TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/19 90/03/0164

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Veröffentlicht am 19.06.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §103a Abs1 Z3;
KFG 1967 §103a Abs1;
KFG 1967 §103a Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. April 1990, Zl. 9/01-32.425/2-1990, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 18. April 1990 wurde der Beschwerdeführer "als Geschäftsführer, und zwar als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma X GmbH" wegen fünf Übertretungen des "§ 9 Abs. 1 VStG i.V.m. § 103 Abs. 2 KFG 1967" bestraft, weil er es unterlassen habe, auf das jeweilige schriftliche Verlangen der Bundespolizeidirektion Salzburg der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung, sohin längstens bis zu einem bestimmten Zeitpunkte, Auskunft darüber zu erteilen, wer den in dem jeweiligen Verlangen angeführten Pkw zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelenkt (Punkte a, b, d und e) bzw. abgestellt (Punkt c) habe.

Zur Begründung führte die Behörde aus, es habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die an die X Gesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz Gesellschaft) gerichteten Lenkeranfragen insoweit beantwortet, als er zwar mit Namen und Anschrift diejenige Person benannte, an die das jeweilige Kraftfahrzeug im angefragten Zeitpunkt vermietet gewesen sei, gleichzeitig jedoch den Satz hinzugefügt habe:

"Meine Mandantschaft ist allerdings nicht bereit bekanntzugeben, ob die Vermietung mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgte. Sie sieht dazu auch keine gesetzliche Verpflichtung." Aus § 103 Abs. 2 KFG ergebe sich nun eindeutig, daß der Zulassungsbesitzer auf Grund einer behördlichen Lenkeranfrage entweder der Behörde den Lenker bekanntzugeben habe (bei Vermietung eines Kraftfahrzeuges mit Lenkerbeistellung) oder, sollte das Kraftfahrzeug im Anfragezeitpunkt ohne Lenkerbeistellung vermietet worden sein, diejenige Person bekanntzugeben habe, die die von der Behörde verlangte Auskunft erteilen könne; dies könne zweckmäßigerweise zweifelsfrei auch dadurch geschehen, daß der Zulassungsbesitzer der Behörde mitteile, daß das Kraftfahrzeug an eine bestimmte Person ohne Lenkerbeistellung vermietet gewesen sei. Die Aussage "Meine Mandantschaft ist allerdings nicht bereit bekanntzugeben, ob die Vermietung mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgte" bedeute nun nicht anderes, als daß die Gesellschaft nicht bereit sei, der Behörde auf eine diesbezügliche Anfrage bekanntzugeben, ob sie die im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG verlangte Lenkerauskunft erteilen könne oder nicht. Es bleibe nämlich bei einer solchen Aussage völlig offen, ob der von der Zulassungsbesitzerin benannte Mieter als ein solcher im Sinne des § 103 (zu ergänzen: a) Abs. 1 Z. 3 KFG bzw. als eine im Sinne des § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG benannte Person, welche die Auskunft erteilen könne, anzusehen sei. Der Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers, wonach keine gesetzliche Verpflichtung bestehe, der Behörde auf Grund einer Lenkeranfrage mitzuteilen, ob das Kraftfahrzeug in einem bestimmten Zeitpunkt mit oder ohne Lenkerbeistellung vermietet worden sei, erweise sich daher als total verfehlt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm zur Last gelegten Übertretungen schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, es fehle jeder Hinweis und auch jede Tatsachenfeststellung und deren rechtliche Würdigung, die den Beschwerdeführer nachvollziehen ließen, wieso er von den Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG angesehen worden sei.

Dieses Vorbringen ist unverständlich. Nach der Aktenlage und nach seinem Vorbringen in der Beschwerde selbst war der Beschwerdeführer zu den Deliktszeitpunkten - darauf kam es an - zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berufen, weshalb ihn dafür gemäß § 9 VStG die strafrechtliche Verantwortung traf. Dem stand nicht entgegen, daß nicht er allein, sondern eine weitere Person zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berufen war. Daß zu den Deliktszeitpunkten etwa ein verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt gewesen wäre, wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren und wird von ihm auch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer wendet sich ferner - wie schon im Verwaltungsstrafverfahren - gegen die Annahme der belangten Behörde, daß die Gesellschaft (Zulassungsbesitzerin) verpflichtet gewesen sei, mitzuteilen, ob die Vermietung des Fahrzeuges mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgte. Seiner Meinung sei die Gesellschaft der im § 103 Abs. 2 KFG normierten Verpflichtung vollinhaltlich dadurch nachgekommen, daß sie den Namen und die Adresse der Person genannt habe, an welche das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt vermietet gewesen sei. Bei richtigem sprachlichen Verständnis dieser Auskunft hätte die Behörde den Schluß ziehen können, daß die bekanntgegebene Person, an die das Fahrzeug vermietet gewesen sei, entweder die Person, die das Fahrzeug auch tatsächlich gelenkt habe, oder die Person gewesen sei, die die Auskunft erteilen könne, wer das Fahrzeug gelenkt habe. Es sei eine denkunmögliche Auslegung des § 103 Abs. 2 KFG, wenn die belangte Behörde vermeine, es könne nach Bekanntgabe der Person, die entweder das Fahrzeug gelenkt habe oder zur Auskunftserteilung fähig sei, noch weitere darüber hinausgehende Auskünfte vom Zulassungsbesitzer fordern.

Mit diesem Einwand ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.

    Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber

verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem

Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt ... bzw. zuletzt

vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort

abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die

Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der

Zulassungsbesitzer ... zu erteilen; kann er diese Auskunft

nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

Gemäß § 103a Abs. 1 Z. 3 KFG hat bei der Vermietung eines Fahrzeuges ohne Beistellung eines Lenkers der Mieter die im § 103 Abs. 2 angeführten Pflichten anstelle des Zulassungsbesitzers zu erfüllen.

Gemäß § 103a Abs. 2 KFG gilt § 103 Abs. 2 sinngemäß für die Erteilung der Auskunft hinsichtlich der Person eines Mieters gemäß Abs. 1.

Bei der Vermietung eines Fahrzeuges ist demnach zu unterscheiden, ob das Fahrzeug mit oder ohne Beistellung eines Lenkers vermietet wird, weil nur bei der Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers der Mieter die im § 103 Abs. 2 KFG angeführten Pflichten anstelle des Zulassungsbesitzers zu erfüllen hat, den Mieter also die Auskunftspflicht trifft, bei der Vermietung mit Beistellung eines Lenkers sohin der Vermieter auskunftspflichtig bleibt. Ein Zulassungsbesitzer, der ein Fahrzeug mit und ohne Lenkerbeistellung vermietet, kommt demnach der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG nach, wenn er bei der Vermietung mit Lenkerbeistellung die Person angibt, die das Fahrzeug zu dem in der Anfrage angeführten Zeitpunkt gelenkt (vor diesem Zeitpunkt abgestellt) hat oder bei der Vermietung ohne Lenkerbeistellung den Mieter nennt. Mit der Auskunft, das Fahrzeug zu dem in der Anfrage angeführten Zeitpunkt an eine namentlich genannte Person vermietet zu haben, bringt der Zulassungsbesitzer (Vermieter) ohne weitere Angabe aber auch zum Ausdruck, daß nicht er, sondern der von ihm namhaft gemachte Mieter die von ihm verlangte Auskunft erteilen kann. Aus einer solchen Auskunft muß ferner geschlossen werden, daß das Fahrzeug ohne Beistellung eines Lenkers vermietet war, weil bei der Vermietung mit Lenkerbeistellung der Zulassungsbesitzer (Vermieter) zur Bekanntgabe des Lenkers (Abstellers) des Fahrzeuges verpflichtet gewesen wäre.

Beantwortet nun der Zulassungsbesitzer die an ihn gerichtete Lenkeranfrage dahin, daß das Fahrzeug an eine namentlich genannte Person im angefragten Zeitpunkt vermietet gewesen sei, und erklärt er - wie im Beschwerdefall - darüber hinaus ausdrücklich, daß er nicht zur Bekanntgabe bereit sei, ob die Vermietung mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgte, genügt er damit nicht der ihm nach § 103 Abs. 2 KFG normierten Auskunftspflicht. Denn mit dieser zusätzlichen Erklärung läßt der Zulassungsbesitzer - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - bewußt offen und die Behörde im Unklaren, ob er oder der Mieter die verlangte Auskunft erteilen kann, also ihn oder den Mieter nach dem Vorgesagten die Auskunftspflicht trifft, was weder mit dem Wortlaut dieser Bestimmung noch mit dem Zweck der Regelung, den verantwortlichen Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen feststellen zu können, vereinbar ist. Dem steht nicht entgegen, daß die Behörde die Angaben des Auskunftspflichtigen zu überprüfen hat, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Durfte nämlich die belangte Behörde, ohne daß ihr - wie dargestellt - eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist, bereits auf Grund der erteilten Auskunft, das Fahrzeug sei zu dem in der Lenkerfrage angeführten Zeitpunkt vermietet gewesen, in Verbindung mit der gleichzeitig abgegebenen Erklärung, nicht bekanntgeben zu wollen, ob die Vermietung mit oder ohne Beistellung eines Lenkers erfolgte, davon ausgehen, daß damit vom Zulassungsbesitzer (Vermieter) die Auskunftspflicht des § 103 Abs. 2 KFG verletzt wurde, dann bedurfte es keiner weiteren Überprüfung dieser Angaben. Auch waren in diesem Falle Ermittlungen, "ob die namhaft gemachte Person tatsächlich das inkriminierende Delikt gesetzt hat", entbehrlich. Insoweit haftet demnach die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht an.

Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A) erweist sich der angefochtene Bescheid jedoch insoweit als inhaltlich rechtswidrig, als im Spruch des von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Erstinstanz - im Gegensatz zu den an den Beschwerdeführer ergangenen Aufforderungen zur Rechtfertigung - das gemäß § 103 Abs. 2 KFG wesentliche Tatbestandmerkmal fehlt, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer, und zwar als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft "als Zulassungsbesitzerin" die ihm zur Last gelegten Übertretungen zu verantworten hat, was nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 9. Dezember 1983, Zl. 82/02/0003, vom 21. September 1984, Zl. 83/02/0526, und vom 22. November 1984, Zl. 84/02B/0115, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur) einen Verstoß gegen § 44a lit. a VStG darstellt. Aus diesem Grunde war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030164.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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