TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 91/05/0010

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

L81702 Baulärm Umgebungslärm Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BaulärmG Krnt 1973 §10 Abs1 litb;
BauO Krnt 1969 §27 Abs1;
BauO Krnt 1969 §28 Abs2;
BauO Krnt 1969 §45 Abs1 litc;
BauRallg;
VStG §10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Bundes gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. Dezember 1990, Zl. 8 BauR1-311/7/1990, betreffend Baueinstellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. März 1989 erteilte die Bezirkshauptmannschaft A dem Bund die Bewilligung zum Abbruch eines Garagenobjektes sowie zur Errichtung eines Amtsgebäudes mit Garage auf dem Areal der Gendarmeriekaserne in B. An diese Bewilligung wurden 33 Auflagen geknüpft. Zu Punkt 8 wurde vorgeschrieben: In der Zeit vom 15. Mai bis 30. September sind lärm-, staub- und verkehrserregende Bauarbeiten zu unterlassen.

Mit Bescheid vom 22. Juni 1990 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt gemäß § 28 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung die sofortige Einstellung lärmerregender Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaues der Gendarmeriekaserne in Krumpendorf. Als lärmerregende Arbeiten wurden von der Behörde insbesondere die im Zusammenhang mit Schalungen auftretenden Tätigkeiten, wie der Betrieb eines Kranes, Bohrhammers, einer Kreissäge sowie das Hämmern mit der Hand, angesehen. Im Spruch des Bescheides wurde darauf hingewiesen, daß einer allfällig einzubringenden Berufung keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Der Begründung dieses Bescheides zufolge wurde die Einstellung der lärmerregenden Arbeiten darauf gestützt, anläßlich der gemäß § 27 der Kärntner Bauordnung durchzuführenden Überwachung des Bauvorhabens sei festgestellt worden, daß die Auflage zu Punkt 8 der Baubewilligung nicht eingehalten werde. Nach Ausführungen zur vorgenommenen Lärmmessung wurde festgestellt, daß der energieäquivalente Dauerschallpegel von 28,4 dB als ortsübliches Ausmaß an Lärm bei Meßpunkt 2 angesehen werden könne und die Erhöhung des ortsüblichen Ausmaßes an Lärm zwischen 25 und 30 dB betrage. Gemäß § 27 Abs. 1 lit. b der Kärntner Bauordnung habe die Behörde darüber zu wachen, daß Vorhaben nach § 4 nicht abweichend von der Baubewilligung und den ihr zugrundeliegenden Plänen, Berechnungen und Beschreibungen ausgeführt würden. Gemäß § 28 Abs. 2 BO habe die Behörde die Einstellung der Bauarbeiten bescheidmäßig zu verfügen, wenn die Überwachung einen Grund zur Beanstandung nach § 27 ergebe. Einer allfällig einzubringenden Berufung werde ex lege die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 17. Dezember 1990 keine Folge. Zwar vertrat die Berufungsbehörde die Meinung, daß zur Auslegung der Auflage im Baubewilligungsbescheid das (Kärntner) Baulärmgesetz heranzuziehen sei, doch schloß sie aus den durchgeführten Lärmmessungen, daß der zulässige Grenzwert von 50 dB(A) überschritten worden sei, weshalb die Verfügung der Baueinstellung gerechtfertigt und zulässig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. Der Beschwerdeführer brachte eine Gegenäußerung zur Gegenschrift ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Kärntner Bauordnung,

(BO), LGBl. Nr. 48/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 69/1981

lauten wie folgt:

"§ 27

Überwachung

(1) Die Behörde hat darüber zu wachen, daß

a)

Vorhaben nach § 4 nicht ohne Baubewilligung und Vorhaben nach § 5 nicht vor Wirksamkeit der Anzeige ausgeführt,

b)

Vorhaben nach § 4 nicht abweichend von der Baubewilligung und den ihr zugrunde liegenden Plänen, Berechnungen und Beschreibungen und Vorhaben nach § 5 nicht abweichend von der Anzeige ausgeführt,

c)

Baustoffe und Bauteile, die den Anforderungen des § 24 Abs. 2 nicht entsprechen, nicht verwendet werden."

"§ 28

Abhilfe

(1) Stellen von der Behörde hiezu besonders ermächtigte Organe an Ort und Stelle einen Grund zur Beanstandung nach § 27 fest, so haben sie sofort und ohne weiteres Verfahren die Arbeiten einzustellen (Baueinstellung). Von der Baueinstellung hat die Behörde den Unternehmer und seinen Auftraggeber zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verständigen. Die Baueinstellung verliert ihre Wirksamkeit, wenn die Behörde nicht binnen einer Woche nach ihrer Erlassung die getroffenen Anordnungen gemäß Abs. 2 bescheidmäßig verfügt (Einstellungsverfügung).

(2) Ergibt die Überwachung einen Grund zur Beanstandung nach § 27, so hat die Behörde die Einstellung der Bauarbeiten bescheidmäßig zu verfügen (Einstellungsverfügung). Berufungen gegen die Einstellungsverfügung kommt keine aufschiebende Wirkung zu. In der Einstellungsverfügung ist darauf hinzuweisen, daß die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes angeordnet wird, in den Fällen des § 27 lit. a und b jedoch nur dann, wenn nicht binnen sechs Wochen nach Zustellung des Bescheides ein Antrag auf Baubewilligung oder die Anzeige eingebracht wird.

(3) Von der Einstellungsverfügung werden die zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes notwendigen Arbeiten nicht betroffen. Die Einstellungsverfügung ist aufzuheben, sobald der Grund für ihre Erlassung weggefallen ist.

(4) Wenn es die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen erfordert, hat die Behörde die zur Abwehr oder Beseitigung der Gefahren notwendigen Maßnahmen zu treffen."

Aus der Zusammenschau der §§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 2 ergibt sich, daß eine bescheidmäßige Einstellung der Bauarbeiten nur bei Bauführungen ohne Baubewilligung oder bei Abweichungen vom genehmigten Plan bzw. bei Verwendung nicht entsprechender Baustoffe oder Bauteile verfügt werden kann. Die Richtigkeit der Auffassung, wonach eine Baueinstellung auf Grund des § 27 Abs. 1 lit. b bloß bei eigenmächtigen Bauführungen vorgesehen ist, ergibt sich auch aus § 28 Abs. 2 letzter Satz, da ansonsten der Hinweis auf die Möglichkeit der Antragstellung zur Erteilung der Baubewilligung oder die Bauanzeige unverständlich wäre. Ein Antrag auf Baubewilligung (zur Bewilligung der Planabweichung) ist in bezug auf den technischen Vorgang der Bauführung nicht denkbar. § 28 Abs. 2 BO bietet jedoch keine Handhabe dafür, die Durchführung bestimmter lärmerregender Arbeiten zu untersagen.

Bei dieser Rechtslage kann es dahingestellt bleiben, ob die Auflage zu Punkt 8 des Baubewilligungsbescheides ausreichend konkretisiert war oder nicht. Die belangte Behörde hat sich bei der Auslegung dieser Auflage auf das (Kärntner) Baulärmgesetz, LGBl. Nr. 26/1972, gestützt. Die Nichteinhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes kann aber - ebenso wie die Nichteinhaltung einer Auflage betreffend lärmerregende Arbeiten - nur mit der Verhängung einer Verwaltungsstrafe geahndet werden (§ 45 Abs. 1 lit. c BO bzw. § 10 des Baulärmgesetzes).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Damit erübrigte sich ein näheres Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen sowie eine Behandlung des Antrages, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050010.X00

Im RIS seit

11.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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