im Schätzungswege ermittelt habe. Die Beschwerdeführer hätten dieser Schätzung eine eigene Umsatzverprobung entgegengehalten, die sie dem Finanzamt mit Schreiben vom 3. Juni 1987 bekanntgegeben hätten. Ihre Vertreter hätten vorgebracht, zwar im Besitz der Buchhaltungsunterlagen zu sein, einen Abschluß aber nicht erstellen zu können. Daraus sei zu schließen, daß die Bücher unrichtig und unvollständig geführt worden seien und infolgedessen die Schätzungsbefugnis gegeben sei. Bei der gegebenen Sachlage könnten sich die Beschwerdeführer nicht beschwert erachten, wenn der angefochtene Umsatzsteuerbescheid zu ihren Gunsten dahin geändert werde, daß die im Streitjahr uneinbringlich gewordenen Inlandsforderungen entsprechend der Schätzung ihres steuerlichen Vertreters geschätzt würden. Die Behörde erachte auch dessen Angaben hinsichtlich der (sonstigen) Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer in seinem Schriftsatz vom 3. Juni 1987 für glaubwürdig und übernehme deshalb das Ergebnis seiner Verprobung.
Durch diesen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Bescheidzustellung und Abgabenvorschreibung ausschließlich an die M.F. KG, jetzt F. GmbH & Co KG, und nicht an die Beschwerdeführer, verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. UMSATZSTEUER
Umsatzsteuersubjekt ist der Unternehmer; wer Unternehmer ist, bestimmt sich nach § 2 UStG. Auch Personengesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit wie Kommanditgesellschaften können Unternehmen sein, wenn sie im Wirtschaftleben nach außen hin (Dritten gegenüber) selbständig in Erscheinung treten. Steht die steuerpflichtige Tätigkeit einer Personengesellschaft fest, dann darf die Umsatzsteuer nur der Gemeinschaft und nicht den einzelnen Teilhabern vorgeschrieben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1986, Zl. 86/15/0009). Entscheidend für die Umsatzsteuerpflicht bleibt, daß die Umsätze unter dem Namen des Unternehmens durchgeführt wurden (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 2 Anm. 9, sowie zum vorigen auch Anm. 8, 13, 25 und 28).
Im Beschwerdefall vertritt die belangte Behörde die Auffassung, es wäre infolge eines gänzlichen, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleichzeitigen Gesellschafterwechsels für das Streitjahr von der Existenz zweier Umsatzsteuersubjekte auszugehen. Sie hält es in diesem Zusammenhang für geboten, in steuerlicher Hinsicht zu einem anderen Ergebnis zu gelangen als es der Zivilrechtslage entspricht. Nach dieser wird die Identität der Personengesellschaft durch einen Gesellschafterwechsel nicht berührt, selbst wenn sämtliche Gesellschafter gleichzeitig wechseln (vgl. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts, 5. Auflage, Seite 133; Koppensteiner in Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, § 124 HGB Rz 16; sowie die jeweils zitierte Judikatur). Unstrittig ist, daß der Parteiwillen auf die Identitätserhaltung gerichtet war; gerade durch den Fortbestand der Gesellschaft sollte der wirtschaftliche Wert insbesondere der ihr zustehenden Berechtigungen erhalten bleiben.
Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht der Meinung, daß es die Besonderheiten des Beschwerdefalles gebieten würden, vom dargestellten zivilrechtlichen Ergebnis für den Bereich des Umsatzsteuerrechtes abzuweichen: Gerade für den Unternehmerbegriff des § 2 UStG ist wesentlich, daß ein Wirtschaftsgebilde als solches nach außen in Erscheinung tritt, indem die Umsätze unter seinem Namen durchgeführt werden. Wie die Beteiligungsverhältnisse bei einer Personengesellschaft, die sich im Wirtschaftsverkehr gewerblich betätigt, gestaltet sind, und welchen Änderungen diese Verhältnisse unterliegen, ist demgegenüber nicht von Bedeutung.
Der Gerichtshof hält aber auch die Überlegungen der belangten Behörde, die in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Annahme eines Gesellschafterwechsels mit dem vereinbarten "Übernahmestichtag" führten, nicht für überzeugend: Es mag sein, daß danach die Unternehmerinitiative nicht mehr bei den "Altgesellschaftern" lag und daß das Unternehmerrisiko diese insofern nicht mehr traf, als sie am künftigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nicht mehr teilhatten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann aber der Weiterbestand der unbeschränkten persönlichen Haftung der Komplementäre, die erst nach Monaten in Etappen ausschieden, nicht vernachlässigt werden. Diese gesellschaftsrechtliche Haftung im Außenverhältnis blieb nicht bloß kurzfristig aufrecht; daß sie nicht schlagend wurde, ist unerheblich. Wollte man sich hingegen der Argumentation der belangten Behörde anschließen, hätte dies zur Folge, daß für den fast halbjährigen Zeitraum zwischen "Übernahme" und schließlichem Eintritt der erst neu gegründeten Komplementär-GmbH vom Bestand einer Kommanditgesellschaft ohne persönlich haftenden Gesellschafter auszugehen wäre; der Verwaltungsgerichtshof kann eine solche Konstruktion auch in steuerlicher Hinsicht nicht billigen.
Die belangte Behörde stützte sich auf das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1963, Zl. 831/60 (= Slg. Nr. 2791/F), und leitete daraus ab, daß im Falle eines Gesellschafterwechsels die Umsatzzurechnung an eine beendete Personenvereinigung erfolgt sei, obwohl die betreffende OHG zivilrechtlich fortbestanden habe und weiterhin nach außen hin in Erscheinung getreten sei, und daß andererseits die entsprechenden Bescheide an die ehemaligen Gesellschafter zu richten gewesen seien.
Hiezu ist zunächst zu bemerken, daß die beiden damaligen Beschwerdeführer ihre je 50 prozentigen Anteile an einer OHG gleichzeitig veräußert hatten. Der Gerichtshof hat damals lediglich ausgesprochen, daß ein solcher Vorgang als Geschäftsveräußerung im ganzen der seinerzeitigen Bruttoumsatzsteuer mit einem ermäßigten Steuersatz zu unterziehen war (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 11. November 1964, Zl. 1268/63, sowie Frühwald, Finanzjournal 1981, Seite 94). Dem Erkenntnis ist aber nicht zu entnehmen, daß die Bescheide an die ausgeschiedenen Gesellschafter gerichtet waren; vielmehr ergibt sich im Zusammenhalt mit dem verwaltungsgerichtlichen Akt, daß der Bescheid des Finanzamtes an die Gesellschaft mit ihren neuen Mitgliedern ergangen war; die Gesellschaft hatte dagegen berufen.
Auch das von der belangten Behörde fälschlich dem "Bundesverfassungsgerichtshof" zugeschriebene Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. März 1969, Zl. V 80/64 (richtig: vom 21. März 1968; BStBl. 1968 II 595), befaßte sich mit der Umsatzsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerung im ganzen bei gleichzeitigem Wechsel aller Gesellschafter. Mit dem damaligen Bescheid des Finanzamtes war die steuerpflichtige KG hiefür zur Umsatzsteuer herangezogen worden. Nur am Rande sei bemerkt, daß der Bundesfinanzhof seine frühere Rechtsprechung in seinem Urteil vom 29. Oktober 1987, BStBl. 1988 II 92, für das (deutsche) Umsatzsteuergesetz 1967 (insbesondere im Hinblick auf die Einführung des Vorsteuerabzuges) nicht fortgeführt hat. Auch das in Rede stehende Zitat der belangten Behörde kann somit von der Richtigkeit ihrer Ansicht nicht überzeugen.
Für den Beschwerdefall ergibt sich somit, daß die Umsatzsteuer für das gesamte Jahr 1981 der fortbestehenden KG und nicht den Beschwerdeführern als (ausgeschiedenen) Gesellschaftern vorzuschreiben war; diese hätten allenfalls zur Haftung gemäß § 12 BAO herangezogen werden können.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Es erübrigt sich auf die - zum Teil Neuerungen enthaltenden - weiteren Ausführungen der Beschwerdeführer in der Beschwerde und den ergänzenden Schriftsätzen einzugehen. Auch zur Rüge der Umsatzschätzung muß nicht Stellung genommen werden. Die Möglichkeit eines zivilrechtlichen Regresses an den Beschwerdeführern hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu untersuchen.
2. GEWINNFESTSTELLUNG
Gemäß § 188 Abs. 1 lit. b BAO werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist gemäß Abs. 3 auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber. Gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften).
Bei einem Gesellschafterwechsel während des Wirtschaftsjahres ist die einheitliche und gesonderte Feststellung für die Einkünfte aller in dem Wirtschaftsjahr noch, wenn auch nur teilweise beteiligten Gesellschafter vorzunehmen. In die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind daher auch die positiven und negativen Einkünfte der im Laufe des Wirtschaftsjahres ausgeschiedenen Gesellschafter einzubeziehen. Dies gilt auch für den bei der Veräußerung des Anteiles durch den ausscheidenden Gesellschafter erzielten Veräußerungsgewinn bzw. -verlust (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 24 EStG 1972 Tz 29). Somit ist auch für die Gewinnfeststellung gemäß § 188 BAO zu unterstellen, daß die Gesellschaftsidentität trotz Gesellschafterwechsels nicht verloren geht. Es ist daher nur ein einziger Gewinnfeststellungsbescheid für das gesamte Wirtschaftsjahr zu erlassen, in dem sowohl der laufende Gewinn unter Berücksichtigung des Anteils, der auf den ausscheidenden oder eintretenden Gesellschafter entfällt, als auch allfällige Veräußerungsgewinne erfaßt werden (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch,
2. Auflage, § 23 Tz 47).
Dies bedeutet im Beschwerdefall, daß für das Streitjahr nicht zwei Feststellungsbescheide betreffend eine "alte" und eine "neue" Mitunternehmerschaft, sondern ein einziger Bescheid zu ergehen hatte, in dem auch die Gewinnanteile der Beschwerdeführer auszuweisen waren. Nur im Hinblick auf die Berechnung dieser Anteile war gedanklich ein Rumpfwirtschaftsjahr für die ausscheidenden Mitunternehmer - nicht aber für die Gesellschaft - zu bilden (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, Seite 442).
Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO hatte der - eine - Feststellungsbescheid an die Personenvereinigung, d.h. an die KG als solche zu ergehen. Die Zustellung hatte mit Wirkung für alle Beteiligten - d.h. auch für ausgeschiedene Gesellschafter - an die gemäß § 81 BAO in Betracht kommenden Personen zu erfolgen (§ 101 Abs. 3 BAO).
Die Abgabenbehörden zogen im Beschwerdefall als Stichtag für die Anteilsberechnung den 10. Juli 1981 heran. Im Hinblick auf die vertragliche Vereinbarung der Abrechnung zwischen alter und neuer "Gestion" mit diesem Tag ist hierin eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Hingegen war es gesetzwidrig, die für die Beschwerdeführer (und die anderen aus der Gesellschaft ausgeschiedenen "Altgesellschafter") errechneten Anteile in einem eigenen, an diese ergehenden Gewinnfeststellungsbescheid zu erfassen.
Es entspricht dem Wesen einer einheitlichen Feststellung von Einkünften, daß sie gegenüber allen an der Feststellung Beteiligten wirkt. Eine solche Wirkung kann aber eine Feststellung, die nur gegenüber einer Gruppe von Gesellschaftern getroffen wird, nicht entfalten. Es liegt daher im Beschwerdfall noch keine rechtsgültige einheitliche und gesonderte Feststellung der fraglichen Einkünfte vor. Mangels rechtswirksamen Feststellungsbescheides des Finanzamtes konnte gegen einen solchen auch nicht rechtswirksam berufen werden, sodaß die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer insoweit nicht in sachliche Behandlung nehmen durfte, sondern als unzulässig hätte zurückweisen müssen. Die Sachentscheidung bewirkt die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Gewinnfestellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Feber 1984, Zlen. 82/14/0165, 83/14/0238). Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß auch ein nur die "neue Mitunternehmerschaft" betreffender Feststellungsbescheid ins Leere ging.
3. GEWERBESTEUER
Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 GewStG gilt die Tätigkeit der offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderer Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen sind, stets und im vollen Umfang als - der Gewerbesteuer unterliegender - Gewerbebetrieb.
Wird das Gewerbe für Rechnung mehrerer Personen betrieben, so sind diese Gesamtschuldner; bei Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 GewStG ist auch die Gesellschaft als solche Gesamtschuldner. Es steht der Finanzverwaltung völlig frei, an welchen der Gesamtschuldner sie sich halten will (vgl. Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 4-5). Daher war es nicht von vornherein rechtswidrig, wenn sie an Personen, die im Streitjahr Gesellschafter der KG waren, einen Gewerbesteuerbescheid richten wollte.
Tritt - wie im Beschwerdefall - ein Wechsel im Stand der Gesellschafter ein, wird die Gewerbesteuerpflicht dadurch nicht berührt (vgl. Philipp, a.a.O., Tz 1-347, 24-10). Da es somit durch den bei der KG eingetretenen Gesellschafterwechsel zu keinem Unternehmerwechsel im Sinne des § 4 Abs. 2 GewStG kam, hatte für das gesamte Wirtschaftsjahr 1981 nur ein Gewerbesteuerbescheid zu ergehen; die Behörde nahm hingegen hinsichtlich der Beschwerdeführer ein Rumpfwirtschaftsjahr bis 10. Juli 1981 an. Hiedurch wurden die Beschwerdeführer schon deshalb in ihren Rechten verletzt, weil sich für die fortgesetzte KG im Zeitraum 11. Juli bis 31. Dezember 1981 nach der Aktenlage ein Verlust aus Gewerbebetrieb ergab, sodaß sich der Gewerbeertrag für das gesamte Wirtschaftsjahr gegenüber dem Ergebnis bis 10. Juli 1981 zumindest reduzierte.
Der angefochtene Bescheid war somit zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer kann neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden. Auch für nach der Beschwerde eingebrachte weitere Schriftsätze gebührt kein zusätzlicher Ersatz von Schriftsatzaufwand. Stempelgebühren für die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (mit Ausnahme der Replik zur Gegenschrift) nicht erforderlichen zusätzlichen Schriftsätze und Beilagen können nicht ersetzt werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990140048.X00Im RIS seit
11.06.1991