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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde 1) des A und 2) der B gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. November 1990, Zl. BauR-010120/8-1990 Stö/Pe, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) C, 2) Gemeinde Wolfsegg am Hausruck, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- sowie der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 1985, Zlen. 84/05/0178, 0179, sowie vom 20. September 1988, Zl. 88/05/0091, zu verweisen. Mit dem erstgenannten Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid der O.ö. Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung aufgehoben, daß den beschwerdeführenden Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zustehe, daß Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswässern und Abwässern so beschaffen sein müssen, daß die Interessensphäre der Nachbarn nicht beeinträchtigt werde, was im konkreten Fall durch das Ermittlungsverfahren nicht klargestellt sei. Mit dem zweitgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung aufgehoben, daß auf Grund der bindenden Wirkung der im Erkenntnis vom 26. März 1985 vom Gerichtshof vertretenen Rechtsanschauung entscheidend sei, ob die Abwasserbeseitigungsanlagen der Baulichkeiten des Erstmitbeteiligten ausreichend konkretisiert sind und zu verhindern vermögen, daß Abwässer dieser Baulichkeiten die Interessensphäre der beschwerdeführenden Nachbarn beeinträchtigen. Es komme also auf diese Beeinträchtigung der Nachbarrechte an und nicht auf die Frage, ob eine Ableitung der Abwässer im Sinne des § 16 Abs. 4 der O.ö. Bauverordnung vorliege, wie die belangte Behörde gemeint habe.
Im fortgesetzten Verfahren behob die O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 16. Februar 1989 den bei ihr angefochtenen Berufungsbescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde.
Im Berufungsverfahren änderte der Erstmitbeteiligte sein Projekt dahingehend ab, daß nunmehr eine Ableitung der Dachabwässer in die Ortskanalisationsanlage vorgesehen wurde. Der bautechnische Amtssachverständige erklärte in seiner gutächtlichen Äußerung vom 4. April 1990 diese Planabänderung als bewilligungsfähig. Den Beschwerdeführern wurde das Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. In ihrer Äußerung vom 19. April 1990 verwiesen die Beschwerdeführer darauf, daß laut Änderungsplan nur die Dachabwässer in den noch gar nicht bestehenden öffentlichen Kanal eingeleitet werden sollen, nicht jedoch die Kellerentwässerung und die Niederschlagswässer. Die Beschwerdeführer erachteten weiterhin eine Beeinträchtigung ihrer Liegenschaft als gegeben.
Mit Bescheid vom 12. Juni 1990 gab der Gemeinderat der Berufung der Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Baubewilligung teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß die Ausführung des Bauvorhabens nunmehr auch entsprechend dem Abänderungsplan vom 30. September 1990 zu erfolgen habe. Ausdrücklich wurde vorgeschrieben, sämtliche beim Bauvorhaben anfallenden Oberflächen- bzw. Dachflächenwässer, einschließlich der Über- und Abflußwässer des bereits bestehenden Granders, in die Ortskanalisation einzuleiten. Im übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Ausdrücklich wurde auch über Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend die Gartenmauer abgesprochen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausführlich auf das Vorbringen der Beschwerdeführer eingegangen.
Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung gab die O.ö. Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und hier maßgeblicher Rechtsvorschriften vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, daß im Hinblick auf die vorgenommene Projektsänderung eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführer nicht mehr gegeben sei. Das Unterbleiben einer neuerlichen Bauverhandlung hätte Rechte der Beschwerdeführer deshalb nicht verletzt, weil die Berufungsbehörde dem Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs in ausreichendem Maße nachgekommen sei, und auch die Möglichkeit bestanden habe, zur Planänderung und zum bautechnischen Gutachten Stellung zu nehmen. Auch der Einwand, daß der Ortskanalzubringer noch nicht fertiggestellt sei, gehe ins Leere, weil seine Ausführung tatsächlich gesichert war und die Arbeiten im übrigen abgeschlossen seien. Da nunmehr sämtliche vorgesehenen Einrichtungen zur Abwasserableitung in die öffentliche Kanalisation mündeten, könnten die Beschwerdeführer unter der Voraussetzung der konsensgemäßen Ausführung nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein. Die verbleibenden Niederschlagswässer könnten keine Beeinträchtigung dieser Rechte darstellen. Auch die von den Beschwerdeführern bekämpfte Gartenmauer beeinträchtige nach den Ergebnissen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, auf welche im einzelnen hingewiesen wurde, nicht Rechte der Beschwerdeführer. Zum weiteren Vorbringen der Beschwerdeführer wurde noch im einzelnen Stellung genommen.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem im § 46 Abs. 3 und im § 35 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung normierten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, wonach Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswässern und Abwässern so beschaffen sein müssen, daß die Interessensphäre der Nachbarn nicht beeinträchtigt wird.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 46 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nach § 46 Abs. 3 BO nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Nach § 35 Abs. 1 BO hat die Ableitung der bei Bauten und dazugehörigen Grundflächen anfallenden Abwässer (Niederschlags- und Schmutzwässer) in einer den Anforderungen der Gesundheit, des Umweltschutzes und der Zivilisation, im besonderen der Hygiene entsprechenden Weise zu erfolgen.
In den eingangs erwähnten Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtslage dahingehend beurteilt, daß bei Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswässern und Abwässern den Nachbarn jedenfalls insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht zusteht, als damit Immissionen, d. h. schädliche Einflüsse auf ihr Grundstück, zur Debatte stehen. Nach dem damals bewilligten Projekt war nach Auffassung des Gerichtshofes nicht klargestellt, daß durch die vorgesehenen Anlagen solche Rechte der Beschwerdeführer nicht beeinträchtigt werden. Nun hat freilich der Erstmitbeteiligte im Verfahren vor der Berufungsbehörde sein Projekt dahingehend abgeändert, daß die Entsorgung auch der Niederschlagswässer in die Ortskanalisationsanlage vorgesehen ist. Dieses geänderte Projekt wurde dem Berufungsbescheid vom 12. Juni 1990 zugrunde gelegt und vorgeschrieben, daß sämtliche beim Gebäude anfallenden Oberflächen- bzw. Dachflächenwässer in die Ortskanalisation einzuleiten sind. Damit ist aber nunmehr ein geänderter Sachverhalt gegeben, wodurch die in den früheren Verfahren strittige Frage der ausreichenden Versickerungsfähigkeit des Bodens für die anfallenden Abwässer keine entscheidende Rolle mehr spielt. Durch diese Modifikation des Projektes im Zuge des Berufungsverfahrens, die ja vor allem auch den Interessen der Beschwerdeführer diente, sind die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Sachentscheidung nach § 66 Abs. 4 AVG nicht verletzt worden. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1986, Zl. 85/05/0145, verweisen, in welchem der Gerichtshof die Umwidmung eines über einer Garage befindlichen Trockenraumes in eine Wohnung als eine nach § 66 Abs. 4 AVG unzulässige Änderung qualifiziert hat, so übersehen sie, daß die in jenem Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien eine besondere Regelung für Umbauten vorsahen und im übrigen ein anders gelagerter Sachverhalt vorlag. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer nicht um eine grundlegend geänderte Abwasserbeseitigung, sondern um eine Abänderung des Projektes betreffend die Niederschlagswässer, nicht jedoch hinsichtlich der Schmutzwässer. Durch diese Projektsänderung, die, wie schon erwähnt, gerade im Interesse der Beschwerdeführer vorgenommen wurde, sind jedenfalls subjektiv-öffentliche Nachbarrechte nicht verletzt worden.
Wenn die Beschwerdeführer darauf verweisen, daß im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung die öffentliche Kanalanlage noch gar nicht fertiggestellt war, so verkennen sie den Sinn und Zweck eines baubehördlichen Bewilligungsverfahrens. Das Baubewilligungsverfahren soll ja als Projektsgenehmigungsverfahren vor der Verwirklichung des Vorhabens durchgeführt werden, sodaß es regelmäßig einen erst zu schaffenden Bauzustand zu seinem Gegenstand hat. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die Baubehörde auf die unmittelbar bevorstehende - in der Zwischenzeit erfolgte - Herstellung des Straßenkanales Bezug genommen hat. Bei dieser Beurteilung der Rechtslage war es auch nicht erforderlich, daß die belangte Behörde die Mitteilung der Gemeinde über die Herstellung des Kanals den Beschwerdeführern im Zuge des Vorstellungsverfahrens zur Kenntnis brachte. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist daher davon auszugehen, daß die Baubewilligung in der Fassung des Berufungsbescheides Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswässern nicht vorsieht, weil diese Niederschlagswässer in den Ortskanal einzuleiten sind. Bei dieser Situation bedurfte es entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde keiner weiteren Beiziehung eines geologischen oder wasserbautechnischen Sachverständigen, weil Fragen der Versickerungsfähigkeit gar nicht mehr zur Debatte standen.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050013.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009