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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der R-KG vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, der gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. März 1991, Zl. Ve-547-117/11, betreffend Nachbareinwendungen gegen ein Bauvorhaben, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S bei T vom 3. August 1987 für die Errichtung eines Kurhauses die Baubewilligung erteilt. Dieser Bescheid wurde mit Berufung einer - ihren Behauptungen zufolge - übergangenen Partei (nämlich der benachbarten Gemeinde T) vom 26. März 1990 bekämpft.
Der - nach Verstreichen der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG nach dem zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle angerufene - Gemeinderat der Gemeinde S bei T hat die Berufung mit Bescheid vom 18. Jänner 1991 als unbegründet abgewiesen, und diesen Bescheid im wesentlichen damit begründet, daß der Gemeinde T keine Parteistellung gemäß § 30 Abs. 1 TBO zukomme.
Diesen Berufungsbescheid hat die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid aufgehoben und der Berufungsbehörde die Rechtsauffassung überbunden, daß der Gemeinde T Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zukomme und daß sie durch den Baubewilligungsbescheid in dem von ihr geltend gemachten Recht auf Einhaltung der höchstzulässigen Bebauungshöhe verletzt worden sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt, ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen: dem stünden zwingende öffentliche Interessen nicht entgegen, da die Beschwerde nicht als aussichtslos angesehen werden könne und mit der "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung des angfochtenen Bescheides vor Entscheidung über diese Beschwerde" für die Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßig hoher Nachteil verbunden sei. Dieser Nachteil wird dahin umschrieben, daß - sinngemäß und zusammengefaßt - von der Beschwerdeführerin eine dreistellige Millionensumme in dieses Projekt investiert worden sei und die durch die Erhebung von Rechtsmitteln seitens der Gemeinde T eintretende Verzögerung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die Beschwerdeführerin, aber auch zu einer "Störung" ihres Verhältnisses zu den am Projekt beteiligten Banken führen könnte.
Damit verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Unter Vollzug im Sinne dieser Gesetzesstelle ist die Umsetzung eines Bescheides in die Wirklichkeit - dies sowohl iSd Herstellung der dem Bescheidinhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch iSd Herstellung des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes während des Beschwerdeverfahrens - zu verstehen (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10381/A, u.a.). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kommt daher dann nicht mehr in Betracht, wenn der angefochtene Bescheid bereits vollzogen oder einem behördlichen Vollzug nicht (mehr) zugänglich ist. Als unmittelbare Folge der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Behebung des Berufungsbescheides des Gemeinderates der Gemeinde S liegt dem Gemeinderat nunmehr (wieder) ein mit Berufung bekämpfter (und daher nicht rechtskräftiger) Baubewilligungsbescheid vor. Unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung, wonach die Nachbargemeinde bei Erlassung des Bewilligungsbescheides zu Unrecht nicht als Partei beigezogen worden sei, ergab sich durch den angefochtenen Bescheid keine Änderung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides: diese war demnach (auf dem Boden der Rechtsauffassung der belangten Behörde, von der der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahrensstadium auszugehen hat) schon ursprünglich nicht gegeben, wenngleich die Beschwerdeführerin gegenteiliger Meinung war (und möglicherweise auch sein durfte). Der bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eingetretene Schwebezustand in der Frage, ob der Rechtsauffassung der belangten Behörde zu folgen sei oder nicht, wird jedenfalls nicht durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides bewirkt, sondern liegt im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Er ist ein faktisches, jedoch kein rechtliches Problem, der mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gesteuert werden könnte, sodaß alle Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend die mit dem Eintritt dieses Schwebezustandes verbundenen wirtschaftlichen Nachteile am Verfahrensthema vorbeigehen.
Sollte die Beschwerdeführerin die Verzögerung in der Bautätigkeit als unwiederbringlichen Nachteil empfinden (nach den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen hat der Bürgermeister der Gemeinde S bei T aufgrund des angefochtenen Bescheides eine Baueinstellung gemäß § 40 Abs. 2 TBO verfügt), so ist ihr entgegenzuhalten, daß dies nicht eine Folge des Vollzuges des angefochtenen Bescheides, sondern der Bestimmung des § 36 Abs. 1 TBO ist, wonach mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung nicht begonnen werden darf, bzw. des § 40 Abs. 2 TBO, worin angeordnet wird, daß im Falle des Zuwiderhandelns mit der Untersagung der Fortsetzung der Bauarbeiten vorzugehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Verfahren zur Erteilung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG weder berechtigt noch in der Lage, die fehlende Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides zu ersetzen noch durch einen Ausspruch gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die Anwendung der zitierten Rechtsvorschriften auf sonstige Weise zu verhindern.
Andere als die erwähnten Nachteile wurden von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht, insbesondere auch nicht eine etwa drohende Erlassung eines Abbruchbescheides im Sinne des § 44 TBO, die unter bestimmten Voraussetzungen die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung begründen könnte (vgl. den Beschluß vom 8. April 1991, AW 90/06/0068). Sollten solche Umstände künftig eintreten, so steht es der Beschwerdeführerin gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 VwGG frei, einen neuen Antrag zu stellen.
Da sich der vorliegende Antrag somit schon aus dem Blickwinkel der in ihm enthaltenen Ausführungen als unberechtigt erweist, konnte die Frage, ob der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden, auf sich beruhen.
Schlagworte
VollzugBegriff der aufschiebenden WirkungUnverhältnismäßiger NachteilRechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:AW1991060023.A00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010