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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
GewerbesteuerG 1953; BeteiligungsfondsG;keine Bedenken gegen §2 Z13 GewerbesteuerG; gleichheitswidrige Auslegung des §7 Z3 zweiter Satz iVm. §2 Z13 GewerbesteuerGSpruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die bf. Partei schloß im Jahr 1983 mit der E-Beteiligungsfonds-AG zwei Beteiligungsfinanzierungsverträge über die Errichtung je einer stillen Gesellschaft nach dem Beteiligungsfondsgesetz, BGBl. 111/1982, ab. Das Beteiligungskapital beträgt jeweils S 10.000.000.-. Aufgrund dieser Verträge wurde der E-Beteiligungsfonds-AG für das Jahr 1983 ein Gewinnanteil von S 362.500.- gutgeschrieben.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die bel. Beh. die Rechtsansicht des Finanzamtes,
"daß die Gewinnanteile, die über Beteiligungsfondsgesellschaften an Beteiligungsfonds ausgeschüttet werden, nicht der Gewerbesteuer unterliegen und daher im Falle einer Beteiligung eines Beteiligungsfonds (über eine Beteiligungsgesellschaft) in Form einer stillen Gesellschaft eine Hinzurechnung nach §7 Z3 GewStG - und zwar, da nach dem §10 Abs2 Beteiligungsfondsgesetz die Vergütungen für die Verwaltung durch die Beteiligungsfondsgesellschaft als Abgänge zu berücksichtigen sind - hinsichtlich des gesamten gutgeschriebenen Gewinnanteils stattzufinden hat,"
und wies daher die Berufung der bf. Partei als unbegründet ab.
2. In ihrer Beschwerde erachtet sich die bf. Partei durch den angefochtenen Berufungsbescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als verletzt. In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß durch die überflüssiger- und unsachlicherweise der Beteiligungsfondsgesellschaft gewährte Befreiungsbestimmung des §2 Z13 Gewerbesteuergesetz 1953 idgF (GewStG) bewirkt werde, daß bei der Errechnung des Gewerbeertrags des Unternehmens, an dem die Beteiligungsfondsgesellschaft still beteiligt ist, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile des (begünstigten!) stillen Gesellschafters hinzuzurechnen seien, womit sich für das Unternehmen (an dem die Beteiligungsfondsgesellschaft still beteiligt ist) eine höhere Gewerbesteuerzahllast ergäbe. Daß diese Regelung nicht sachgerecht sei, ist nach Meinung der bf. Partei aus den Intentionen des Gesetzgebers des Beteiligungsfondsgesetzes abzuleiten, der abgabenrechtliche Begünstigungen schaffen wollte und durch das Beteiligungsfondsgesetz auch die Unternehmungen fördern (und nicht benachteiligen!) wollte, an denen sich Beteiligungsfondsgesellschaften beteiligen; insbesondere aber auch aus dem Aspekt, "daß es gleichheitswidrig wäre, jemanden dadurch abgabenrechtlich zu belasten, daß einem Dritten eine (noch dazu überflüssige) Gewerbesteuerbefreiung gewährt wird." Ferner rügt die bf. Partei, "daß hinsichtlich des der Beteiligungsfondsgesellschaft verbleibenden Gewinns aus der Spesenverrechnung ... eine Doppelbesteuerung erfolgt", wenn der gesamte Gewinnanteil beim Unternehmen, an dem die Beteiligungsfondsgesellschaft still beteiligt ist, kraft §7 Z3 GewStG zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sei, gleichzeitig aber auch der bei der Beteiligungsfondsgesellschaft daraus (nach Abzug der dem Beteiligungsfonds gegenüber Genußscheininhabern obliegenden Verbindlichkeiten und des Verwaltungsaufwands der Beteiligungsfondsgesellschaft) verbleibende Gewinn ebenfalls zur Gewerbesteuer (bei der Beteiligungsfondsgesellschaft) herangezogen werde. Die Beschwerde bezeichnet es schließlich als sachlich nicht gerechtfertigt, "danach zu unterscheiden, ob unser stiller Gesellschafter eine (kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtige) 'normale' Aktiengesellschaft ist oder eine Beteiligungsfonds-Aktiengesellschaft", sodaß §2 Z13 GewStG, der diese Unterscheidung trifft, auch aus diesem Grunde gleichheitswidrig sei.
Die bf. Partei regt sohin an, der VfGH möge hinsichtlich §2 Z13 GewStG ein Gesetzesprüfungsverfahren einleiten, sofern nicht durch verfassungskonforme Auslegung dieser Bestimmungen ein verfassungswidriges Ergebnis vermieden werden könnte. Begehrt wird schließlich die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. In ihrer Gegenschrift verweist die bel. Beh. auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Sie vertritt die Auffassung, daß §2 Z13 GewStG keine verfassungswidrige Norm sei und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Der VfGH hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Mit Rücksicht auf das Beschwerdevorbringen hat der VfGH geprüft, ob der angefochtene Bescheid die bf. Partei im Gleichheitsrecht verletzt.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 10413/1985) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
2. Gem. §2 Z13 GewStG sind von der Gewerbesteuer befreit
"Beteiligungsfondsgesellschaften im Sinne des §3 des Beteiligungsfondsgesetzes hinsichtlich des einem Beteiligungsfonds ... zuzurechnenden Teiles des Einkommens und Vermögens, wenn für diesen Teil der Gesellschaft ein gesonderter Rechnungskreis besteht. Die auf eigene Genußscheine der Beteiligungsfondsgesellschaft entfallenden Ausschüttungen des Jahresüberschusses im Sinne des §10 Abs2 des Beteiligungsfondsgesetzes sind steuerpflichtig."
Gem. §7 Z3 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt sind,
"die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters, ... Dies gilt nicht, wenn diese Beträge beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind".
Der VfGH hat bereits in VfSlg. 4526/1963 ausgesprochen, daß er gegen die Hinzurechnungsvorschrift des §7 Z3 GewStG (idF vor der Nov. BGBl. 620/1981) keine Bedenken im Hinblick auf das Gleichheitsgebot hegt. Er hielt es in jenem Erkenntnis für durchaus sachlich, wenn der Gesetzgeber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu dem Ergebnis kommt, dem stillen Gesellschafter könne faktisch eine dem Mitunternehmer gleiche Stellung zukommen. "Demnach möglichen Verschleierungen müsse durch die Regelung des §7 Z3 leg. cit. begegnet werden, zumal, da zwar der rechtliche Unterschied zwischen einem Mitunternehmer und einem stillen Gesellschafter, der seine Arbeitskraft einbringt oder unter einem anderen Titel im Betrieb beschäftigt ist, bedeutend ist, ein wirtschaftlicher Unterschied aber unter Umständen oft kaum besteht oder nicht erkennbar ist."
Auch den Umstand, daß der letzte Satz des §7 Z3 GewStG Unternehmen, bei denen stille Gesellschafter beteiligt sind, unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob "diese Beträge beim Empfänger zu Steuern nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind", hielt der VfGH mit dem Gleichheitssatz für vereinbar. Der VfGH bleibt auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles bei dieser Rechtsauffassung.
Der VfGH teilt aber auch die in der Beschwerde geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Befreiungsbestimmung des §2 Z13 GewStG nicht. Der mit dem Beteiligungsfondsgesetz verfolgte Zweck, "die Zuführung neuer Geldmittel als Eigenkapital an österreichische Wirtschaftsunternehmen durch abgabenrechtliche Begünstigungen zu fördern" (Heller, in: Das österreichische Recht, VI. l, 15/1, Einführung) scheint dem VfGH eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für die gewerbesteuerrechtliche Begünstigung der Beteiligungsfondsgesellschaften.
3. Allerdings vermag die Auslegung, die die bel. Beh. dem Gesetz gegeben hat, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht zu genügen.
§2 Z13 GewStG hat die kraft ihrer Rechtsform als Aktiengesellschaft (§3 Abs2 Beteiligungsfondsgesetz) gem. §1 Abs2 Z2 GewStG gewerbesteuerpflichtige Beteiligungsfondsgesellschaft nur soweit von der Gewerbesteuer befreit, soweit für den einen Teil der Gesellschaft bildenden Beteiligungsfonds ein gesonderter Rechnungskreis besteht. Soweit hingegen die Beteiligungsfondsgesellschaft einen eigenen Gewinn unabhängig von dem einem Beteiligungsfonds als Teil der Gesellschaft zuzurechnenden Teil des Einkommens aufweist, bleibt dieser Gewinn gewerbesteuerpflichtig (wie auch §2 Z13, zweiter Satz GewStG beweist, wonach die im eigenen Portefeuille der Beteiligungsfondsgesellschaft gehaltenen Genußscheine hinsichtlich der auf sie entfallenden Ausschüttungen steuerpflichtig sind). Wenn und soweit aber Gewinnanteile beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, findet gemäß dem zweiten Satz des §7 Z3 GewStG deren Hinzurechnung zum Gewinn des Gewerbebetriebes, an dem die Beteiligungsfondsgesellschaft als stiller Gesellschafter beteiligt ist, nicht statt. Nur diese Auslegung entspricht dem Sinn des §7 Z3 zweiter Satz GewStG, "den Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer soweit nicht zu beachten, als eine Doppelbelastung von Ertragsbestandteilen eintritt" (Neuner, Die stille Gesellschaft im Abgabenrecht, Wien 1986, 244, L 20; Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, I3, 246).
Demgegenüber bewirkt die Rechtsauffassung der bel. Beh., wonach hinsichtlich des gesamten gutgeschriebenen Gewinnanteiles eine Hinzurechnung zum Gewinn der bf. Partei stattzufinden hat, eine doppelte gewerbesteuerliche Belastung eines bestimmten Ertragsbestandteiles insoweit, als dieser (etwa als Vergütung für die Verwaltung) auch von der Beteiligungsfondsgesellschaft außerhalb des Rechnungskreises ihres Beteiligungsfonds gutgeschrieben wird und daher zur Gewerbesteuer herangezogen werden muß. Für eine derartige doppelte gewerbesteuerliche Belastung bestimmter Teile der von der bf. Partei (aufgrund der bei ihr gehaltenen Beteiligung) entrichteten Gewinnanteile besteht kein sachlicher Grund; war es doch die Absicht des Gesetzgebers, Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters kraft §7 Z3 GewStG nur einmal besteuern zu lassen und im übrigen Beteiligungsfondsgesellschaften gem. §2 Z13 GewStG zu begünstigen.
Wenn aufgrund des §7 Z3 GewStG der Gewinnanteil nur einmal mit Gewerbesteuer belastet werden soll, fehlt es angesichts der Förderungsabsicht des Gesetzgebers an einem sachlichen Grund, diese Bestimmung in Zusammenhalt mit §2 Z13 GewStG so auszulegen, daß der der Beteiligungsfondsgesellschaft entrichtete Gewinnanteil zur Gänze dem Gewinn des Unternehmers hinzuzurechnen ist, an dem die Beteiligung gehalten wird. Diese Auslegung widerspräche daher dem Gleichheitssatz. Die Ausnahme von der Hinzurechnungspflicht gem. §7 Z3 zweiter Satz GewStG ist entsprechend dem Grundgedanken dieser Bestimmung immer dann gegeben, wenn Beteiligungserträge "beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind". Hinsichtlich jenes Anteiles an den Beteiligungserträgen, für welchen die Beteiligungsfondsgesellschaft gewerbesteuerpflichtig ist, entfällt sohin bei verfassungskonformer Auslegung des §7 Z3 GewStG eine Hinzurechnung zum Gewinn des Unternehmens, an dem die Beteiligungsfondsgesellschaft beteiligt ist, weil anders eine mit dem Grundgedanken des §7 Z3 GewStG unvereinbare doppelte Belastung der betreffenden Beträge bewirkt würde, für die kein sachlicher Grund ersichtlich ist. Daran können auch die von der bel. Beh. herangezogenen Bestimmungen des Beteiligungsfondsgesetzes, BGBl. 111/1982, insbesondere dessen §10 Abs2 über die Errechnung des Jahresüberschusses des Beteiligungsfonds nichts ändern, weil es für den - teilweisen Entfall der Hinzurechnungspflicht nach §7 Z3 GewStG nur darauf ankommt, daß und inwieweit der stille Gesellschafter, d.i. die Beteiligungsfondsgesellschaft, als Empfänger des fraglichen (Teil-)Betrages gewerbesteuerpflichtig ist.
Die bel. Beh. hat sohin der Vorschrift des §7 Z3 zweiter Satz GewStG iVm. §2 Z13 GewStG fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt dadurch unterstellt, daß sie den gesamten, von der bf. Partei ausgeworfenen Gewinnanteil deren gewerbesteuerpflichtigem Gewinn gem. §7 Z3 GewStG hinzurechnete, wiewohl dieser Gewinnanteil teilweise auch bei der Beteiligungsfondsgesellschaft der Gewerbesteuerpflicht unterlag.
Dadurch, daß die bel. Beh. dem §7 Z3 in Verbindung mit §2 Z13 GewStG fälschlicherweise den geschilderten gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, hat sie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der bf. Partei auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Der Beschwerde war sohin stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In dem, der bf. Partei zugesprochenen Kostenersatz ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 1.000,-- enthalten.
5. Dies konnte gem. §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
AbgabenwesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B598.1987Dokumentnummer
JFT_10118993_87B00598_00