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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):90/15/0113Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der N, der O, der P, des Q und des R gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 7. Juni 1990, GZ. GA 8 - 2044/3 - 1989, und GZ. GA 8 - 2045 - 1989, betreffend Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens zum 1. Jänner 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der beiden als getrennte wirtschaftliche Einheiten bewerteten Liegenschaften EZ nnnn KG Innere Stadt (Wien 1, X-Straße yy) und EZ mmmm KG Innere Stadt (Wien 1, Y-Straße xx). Am 27. April 1984 schlossen die Beschwerdeführer mit Dr. S, (in der Folge als Mieter bezeichnet) folgendes "Übereinkommen", dessen für den Beschwerdefall wesentliche Bestimmungen wörtlich lauten:
"I.
Gegenstand der Vereinbarung ist der gesamte Dachboden der Objekte EZ. mmmm und EZ nnnn, KG Innere Stadt, Y-Straße Nr. xx/X-Straße yy, gemäß Beilage ./1, die einen integrierenden Vertragsbestandteil bildet.
II.
Der Mieter ist berechtigt, auf seine Kosten und Gefahr den im Vertrag genannten Dachboden nach seinen Vorstellungen auszubauen, bzw. während der Vertragszeit auch umzugestalten, soweit dies der bestehende bauliche Zustand der betroffenen und der darunter liegenden Gebäudeteile ohne Gefährdung des Bestandes zuläßt und die für die Errichtung der Umbauten erforderlichen behördlichen Genehmigungen erlangt werden können.
Die Gestaltung, Errichtung und die Nutzung der gestalteten Fläche erfolgt auf Kosten und Gefahr von Herrn Dr. S, der verpflichtet ist, die Vermieter vollkommen schad- und klaglos zu halten. Die im Zusammenhang mit dem Umbau und dessen Nutzung ausgelöste Verpflichtung zur Zahlung von Anschlußgebühren, Anliegerbeiträgen, Einmündungsgebühren oder Baukostenzuschüssen hat der Mieter zu bezahlen.
Der Mieter wird bei der Ausgestaltung besonderes Augenmerk auf die Wärme- und Feuchtigkeitsisolierungen der neu geschaffenen Terrasse und sonstiger Einschnitte in das Dach des Hauses legen, um in diesem Bereich das Eindringen von Wasser in das Mauerwerk oder darunter liegender Geschoßdecken zu verhindern und haftet für sämtliche Ansprüche Dritter, insbesondere auch für die Folgeschäden aus dieser Bautätigkeit soweit und in jenem Umfang als die Vermieter oder der Mieter selbst dafür in Anspruch genommen werden. Dem Mieter steht allerdings das Recht zu, derartige Ansprüche auf seine Kosten und Gefahr in Vollmacht der Vermieter bzw. in seinem Namen abzuwehren. Der Mieter trägt auch seinerseits die Instandhaltungskosten für die neu geschaffenen Bauteile einschließlich Dacheinschnitte und Terrassen sowie für die neu geschaffenen Außenfenster und Außentüren im Bereich der vom Nutzer neu geschaffenen Flächen. Dagegen entfällt die Möglichkeit zur Einhebung eines Erhaltungsbeitrages oder Anhebung der Miete wegen notwendiger oder nützlicher Reparaturen an der durch den Ausbau nicht betroffenen übrigen Substanz des Hauses. Die Vermieter halten den Mieter diesbezüglich schad- und klaglos.
Um sicherzustellen, daß der Mieter wenigstens den Rohbau seines Dachausbaues fertigstellt, wird der Mieter bei der Creditanstalt-Bankverein oder der Ersten Österreichischen Sparkasse ein Banksparbuch über ÖS 2 Millionen deponieren, auf welches die Vermieter zur Abdeckung der nachgewiesenen und unbedingt notwendigen Fertigstellungsaufwendungen bis zur "Rohbaugleiche" dann greifen können, wenn der Mieter bzw. seine Rechtsnachfolger nachweislich den Ausbau des Dachgeschosses vor der "Rohbaugleiche" einschließlich Außenfenster, Außentüren, Dacheindeckungen und Isolierungen abbricht oder nicht bis längstens 15 Monate ab Baubeginn fertigstellt. Hat der Dachausbau die "Rohbaugleiche" erreicht, ist das Sparbuch von den Vermietern zur Rückgabe freizugeben.
III.
Zwischen den Vertragspartnern wird ausdrücklich, unabhängig von der tatsächlichen Größe des Dachbodens wie auch der neu zu schaffenden Nettonutzfläche und unabhängig davon, welchem Verwendungszweck diese im Dachraum geschaffenen Flächen zugeführt werden, wie schließlich auch ohne Einfluß, ob das Objekt ganz oder teilweise vom Mieter selbst benützt oder zur Benützung an Dritte weitergegeben wird, mit Wirkung ab 01.01.1984 eine monatliche, im vorhinein zu entrichtende Miete von S 8.000,-- (Schilling achttausend) zuzüglich USt. in der jeweiligen Höhe fixiert.
Die Miete ist wertgesichert ...
Der Vertrag wird mit Unterfertigung rechtsverbindlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei allerdings die Vermieter ausdrücklich auf das Recht der Aufkündigung des Vertrages auf Bestand des Hauses verzichten. Der Mieter seinerseits verzichtet ebenfalls auf die Dauer der ersten 20 Vertragsjahre ab Baufertigstellung und Bezug, der den Vermietern mittels eingeschriebenen Schreibens anzuzeigen ist, auf die Auflösung des gegenständlichen Vertrages. Sollte das Haus aufgrund von Elementarereignissen oder aus anderen Gründen ernsthaft beschädigt oder gar zerstört werden, wohl aber wiedererrichtet bzw. adaptiert werden und damit die vom Mieter in den Dachboden eingebauten Baulichkeiten von ihm oder seinen Rechtsnachfolgern wiederbenützbar gestellt werden können bzw. wiedererrichtet werden können, so bleibt der Kündigungsverzicht der Vermieter aufrecht, bzw. verpflichten sich die Vermieter zum Abschluß eines neuen Vertrages zu gleichen Bedingungen.
IV.
...
V.
Der Mieter entrichtet für die von ihm geschaffene Fläche Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, wobei auch der Betriebskostenverrechnung 400 m2 Nettonutzfläche zugrunde gelegt werden.
Sollten die Vermieter diese Regelung in Anwendung des Mietrechtsgesetzes, wobei der Mieter am Abschluß der Vereinbarung mitwirkt, mit den derzeitigen Mietern nicht durch Vereinbarung festlegen können, so erfolgt eine Berechnung jener Fläche, die für die Tragung der Betriebskosten heranzuziehen ist, nach den Bestimmungen des MRG.
VI.
...
VII.
Ausdrücklich festgelegt wird, daß der Mieter berechtigt ist, die von ihm im Dachbodenraum geschaffene Fläche sowie die beiden Parkplätze und damit Mitbenützung der allgemeinen Flächen ohne erforderliche Zustimmung der Vermieter und ohne, daß den Vermietern irgendwelche Ansprüche entstehen, an jedweden Dritten entgeltlich oder unentgeltlich teilweise oder ganz zu überlassen, wobei ausdrücklich festgelegt wird, daß anläßlich so einer Überlassung jedwede Umgestaltung der Räumlichkeiten wie auch die Schaffung mehrerer Einzeleinheiten ausdrücklich zulässig ist, soferne die behördlichen Genehmigungen, soweit erforderlich, erteilt werden. Die Vermieter verpflichten sich, sämtliche allenfalls erforderlichen Unterschriften zu leisten bzw. Anträge mitzufertigen.
Sollte der Mieter oder Rechtsnachfolger einen Teil der Fläche an einen Dritten als eigene Einheit, abgetrennt vom übrigen Teil, überlassen, so verpflichten sich die Vermieter über diesbezüglichen Wunsch des Mieters, mit diesem Dritten einen eigenen, getrennten Vertrag abzuschließen, den gegenständlichen Vertrag entsprechend einzuschränken, und zwar beides unter Zugrundelegung der vertragsgegenständlichen Bedingungen. Die sich allenfalls daraus ergebenden Kosten und Gebühren trägt der Mieter bzw. seine Rechtsnachfolger oder der neue Mieter, nicht jedoch die Vermieter.
Ausdrücklich festgelegt wird, daß die Vermieter dann die Überlassung des ausgebauten Teiles, bzw. Teilen davon, und den Abschluß eines entsprechend neuen Vertrages verweigern können, wenn objektive, schwerstwiegende Bedenken gegen den Nachmieter durch seine Einmietung hinsichtlich Sicherheit des Objektes und der Moral bestehen.
VIII.
Die Vermieter sind abweichend von § 1118 ABGB berechtigt, ungeachtet ihres Kündigungsverzichtes dann den gegenständlichen Vertrag aufzulösen, wenn der Mieter oder dessen Rechtsnachfolger die Miete trotz Mahnung und Setzung einer viermonatigen Nachfrist für sechs Monate nicht bezahlt.
IX.
Für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung bzw. der Kündigung durch den Mieter wird in Anwendung des § 10 des Mietrechtsgesetzes folgendes festgelegt:
Beide Vertragspartner versuchen innerhalb einer Frist von insgesamt 12 Monaten ab Auflösung des Vertrages bzw. fruchtlosem Ablauf der Nachfrist bei Androhung der vorzeitigen Auflösung im Sinne des Vertrages für das vom Mieter geschaffene Objekt oder Teile desselben einen Interessenten zu finden. Die Vermieter verpflichten sich, mit jedem Dritten einen Vertrag abzuschließen, soferne dieser in die Bedingungen in Fortführung des gegenständlichen Vertrages eintritt. Der Punkt VII. dieses Vertrages ist sinngemäß anzuwenden.
Sollte ein Mietvertragsabschluß im Sinne des vorigen Absatzes innerhalb der festgelegten 12 Monate nicht möglich sein, so fällt das Gesamtobjekt ohne weiteren Ersatzanspruch des Mieters gegenüber den Vermietern an die Vermieter zurück. Sollte für die nicht vermietete Einheit eine behördliche Abgabe für die Tatsache des Leerstehens zu entrichten sein, so hat der Mieter diese während der genannten 12 Monate zu ersetzen.
Ebenso hat der Mieter die auf die nicht vermietete Einheit entfallenden Betriebskosten des Hauses zu ersetzen, und zwar aus jenen ersten Erträgnissen, die die Vermieter gemäß dem vorletzten Absatz dieses Vertragspunktes zu leisten haben.
Sollte das vom Mieter errichtete Objekt durch Heimfall im Sinne der vorigen Absätze an die Vermieter gelangen und diese innerhalb von 5 Jahren ab Heimfall einen Mietvertrag für das gegenständliche Objekt abschließen, so haben die Vermieter alle jene Beträge an den Mieter bzw. seine Rechtsnachfolger zu leisten, die neue Mieter an Entgelt über den Ansprüchen aus dem gegenständlichen Mietvertrag hinaus innerhalb der ersten 10 Vertragsjahre entrichten.
Die Regelung dieses Vertragspunktes gilt auch für alle Ansprüche, die der Mieter hinsichtlich des Ersatzes seiner Aufwendungen bei Beendigung des Vertragsverhältnisses, aus welchen gesetzlichen Gründen immer, geltend machen könnte. Der Mieter stellt ausdrücklich fest, daß jedweder Ablöseanspruch gegenüber den Vermietern anläßlich des Rückfalles des Objektes an die Vermieter durch das Recht abgegolten ist, die von ihm geschaffenen Räumlichkeiten in jeder Form umzugestalten, zu teilen, mehrere Einheiten zu schaffen, sie an beliebige Dritte weiterzuübertragen, da, sollte dies nicht gelingen, der Mieter als feststehend annimmt, daß die geschaffenen Baulichkeiten keinen Geldwert im Augenblick der Vertragsendigung darstellen. Ausdrücklich festgelegt wird allerdings, daß der Mieter bei Beendigung des Vertrages nicht berechtigt oder verpflichtet ist, das Bestandobjekt, insbesondere den Dachstuhl, in jenen Zustand, in dem sich dieser im Augenblick des Vertragsabschlusses befindet, zurückzuversetzen.
X.
...
XI.
Die Vermieter verpflichten sich, sämtliche für die Errichtung, Benützung und spätere allfällige Umgestaltung erforderlichen Erklärungen bei Behörden kostenlos und in der jeweils erforderlichen Form abzugeben.
XII.
...
XIII.
...
XIV.
...
Der gegenständliche Vertrag geht beiderseits auf
Rechtsnachfolger über.
XV.
Soferne eine Überführung des Objektes in Wohnungseigentum erfolgen sollte, steht Herrn Dr. S bzw. seinen Rechtsnachfolgern das Recht zu, an den vertragsgegenständlichen, vom Mieter geschaffenen Teilen des Hauses Wohnungseigentum zu erwerben.
..."
Nach den vorgelegten Verwaltungsakten wurde für die Durchführung der beschwerdegegenständlichen Baumaßnahmen, die im Übereinkommen vom 27. April 1984 näher beschrieben wurden, von der Baubehörde die Baubewilligung hinsichtlich beider Liegenschaften mit Bescheiden je vom 9. Mai 1985 erteilt. Ferner liegen Bescheide je vom 31. August 1988 betreffend die Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung für die im Dachgeschoß geschaffenen Wohn- und Ordinationsräume vor.
In der Folge erließ das Finanzamt auf Grund der Erklärung des Mieters, Univ. Prof. Dr. S, zur Feststellung des Einheitswertes) zwei Bescheide, mit denen für die beiden Grundstücke der Einheitswert zum Stichtag 1. Jänner 1989 im Wege der Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG 1955 festgestellt wurde.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde beantragt, den Gebäudewert des Dachbodenausbaues nicht den Grundeigentümern, sondern den Ehegatten S zuzurechnen. Begründet wurde dieses Begehren mit dem alleinigen Verfügungsrecht der Letztgenannten über die von ihnen geschaffenen Räumlichkeiten.
Nach Erlassung von abweislichen Berufungsvorentscheidungen wurde der Antrag auf Vorlage der Berufungen an die Abgabebehörde zweiter Instanz gestellt. In dieser Eingabe wurde im wesentlichen die Auffassung vertreten, die im Jahre 1988 geschaffenen Gebäudeteile stellten eine wirtschaftliche Einheit dar. Diese Gebäudeteile stünden im wirtschaftlichen Eigentum der Ehegatten S. Es handle sich dabei in wirtschaftlicher Hinsicht um ein Superädifikat.
Mit den beiden in Beschwerde gezogenen Bescheiden der belangten Behörde wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. In der Begründung der Berufungsentscheidungen vertrat die belangte Behörde die Ansicht, daß ein einheitliches Gebäude entsprechend den Anschauungen des Verkehrs als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten sei. Das ausgebaute Dachgeschoß stelle kein Superädifikat dar. Schließlich seien die Mieter auch nicht als wirtschaftliche Eigentümer zu betrachten.
In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde wird sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 BewG 1955 ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kommen mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BewG 1955 gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs.
Gemäß § 51 Abs. 3 BewG 1955 gilt als Grundstück auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.
Nach § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet.
Den angefochtenen Bescheiden liegt die Bewertung von Grundbesitz als Grundvermögen im Sinne der §§ 51 BewG 1955 ff zu Grunde. Die wirtschaftliche Einheit beim Grundvermögen heißt Grundstück (vgl. Twaroch-Frühwald-Wittmann, Kommentar zum Bewertungsgesetz2 248). Zum Grundstück gehören neben dem Grund und Boden die Bestandteile, insbesondere Gebäude, und das Zubehör.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung Menschen und Sachen Schutz gegen äußere Witterungseinflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1985, Zlen. 85/16/0064, 0065, Slg. Nr. 6059/F, und die Vorjudikatur).
Der im Bewertungsrecht gebrauchte Begriff "Bestandteil" ist im Sinne des bürgerlichen Rechts auszulegen (vgl. Twaroch-Frühwald-Wittmann, aaO 81). Als Bestandteile bezeichnet man danach die Teile einer zusammengesetzten Sache; ist die Verbindung von Teilen mit der Hauptsache so eng, daß sie von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnten, spricht man von unselbständigen Bestandteilen, die nicht sonderrechtsfähig sind (vgl. OHG vom 23. Mai 1985, 8 Ob 651/84, JBl 1986, 724;
Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts8 II 11;
Schwimann/Pimmer, ABGB II § 294 Rz 2).
Das festgebaute Haus auf einem Grundstück ist dessen unselbständiger Bestandteil (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zlen. 90/16/0155, 0165).
Nach der in der Beschwerdeschrift enthaltenen Sachverhaltsdarstellung - die sich mit dem Inhalt der Verwaltungsakten deckt - wurden durch den "Mieter" über den jeweils fünf Geschoßen der bestehenden Gebäude eine Stahlbetondecke und auf dieser zwei bzw. drei weitere Geschoße errichtet. Diese vom Mieter geschaffenen Gebäudeteile sind durch diese Bauführung in eine so enge Beziehung zu den Altgebäuden und damit zu den Grundstücken gesetzt worden, daß sie nur durch eine substanzzerstörende Vorgangsweise - wie von den Beschwerdeführern selbst hervorgehoben wurde - "abgesondert" werden könnten. Die neu geschaffenen Gebäudeteile stellen sich somit als unselbständige Bestandteile der Gebäude dar. Sie waren damit bei der Bewertung des jeweiligen Grundstückes als wirtschaftlicher Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG 1955 einzubeziehen. Unter Bedachtnahme auf die letztgenannte Vorschrift kann es dabei auch keinem Zweifel unterliegen, daß ein Gebäude mit mehrgeschoßigem Dachaufbau nach den Anschauungen des Verkehrs insgesamt als ein einheitliches Gebäude und damit als wirtschaftliche Einheit angesehen wird.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügen die Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde eine analoge Anwendung der für "Superädifikate" geltenden Vorschriften abgelehnt hat.
Abgesehen davon, daß das Bewertungsgesetz nicht von Superädifikaten, sondern von begrifflich damit nicht identen "Gebäuden auf fremdem Grund und Boden" spricht (vgl. Twaroch-Frühwald-Wittmann2, aaO, S. 250), stellt sich die von den Beschwerdeführern offenkundig gemeinte Vorschrift des § 51 Abs. 3 BewG 1955 als eine die grundsätzlichen Bestimmungen des Abs. 1 erster Satz dieser Gesetzesstelle erweiternde Regelung (arg.: "gilt auch") dar. Aus dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles kann der Umstand, daß der Gesetzgeber neben "Gebäuden auf fremdem Grund und Boden" nicht auch bloße Gebäudeteile und damit unselbständige Bestandteile eines Gebäudes in diese Sonderregelung einbezogen hat, nicht als systemwidrige (unbedachte) Gesetzeslücke angesehen werden. Es fehlt damit an der primären Voraussetzung für die von den Beschwerdeführern angestrebte Gesetzesanalogie (vgl. Bydlinsky, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 473). Der klare Wortlaut des § 51 Abs. 3 BewG verbietet im übrigen die Berufung auf eine mit diesem nicht in Einklang stehende Auslegung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1979, Zl. 2227/77, Slg. Nr. 5393/F).
Ein bloßer Gebäudeteil - im Beschwerdefall die durch den "Mieter" geschaffenen zusätzlichen Geschoße - kann, wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich ist, nicht als selbständiges Gebäude angesehen werden, sodaß bei den beschwerdegegenständlichen Dachgeschoßen das Tatbestandsmerkmal "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" nicht gegeben ist.
Die Beschwerdeführer vertreten ferner sinngemäß die Auffassung, daß der "Mieter" wirtschaftlicher Eigentümer der von ihm geschaffenen Dachgeschoße ist. Nach dem Wiedergegebenen § 24 Abs. 1 lit d BAO bezieht sich das wirtschaftliche Eigentum jeweils auf das einzelne Wirtschaftsgut. Dieser Begriff des Wirtschaftsgutes umfaßt nur das, was im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, Zl. 86/16/0008). Voraussetzung für die Zurechnung im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO ist die Ausübung der wirtschaftlichen, einem Eigentümer gleichkommenden Verfügungsmacht über ein einheitliches selbständiges Wirtschaftsgut. Da ein Gebäude ein einheitlicher Baukörper ist, kann an einzelnen Teilen eines Gebäudes kein selbständiges wirtschaftliches Eigentum begründet werden (vgl. Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz15, S. 571 unter Berufung auf BFH vom 9. Juli 1965, VI 202/64, HFR 65 S. 508). Der Beurteilung, daß an den vom "Mieter" geschaffenen Gebäudeteilen kein selbständiges wirtschaftliches Eigentum begründet worden ist, steht auch nicht der im Ertragsteuerrecht geltende Grundsatz entgegen, wonach der Bestandnehmer, der Ein-, Um- und Zubauten am Bestandgegenstand vornimmt, bis zur Beendigung des Mietverhältnisses als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist. Diese im Ertragsteuerrecht geltende und auf den Grundsätzen kaufmännischer Bilanzierung beruhende Übung kann nicht auf das Bewertungsrecht übertragen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1989, Zl. 88/15/0097).
Da somit die Annahme wirtschaftlichen Eigentums an den in Rede stehenden Gebäudeteilen ausgeschlossen war, erübrigte es sich, auf die Ausführungen der Beschwerde über die eigentümerähnliche Stellung des Mieters näher einzugehen.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit den in den Eingaben der Beschwerdeführer enthaltenen Zitaten eines Kommentars zum Bewertungsgesetz auseinanderzusetzen. Dem ist entgegenzuhalten, daß zu den allgemeinen Grundsätzen eines geordneten Verfahrens die Verpflichtung der Behörde zur ausreichenden Begründung eines Bescheides gehört, aus welcher die wesentlichen Ergebnisse des Beweisverfahrens, die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen und die darauf gestützte Lösung der Rechtsfrage ersichtlich sein müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1970, Zl. 1442/69 Slg. Nr. 4014/F). Diesen Erfordernissen hat die belangte Behörde Rechnung getragen, wobei es nicht von Bedeutung ist, ob sie dabei auf Literaturzitate in der Berufung expressis verbis eingeht oder nicht. Außerdem haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung des vermeintlichen Verfahrensmangels hätte gelangen können.
Ebensowenig wurde von den Beschwerdeführern konkret aufgezeigt, zu welchem anderen Spruch die belangte Behörde hätte gelangen können, wenn sie das "Angebot" der Beschwerdeführer, in die bei der Baubehörde aufliegenden Baupläne Einsicht zu nehmen, angenommen hätte, während sie sich mit den (nicht in Farbe ausgeführten) Kopien der Pläne begnügt hatte. Wird die Partei wie im Beschwerdefall ausdrücklich aufgefordert, Beweismittel (hier Baupläne) vorzulegen und kommt sie dieser Aufforderung - wie im Beschwerdefall von den Beschwerdeführern geltend gemacht wird - unzureichend (mittels weniger aussagekräftigen, weil nicht in Farbe ausgeführten Kopien) nach, so stellt die Unterlassung weiterer Ermittlungen schon deshalb keinen Verfahrensmangel dar, weil die genaue Kenntnis der technischen Details der Herstellung der Dachgeschoße für die Lösung der aufgezeigten Rechtsfragen vorliegendenfalls nicht mehr von Bedeutung war.
Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein VwRallg10/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150112.X00Im RIS seit
14.01.2002Zuletzt aktualisiert am
23.07.2010