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L37123 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Niederösterreich;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Johann S in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Februar 1987, Zl. II/1-Be-S-24/4-87, betreffend Übertretung des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Herzogenburg vom 28. Jänner 1985 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 6 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, LGBl. 3700-1, aufgefordert, unter anderem einen in der N-Gasse aufgestellten Kaugummiautomaten binnen zwei Wochen zu entfernen. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Juni 1985 abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 13. August 1985 brachte die Stadtgemeinde Herzogenburg bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zur Anzeige, daß laut Erhebungen vom 24. Juli 1985 und 12. August 1985 sich der gegenständliche Automat noch immer am angeführten Ort befinde.
Im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren erging zunächst das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11. August 1986, in welchem dem Beschwerdeführer angelastet wurde, es sei, wie anläßlich einer am 24. Juli 1985 und 12. August 1985 durchgeführten Erhebung festgestellt worden sei, ein Warenautomat über öffentlichem Grund trotz Entfernungsauftrages angebracht gewesen. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Februar 1987, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, "der ihm mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Herzogenburg vom 28. Jänner 1985, GZ. 229/3, im Instanzenzug auferlegten Verpflichtung, den in 3130 Herzogenburg, N-Gasse, angebrachten Kaugummiautomaten zu beseitigen, in der Zeit vom 24. Juli 1985 bis 13. August 1986 nicht nachgekommen" zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (in der Höhe von S 800,--, Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 33 Stunden) verhängt wurde.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist festzustellen, daß die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, weil der angefochtene Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers am 27. März 1987 zugestellt und die Beschwerde am 24. April 1987 eingebracht wurde.
Gemäß § 1 Abs. 1 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, LGBl. 3700, in der Fassung der Novelle LGBl.3700-1, ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.
Nach § 1 Abs. 2 gehen die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Grund in der Gemeinde (Abs. 1) über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus.
Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes bedarf dann, wenn eine Gebrauchsart im Sinne des Abs. 2 in einem geringeren als dem angegebenen Umfang in Anspruch genommen werden soll, der geringere Umfang keiner Gebrauchserlaubnis.
Gemäß § 6 ist die Gemeinde berechtigt, den Besitzer von Einrichtungen, durch die ein im § 1 umschriebener Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis ausgeübt wird, durch Bescheid zu verpflichten, diese Einrichtungen binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen.
Nach § 15 Abs. 1 lit. c begeht unbeschadet der §§ 238 bis 240 der NÖ Abgabenordnung, auch ohne eine Abgabenverkürzung zu bewirken, eine Verwaltungsübertretung, wer den im Sinne des § 6 aufgetragenen Verpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 könne erst dann vorliegen, wenn rechtskräftig festgestellt sei, daß eine Gebrauchserlaubnis nicht vorliege und im Hinblick auf diese Feststellung dann die Entfernungsanordnung gegeben werde, so wird damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Dadurch, daß § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 auf die im Sinne des § 6 aufgetragenen Verpflichtungen verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid nach § 6 leg. cit. enthaltene Gebot (zur Beseitigung von Einrichtungen) Teil des Straftatbestandes. Die Frage der Rechtmäßigkeit des in einem rechtskräftigen Bescheid nach § 6 NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 enthaltenen Gebotes (weil ein unerlaubter Gebrauch vorlag) ist in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde gegen das in der Folge ergangene Straferkenntnis der Berufungsbehörde, nicht mehr zu überprüfen.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, "nach der Formulierung des § 6 und § 15 NÖ Gebrauchsabgabengesetz erscheinen weiters Bedenken hinsichtlich der Gesetzes- und Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen", so zeigen die diesbezüglichen Ausführungen gar nicht auf, gegen welche Verfassungsvorschrift(en) die bezogenen Bestimmungen des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 verstoßen würden. Bedenken wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.
Im Ergebnis ist jedoch die Beschwerde berechtigt. Die Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 in Verbindung mit einem bescheidmäßigen Beseitigungsgebot nach § 6 leg. cit. ist ein Dauerdelikt (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1988, Zl. 88/05/0093), bei welchem die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat. Im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 11. August 1986 wurde dem Beschwerdeführer angelastet, anläßlich einer am 24. Juli 1985 und 12. August 1985 durchgeführten Erhebung sei festgestellt worden, daß er über einem näher bezeichneten öffentlichen Grund einen Warenautomaten angebracht habe, obwohl ihm mit Bescheid der Stadtgemeinde Herzogenburg vom 4. Oktober 1984 die Entfernung des Warenautomaten innerhalb einer Frist von zwei Wochen aufgetragen worden sei, er habe hiedurch eine Übertretung nach § 15 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 6 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 begangen. Die Behörde erster Instanz ist also von einem vom 24. Juli bis 12. August 1985 dauernden Tatzeitraum ausgegangen, wogegen die belangte Behörde einen längeren Tatzeitraum angenommen und damit die Tat ausgewechselt hat, wozu sie nach § 66 Abs. 4 AVG nicht berechtigt war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1962, Slg. N.F. Nr. 5871/A).
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es noch eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorgehen bedurfte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere Rechtsgebiete Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH StrafverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050098.X00Im RIS seit
25.06.1991