TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/25 90/04/0225

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Veröffentlicht am 25.06.1991
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4;
GewO 1973 §74;
GewO 1973 §77;
GewO 1973 §81;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. K Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. Juni 1990, Zl. VIb-225/60-1989 betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt :

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A-Aktiengesellschaft zu verantworten, daß am 24. April 1989 um 09.45 Uhr in Feldkirch bei der A-Tankstelle Gst.Nr. n1 eine Betriebsanlage ohne diesbezügliche gewerbebehördliche Genehmigung nach einer Änderung betrieben worden sei, indem der bestehende unterirdische 10.000 l fassende Dieselkraftstoffbehälter auf Superbenzin umgestellt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begangen. Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die A-Aktiengesellschaft betreibe am Standort F eine Tankstelle, die bereits mehrmals erweitert und umgebaut worden sei. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 18. April 1988 sei u.a. der Austausch der vorhandenen Lagerbehälter durch vier neue Doppelwandbehälter gemäß § 81 GewO 1973 gewerbebehördlich genehmigt worden, wobei die bestehenden Behälter entweder eingeschlämmt oder ausgegraben werden sollten. Die mit dem zitierten Bescheid gewerbebehördlich genehmigten Umbaumaßnahmen seien der Aktenlage nach jedenfalls bis April 1990 nicht in Angriff genommen worden. Im Zuge der regelmäßigen Überprüfung von Lagerbehältern durch den Technischen Überwachungsverein Wien, Dienststelle Dornbirn, sei festgestellt worden, daß der bestehende 10.000 l fassende Lagerbehälter für die Lagerung von Dieselkraftstoff auf die Abgabe von Superbenzin bleifrei umgestellt worden sei. Der A-Aktiengesellschaft sei nachweislich mit Schreiben vom 17. Februar 1989 und vom 3. April 1989 mitgeteilt worden, daß es sich hiebei nach Ansicht der Gewerbebehörde um eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage im Sinne des § 81 Gewerbeordnung 1973 handle, und sie sei aufgefordert worden, nachträglich um diese Genehmigung anzusuchen. Gleichzeitig sei der A-Aktiengesellschaft mitgeteilt worden, daß ein weiterer Betrieb des umgewidmeten Lagerbehälters bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen gewerbebehördlichen Genehmigung unzulässig sei. Mit Eingabe vom 10. April 1989 habe dann die A-Aktiengesellschaft nachträglich um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Behälterumwidmung und für die Aufstellung einer Einfachzapfsäule zur Abgabe von Superbenzin bleifrei angesucht. Im Zuge der über dieses Ansuchen am 9. Mai 1989 durchgeführten Augenscheinsverhandlung sei festgestellt worden, daß bei dem in Rede stehenden Lagerbehälter im Jahre 1986 eine Kunststoffinnenbeschichtung der Marke "Afrapoxy M" angebracht worden sei. Atteste bezüglich der Leitfähigkeit bzw. des Erdableitungswiderstandes seien zum Zeitpunkt der Verhandlung nicht vorgelegen. Auf Grund des Ergebnisses der Verhandlung seien noch am selben Tag vom elektrotechnischen Amtssachverständigen nach Entleerung und Reinigung des Behälters Messungen des Erdableitungswiderstandes durchgeführt worden, die ergeben hätten, daß die zulässigen Höchstwerte um das Vier- bis Fünffache überschritten worden seien. Dies bedeute lt. Gutachten des elektrotechnischen Amtssachverständigen vom 10. Mai 1989, daß dieser Behälter jedenfalls nicht mit Superbenzin oder Normalbenzin befüllt werden dürfe, da eine unmittelbare Gefahr zufolge unkontrollierter Entladungen nicht ausgeschlossen werden könne. Die A-Aktiengesellschaft habe daher bei diesem Behälter eine neue Innenbeschichtung anbringen lassen; erst jetzt habe die Änderung des Lagerbehälters gewerbebehördlich genehmigt werden können, was schließlich mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 15. Mai 1989 auch erfolgt sei. Nach dem geschilderten Sachverhalt stehe außer Zweifel, daß die erfolgte, nicht genehmigte Umstellung eines Lagerbehälters von einer Flüssigkeit der Gefahrenklasse III gemäß Verordnung über die Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten, BGBl. Nr. 49/1930, (z.B. Diesel) auf eine Flüssigkeit der Gefahrenklasse I (z.B. Superbenzin) eine Änderungsmaßnahme darstelle, durch die die im § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 normierten Schutzinteressen beeinträchtigt werden könnten. Es sei unbestritten, daß die Lagerung einer bestimmten Menge einer brennbaren Flüssigkeit der Gefahrenklasse I weitaus größere Gefahren mit sich bringe als die Lagerung derselben Menge einer brennbaren Flüssigkeit der Gefahrenklasse III. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß dieser Lagerbehälter für die Lagerung von Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I geeignet sei.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Strukturierung seines Unternehmens, Berichts- und Kontrollpflichten vermöchten ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers nicht auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der strafrechtlich Verantwortliche im Falle zahlreicher Filialen durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von ihrerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, daß die im Unternehmen zu beachtenden Vorschriften den Betroffenen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1981, Zl. 3148/80). Daß diesen Anforderungen offenbar nicht Rechnung getragen worden sei, erhelle allein schon daraus, daß dem Beschwerdeführer wichtige eingeschriebene Briefsendungen der Gewerbebehörde mit Aufforderungen, entsprechende Genehmigungsansuchen einzubringen, und mit Fristensetzungen gar nicht zur Kenntnis gebracht wurden. Wenn der Beschwerdeführer im vorliegenden Falle nicht einmal Kenntnis von gewissen Änderungsmaßnahmen an einer seiner Tankstellen habe, werde er seiner Verantwortung nicht gerecht. Die mangelnde Kontrolle seiner Mitarbeiter lasse jedenfalls die Annahme von fahrlässigem Verhalten als Verschuldensform zu. Ein solches Verhalten genüge aber gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 zur Strafbarkeit im gegenständlichen Falle. Auch dem Vorbringen bezüglich des Rechtsirrtumes, in dem sich der Beschwerdeführer bzw. seine Mitarbeiter allenfalls befunden hätten, komme keine rechtliche Relevanz zu. Die A-Aktiengesellschaft sei nachweislich zweimal auf die maßgebliche Rechtslage hingewiesen worden und habe nicht einmal den Versuch unternommen, ihre behauptete gegenteilige Rechtsanschauung darzulegen. Da die A-Aktiengesellschaft die Genehmigungspflicht der Änderungsmaßnahmen offensichtlich in Zweifel gezogen habe und im übrigen dieser Auffassung noch heute zu sein scheine, hätte sie wohl eher einen Antrag auf Feststellung im Sinne des § 358 Abs. 1 GewO 1973 als ein Ansuchen um nachträgliche gewerbebehördliche Genehmigung einbringen müssen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, bei der gegenständlichen Behälterumwidmung kämen rein theoretisch zwei Momente, die eine Genehmigungspflicht nach sich zögen, in Frage, nämlich einerseits der Problemkreis der von der Lagerung brennbarer Flüssigkeiten ausgehenden Gefährdung und andererseits die Belästigung durch Lärm oder Geruch, insbesondere im Falle von Frequenzänderungen durch die Umstellung.

Was die Lärm- oder Geruchsimmissionen anlange, so liege in diesem Teilbereich eine Genehmigungspflicht aus mehreren Gründen nicht vor, insbesondere wegen der fehlenden Frequenzänderung, auf die der Beschwerdeführer in den Verfahren erster und zweiter Instanz unwidersprochen hingewiesen habe, aber auch im Hinblick auf die bereits genehmigte Kapazitätserweiterung an der gegenständlichen Tankstelle durch den Bescheid vom 18. April 1988. Der angefochtene Bescheid nehme eine Genehmigungspflicht aus diesem Blickwinkel heraus selbst nicht an. Bleibe also das Sicherheitsargument im Zusammenhang mit der Lagerung von Superbenzin bleifrei anstelle von Dieselkraftstoff. Auch hier sei jedoch (jedenfalls vor bzw. am 24. April 1989) davon auszugehen gewesen, daß neue oder größere Gefahren nicht entstünden, und zwar aus zwei Sachverhaltsmomenten heraus, nämlich 1. aus dem Umstand heraus, daß alle drei unterirdischen einwandigen Behälter mit einem Fassungsvermögen von je 10.000 Liter gleich ausgeführt gewesen seien, insbesondere also der bisher zur Lagerung von Dieselkraftstoff verwendete Behälter ein solcher gewesen sei, der (gleich wie die anderen, die schon früher für die Lagerung von Benzin und Superkraftstoff verwendet worden seien) zur Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten auch der Gefahrenklasse I geeignet sei, und 2. daß in dem bereits angesprochenen Bescheid vom 18. April 1988 die Lagerung größerer Mengen brennbarer Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I (insgesamt 40.000 Liter) genehmigt worden sei (wovon nach der hier besprochenen Umwidmung nur 30.000 Liter "ausgenützt" worden seien). Aus all diesen Gründen sei die Abteilung Technik der A-Aktiengesellschaft durchaus berechtigt gewesen, von der fehlenden Genehmigungspflicht der provisorischen Umstellungsmaßnahme, die zur nunmehrigen Bestrafung des Beschwerdeführers geführt habe, auszugehen. Mit der entscheidungswesentlichen Frage der Genehmigungspflicht der vorliegenden Behälterumwidmung im Sinne des § 81 GewO 1973 habe sich der angefochtene Bescheid weder hinreichend beschäftigt noch sei diese Frage richtig gelöst worden. Vorauszuschicken sei, daß die Genehmigungspflicht der vorliegend betrachteten Behälterumwidmung hier nicht Vorfrage (im Sinne § 38 AVG 1950), sondern Hauptfrage sei. Die belangte Behörde könne sich also nicht, wie dies der angefochtene Bescheid tue, darauf beschränken, festzustellen, daß in weiterer Folge (mit Bescheid vom 15. Juni 1989) eine Genehmigung nach § 81 GewO 1973 erfolgt sei. Dies wäre auch deshalb unzutreffend, weil sich der Bescheid nur auf die Parteien des Verfahrens beziehe (begrenzte subjektive Bescheidwirkung) und der Beschwerdeführer nicht Partei des Verfahrens, in dem der Bescheid vom 15. Juni 1989 ergangen sei, gewesen sei. Die belangte Behörde habe die entscheidungswesentliche Frage der Genehmigungspflicht also nicht gelöst und hiezu lediglich unzutreffende Argumente ins Treffen geführt. Schon aus diesem Grund leide der angefochtene Bescheid sohin sowohl an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit als auch - unter Berücksichtigung des (im Verwaltungsstrafverfahren nach § 24 VStG 1950 anzuwendenden) § 60 AVG 1950 - an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Auch aus dem vom angefochtenen Bescheid angezogenen Umstand, daß die A-Aktiengesellschaft über Aufforderung der Gewerbebehörde erster Instanz einen Antrag um Änderungsgenehmigung im Sinne des § 81 GewO 1973 gestellt habe, sei für die belangte Behörde nichts zu gewinnen.

Da tatsächlich keine Genehmigungspflicht im Sinne des § 81 GewO 1973 vorgelegen und die Aufforderung der Gewerbebehörde erster Instanz zur entsprechenden Antragstellung daher rechtlich verfehlt gewesen sei, könne auch nicht dadurch eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit entstehen, daß die A-Aktiengesellschaft (die Abteilung Technik) dieser unzutreffenden Aufforderung der Behörde zur Vermeidung weiterer Diskussionen entsprochen habe. Der belangten Behörde sei zwar zuzugeben, daß die juristisch korrekte Reaktion auf die Situation nicht der Genehmigungsantrag nach § 81, sondern der Feststellungsantrag nach § 358 GewO 1973 gewesen wäre, daß sich die Abteilung Technik der A-Aktiengesellschaft hier quasi vergriffen habe, ändere aber am verwaltungsstrafrechtlichen Ergebnis nichts. Nun habe der angefochtene Bescheid erstmalig darauf verwiesen, daß der umgewidmete 10.000-Liter Behälter einen Erdableitungswiderstand aufgewiesen hätte, der die zulässigen Höchstwerte um das Vier- bis Fünffache überschritten hätte, was auf eine angeblich im Jahre 1986 durchgeführte Kunststoff-Innenbeschichtung zurückgeführt werde. Dieses Sachverhaltselement sei weder im Verfahren erster noch im Verfahren zweiter Instanz bisher zur Sprache gekommen, auch der Bescheid erster Instanz erwähne diesen besonderen Umstand nicht.

Es sei dem Beschwerdeführer sohin in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verfahren (beider Instanzen) nicht die Möglichkeit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen. Es sei daher das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör (§ 45 Abs. 3 AVG 1950) verletzt. Dazu komme in materieller Hinsicht, daß die Tatsache, daß konkret der Erdableitungswiderstand zu hoch gewesen sein solle, nur dann in verwaltungsstrafrechtlich relevanter Weise die Genehmigungspflicht der Behälterumwidmung nach sich ziehen hätte können, wenn dieses Sachverhaltselement der A-Aktiengesellschaft und (vor allem) dem Beschwerdeführer auch bekannt gewesen wäre oder zumindest hätte bekannt sein können. Dafür biete der angefochtene Bescheid aber nicht einmal den geringsten Anhaltspunkt, von den hiefür erforderlichen Feststellungen ganz abgesehen, die sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen ließen. Es könne auch keine Rede davon sein, daß allein aus der Tatsache, daß im Jahre 1986 eine Kunststoff-Innenbeschichtung angebracht worden sei, bereits auf eine Veränderung des Erdableitungswiderstandes hätte geschlossen werden müssen. Ganz im Gegenteil - die Anbringung einer Innenbeschichtung verändere regelmäßig den Erdableitungswiderstand eines Tanks nicht. Das bedeute primär, daß der von der belangten Behörde aus der Tatsache der Innenbeschichtung auf den Erdableitungswiderstand gezogene Schluß unzutreffend sei; vor allem aber erhebe der angefochtene Bescheid in seiner Begründung in diesem Bereich nicht einmal einen Fahrlässigkeitsvorwurf, da die Erkennbarkeit des Problems in Richtung Erdableitungswiderstand nicht feststehe. Allein daraus ergebe sich, daß die vom angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen die Annahme eines (zumindest) fahrlässigen Verhaltens (im Sinne § 5 VStG 1950) nicht ermöglichen. Mangels fahrlässigen Verhaltens (§ 5 Abs. 1 erster Satz VStG 1950) liege Strafbarkeit nicht vor, sodaß sich der Bescheid schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG erweise.

Selbst wenn man der Rechtsauffassung der A-Aktiengesellschaft, daß die gegenständliche Behälterumwidmung eine Genehmigungspflicht im Sinne des § 81 GewO 1973 nicht nach sich gezogen habe, nicht folgen wollte, sei damit allein für die belangte Behörde noch nichts gewonnen, da nun noch die im Verwaltungsstrafverfahren vom Beschwerdeführer mehrfach relevierte Frage des Irrtums zu berücksichtigen sei. Dabei komme sowohl Tatbild- als auch Rechtsirrtum (letzteres im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950) in Frage. Die belangte Behörde selbst sei nur wegen des erhöhten Erdableitungswiderstandes des umgewidmeten Lagerbehälters überhaupt zur Annahme der Genehmigungspflicht gelangt. Ohne dieses spezielle Sachverhaltselement hätte tatsächlich die Genehmigungspflicht nicht bestanden. Ebenso sei bereits darauf hingewiesen worden, daß dieser Umstand der A-Aktiengesellschaft und dem Beschwerdeführer weder bekannt gewesen sei, noch habe bekannt sein müssen. Das stelle aber jedenfalls (auch) einen Tatbildirrtum dar, ohne dessen Vorliegen die A-Aktiengesellschaft durchaus selbst zum Schluß der Genehmigungspflicht im Sinne des § 81 GewO 1973 gekommen wäre, durch den sie jedoch zur Auffassung gelangen habe müssen, daß eine derartige Genehmigungspflicht fehle. Mit diesem Tatbildirrtum habe sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt, also primär gegen die Begründungspflicht des § 60 AVG 1950 verstoßen. Sie habe aber auch und gerade in diesem Bereich dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu entsprechendem Vorbringen entzogen, da, wie bereits ausgeführt, diese Umstände erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt worden seien, somit das dem Beschwerdeführer zustehende Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Ferner habe die belangte Behörde durch die unterlassene Beschäftigung mit der Irrtumsproblematik die Verschuldensfrage (im Sinne des § 5 VStG 1950) rechtswidrig gelöst. In diesem Zusammenhang sei der angefochtene Bescheid also sowohl inhaltlich rechtswidrig als auch rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darüber hinaus sei die von der A-Aktiengesellschaft im Hinblick auf die Gleichheit der Behälter (also die Eignung des ehemaligen Dieselbehälters zur Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I) und im Hinblick auf den Änderungs-Genehmigungsbescheid vom 18. April 1988 vertretene Rechtsauffassung, daß die bloße Behälterumwidmung keine (selbständige bzw. nochmalige) Genehmigungspflicht im Sinne des § 81 GewO 1973 auslöse, rechtlich durchaus vertretbar. Sei eine bestimmte Rechtsauslegung vertretbar, so fehle es am Verschulden des Zuwiderhandelnden im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950 (siehe insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1966, Zl. 729/65). Dies habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, sodaß auch in diesem Zusammenhang inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliege.

Die belangte Behörde sei im angefochtenen Bescheid insoweit im Recht, als die Bestimmung des § 370 GewO 1973 der des § 9 VStG 1950 vorgehe. Insbesondere gebe es also im Bereich des Gewerberechtes nicht die Möglichkeit der Bestellung verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG 1950.

Durch die Einführung der Rechtsfigur des verantwortlichen Beauftragten in der VStG-Novelle 1983 habe sich aber nichts daran geändert, daß auch außerhalb der Sonderform des verantwortlichen Beauftragten bei Unternehmen größeren Umfangs - der Notwendigkeit entsprechend - verschiedene Agenden anderen Personen als dem Unternehmer bzw. seinem Organ (§ 9 Abs. 1 VStG 1950) oder dem gewerberechtlichen Geschäftsführer (§§ 39 und 370 GewO 1973) übertragen werden könnten. Nach wie vor fehle es an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Verantwortlichen im Sinne der §§ 9 Abs. 1 VStG 1950 oder 370 GewO 1973 dann, wenn der Betreffende für die im Einzelfall in Frage kommenden Agenden eine taugliche Person bestellt und für eine wirksame Kontrolle Vorsorge getroffen habe. Nur im Falle von culpa in eligendo oder culpa in custodiendo liege trotz Übertragung der einschlägigen Agenden an einen Dritten Verschulden im Sinne des § 5 VStG 1950 vor, andernfalls fehle es an der Tatbestandsvoraussetzung des Verschuldens im Sinne des § 5 VStG 1950. Gerade eine derartige Agendenübertragung ohne Auswahl- oder Überwachungsverschulden im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege konkret vor. Insbesondere habe sich der Beschwerdeführer auf die Zeugen Dipl.-Ing. Gernot B und Ing. Wolfgang L berufen (Punkt 5. der Rechtfertigung vom 20. Juli 1989). Dem Beschwerdeführer liege kein wie immer gearteter Hinweis darauf vor, daß diese beiden Zeugen vernommen worden wären. Die belangte Behörde sei nicht berechtigt gewesen, über diese Beweisanträge hinwegzugehen, da sie die hiedurch zu beweisenden Tatsachen weder als wahr unterstellt habe, noch die zu beweisenden Tatsachen für die Entscheidung irrelevant oder die Beweismittel untauglich gewesen seien. Die Unterlassung der beantragten Zeugeneinvernahmen bilde daher einen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG. Die in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid vorgebrachten Gegenargumente seien nicht stichhaltig; allein die Tatsache, daß es - zumindest nach Auffassung der belangten Behörde - zu einem Verstoß gegen die Genehmigungspflicht nach § 81 GewO 1973 gekommen sei, lasse den Schluß auf Auswahl- oder Überwachungsverschulden noch nicht zu. Sollte wider Erwarten die Einvernahme der obgenannten Zeugen erfolgt sein, so seien der belangten Behörde zwei Verfahrensverstöße (als Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG) zur Last zu legen, nämlich die Verletzung des Parteiengehörs dadurch, daß der Inhalt der Aussagen dem Beschwerdeführer nicht zugänglich gemacht worden sei, und eine Verletzung der Begründungspflicht durch Nichterwähnung dieser Aussagen im angefochtenen Bescheid.

In materieller Hinsicht sei jedenfalls innerhalb der A-Aktiengesellschaft eine Person als Leiter der Abteilung Technik mit den einschlägigen Agenden betraut, die sowohl von der Ausbildung (als graduierter Diplomingenieur) als auch von der langjährigen Praxis her die erforderlichen Sachkenntnisse besitze, sodaß Auswahlverschulden nicht vorliegen könne. Auf der anderen Seite sei ein so engmaschiges Berichts- und Kontrollsystem eingerichtet (in welchem Unternehmen gebe es schon wöchentlich Informationssitzungen), daß sich auch nicht der mindeste Anhaltspunkt für die Annahme eines Überwachungsverschuldens finden lasse. Aus all diesen Gründen könne dem Beschwerdeführer sohin tatsächlich ein Verschuldensvorwurf im Sinne des § 5 VStG 1950 nicht gemacht werden; die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde sei rechtsirrig, der angefochtene Bescheid somit mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG belastet. Die dagegen von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente seien nicht stichhaltig, vielmehr bloße Scheinargumente. Es sei unmöglich, aus der Tatsache, daß - und noch dazu in dem doch besonderen Fall - (wenn man sonst der Rechtsauffassung der Behörde in der rechtlichen Beurteilung nach § 81 GewO 1973 folgen wolle) es zur Verletzung von Verwaltungsvorschriften gekommen sei, und nur daraus den Schluß zu ziehen, es bestünde keine hinreichend organisierte Zuständigkeitsstruktur (welche die Verschuldensannahme im Lichte des § 5 VStG 1950 unmöglich machen würde). Wäre dieses Argument der belangten Behörde zutreffend, so dürfte es die zahlreiche Judikatur zum (ohne Auswahl- oder Überwachungsverschulden) fehlenden Verschulden des Organes bei Übertragung von Agenden an Dritte überhaupt nicht geben.

Mit diesen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer (Z. 4) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage bedarf im Grunde des § 81 GewO 1973 einer Genehmigung im Sinne der §§ 74 bis 78 GewO 1973, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 leg.cit. umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Nach der Aktenlage durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß der vom Schuldspruch erfaßte Behälter im Rahmen der am 24. April 1989 noch maßgebend gewesenen Genehmigung - d.h. vor Durchführung der mit Bescheid vom 18. April 1988 genehmigten Änderung - nicht für die Aufnahme von Flüssigkeiten jeder beliebigen Gefahrenklasse, sondern - mag auch einer der beiden weiteren in der Betriebsanlage verlegten gleichartigen Lagerbehälter für die Aufnahme von Superbenzin bestimmt gewesen sein - nur der Aufnahme von Dieselkraftstoff gewidmet war.

Der tatsächliche Umstand, der die Genehmigungspflicht nach der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung begründete, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht zutreffend dargestellt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde nämlich ausgeführt, wie die bloße Tatsache der nicht mehr der ursprünglichen Widmung entsprechenden Verwendung die belangte Behörde zur Annahme der Genehmigungspflicht gelangen ließ, wie erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens der erhöhte Erdableitungswiderstand festgestellt und wie das hieraus erwachsene Genehmigungshindernis (welches aber nicht als der alleinige, sondern als ein weiterer, zur Art der in den Behälter aufgenommenen Flüssigkeit - an sich schon - hinzutretender Umstand für das Erfordernis der Einholung der Genehmigung angenommen wurde) beseitigt wurde. Zur Beurteilung der im Verwaltungsstrafverfahren nach der Strafbestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 tatbestandsbezogenen Hauptfrage der Genehmigungspflicht führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus: "Es ist unbestritten, daß die Lagerung einer bestimmten Menge einer brennbaren Flüssigkeit der Gefahrenklass I weitaus größere Gefahren mit sich bringt als die Lagerung derselben Menge einer brennbaren Flüssigkeit der Gefahrenklasse III. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß dieser Lagerbehälter für die Lagerung von Flüssigkeit der Gefahrenklasse I geeignet ist."

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß die Lagerung eines zusätzlichen Volumens von bis zu 10.000 l einer Flüssigkeit der Gefahrenklasse I gegenüber der früheren Lagerung eines Volumens von bis zu 10.000 l einer Flüssigkeit lediglich der Gefahrenklasse III im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen - nämlich des Schutzes vor einer Gefährdung von Leben und Gesundheit im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 - die Einholung einer Genehmigung im Sinne des § 77 GewO 1973, und zwar auch ohne Rücksicht auf den Gesichtspunkt der Beschichtung und des Erdableitungswiderstandes, erforderlich erscheinen ließ. Im Hinblick auf die Erhöhung des auf Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I bezogenen Volumens, die in anderer Weise als im Bescheid vom 18. April 1988 vorgesehen herbeigeführt wurde, vermag sich der Beschwerdeführer mit Erfolg weder auf die Gleichartigkeit der bisher verwendeten drei unterirdischen einwandigen Lagerbehälter, noch auf die Art der Behandlung der Frage des Erdableitungswiderstandes im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, noch auf den Genehmigungsbescheid vom 18. April 1988 zu berufen.

Im angefochtenen Bescheid wurde zwar auf das Verfahren über den Antrag auf - nachträgliche - Genehmigung jenes geänderten Betriebes, dessentwegen der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, Bezug genommen. Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung kann daraus aber nicht abgeleitet werden, daß dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht ein Abspruch als bindend zugrundegelegt worden wäre, der im Verwaltungsstrafverfahren keine bindende Wirkung entfaltete. Die belangte Behörde setzte sich nämlich im Sinne der vorstehenden Ausführungen zur Frage der Genehmigungspflicht in der Begründung des angefochtenen Bescheides hinlänglich mit dieser Frage als Hauptfrage auseinander.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich auch, daß es nicht rechtswidrig war, wenn die belangte Behörde in der Unkenntnis des durch den elektrotechnischen Amtssachverständigen erst am 10. Mai 1989 erhobenen Erdableitungswiderstandes im Hinblick auf das Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 im gegebenen Zusammenhang keinen rechtserheblichen Tatsachenirrtum erblickte. Andererseits vermag der Verwaltungsgerichtshof in Hinsicht auf die Lagerung von Flüssigkeit der Gefahrenklasse I an Stelle von Flüssigkeit der Gefahrenklasse III nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein unverschuldetes Verkennen der Rechtslage im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950 zugute zu halten gehabt hätte. Mit seinem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1966, Zl. 729/65, betreffend die Vertretbarkeit verschiedener Auffassungen über den normativen Gehalt von Zusatztafeln zu einem Straßenverkehrszeichen, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Der Beschwerdeführer verweist in der vorliegenden Beschwerde auf Punkt 5 seiner Rechtfertigung vom 20. Juli 1989 und den dort gestellten Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugen Dipl.-Ing. Gernot B und Ing. Wolfgang L. Die betreffenden Ausführungen des Beschwerdeführers berufen sich zwar auf Berichtspflichten und Kontrollen innerhalb des Gefüges des Unternehmens, auf eine besondere Berichtspflicht im Zusammenhang mit der Änderungsgenehmigung vom 18. April 1988 und auf die besondere fachliche Qualifikation des Leiters der technischen Abteilung des Unternehmens. Das Beschwerdevorbringen geht jedoch auf die Argumentation der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer die Schreiben (nämlich nach der Aktenlage vom 17. Februar 1989 und vom 3. April 1989), die die gewerberechtliche Verantwortlichkeit für die Änderung der gewerblichen Betriebsanlage betreffen, bei einem den rechtlichen Maßstäben entsprechenden Organisationsgefüge nicht unbekannt bleiben hätten dürfen, nicht ein. Ferner bezog sich der erwähnte Beweisantrag auf keine bestimmte Tatsache, die eben diesen von der belangten Behörde aufgegriffenen Umstand betroffen hätte. Mit den auf die Rechtfertigung vom 20. Juli 1989 abgestellten Ausführungen, wie mit dem Hinweis auf den dort enthaltenen Beweisantrag, vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, vielmehr durfte die belangte Behörde im Sinne ihrer Argumentation dem angefochtenen Bescheid einen ein zumindest fahrlässiges Verschulden nicht ausschließenden Mangel des Organisationsgefüges zugrundelegen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040225.X00

Im RIS seit

25.06.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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