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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der A gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Oktober 1990, Zl. MDR-B II-21/90, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. September 1989 versagte der Wiener Magistrat der Beschwerdeführerin die Benützungsbewilligung für das auf dem Los 95 der Kleingartenanlage X errichtete Kleingartenhaus (Punkt I) und erteilte gleichzeitig den Auftrag, das Kleingartenhaus binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft des Bescheides abtragen zu lassen (Punkt II). Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß das Kleingartenhaus abweichend von der erteilten Baubewilligung mit einer Gebäudehöhe von 4,0 m und einer Firsthöhe von 5,40 m errichtet worden sei. Weiters seien die Aufenthaltsräume im Erdgeschoß mit einer Raumhöhe von 2,05 m bis 2,09 m ausgeführt worden. Nach den Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes dürfe die zulässige Gebäudehöhe 3,50 m nicht überschreiten, der Dachfirst dürfe nicht höher als 1,50 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen. Die lichte Höhe von Aufenthaltsräumen habe mindestens 2,20 m zu betragen. Da die Ausführung des Kleingartenhauses weder der Baubewilligung noch den gesetzlichen Vorschriften entspreche, sei spruchgemäß vorzugehen gewesen.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die Bauoberbehörde für Wien mit Berufungsbescheid vom 14. Dezember 1989 bezüglich der Versagung der Benützungsbewilligung ab, behob jedoch den erteilten Abtragungsauftrag gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies insoweit die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Baubehörde erster Instanz. Die Aufhebung begründete die Berufungsbehörde damit, daß die Frage offen sei, ob der Verpflichtung zur Herstellung des bauordnungsgemäßen Zustandes nicht auch dadurch entsprochen werden könne, daß das Gebäude auf die bewilligten Maße rückgeführt werde. Sei eine solche Rückführung technisch möglich, so müsse sich die Behörde mit dem weniger eingreifenden Auftrag begnügen. Ob diese Möglichkeit tatsächlich bestehe, setze weitere Ermittlungen voraus, welche im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung von Bausachverständigen und Bauführern zu erörtern sei.
Bei der Augenscheinsverhandlung am 30. Mai 1990 stellte ein bautechnischer Amtssachverständiger neuerlich fest, daß das Kleingartenhaus mit einer Gebäudehöhe von 4,0 m und einer Firsthöhe von 5,4 m errichtet worden sei. Weiters seien die Aufenthaltsräume im Erdgeschoß mit einer Raumhöhe von 2,05 bis 2,09 m ausgeführt worden. Der Bauführer der Beschwerdeführerin erklärte zur Frage der möglichen Sanierung, daß die Herabsetzung der Gebäudehöhe und die Schaffung eines Aufenthaltsraumes (mit entsprechender Raumhöhe) technisch möglich sei. Diese Änderungen könnten ohne den völligen Abbruch des Kleingartenhauses durchgeführt werden.
Mit Bescheid vom 21. Juni 1990 erteilte der Wiener Magistrat der Beschwerdeführerin den Auftrag, binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft des Bescheides das Kleingartenhaus dahin abändern zu lassen, daß es der am 27. Mai 1987 erteilten Baubewilligung entspreche.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, daß die vordere Firsthöhe 5,20 m betrage. Diese Höhe entspreche wohl nicht ganz den Auflagen, doch seien in der Kleingartenanlage mindestens 15 Prozent der Häuser in gleicher Höhe. Es sei keines beanstandet worden, trotz nachweisbarer Aufschüttungen bis 50 cm. Die Vorgangsweise der Baubehörde widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid bestätigte die Bauoberbehörde für Wien den erstinstanzlichen Bauauftrag mit der Konkretisierung, daß die Gebäudehöhe, die Firsthöhe und die Höhe der Aufenthaltsräume im Erdgeschoß des Kleingartenhauses so abzuändern seien, daß dieses der Baubewilligung vom 27. Mai 1987 entspreche. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin die beanstandeten Abweichungen vom Baukonsens nicht bestreite und nunmehr auch klargestellt sei, daß diese Abweichungen ohne Niederlegung und Neuerrichtung des Kleingartenhauses behebbar seien. Die Behörde hätte sich daher auf einen maßhaltenden Auftrag zur Beseitigung der Konsenswidrigkeit beschränken können. Als Eigentümerin des Kleingartenhauses sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Abweichungen vom Konsens zu beheben und die Erstinstanz habe diese gesetzliche Verpflichtung lediglich konkretisiert. Die Frage, ob auch andere Kleingartenhäuser gesetzwidrig errichtet und von der Baubehörde beanstandet worden seien, sei für die Entscheidung über die Berufung unerheblich. Die Beschwerdeführerin könne nämlich daraus keinen Anspruch auf ein gleiches rechtswidriges Verhalten der Behörde ableiten.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf uneingeschränkte Benützung durch Erteilung der Benützungsbewilligung des Kleingartenhauses und durch den Auftrag der belangten Behörde auf Abänderung ihres Kleingartenhauses verletzt. Sie beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 129 Abs. 10 Satz 1 der Bauordnung für Wien sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.
Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß bei der Ausführung des Kleingartenhauses die Gebäudehöhe, die Firsthöhe und die Raumhöhe im Erdgeschoß nicht eingehalten worden sind. Diese Abweichungen sind in einem Ausmaß erfolgt, das entgegen dem Beschwerdevorbringen keinesfalls als geringfügig zu qualifizieren ist, sieht doch das Wiener Kleingartengesetz ausdrücklich vor, daß die zulässige Gebäudehöhe 3,50 m und die Firsthöhe 5,0 m nicht überschreiten darf (§ 8 Abs. 2 lit. a). Weiters hat in Kleingartenhäusern die lichte Höhe von Aufenthaltsräumen mindestens 2,20 m zu betragen (§ 9 Abs. 5). Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, daß die vorliegenden geringfügigen Änderungen durch die Baubewilligung gedeckt seien, so ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß nicht nur eine bewilligungswidrige Bauausführung vorliegt, sondern auch eine Bauausführung, die im Hinblick auf die genannten gesetzlichen Bestimmungen nicht bewilligungsfähig ist. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin war übrigens auf die Frage der Erteilung einer Benützungsbewilligung im Beschwerdefall nicht einzugehen, weil über diese Frage bereits mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 14. Dezember 1989 endgültig abgesprochen wurde.
Soweit die Beschwerdeführerin auf § 116 der Bauordnung für Wien betreffend Kleinhäuser verweist, übersieht sie, daß im Beschwerdefall nicht diese gesetzliche Regelung, sondern die Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes anzuwenden sind. Das diesbezügliche Vorbringen erweist sich sohin als nicht zielführend.
Die Beschwerdeführerin wirft weiters der belangten Behörde vor, daß das Verfahren mangelhaft geblieben sei, weil sie verpflichtet gewesen wäre, aus eigenem Feststellungen darüber zu treffen, ob tatsächlich eine Konsenswidrigkeit des Gebäudes vorliegt. Auch hätte geprüft werden müssen, ob die Abweichungen überhaupt solche im Sinne des § 73 der Bauordnung für Wien sind. Auch sei der Inhalt des Bescheides der belangten Behörde unbestimmt, weil nicht dargelegt worden sei, in welchem Umfang das Kleingartenhaus der Beschwerdeführerin nicht konsensmäßig errichtet worden sei. Es sei daher auch nicht möglich, das Kleingartenhaus so abzuändern, daß es der Baubewilligung entspreche.
Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens eindeutig feststeht, in welcher Beziehung von der erteilten Baubewilligung abgewichen worden ist und welche Maßnahmen zur Herbeiführung des konsensgemäßen Zustandes erforderlich sind. Tatsächlich hatte der Bauführer der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der Herbeiführung des konsensgemäßen Zustandes ohne gänzliche Beseitigung des Gebäudes bei der Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz bejaht. Daß aber die erfolgten Abweichungen zu Recht Gegenstand eines Bauauftrages nach § 129 Abs. 10 Satz 1 der Bauordnung sind, wurde bereits aufgezeigt. Eine Änderung des Einreichplanes kommt in dieser Beziehung deshalb nicht in Betracht, weil die Abweichungen von der Baubewilligung im Hinblick auf die gegebene Rechtslage nicht genehmigungsfähig sind.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050230.X00Im RIS seit
03.05.2001