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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde 1) des A und 2) der B gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. November 1990, Zl. BauR-010120/7-1990 Stö/Wa, betreffend ein Verfahren auf Erteilung einer Benützungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) C,
2) Gemeinde D, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- sowie der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. Mai 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Erstmitbeteiligten die Benützungsbewilligung für das auf der Liegenschaft Vogelhuberstraße 12 errichtete Gebäude unter Vorschreibung von Auflagen. Unter anderem wurde in einem Punkt 2) vorgeschrieben, beim Einstellplatz für Pkw die bestehende Außenmauer südostseitig auf 1 m zu erhöhen, oder einen Geländerschutz entsprechend der Bauverordnung anzubringen. In Punkt 3) wurde angeordnet, den in der Baubewilligung enthaltenen Maschenzaun auf der Stützmauer standfest entsprechend den Bestimmungen der Bauverordnung zu montieren und bis zur endgültigen Montage des Zaunes sofort ein standfestes Provisorium anzubringen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Nachbarn Berufung mit der Begründung, daß die Erteilung der Benützungsbewilligung an Auflagen geknüpft worden sei, welche in ihre Rechte eingreifen. So sei insbesondere verfügt worden, den in der Baubewilligung enthaltenen Maschenzaun "auf der Stützmauer" standfest entsprechend den Bestimmungen der Bauverordnung zu montieren. Im Verfahren auf Erteilung der Benützungsbewilligung sei nicht geprüft worden, ob diese Stützmauer überhaupt der seinerzeitigen Baubewilligung entspreche, was nämlich nicht der Fall sei. Die Beschwerdeführer würden daher begehren, daß ihnen Parteistellung zuerkannt werde. Da die Gartenmauer weder plannoch bescheidmäßig ausgeführt worden sei, liege "eine vollkommene Neuerung" vor. Auch seien Planabweichungen gegeben, welche eine Baubewilligung erfordern würden, sodaß die Benützungsbewilligung zu versagen gewesen sei.
Mit Bescheid vom 6. Februar 1990 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung mit der Begründung als unzulässig zurück, daß den Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Eine Parteistellung sei denkbar, wenn die Benützungsbewilligung an Auflagen geknüpft werde, welche in Rechte eingreifen, die der Nachbar im vorausgegangenen Baubewilligungsverfahren erworben habe. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung sei der Benützungsbewilligung noch ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid zugrunde gelegen, der nunmehr durch den Verwaltungsgerichtshof und von der Oberösterreichischen Landesregierung behoben worden sei. Es sei somit kein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid vorhanden, aus welchem die Beschwerdeführer Rechte erworben hätten. Im übrigen hätte der beigezogene bautechnische Sachverständige die Frage der Bewilligungspflicht des auf der Stützmauer errichteten Zaunes verneint. Es liege somit auch keine Parteistellung der Nachbarn vor. Im übrigen müsse die Berufungsbehörde auf Grund der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz annehmen, daß Planabweichungen nicht vorliegen.
Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, daß dem Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes komme nur dann in Betracht, wenn durch die Benützungsbewilligung der Inhalt der erteilten Baubewilligung normativ verändert werde und hiedurch ein Nachbarrecht beeinträchtigt werden könnte. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus der erteilten Benützungsbewilligung kein Anhaltspunkt dafür, daß eine Planänderung rechtlich sanktioniert worden wäre. Durch die bloße Benützung des Gebäudes, welche durch den erstinstanzlichen Bescheid rechtlich ermöglicht werde, könnten die Beschwerdeführer in ihren Rechten auch nicht betroffen sein, da die von ihnen im wesentlichen bekämpfte Ableitung der Niederschlagswässer unabhängig davon, ob das Haus bewohnt werde oder nicht, in gleicher Weise erfolge. Im übrigen habe die Baubewilligung auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1988, Zl. 88/05/0091, ihre Rechtskraft wieder verloren, sodaß die Nachbarn auch hinsichtlich des behördlich bewilligten Bauzustandes in ihren Rechten nicht verletzt sein könnten, da ihnen jedenfalls noch die Möglichkeit der Wahrung ihrer Rechte in dem noch nicht abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren offen stehe. Der Benützungsbewilligungsbescheid greife insoweit nicht in etwaige, durch einen Baubewilligungsbescheid erworbene Nachbarrechte ein. Unter diesem Blickwinkel käme den beschwerdeführenden Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren keine Parteistellung zu und sie seien auch nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt worden, wenn die Berufungsbehörde ihre Berufung gegen die in erster Instanz erteilte Benützungsbewilligung als unzulässig zurückgewiesen habe.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 57 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, hat der Bauherr die Beendigung der Bauausführung einer bewilligungspflichtigen baulichen Anlage der Baubehörde anzuzeigen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist jedenfalls bei Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden anstelle der Anzeige gemäß Abs. 1 um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen. Gemäß § 57 Abs. 3 BO sind beim Lokalaugenschein die Ausführung der baulichen Anlage gemäß der erteilten Baubewilligung einschließlich von Bedingungen und Auflagen sowie die Einhaltung der Bestimmungen des Baurechtes überhaupt zu überprüfen, und zwar insbesondere der Zustand der baulichen Anlage in gesundheits-, feuer- und sicherheitspolizeilicher Hinsicht, bei Aufenthaltsräumen insbesondere auch die genügende Austrocknung des Mauerwerkes und des Verputzes, bei Zufahrtswegen, Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen die Benützbarkeit. Nach Abs. 5 dieses Gesetzesstelle ist die Benützungsbewilligung zu versagen, wenn Planabweichungen festgestellt werden, die eine Baubewilligung erfordern oder wenn Mängel hervorgekommen sind, die eine ordnungsgemäße Benützung im Sinne des § 23 hindern. Werden keine Mängel festgestellt oder kommen nur solche Mängel hervor, die eine ordnungsgemäße Benützung im Sinne des § 23 nicht hindern, so ist gemäß § 57 Abs. 6 BO die Benützungsbewilligung zu erteilen; erforderlichenfalls ist durch entsprechende Auflagen die Beseitigung der hervorgekommenen Mängel sicherzustellen. Die Baubehörde kann auch die Vorlage von Ausführungsplänen vorschreiben.
Gemäß § 57 Abs. 7 BO dürfen bauliche Anlagen, für die eine Benützungsbewilligung erforderlich ist, vor rechtskräftiger Erteilung der Benützungsbewilligung nicht benützt werden.
Wenngleich also der Zweck des Benützungsbewilligungsverfahrens vor allem darin gelegen ist, festzustellen, ob die Bauausführung entsprechend der Baubewilligung und den baurechtlichen Bestimmungen vorgenommen worden ist, erwächst nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Benützungsbewilligung niemandem ein Recht auf Belassung eines der Bauordnung oder der Baubewilligung widersprechenden Zustandes.
Eine Parteistellung des Nachbarn im Verfahren betreffend die Erteilung der Benützungsbewilligung sieht § 57 BO - anders als im Baubewilligungsverfahren - nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat freilich wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß Nachbarn auch im Verfahren auf Erteilung einer Benützungsbewilligung Parteistellung besitzen, wenn unter dem Titel einer Benützungsbewilligung in Wahrheit eine Baubewilligung erteilt wird bzw. in Rechte der Nachbarn, die ihnen im Baubewilligungsverfahren zustehen, eingegriffen wird. Dies ist im Beschwerdefall durch die Erteilung der Benützungsbewilligung jedoch nicht geschehen. Auch die Vorschreibung Punkt 3) dieser Benützungsbewilligung hat nicht eine Baubewilligung zum Gegenstand, vielmehr wurde lediglich angeordnet, den Maschenzaun auf der Stützmauer standfest zu montieren. Die Benützungsbewilligung hat daher auch in diesem Punkt eine Baubewilligung nicht ersetzt, wie auch diese Vorschrift keine Abweichung von der Baubewilligung zu ihrem Gegenstand hat. Ist daher die Stützmauer nicht bewilligungsgemäß ausgeführt worden, so hindert die erteilte Benützungsbewilligung und die genannte Vorschreibung nicht die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 61 BO. Daß die Benützungsbewilligung nicht den Inhalt einer erteilten Baubewilligung normativ verändert hat, haben offensichtlich auch die Beschwerdeführer erkannt, weil sie in ihrer Beschwerde behaupten, daß ihnen auch dann Parteistellung zukomme, wenn überhaupt kein Baubewilligungsbescheid vorliege und die Benützungsbewilligung zumindest teilweise den Inhalt einer Baubewilligung aufweise. Dies trifft nicht zu. Wenn, wie im Beschwerdefall, nach Erteilung der Benützungsbewilligung durch die Baubehörde erster Instanz die zunächst rechtskräftig erteilte baubehördliche Bewilligung durch eine aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes weggefallen ist, so bedeutet dies jedenfalls nicht, daß die Benützungsbewilligung aus diesem Grund die erforderliche Baubewilligung zu ersetzen vermag. Nur wenn letzteres der Fall wäre, wäre den beschwerdeführenden Nachbarn Parteistellung zugekommen. Da den Nachbarn auf Grund der dargelegten Erwägungen im Verfahren um Erteilung der Benützungsbewilligung zu Recht Parteistellung nicht zuerkannt wurde, konnte unerörtert bleiben, ob im Hinblick auf eine teilweise konsenswidrige Ausführung des Bauvorhabens - die Beschwerdeführer behaupten derartiges hinsichtlich der Stützmauer - die Benützungsbewilligung erteilt werden durfte. Jedenfalls hat die Baubehörde zweiter Instanz zu Recht die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen, weil ihnen nach der gegebenen Sach- und Rechtslage Parteistellung nicht zukam. Aus diesen Gründen hat auch die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung der Beschwerdeführer zutreffend keine Folge gegeben.
Die mitbeteiligte Gemeinde hat schließlich in ihrer Gegenschrift darauf verwiesen, daß mit Bescheid vom 17. Jänner 1991 dem Erstmitbeteiligten eine weitere Benützungsbewilligung erteilt worden ist, welche der nunmehr mit Bescheid des Gemeinderates vom 12. Juni 1990 erteilten Baubewilligung entspricht. Demnach werden nunmehr nicht nur die anfallenden Fäkalien, sondern auch die Abwässer in den Ortskanal eingeleitet. Unerörtert konnte die von der mitbeteiligten Gemeinde aufgeworfene Frage bleiben, ob die im Jahre 1988 erteilte Benützungsbewilligung durch den späteren Wegfall der Rechtskraft der Baubewilligung ihre rechtliche Existenz verloren hat oder nicht, weil in dem durchgeführten Verfahren, wie schon erwähnt, den Beschwerdeführern Parteistellung jedenfalls nicht zukam.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050012.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009