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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des Franz M in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. Juni 1990, Zl. V/1-St-89180, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt :
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 12. Juni 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe seit 1973 bis mindestens 9. Mai 1989 im Standort K, einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar", somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, ohne gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 verletzt. Gemäß § 366 Einleitungssatz GewO 1973 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seiner Rechtfertigung darauf hingewiesen, daß bei Inbetriebnahme des Nachtlokals im Jahre 1973 die damals erforderlichen Anträge gestellt worden seien und daß ihm anläßlich der Verhandlung am 5. März 1973 und mit dem in der Folge erlassenen Bescheid die notwendige Bewilligung erteilt worden sei. Dem sei entgegenzuhalten, daß die gegenständliche Gastgewerbebetriebsstätte ohne Betriebsanlagengenehmigung betrieben worden sei und betrieben werde, weil es sich bei der Verhandlung am 5. März 1973 nur um eine Überprüfung der Lokalitäten hinsichtlich ihrer Eignung zur Ausübung des Gast- und Schankgewerbes gehandelt habe und auf dieses Verhandlungsergebnis mit Bescheid vom 28. März 1973 hingewiesen worden sei. Die gegenständliche Betriebsanlage falle im Hinblick auf die Genehmigungspflicht, der sie bereits nach § 25 der Gewerbeordnung von 1859 unterlegen gewesen sei, nicht unter die in der Übergangsbestimmung des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1973 vorgesehene Ausnahme von der Genehmigungspflicht.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. Juni 1990 wurde das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer gemäß § 370 Abs. 1 GewO 1973 als Pächter der Gast- und Schankgewerbekonzession zur Verantwortung gezogen und daß der Tatzeitraum auf die Zeit vom 1. August 1974 bis 9. Mai 1989 eingeschränkt werde; im übrigen wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als das Strafausmaß auf S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 54 Stunden) herabgesetzt wurde.
Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der gegenständliche Gastgewerbebetrieb bereits vor Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 (1. August 1974) bestanden habe. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 28. März 1973 sei eine Änderung der Betriebsform von "Gasthaus" in "Bar" genehmigt worden. Der gegenständliche Gastgewerbebetrieb sei bereits nach der Bestimmung des § 25 der Gewerbeordnung von 1859 insoweit genehmigungspflichtig gewesen, als der Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar" durchaus geeignet gewesen sei, die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen (z.B. durch aus dem Gastgewerbebetrieb dringende Musik, Lärm durch die Gäste im Betrieb bzw. beim Verlassen des Betriebes). Die Übergangsbestimmung des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1973 sei im vorliegenden Fall daher nicht anzuwenden. Auch nach Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 sei eine Genehmigungspflicht der gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage anzunehmen, da ein Gastgewerbebetrieb, speziell in der Betriebsart "Bar", auf Grund seiner späten Sperrstunde, durchaus geeignet sei, die Nachbarn durch den Lärm der das Lokal verlassenden Gäste sowie durch den Lärm der ihre Kraftfahrzeuge startenden und wegfahrenden Gäste und durch die aus dem Lokal dringenden Betriebsgeräusche zu belästigen. Für den Zeitraum vor dem 1. August 1974 habe das Verhalten der Gewerbebehörde, die ein Einschreiten gemäß § 25 der Gewerbeordnung von 1859 versäumt habe, allerdings so aufgefaßt werden können, daß keine Genehmigungspflicht anzunehmen gewesen sei. Diesbezüglich könne dem Beschwerdeführer daher kein für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren relevanter Vorwurf gemacht werden. Mit Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 und der damit verbundenen Änderung der Rechtslage hätten dem Beschwerdeführer bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit jedoch zumindest Zweifel hinsichtlich der Notwendigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung kommen müssen. In der Unterlassung diesbezüglicher Erkundigungen liege zumindest ein fahrlässiges Verhalten. Es sei daher der Tatzeitbeginn mangels Verschuldens des Beschwerdeführers vor diesem Zeitpunkt mit dem 1. August 1974 neu festzusetzen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.
Die vorliegende Beschwerde ist im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt im Ergebnis berechtigt.
Nach § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (Z. 3) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Im Grunde des § 44a lit.a VStG 1950 hat ein im Verwaltungsstrafverfahren ergehender Schuldspruch "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Demnach ist es rechtlich u.a. geboten, die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.
Diesem Erfordernis kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausreichend nach. Die in dem insoweit im Verwaltungsrechtszug bestätigten Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses enthaltene Formulierung "einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart 'Bar', somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage", ist in sich nicht schlüssig, weil keine Betriebsanlage, insbesondere auch kein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar", schon abstrakt, das heißt losgelöst von Sachverhaltselementen, die im konkreten Einzelfall die Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 (gegebenenfalls in Verbindung mit § 25 der Gewerbeordnung von 1859) begründen, genehmigungspflichtig ist. Mit dem Tatvorwurf, im angeführten Standort einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar" betrieben zu haben, wurde daher - trotz der Beifügung, es handle sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage - jenes Tatverhalten, mit welchem der Beschwerdeführer den Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar" in einer die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage begründenden Weise ausgeübt habe, nicht hinlänglich dargestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 86/04/0222).
Das Fehlen eines rechtlich erforderlichen Ausspruches im Bescheidspruch kann durch Begründungsdarlegungen nicht ersetzt werden. Es sei im gegebenen Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, daß sich die Tatzeit im vorliegenden Fall über den Tag des Inkrafttretens der Gewerberechtsnovelle 1988, nämlich den 1. Jänner 1989, hinaus bis zum 9. Mai 1989 erstreckt. Die in der Gewerberechtsnovelle 1988 enthaltene Neufassung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 enthält gegenüber der früheren Rechtslage insofern eine Beschränkung der Genehmigungspflicht, als sie, abgesehen vom Inhaber der Anlage oder seinen Erfüllungsgehilfen, nur noch auf Personen "in der Betriebsanlage", die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen, Bezug nimmt. Für den über den 31. Dezember 1988 hinausreichenden Zeitraum der Tatzeit ist der in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Hinweis auf den Lärm der ihre Kraftfahrzeuge startenden und wegfahrenden Gäste und der undifferenzierte Hinweis auf den Lärm der das Lokal verlassenden Gäste daher verfehlt.
Der angefochtene Bescheid ist bereits im Hinblick auf den vorstehend aufgezeigten Spruchfehler mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Höhe der Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040216.X00Im RIS seit
25.06.1991