TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/25 91/07/0033

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.1991
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs2;
AVG §66 Abs4;
WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der I. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. Jänner 1991, Zl. III/1-27.661/115-90, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 11. Oktober 1988, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 verpflichtet, die in den Punkten 1. - 4. des Amtsgutachtens in der Verhandlungsschrift vom 7. Oktober 1988 geforderten Maßnahmen zu veranlassen, mit den Arbeiten spätestens am 17. Oktober 1988 zu beginnen und diese am 21. Oktober 1988 abzuschließen. Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 76 ff AVG verpflichtet, Kommissionsgebühren und Barauslagen in der Höhe von insgesamt S 7.260,-- binnen einem Monat zu bezahlen.

Auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung änderte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid ab wie folgt:

"1. Die Worte '... 390/1983, die in den Punkten 1.-4. des Amtsgutachtens der Verhandlungsschrift vom 7. Oktober 1988 geforderten Maßnahmen zu veranlassen' werden durch die Worte '... 252/1990. bei den nachstehend beschriebenen Anlagen auf Parzelle Nr. 24, Katastralgemeinde L., folgende Maßnahmen durchgzuführen:

'a) Alle Betonwaren sind unmittelbar vor Beginn der Abbrucharbeiten vollständig zu entleeren, das abgepumpte Ölwassergemisch ist zu entsorgen.

b) Die gereinigten Behälter sind aus dem Verunreinigungsbereich abzutransportieren.

c) Sämtliche Betonwannen samt ihren Sohlen sind abzubrechen. Bei diesen Abbruchsarbeiten muß eine Trennung des deutlich verunreinigten Abbruchmaterials von Betonmaterial, welches eher gering verunreinigt ist, erfolgen. Dieses Material ist zwischenzulagern, um eine Untersuchung über die weitere Deponierung vornehmen zu können. Während der Zwischenlagerung ist das Abbruchsmaterial gegen Auswaschung abzudecken.

d) Nach Abbruch der Becken ist das anstehende ölverunreinigte Erdreich abzuheben. Diese Aushubarbeiten sind im Einvernehmen mit dem wasserbautechnischen Amtssachverständigen des NÖ Gebietsbauamtes IV vorzunehmen. Dieses Material ist ebenfalls kurzfristig zwischenzulagern, um eine Entscheidung über den Deponierungsstandort treffen zu können' ersetzt.

2.

Der letzte Absatz des Bescheidspruches entfällt.

3.

Anstelle des 3. Absatzes des Bescheidspruches wird folgender Absatz eingefügt:

'Gemäß den §§ 76 ff AVG 1950 und der Gemeindekommissionsgebührenverordnung, LGBl. 3860/2-2, wird die I. verpflichtet, binnen einem Monat und mittels beiliegenden Erlagscheines S 3.630,-- an Verfahrenskosten einzuzahlen.'"

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, daß ihr die angeführten Maßnahmen auferlegt worden seien, obwohl diese bereits im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe ihren Betrieb bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides veräußert, sodaß sie nicht als Verpflichtete im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 angesehen werden könne, was zur Folge habe, daß ihr im gegenständlichen Verfahren Parteistellung nicht zukomme. Die Betonwannen, von denen nach den Feststellungen der belangten Behörde die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgehe, seien nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin gestanden, weil sie auch nie Eigentümerin der Parzelle 24, KG L., gewesen sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 WRG 1959, der in den für den Beschwerdefall maßgeblichen Passagen durch die Novelle BGBl. Nr. 252/1990 nicht abgeändert wurde, hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, so hat gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheisdienstes zu verständigen.

Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, hat gemäß Abs. 3 desselben Paragraphen die Wasserrechtsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Auffassung, die ihr auferlegten Maßnahmen wären, da sie bereits im Wege der Ersatzvornahme gesetzt worden seien, für eine sachgerechte Entsorgung nicht mehr erforderlich. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß die solcherart bewirkte Änderung in der Außenwelt in der Zeit zwischen der Erlassung des erstinstanzlichen und des Berufungsbescheides von der Rechtsmittelbehörde nicht zu berücksichtigen ist. Die Umsetzung eines Bescheides, der eine Leistung auferlegt, in die Wirklichkeit, kann daher weder eine noch anhängige Berufung gegenstandslos machen noch die Entscheidung der Berufungsbehörde in einem bestimmten Sinn festlegen. (Vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 16. April 1956, Slg. Nr. 4040/A, vom 14. Juni 1983, Zl. 82/07/0205, und vom 11. Dezember 1990, Zl. 89/07/0186.)

Soweit die Beschwerdeführerin der Ansicht ist, sie könne, da sie ihren Betrieb bereits im Juni 1988 und somit vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides veräußert habe, nicht als Verpflichtete im Sinne des § 31 WRG 1959 angesehen werden, ist zunächst festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin die Anlagen auf Gp. 24, KG L., von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausging, unbestrittenermaßen betrieben hat. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich von diesen ihr somit zurechenbaren Anlagen ausgehender Gefahren einer Gewässerverunreinigung gemäß § 31 WRG 1959 jedenfalls als Verpflichtete anzusehen war. Ein gemäß § 31 Verpflichteter kann sich aber nicht durch rechtsgeschäftliche Verfügungen, wie z.B. den Verkauf von Anlagen oder Liegenschaften, von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht, seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung entziehen. Vielmehr sind ihm, ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit seinem zivilrechtlichen Rechtsnachfolger auch auf § 31 gestützte Maßnahmen vorgeschrieben werden können, die zur Verhinderung einer drohenden Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen, unabhängig von der Frage der zivilrechtlichen Verfügungsgewalt über diese Anlagen oder Liegenschaften, vorzuschreiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 1989, Zl. 88/07/0134). Demgemäß geht auch die Rüge, die Beschwerdeführerin sei zu Unrecht dem Verwaltungsverfahren als Partei beigezogen worden, ins Leere.

Ebensowenig vermag der Einwand der Beschwerdeführerin, sie könne nicht zur Vornahme von Maßnahmen auf dem nicht (mehr) in ihrer Verfügungsgewalt stehenden Grundstück verpflichtet werden, der Beschwerde zum Erfolg verhelfen. Denn auch Dritte, in deren Rechtssphäre eine von ihnen nicht verursachte Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt oder in deren Rechtssphäre Maßnahmen zur Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung durchgeführt werden müssen, trifft eine Verpflichtung zur Duldung von gemäß § 31 Abs. 3 angeordneten Maßnahmen. Behindert der Dritte die Durchführung derartiger Maßnahmen, so muß der gemäß § 31 Abs. 1 Verpflichtete bei der Wasserrechtsbehörde entsprechende Abhilfe begehren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1988, Zlen. 84/07/0047, 0048, und vom 4. April 1989, Zl. 88/07/0134).

Mit ihrem Einwand, die mit dem angeführten Grundstück fest verbundenen Betonwannen, die als ausschließliche Ursache der Gefahr einer Gewässerverunreinigung anzusehen seien, seien gemäß dem Grundsatz "superficiers solo cedit" nicht in ihrem Eigentum gestanden, weil sie niemals Eigentümerin dieses Grundstückes gewesen sei, übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Verpflichtung zur Vornahme von Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung nicht an das Eigentum an Anlagen oder Grundstücken, von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht, geknüpft ist. Vielmehr ist ein gemäß § 31 Abs. 3 erteilter Auftrag durchaus nicht immer (so in allen Fällen, in denen durch das Verhalten einer vom Grundeigentümer verschiedenen Person - in Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht - vom betreffenden Grundstück aus die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht) an den Eigentümer eines Grundstückes zu richten, auf dem zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden müssen (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. September 1989, Zl. 86/07/0193).

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin nicht näher ausgeführt; derartige Mängel, die der Verwaltungsgerichtshof von sich aus hätte aufgreifen müssen, konnten den Verwaltungsakten nicht entnommen werden.

Zusammenfassend ergibt sich, daß dem angefochtenen Bescheid die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht anhaften. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheInhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991070033.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten