TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/19 91/03/0055

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Veröffentlicht am 19.06.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AtemalkoholmeßgeräteV;
B-VG Art18 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
Verwendungsrichtlinien Atemalkoholanalysegeräte BMI 1988;
Verwendungsrichtlinien Atemalkoholanalysegeräte BMI 1990;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Februar 1991, Zl. IIb2-V-8240/5-1991, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft, weil er am 31. Dezember 1989 um

15.25 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt habe. Nach der Begründung habe die beim Beschwerdeführer am Tattag durchgeführte Atemalkoholuntersuchung bei der ersten Messung um 16.22 Uhr einen Atemalkoholgehalt von 0,55 mg/l und bei der zweiten Messung um 16.23 Uhr einen solchen von 0,48 mg/l ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11. Juli 1990, Zl. 89/03/0279, darauf hingewiesen, daß die Verwendungsrichtlinien für Atemalkoholanalysegeräte des Bundesministeriums für Inneres vom 11. Februar 1988 unter anderem folgendes vorsahen (abgedruckt in Benes-Messiner, Straßenverkehrsordnung, 8. Auflage, Seite 125f.):

"d) Differieren die beiden ausgedruckten Meßwerte um mehr als 0,05 mg/l bei einem Meßwert bis zu 0,5 mg/l oder um mehr als 10 % bei einem Meßwert von über 0,5 mg/l, ist der vorgenommene Atemtest als ungültig zu qualifizieren und die Untersuchung mit diesem Gerät abzubrechen. Steht ein anderer Alkomat nicht zur Verfügung oder ist der Untersuchte nicht bereit, sich einem abermaligen Alkotest zu unterziehen, hat die Untersuchung durch einen Polizeiamtsarzt oder durch einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zu erfolgen."

Mit Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 14. Mai 1990 wurden die Verwendungsrichtlinien für Atemalkoholmeßgeräte (Alkomate) neu gefaßt. Laut Punkt 4. dieses Erlasses ist im Zusammenhang mit dem vom Alkomaten ausgedruckten Meßprotokoll zu beachten:

"a) Als Ergebnis der Untersuchung gilt der niedrigere der beiden Meßwerte, also das für den Untersuchten günstigere Ergebnis. Dabei ist zu beachten, daß ein abgesichertes Ergebnis und damit verwertbare Messungen nur dann vorliegen, wenn beide Meßwerte bestimmte Abweichungsgrenzen nicht überschreiten. Dies bedeutet, daß in Fällen, in denen die beiden ausgedruckten Meßwerte

-

bei einer Atemalkoholkonzentration (AAK) bis zu 0,5 mg/l um mehr als 0,05 mg/l oder

-

bei einer AAK von über 0,5 mg/l um mehr als 10 %

auseinanderliegen, die Messungen nicht verwertbar sind und die Untersuchung daher zu wiederholen ist. Das (Die) Meßprotokoll(e) der nicht verwertbaren Messung(en) ist (sind) der Anzeige beizuheften."

Obwohl die Differenz zwischen den beiden im Beschwerdefall erzielten Meßwerten 0,07 mg/l beträgt und damit die in den Verwendungsrichtlinien vorgesehene Abweichungsgrenze übersteigt, legte die belangte Behörde dennoch die Messungen ihrem Bescheid zugrunde, ohne zu begründen, warum dies - unter Bedachtnahme auf die an sich als bloße "Verwaltungsverordnung" für den Verwaltungsgerichtshof nicht verbindlichen Verwendungsrichtlinien - aus FACHLICHEN Gründen zulässig war.

Der Sachverhalt bedarf somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom 11. Juli 1990), weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das auf den Ersatz von Stempelgebühren für den erstinstanzlichen Bescheid gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Vorlage dieses Bescheides nicht erforderlich war.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erlässe Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030055.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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