TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 90/05/0243

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde 1) des A und 2) der B gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Oktober 1990, Zl. BauR-010508/2-1990 Ki/Pe, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) C Gesellschaft m.b.H. & Co. KG,

2) Gemeinde Regau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. April 1972 hatte die Rechtsvorgängerin der Erstmitbeteiligten beim Gemeindeamt Regau um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Tischlerei auf dem Grundstück Nr. N/4, KG Unterregau, ersucht. Bei der Bauverhandlung am 9. Mai 1972 hatten damals die Beschwerdeführer als Nachbarn die Einhaltung eines entsprechenden Abstandes von der gemeinsamen Grundgrenze und entsprechende Brandschutzmaßnahmen verlangt. Bei dieser Bauverhandlung wurde im Befund festgehalten, daß aus Gründen der Feuersicherheit und zur Herstellung einer Aufschließung für Löschzwecke im Brandfall der Baukörper (im nordöstlichen Bereich) um 5,0 m verkürzt werden soll, damit zur Grundgrenze des Agerflusses ebenfalls ein Abstand von 5,0 m bleibe. (Eine Änderung der Baupläne erfolgte nicht.) Als besondere Bewilligungsbedingungen beantragte der bautechnische Amtssachverständige die Vorschreibung, daß an der südwestlichen Grundgrenze (zu den Beschwerdeführern) die durch den Altbau bereits gegebene Baufluchtlinie mit 1,50 m einzuhalten, der Baukörper im Bereich des Lagerraumes im Erdgeschoß hofseitig (nordostseitig) um 5,0 m zu verkürzen und in diesem Bereich eine Zufahrtsstraße bis zur Grundgrenze der Beschwerdeführer anzulegen sei, die für Löschzwecke freigehalten werden müsse. Weiters wurde die Vorschreibung in Aussicht genommen, die südwestliche Außenmauer des Betriebsgebäudes im Bereich des Wohnhauses als Feuermauer herzustellen und demnach in der gesamten Länge des Nachbarwohnhauses keine Fensteröffnungen zu versetzen. Von den beigezogenen Sachverständigen wurde das Bauvorhaben insgesamt unter Vorschreibung weiterer Auflagen als genehmigungsfähig beurteilt. Zur Stellungnahme der Beschwerdeführer wurde festgehalten, daß der Neubau der Tischlereiwerkstätte in einem Abstand von 1,50 m zur südwestlichen Grundgrenze ausgeführt werde und im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer der zweigeschoßige Baukörper eine Feuermauer erhalte, sodaß in diesem Bereich an der südwestlichen Außenmauer keinerlei Fenster- und Türöffnungen lägen. Die Ausführung des Werkstättengebäudes erfolge in Massivbauweise, sodaß der erforderliche Brandschutz gegen die Nachbargrenze gewährleistet scheine.

Am 22. Juni 1972 erklärten die Beschwerdeführer, ihren Einspruch gegen den Wiederaufbau der Tischlereiwerkstätte zurückzunehmen.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1972 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die angestrebte Baubewilligung. Ausdrücklich wurde vorgeschrieben, daß die Bauausführung plangemäß, jedoch unter Berücksichtigung der verlangten Änderungen und Ergänzungen zu erfolgen habe. Als besondere Bewilligungsbedingung wurde u.a. vorgeschrieben, daß der Baukörper im Bereich des Lagerraumes im Erdgeschoß hofseitig um 5,0 m zu verkürzen und in diesem Bereich eine Zufahrtsstraße bis zur Grundgrenze der Beschwerdeführer anzulegen sei, die für Löschzwecke freigehalten werden müsse. Die südwestliche Außenmauer des Betriebsgebäudes müsse im Bereich des Wohnhauses als Feuermauer hergestellt werden; demnach dürften in der gesamten Länge des Nachbarwohnhauses keine Fensteröffnungen versetzt werden. Dieser Bescheid wurde auch den Beschwerdeführern zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit einer Eingabe vom 7. August 1972 gab der Rechtvorgänger der Erstmitbeteiligten bekannt, daß der Werkstättenbau nicht mit einem Stockwerk errichtet werde (der Aktenlage nach nahmen die Organe der Gemeinde dies nicht zum Anlaß, auf die Notwendigkeit eines Baubewilligungsverfahrens hinzuweisen).

Mit Eingabe vom 7. November 1972 verwies der Erstbeschwerdeführer darauf, daß entgegen der Vorschreibung, die südwestliche Außenmauer im Bereich des Wohnhauses als öffnungslose Feuermauer herzustellen, eine Fenster-Türkombination errichtet worden sei. Auch sei die Außenmauer nicht als Feuermauer hergestellt worden, sondern bilde die errichtete Mauer durch ihre Dachkonstruktion eher eine Feuerbrücke. In einem Schreiben vom 15. November 1972 erklärte die Rechtsvorgängerin der Erstmitbeteiligten, daß die Vorschreibungen des Baubewilligungsbescheides eingehalten würden. Ein Organwalter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hielt in einem Aktenvermerk vom 1. Dezember 1972 fest, daß die vom Erstbeschwerdeführer ins Treffen geführte unzulässige Fenster-Türkombination im Bereich seines Wohnhauses brandhemmend ausgestaltet werde und kein Fenster, sondern eine Konstruktion in der Art der Türe über dieser Fluchttüre zur Ausführung gelange. Die brandhemmende Ausführung dieser Fluchttüre und der darüber angebrachten derzeitigen Öffnung, welche später ebenso ausgestaltet werde, würde im Sinne des Gesetzes einer Feuermauer entsprechen. Die Dachkonstruktion gelange ebenfalls plan- bzw. befundgemäß zur Ausführung.

Mit Anbringen vom 1. Februar 1973 wies der Erstbeschwerdeführer neuerlich darauf hin, daß nach den Vorschreibungen des Baubewilligungsbescheides in der gesamten Länge des Nachbarhauses keine Öffnungen ausgeführt werden dürften. Der Erstbeschwerdeführer beanstandete die damalige Ausführung der Öffnung, verwies auf die Brandkatastrophe im März 1972 und ersuchte, die Angelegenheit raschest zu behandeln. In den Akten erliegt sodann eine Verhandlungsschrift vom 13. Mai 1975 betreffend das Ansuchen um Erteilung einer Benützungsbewilligung. In dieser Niederschrift wurde festgehalten, daß die vorgeschriebene Verkürzung des Lagerraumes in östlicher Richtung um 5,0 m für die Zufahrt von Brandlöschfahrzeugen zur Ager nicht erfolgt sei und daher der ostseitige Trakt mit der ursprünglich vorgesehenen Länge von 31,40 m ausgeführt worden sei. Vertreter der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich hätten vor ca. drei Wochen eine Besichtigung vorgenommen und erklärt, daß die Zufahrt für die Löschfahrzeuge nicht unbedingt erforderlich sei. Der bautechnische Amtssachverständige schloß sich dieser Ansicht an. Es wurden weitere Abänderungen des bewilligten Projektes festgehalten, u.a., daß es nicht zweigeschoßig ausgeführt worden sei. In baupolizeilicher Hinsicht wurden keine weiteren Vorschreibungen als erforderlich erachtet, die Brandschutzmaßnahmen würden in der gewerbebehördlichen Betriebsbewilligung vorgeschrieben werden, über welche gleichzeitig verhandelt worden sei. Der Bürgermeister sah sich nicht veranlaßt, hinsichtlich der vorgenommenen Projektsänderungen auf die Notwendigkeit der Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung hinzuweisen, vielmehr erteilte er mit Bescheid vom 9. Juni 1975 die Benützungsbewilligung.

Auf Grund einer Eingabe der Zweitbeschwerdeführerin vom 13. November 1980 teilte der Bürgermeister dieser mit Schreiben vom 24. November 1980 mit, daß bezüglich der Vorschreibung der Verkürzung des Baukörpers und der Freihaltung einer Zufahrtsstraße bis zur Grundgrenze der Beschwerdeführer die Sachverständigen diese Ausführung als nicht unbedingt erforderlich erachtet hätten. Diese geringfügige Abweichung sei bei der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1975 sowohl gewerbepolizeilich als auch baupolizeilich zur Kenntnis genommen und genehmigt worden; letzteres trifft der Aktenlage nach nicht zu.

Im Akt erliegt ferner ein Bericht der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. August 1989 an die Volksanwaltschaft, welcher in der Folge dazu führte, daß der Bürgermeister mit Bescheid vom 28. September 1989 die Rechtsvorgängerin der Erstmitbeteiligten aufforderte, hinsichtlich der Vergrößerung der Tischlereiwerkstätte um die genannten 5,0 m unter Vorlage geeigneter Projektsunterlagen um die nachträgliche Baubewilligung anzusuchen.

Mit Anbringen vom 5. Dezember 1989 ersuchte die Erstmitbeteiligte um die Erteilung der Baubewilligung für den erwähnten Zubau an der nordöstlichen Grundgrenze. Zu der für 18. Jänner 1990 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerdeführer als Nachbarn unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen. Bei dieser Verhandlung brachten die Beschwerdeführer vor, daß der Plan aus ihrer Sicht unvollständig sei, da nur ein Teil dargestellt werde. Sie verwiesen auf die 1972 erteilten baubehördlichen und gewerbebehördlichen Bescheide und forderten die Einhaltung der Abstände "laut den angeführten Bescheiden". Gegen das Bauvorhaben werde aus diesen Gründen Einspruch erhoben. Der bautechnische Amtssachverständige machte gegen die Erteilung der Baubewilligung keine Bedenken geltend. Er verwies auf die Ansicht eines Brandsachverständigen von der Brandverhütungsstelle, derzufolge die Zufahrt für Löschfahrzeuge zur Ager nicht unbedingt erforderlich sei. Aus technischer Sicht und nach den Abstandsvorschriften dürfe dieser Streifen von 5,0 m an der Ostseite verbaut werden. Ein Bebauungsplan liege für dieses Gebiet nicht vor. Die Erstmitbeteiligte verwies darauf, daß die durch den Zubau unmittelbar betroffenen Anrainer keine Einsprüche erhoben hätten. Da die Beschwerdeführer nicht unmittelbar betroffen seien und ihnen kein Schaden entstehe, würden ihre Einwendungen nicht zur Kenntnis genommen.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1990 erteilte der Bürgermeister die nachträgliche Baubewilligung zur Errichtung des genannten Zubaues. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden mit der Begründung abgewiesen, daß nach den eingeholten Gutachten die Zufahrt für Löschzwecke nicht unbedingt erforderlich sei.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wies der Gemeinderat mit Bescheid vom 3. Juli 1990 nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der freiwilligen Feuerwehr Regau ab. Dies wurde im einzelnen näher begründet.

Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen Bestimmungen der O.ö. Bauordnung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, daß den Nachbarn im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens nach der O.ö. Bauordnung nur ein beschränktes Mitspracherecht zustehe. Durch die Erteilung einer Baubewilligung könne daher ein Nachbar nur dann in seinen Rechten verletzt worden sein, wenn die Baubehörde eine von ihr wahrzunehmende Bestimmung mißachtet habe, auf deren Einhaltung dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zustehe. Die Beschwerdeführer bemängelten, daß durch das nun bewilligte Bauvorhaben der im ursprünglichen baubehördlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1972 in Form einer Auflage festgelegte Abstand zur Nachbargrenze nicht eingehalten werde. Hiezu sei jedoch zu bemerken, daß es sich nicht um die Grundgrenze zu den Beschwerdeführern, sondern um jene auf der gegenüberliegenden Seite handle. Durch diesen Umstand würde die damals geforderte Feuerwehrzufahrt nicht realisiert werden können. Der Nachbar besitze nun nicht schlechthin einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Abstandsvorschriften, sondern es müsse sich um Abstände handeln, die ihm gegenüber einzuhalten seien, was hier nicht zutreffe. Die Beschwerdeführer würden daher in keinem subjektiven Recht auf Einhaltung von Abstandsbestimmungen verletzt. Auch der Umstand, daß durch das nunmehrige Bauvorhaben die ursprünglich geplante Feuerwehrzufahrt über die Liegenschaft der Bauwerberin nicht mehr realisiert werden könne, verletze nicht subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer. Mangels eines derartigen subjektiv-öffentlichen Rechtes wäre diese Einwendung durch die Baubehörde erster Instanz als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Dadurch, daß die Baubehörde in die Sache eingegangen sei und die Einwendung abgewiesen habe, seien die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt worden. Im übrigen gehe aus der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme der freiwilligen Feuerwehr Regau schlüssig und nachvollziehbar hervor, daß die Zufahrt von der Ager zur Entnahme von Löschwasser nicht erforderlich sei. Aus einschränkenden Vorschreibungen des Baubewilligungsbescheides aus dem Jahre 1972 würden aber den Beschwerdeführern keine Rechte erwachsen. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführer, daß der Bauplan nicht vollständig sei, stellte die Oberösterreichische Landesregierung fest, eine Überprüfung des Einreichplanes zeige, daß eine Beurteilung des eingereichten Bauvorhabens in ausreichendem Maß möglich sei und das Bauvorhaben eindeutig bestimmt werde. Es liege kein Planmangel vor, der die Nachbarn außerstande setze, die Beeinträchtigung ihrer Rechte zu beurteilen. Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens sei ausschließlich das durch den vorliegenden Einreichplan determinierte Projekt. Ob dieses Projekt auch gewerbebehördlich zulässig sei, sei im Bauverfahren nicht zu prüfen.

Zusammenfassend seien die Beschwerdeführer in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht verletzt worden.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Sie erachten sich in dem im § 46 der O.ö. Bauordnung normierten Recht verletzt, wonach Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung öffentlich-rechtliche Einwendungen im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. erheben können und derartige Einwendungen von der Baubehörde zu berücksichtigen sind.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 46 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Gemäß § 46 Abs. 3 BO sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich, daß den Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren nur ein beschränktes Mitspracherecht zusteht, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend festgestellt hat. Im Falle eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei hat auch der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nur in jenem Bereich auf eine allfällige Rechtswidrigkeit zu prüfen, in dem dem beschwerdeführenden Nachbarn ein Mitspracherecht zusteht. Darüber hinaus ist eine eingetretene Präklusion im Sinne des § 42 AVG zu beachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, und die ständige Rechtsprechung seither).

In tatsächlicher Hinsicht haben die Beschwerdeführer bei der Bauverhandlung vor der Behörde erster Instanz unter Hinweis auf den in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheid ausschließlich die Einhaltung eines Abstandes gefordert. Nun hat schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, daß ein Nachbar nicht schlechthin einen Rechtsanspruch auf Einhaltung von Abständen besitzt, sondern es sich um solche Abstände handeln muß, die ihm gegenüber einzuhalten sind, weil nur eine solche Abstandsverletzung seine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, S. 154, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführer behaupten nun freilich, daß ihnen aus dem Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1972 ein Rechtsanspruch darauf zustehe, daß der Zubau in dem genannten Bereich nicht bewilligt werde, weil damals ausdrücklich die Verkürzung des in den Einreichplänen dargestellten Baukörpers um 5,0 m verlangt worden sei. Sie behaupten in diesem Zusammenhang, daß ihnen aus dem Baubewilligungsbescheid ein Rechtsanspruch auf Abweisung des nunmehrigen Bauvorhabens erwachsen sei, also nunmehr das Bauansuchen der Erstmitbeteiligten wegen entschiedener Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen wäre. Im Beschwerdefall kann nun dahingestellt bleiben, ob ein Nachbar ein Recht auf Beachtung der entschiedenen Sache nur im Rahmen eines subjektiv-öffentlichen Rechtes mit Erfolg geltend machen kann oder nicht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. Juni 1971, Slg. N.F. Nr. 9564/A), liegt doch Identität der Sach- und Rechtslage schon deshalb nicht vor, weil die nunmehr geltende Bauordnung für Oberösterreich aus dem Jahre 1976 eine Änderung der Rechtslage bewirkt hat. Das nunmehr durchgeführte Baubewilligungsverfahren hat im übrigen ergeben, daß die seinerzeit als nötig erachtete Zufahrt für Löschzwecke nicht erforderlich ist, wie schon die Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen in der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz erkennen läßt. Die Einholung einer Stellungnahme der freiwilligen Feuerwehr Regau, wie sie im Berufungsverfahren erfolgte, war daher gar nicht erforderlich. Weiters teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß in dieser Beziehung den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zusteht. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf § 23 Abs. 2 BO verweisen, wonach bauliche Anlagen in allen ihren Belangen so geplant und errichtet werden müssen, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden, so vermag diese Gesetzesstelle das Erfordernis einer Zufahrt für Löschzwecke in dem genannten Bereich nicht zu begründen, wie das Ermittlungsverfahren durchaus überzeugend ergeben hat.

Soweit in der Beschwerde gerügt wird, daß durch die nunmehr erteilte Baubewilligung ein konsensloser Zustand nachträglich saniert wurde, so ist zu bemerken, daß die Möglichkeit der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung gerade dem Zweck dient, Vorschriftswidrigkeiten rechtlich zu sanieren, wobei freilich die Baubehörde erster Instanz schon unmittelbar bei erster Kenntnisnahme des bewilligungswidrigen Zustandes auf die rechtliche Sanierung bzw. die Beseitigung des vorschriftswidrigen Zustandes hinzuwirken verpflichtet gewesen wäre. Die Auffassung, daß diese Vorgangsweise einer nachträglichen Sanierung mit der österreichischen Rechtsordnung nicht in Einklang stehe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen, zumal die österreichischen Bauordnungen auch die Möglichkeit der Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung vorsehen. So bestimmt auch § 61 Abs. 1 BO ausdrücklich, daß dann, wenn bewilligungspflichtige bauliche Anlagen ohne Bewilligung ausgeführt werden oder bereits ausgeführt wurden, die Baubehörde dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen hat, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen, oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist (nur) dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einen den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050243.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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