Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers
Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 22. Jänner 1991, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der in Wien ein Cafe-Restaurant betreibt, stellte mit dem am 31. August 1990 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe eingelangten Schreiben den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die polnische Staatsangehörige L.O. für die Tätigkeit als Nachtköchin. Als spezielle Kenntnisse wurden angegeben: Deutsch, Kochen. In einem Begleitschreiben wies der Beschwerdeführer darauf hin, L.O. sei bereit, als Köchin im Nachtdienst zu arbeiten, wozu derzeit nach seiner Erfahrung keine österreichische Arbeiterin bereit sei. Die beantragte Ausländerin habe in ihrer Heimat den Kochberuf erlernt, spreche perfekt Deutsch und habe einen untadeligen Lebenswandel zu verzeichnen. Außerdem sei sie Mutter von zwei Söhnen, die finanzielle Hilfe benötigten. Aus diesem Grund ersuche der Beschwerdeführer, diese "Arbeitserteilung" positiv zu erledigen.
Dieser Antrag wurde vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 7. September 1990 im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die beantragte Ausländerin noch keinen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auf Grund von Dienstverhältnissen als Arbeitnehmerin in Österreich erworben habe und somit nicht dem aus öffentlichem Interesse bevorzugt zu behandelnden Personenkreis angehöre.
In seiner binnen offener Frist eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, L.O. würde im Nachtdienst als Küchenhilfe arbeiten; dafür hätte er bis jetzt keine gleichwertige sympathische und integre Person finden können. Der Berufung war ein Rundschreiben des Vorstehers der Fachgruppe der Kaffeehäuser, in welchem die Neuerungen der Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 450/1990, dargestellt war, sowie zwei Schreiben angeschlossen, in denen Bekannte der beantragten Ausländerin dieser Ehrlichkeit und Arbeitsamkeit bestätigten.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1990 teilte das Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe dem Beschwerdeführer mit, es könne ihm aus seinem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die Tätigkeit, für die er die Ausländerin beantragt habe, zur Verfügung stünden. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert bekanntzugeben, ob er keine anderen Kräfte anstelle der beantragten Ausländerin wünsche oder um Zuweisung von Arbeitskräften ersuche, die er anstelle der beantragten Ausländerin beschäftigen wolle. Der Beschwerdeführer gab zu dieser Aufforderung in der Folge keine Erklärung ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 1991 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage im wesentlichen aus, im Falle der Beantragung eines Ausländers mit geringerem Integrationsgrad sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der im Gesetz genannten Reihenfolge für die Vermittlung auf den Arbeitsplatz zur Verfügung stünden, den der beantragte Ausländer einnehmen wolle. Derzeit sei eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Nachtköche(innen), die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich. An der Vermittlung dieser Personen bestünde - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interese; diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Es sei festgestellt worden, daß L.O. noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich nachweisen könne, auf Grund derer sie Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung habe und daher nicht dem begünstigten Personenkreis angehöre. Dem Beschwerdeführer seien an Stelle der beantragten Ausländerin beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten worden. Er habe jedoch hierauf nicht reagiert. Damit habe er sein Desinteresse an der Deckung eines konkreten Arbeitskräftebedarfes bekundet. Im übrigen wurde näher ausgeführt, daß die Übergangsbestimmung des § 32 der Novelle 1990 im Beschwerdefall nicht zur Anwendung komme, da sich die beantragte Ausländerin erst seit 23. Juli 1990 in Österreich aufhalte. Es seien daher die Lage und Entwicklung der Arbeitsmarktes zu prüfen gewesen. Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände sei aber die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht für vertretbar erachtet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem ganzen Vorbringen nach in seinem Recht auf ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung und auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 450/1990, ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Gemäß § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Arbeitskräfte in folgender Reihenfolge vermittelt werden können:
1. a)
Inländer
b)
Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 2 lit. a und Befreiungsscheininhaber (gleichgestellte Ausländer),
2.
Ausländer, die
a)
einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben und im Falle eines Fortbezuges den Leistungsbezug nicht länger als drei Jahre unterbrochen haben oder
b)
nach mehrjähriger Beschäftigung im Inland einen derartigen Leistungsanspruch erschöpft haben (begünstigte Ausländer),
3. a)
Ausländer, bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wie längerer rechtmäßiger Aufenthalt naher Familienangehöriger (Ehegatten und minderjähriger Kinder) von Inländern, von gleichgestellten oder von begünstigten Ausländern,
b)
Asylwerber, die im Besitz einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126/1968, sind,
c)
Ausländer, die einen nicht von Z. 2 erfaßten Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben.
Fehlt auch nur eine der beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG, dann ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Die Beurteilung des Einzelfalles in der Richtung, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zuläßt, ist auf Grund der Einführung des § 4b AuslBG im wesentlichen gleichartig zu lösen wie bisher auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes immer dann die beantragte konkrete Beschäftigung zuließ, wenn nicht feststand, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zu Verfügung stand, der bereit und fähig war, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben (vgl. dazu zuletzt Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1990, Zl. 90/09/0047, und die dort angeführte Vorjudikatur). Es hat sich durch die neue Gesetzeslage aber auch daran nichts geändert, daß sich diese Beweisführung dann erübrigt, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. auch dazu das oben genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und die dort angeführte Vorjudikatur, sowie das Erkenntnis vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0177).
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes ausführt, er nehme "fassungslos zur Kenntnis", daß bei Erteilung der Beschäftigungsbewilligung alle möglichen Interessen zu berücksichtigen seien, nicht aber die betrieblichen Interessen des Antragstellers, ist dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die oben dargestellte Rechtslage entgegenzuhalten, daß das Ausländerbeschäftigungsgesetz die Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers in bezug auf die Auswahl seiner Arbeitskräfte zum Schutz der Inländer und der sonstigen im § 4b genannten Personen einschränkt.
Im Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer vorgehalten, daß in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte vermittelt werden könnten, welche für den vom Beschwerdeführer zu besetzenden Arbeitsplatz in Betracht kämen. Der Beschwerdeführer hat diesen Vorhalt im Verwaltungsverfahren unbeantwortet gelassen und damit einerseits sachverhaltsmäßig gegen das Vorhandensein geeigneter Ersatzkräfte nichts vorgebracht und anderseits deren Vermittlung auf den zu besetzenden Arbeitsplatz ohne Angabe von Gründen abgelehnt.
Sofern der Beschwerdeführer mit seinem erstmals in der Beschwerde enthaltenen Vorbringen, die belangte Behörde habe kein Wort über die Qualifikation und persönliche Leistungsbereitschaft der in Vermittlung stehenden Personen verloren, darauf abzielt, es seien keine geeigneten Ersatzkräfte vorhanden, stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Daran ändert auch nichts die im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe keine gleichwertigen Personen für den offenen Arbeitsplatz finden können. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer in keiner Weise dargelegt habe, welche konkreten Bemühungen er unternommen hat, um seinen Bedarf an einer Arbeitskraft für die vorliegende Tätigkeit zu decken, erfolgte die Bekanntgabe, es seien geeignete Arbeitskräfte für diese Tätigkeit beim Arbeitsamt vorgemerkt, zu einem späteren (nämlich nach der Berufung liegenden) Zeitpunkt. Auf diesen Vorhalt aber hat der Beschwerdeführer nicht reagiert.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, es wären in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten worden, worauf er nicht reagiert hätte und das daraus abgeleitete Desinteresse des Beschwerdeführers an der Deckung seines Arbeitsbedarfes aus diesem Personenkreis sei einerseits aktenwidrig, anderseits völlig den Tatsachen widersprechend.
Gerade das Gegenteil sei der Fall: Der Beschwerdeführer wäre bereit gewesen, in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte anzustellen. Jene hätten aber allesamt abgewunken, sodaß nicht der Beschwerdeführer sein Desinteresse, sondern die in Vermittlungsvormerkung stehenden Arbeitskräfte ihr mangelndes Interesse bekundet hätten. Der belangten Behörde müsse man in diesem Zusammenhang mangelnde Praxis vorwerfen. Aus Erfahrung wisse der Beschwerdeführer, daß die in Vermittlung stehenden Personen tatsächlich im erschreckenden Maße am Erwerbsleben desinteressiert seien, insbesondere an einer Stelle, bei der eine enorme Leistungsbereitschaft gefragt sei, wie dies bei der Tätigkeit als Nachtköchin der Fall sei.
Soweit sich dieses Vorbringen auf ein Verhalten des Beschwerdeführers nach dem behördlichen Vorhalt vom 1. Oktober 1990 beziehen sollte, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich nach der Aktenlage kein Hinweis darauf findet, daß nach dem Vorhalt vom 1. Oktober 1990 dem Beschwerdeführer überhaupt bestimmte in Vermittlungsvormerkung stehende Personen vom Arbeitsamt angeboten worden sind. Dies erscheint auch im Hinblick auf sein Schweigen zum genannten Vorbehalt einleuchtend. Sollte sich diese Äußerung aber auf die Zeit vor dem Vorhalt beziehen, gilt das bereits oben Gesagte. Im übrigen vermögen angeblich früher mit Ersatzkräften des Arbeitsamtes gemachte schlechte Erfahrungen nicht eine von vornherein eingenommene negative Haltung gegenüber den derzeit vorhandenen Ersatzkräften zu rechtfertigen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0041 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Dem weiteren Argument des Beschwerdeführers, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung liege im öffentlichen Interesse (höheres Steueraufkommen des Beschwerdeführers wegen besseren Geschäftsganges) kommt - unabhängig davon, ob diese Überlegung überhaupt für die Tatbestandsvoraussetzung "Nichtentgegenstehen wichtiger öffentlicher oder gesamtwirtschaftlicher Interessen" im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG eine Rolle spielt - schon aus folgendem Grund keine Bedeutung zu: Konnte nämlich die belangte Behörde im Beschwerdefall zu Recht davon ausgehen, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zuläßt, so erübrigt sich ein Eingehen auf das zweite Tatbestandselement. Da in diesem Fall die Bewilligung zu versagen ist, können auch die Ausführungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner verfehlten Rechtsanschauung, die Erteilung bzw. Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung stünde nach § 4 Abs. 1 AuslBG im Ermessen der Behörde, die Beschwerde nicht zum Erfolg führen.
Damit erweist sich die Beschwerde als zur Gänze unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991090030.X00Im RIS seit
26.06.1991Zuletzt aktualisiert am
22.07.2010