Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Juni 1990, Zl. 8 BauR1-175/I/1990, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) B,
2) Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 24. November 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Erstmitbeteiligten nach Durchführung zweier Bauverhandlungen die Baubewilligung für die Errichtung von sechs Reihenhäusern und eines Büro- und Geschäftspavillons auf den Grundstücken Nr. N1 und N2, KG X, unter Vorschreibung von Auflagen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers (und weiterer Nachbarn) wurden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde zu den Einwendungen ausgeführt, daß Interessen des Ortsbildes, des Verkehrs und bezüglich der Schaffung von Stellplätzen und Garagen keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte begründeten. Da ein Bebauungsplan für die zur Verbauung vorgesehenen Grundstücke nicht vorliege, könne jedes Bauvorhaben im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen errichtet werden. Zur Einwendung, daß das geplante Geschäftslokal zur Unterbringung eines gastgewerblichen Unternehmens diene, wurde darauf verwiesen, es sei klargestellt worden, daß es sich um ein Büro- und Geschäftslokal handle, was auch im Spruch des Bescheides zum Ausdruck komme. Jede Änderung des Verwendungszweckes sei nach der Kärntner Bauordnung bewilligungspflichtig.
Die dagegen vom Beschwerdeführer (und anderen Nachbarn) erhobene Berufung wies der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 1. März 1990 ab. Auch die Gemeindebehörde zweiter Instanz vertrat zusammenfassend die Ansicht, daß Nachbarn durch die Erteilung der Baubewilligung in ihren subjektiv-öffentlichen Interessen nicht verletzt worden seien.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gab die Kärntner Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründete die Gemeindeaufsichtsbehörde ihre Entscheidung damit, daß Vorschriften über die Schaffung von Stellplätzen und Garagen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dem Interesse des Nachbarn dienen. "Dem Umstand, daß der Verkehr auf öffentlichen Straßen durch allenfalls parkende Autos beeinträchtigt werden könnte", könne "nur durch die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, nicht aber durch die Bauordnung Abhilfe geschaffen werden". Auf Grund des Bauansuchens, insbesondere der Pläne und der Baubeschreibung, stehe außer Zweifel, daß der Erstmitbeteiligte ein Büro- und Geschäftslokal errichten wolle, nicht jedoch Baulichkeiten für "gewerbliche Zwecke". Sollte der Erstmitbeteiligte tatsächlich eine solche Absicht verwirklichen wollen, so hätte er um eine Baubewilligung anzusuchen, weil gemäß § 4 lit. c der Kärntner Bauordnung die Änderung der Verwendung von Gebäuden einer Baubewilligung bedürfe. Da das Baubewilligungsverfahren ein Projektsgenehmigungsverfahren sei, könne nur das in den Plänen und in der Baubeschreibung dargestellte Projekt genehmigt oder versagt werden. Die Auffassung, die mögliche künftige Verwendung müsse berücksichtigt werden, sei verfehlt. Zutreffend hätten auch schon die Gemeindebehörden hervorgehoben, daß aus Vorschriften über die Berücksichtigung des Ortsbildes keine Nachbarrechte erwüchsen. Es treffe zwar zu, daß der Gemeinderat für alle als Bauland gewidmeten Flächen mit Verordnung Bebauungspläne zu erlassen habe, das Fehlen eines Bebauungsplanes stehe aber der Erteilung der Baubewilligung nicht entgegen. Wenn vorgebracht werde, daß durch die weitaus höhere Frequenz zufahrender Kfz eine größere Lärmentwicklung eintreten werde, so sei zu entgegnen, daß den Anrainern ein Rechtsanspruch darauf, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen nicht ändern, nicht zustehe, auch wenn der zu bewilligende Bau zusätzlichen Verkehr auslöse. Zusammenfassend teilte die Kärntner Landesregierung die Ansicht der Gemeindebehörden, daß der Beschwerdeführer durch die Erteilung der Baubewilligung in seinen Rechten nicht verletzt worden sei.
Die Behandlung der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof lehnte dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 24. September 1990, Zl. B 958/90-4, ab, er trat jedoch dem Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde zur Entscheidung ab. In seinem ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof behauptet der Beschwerdeführer, daß durch die Situierung der Pkw-Abstellplätze und der Garagen bei den sechs bewilligten Reihenhäusern eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Beschwerdeführers, seiner Familie und seiner Gäste gegeben sei. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1979, Zl. 1534/78 (Slg. Nr. 9845/A), führt er aus, daß Belästigungen, die vom Verkehr auf der Nachbarliegenschaft ausgingen, nicht hingenommen werden müßten. Hiezu stellte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift fest, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren eine Beeinträchtigung seiner Rechte darin erblickt, daß es zu einem zusätzlichen Verkehr auf der nur für Anrainer bestimmten Straße kommen werde. Erstmals in der Beschwerde habe er nunmehr auch ins Treffen geführt, daß er durch den Verkehr auf der Nachbarliegenschaft beeinträchtigt werde. Diesen Ausführungen in der Gegenschrift kommt Berechtigung zu.
Im Verfahren vor der Behörde erster Instanz hatte der Beschwerdeführer in dem Schriftsatz vom 4. Oktober 1989 seine diesbezüglichen Einwendungen wie folgt formuliert:
"Durch das gegenständliche Bauvorhaben würde sich das Verkehrsaufkommen auf der für den Anrainerverkehr gewidmeten Straße um ein Vielfaches gegenüber dem erhöhen, was seinerzeit von der Gemeinde Krumpendorf zugesagt wurde. Wenn man nun mit Fahrzeugbewegungen aus sechs Einfamilienhäusern konfrontiert wird, gegenüber den Fahrzeugbewegungen, die von zwei Einfamilienhäusern kommen, so erweist dies schon eine ganz erheblich zunehmende Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung, die auch deshalb schon das Ausmaß des Zumutbaren und Verträglichen überschreitet, weil die Belastungen der Anrainer aus dem Betrieb des Gastlokales 'Tenne' schon weit jenseits des Zumutbaren und Zuträglichen liegen."
In der Folge wurde Klage geführt über den verparkten Zufahrtsweg "Am Hang" und die in diesem Zusammenhang unzulängliche Verkehrsüberwachung. Auch wurde darauf hingewiesen, daß bei anderen Bauprojekten die Gemeinde zumindest zwei Stellplätze für Kraftfahrzeuge pro Wohneinheit vorgeschrieben habe. Gerade im Hinblick auf dieses Vorbringen hat der Bürgermeister in der Baubewilligung vom 24. November 1989 ausdrücklich angeordnet, daß für die Reihenhäuser zwölf Abstellplätze inklusive der Garagenplätze herzustellen seien (Vorschreibung Punkt 13). Auch in seiner Berufung und in seiner Vorstellung hat der Beschwerdeführer die seiner Meinung nach zu geringe Zahl von Stellplätzen beklagt, nicht jedoch eine Beeinträchtigung durch den Verkehr auf den zu bebauenden Grundstücken geltend gemacht. Bei dieser Situation hatten die Verwaltungsbehörden keine Veranlassung, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob durch den Verkehr auf den Grundstücken des Bauwerbers eine unzulässige Immission für die Liegenschaft des Beschwerdeführers gegeben sein könnte. Im übrigen hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, daß sich zwischen den zu bebauenden Grundstücken und der Liegenschaft des Beschwerdeführers eine öffentliche Straße befindet und im Hinblick auf die gegebenen Entfernungen von den Wohnanlagen mit überdachten Stellplätzen von den vom Beschwerdeführer befürchteten Immissionen keine Rede sein könne. Die Darstellung in den Bauplänen läßt erkennen, daß diese Ausführungen der belangten Behörde zutreffen, wobei insbesondere zu betonen ist, daß ausschließlich die Zufahrt zu zwei Reihenhäusern (Nr. 5 und Nr. 6) gegenüber dem Grundstück des Beschwerdeführers liegt. Bei einer solchen Situation teilt der Gerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß durch die vorgesehenen Abstellplätze und den damit verbundenen Verkehr keine Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Beschwerdeführers anzunehmen ist. Daß aber ein Nachbar keinen Rechtsanspruch darauf besitzt, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern, hat die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt (vgl. etwa Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, S. 209, und die dort gegebene Rechtsprechung). Daß Vorschriften über die Schaffung von Stellplätzen und Garagen nicht den Interessen der Nachbarn dienen, hat der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls schon wiederholt zum Ausdruck gebracht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. November 1984, Zl. 84/05/0131, BauSlg. Nr. 335, u.a.).
Soweit der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde im Hinblick auf die seiner Meinung nach zu geringe Zahl von Stellplätzen verweist und daraus die Befürchtung ableitet, daß die nur über eine Fahrbahn verfügende Straße "Am Hang" verparkt werde, hat die belangte Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf verwiesen, daß hier nicht durch die Baubehörde Abhilfe geschaffen werden kann, sondern nur durch die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung.
Der Beschwerdeführer erachtet sich auch dadurch in seinen Rechten verletzt, daß durch die Erteilung der Baubewilligung für den "Büro- und Geschäftspavillon" der Verwendungszweck im Spruch des Baubewilligungsbescheides so weit gefaßt worden sei, daß auch ohne Antragstellung diese Räume als Gastlokal verwendet werden könnten. Diese Auffassung trifft nicht zu. Nach den Bauplänen wurde ausdrücklich ein Bürogebäude baubehördlich bewilligt und auch die einzelnen Räume weisen keine Widmung auf, die die Ausübung "gastgewerblicher Tätigkeiten" zulässig scheinen ließen. Zu Recht haben daher die Verwaltungsbehörden darauf hingewiesen, daß, sollten Räume dieses Gebäudes für gastgewerbliche Zwecke verwendet werden, allein diese Änderung des Verwendungszweckes einer baubehördlichen Bewilligung nach § 4 lit. c der Kärntner Bauordnung bedürfte. Im Hinblick auf die Plandarstellungen bestand daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für die Baubehörde keine Veranlassung, eine "Spezifikation bezüglich dieser Geschäftsräumlichkeiten" dahingehend vorzunehmen, daß eine gastgewerbliche Tätigkeit in diesen Räumen nicht ausgeübt werden dürfte. Im übrigen wäre es aber nicht zulässig, im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens, also eines Projektsgenehmigungsverfahrens, mögliche künftige Verwendungen des Gebäudes schlechthin zu untersagen, wie dies offensichtlich den Vorstellungen des Beschwerdeführers entspricht. Zutreffend hat die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Gegenschrift darauf hingewiesen, daß die Baubehörde bei einer Änderung des vorgesehenen Verwendungszweckes zur Prüfung verpflichtet ist, ob eine bestimmte Art von Betrieb im Hinblick auf seine Auswirkungen (Immissionen) zulässig ist oder nicht. Da aber der bewilligte Büro- und Geschäftspavillon der nach dem Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung Wohngebiet entspreche, seien die vom Beschwerdeführer befürchteten Nachteile auszuschließen. Diesen Ausführungen der mitbeteiligten Gemeinde ist auf Grund der bewilligten Baupläne zuzustimmen. In einem Verfahren betreffend eine Änderung des Verwendungszweckes käme dem Beschwerdeführer Parteistellung zu, sodaß er entgegen seinen Ausführungen in der Beschwerde die Möglichkeit hätte, ein im Wohngebiet unzulässiges Vorhaben zu bekämpfen. Daß das bewilligte Bürogebäude als solches der Widmung Wohngebiet widerspräche, hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage konnte sohin auch in dieser Beziehung keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers festgestellt werden.
Wenn der Beschwerdeführer abschließend behauptet, das bewilligte Vorhaben würde den Erfordernissen eines Orts- und Dorfbildes nicht Rechnung tragen, so haben die Verwaltungsbehörden zu Recht darauf verwiesen, daß einem Nachbarn aus Vorschriften über die Beachtung des Ortsbildes kein Rechtsanspruch zusteht (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1983, Zlen. 83/06/0055, 0056, BauSlg. Nr. 63, und die darin zitierte Rechtsprechung).
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050193.X00Im RIS seit
11.05.2001