TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/26 91/09/0043

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Veröffentlicht am 26.06.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des Bernhard T in A, vertreten durch Dr. R Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Jänner 1991, Zl. I/2-St-9085, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (BH) vom 20. April 1990 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund einer Gendarmerieanzeige und ergänzender Ermittlungen vorgeworfen, er habe in der vom 5. Juni bis zum 14. Juni 1989 in Ardagger den polnischen Staatsbürger Benedykt J und in der Zeit vom 12. Juni bis zum 14. Juni 1989 überdies die jugoslawischen Staatsbürger Belak I, Alarva S, Ladan M und Ivan P (mit Bauarbeiten) beschäftigt, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt gewesen sei. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF gemäß BGBl. Nr. 253/1989 (AuslBG) begangen und wurde dafür mit einer Geldstrafe von fünf Mal S 10.000,-- insgesamt somit S 50.000,--, bestraft.

Gegen diesen Bescheid der BG erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er eine Beschäftigung der fünf genannten Ausländer bestritt und der BH Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung vorwarf. Insbesondere könne der zugrunde liegende Sachverhalt nicht ohne weiteres als Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG beurteilt werden, "da möglicherweise ein Arbeitsverhältnis als Werkvertrag bestanden hat".

Dieser Berufung gab die belangte Behörde - nach ergänzenden Ermittlungen, zu deren Ergebnis der Beschwerdeführer gehört wurde - mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 1991 mit einer für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht relevanten Maßgabe keine Folge. In der Begründung ging die belangte Behörde von der Feststellung aus, daß der Beschwerdeführer Hälfteeigentümer der Liegenschaft M 16 sei, wo zur Tatzeit diverse Bauarbeiten ausgeführt worden seien. Durch Gendarmerieerhebungen und durch eine Überprüfung seitens des Arbeitsamtes Amstetten sei festgestellt worden, daß der im Spruch genannte Pole seit 5. Juni 1989 und die im Spruch genannten vier Jugoslawen seit 12. Juni 1989 an dieser Baustelle mit verschiedenen Bauarbeiten beschäftigt gewesen seien. Dazu habe der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben. Die Angabe der erhebenden Beamten seien klar und eindeutig, es bestehe auch seitens der belangten Behörde kein Anlaß, daran zu zweifeln. Sie unterlägen bei Verletzung der Wahrheitspflicht straf- und dienstrechtlichen Sanktionen, während den Beschwerdeführer keine derartigen Pflichten träfen. Der Beschwerdeführer habe dem erhebenden Gendarmeriebeamten gegenüber sogar zugegeben, die Ausländer für die Arbeiten herbeigeholt zu haben. Später habe er weitere Stellungnahmen abgelehnt, weshalb seine nunmehrige Berufungsbehauptung, er habe keine Verbindung zu den Ausländern gehabt, als reine Schutzbehauptung zu werten sei. Der Beschwerdeführer trage als Miteigentümer und Bauherr die Verantwortung für die Beschäftigung der fünf Ausländer. Es liege nach Ansicht der belangten Behörde ein arbeiternehmerähnliches Verhältnis vor, wofür die Frage der Entlohnung von untergeordneter Bedeutung sei. Erhärtet werde die Annahme der Verfügungsgewalt des Beschwerdeführers über die Ausländer noch dadurch, daß der Beschwerdeführer nach Angaben des Gastwirtes E die vier Jugoslawen persönlich zu ihrer Unterkunft gebracht und ihre Zimmer bezahlt habe. Dies stelle eine Naturalentlohnung dar und bilde einen Einkommenbestandteil. Es liege daher ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis und damit eine Übertretung nach dem AuslBG vor. Dies habe der Beschwerdeführer indirekt dadurch bestätigt, daß er in der Berufung ausgeführt habe, es könne "möglicherweise ein Arbeitsverhältnis als Werkvertrag" bestanden haben; damit sei vor allem widerlegt, daß der Beschwerdeführer mit diesen Ausländern nichts zu tun gehabt habe. Die bloße Behauptung eines Werkvertrages als möglich widerlegte die Annahme eines dem AuslBG widersprechenden Sachverhaltes nicht, zumal es hiefür an konkreten Behauptungen des Beschwerdeführers im Rahmen von dessen Mitwirkungspflicht fehle. Auch die Vereinbarung eines Entgeltes nach Leistung (Akkordlohn) oder ein Fehlen von Weisungen ändere nichts am Vorliegen eines wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit anzunehmenden, unter die Bestimmungen des AuslBG zu subsumierenden arbeitsnehmerähnlichen Verhältnisses. Der Berufung sei daher in der Schuldfrage ein Erfolg zu versagen. Auch die verhängte Strafe könne als die nach dem AuslBG vorgesehene Mindeststrafe nicht als überhöht erkannt werden. Rücksichtswürdige Umstände überwögen nicht so weit, daß Anlaß zu einer Strafmilderung oder zu einer Nachsicht der Strafe gegeben gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer hält darin an seinem Vorbringen fest, die fünf Ausländer nicht in einem dem AuslBG unterliegenden Verhältnis beschäftigt zu haben. Nach dem gesamten Beschwerdevorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, in diesem Zusammenhang nicht nach dem AuslBG bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis oder d) nach den Bestimmungen des § 18.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt.

Nach dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--, im Wiederholungsfalle von S 20.000,-- bis S 240.000,--.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung - wie dies bei § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zutrifft - der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Veschulden trifft. Bei diesen sogenannten Ungehorsamsdelikten hat die Behörde zu beweisen, daß der Beschuldigte den objektiven Tatbestand gesetzt hat; zu einer Umkehr der Beweislast kommt es nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0135, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf Grund der Würdigung der im Verwaltungsverfahren aufgenommenen Beweise festgestellt, daß das Verhalten des Beschwerdeführers den objektiven Tatbestand der Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG erfüllt; der Beschwerdeführer hingegen hat das Fehlen eines Verschuldens auf seiner Seite nicht unter Beweis gestellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, daß der in der Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Allerdings kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu die bei Dopl, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 ff angeführte Judikatur). Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis vermag der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach die insgesamt fünf Ausländer sehr wohl vom Beschwerdeführer mit den durchgeführten Bauarbeiten beschäftigt worden sind, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Daß diese Arbeiten von den Ausländern durchgeführt wurden ist ebenso unbestritten wie die Tatsache, daß für sie weder eine Beschäftigungsbewilligung noch ein Befreiungsschein nach dem AuslBG vorlag. Ferner läßt der Beschwerdeführer unbekämpft, daß er Zahlungen für die Unterbringung der vier Jugoslawen in einem Gasthof geleistet hat. Wenn der Beschwerdeführer nun erstmals in seiner Beschwerde geltend macht, die Bestellung der Zimmer sei durch eine "Schiffmeisterhaus-Gesellschaft m.b.H." erfolgt und dazu ausführt, es sei ungeklärt geblieben, welche Rolle diese Gesellschaft in diesem Zusammenhang gespielt habe und welche Verantwortlichkeit ihr allenfalls zukomme, dann ist dem entgegenzuhalten, daß es Aufgabe des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren gewesen wäre, diesbezügliches Vorbringen zu erstatten und eine glaubhafte Gegendarstellung zu den Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde unter Beweis zu stellen. In diesem Falle wäre allerdings dann auch von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift aufgeworfenen Frage nachzugehen gewesen, ob die genannte Gesellschaft zur fraglichen Zeit überhaupt bereits existiert hat. Ebenfalls erstmals in der Beschwerde und damit in Verletzung des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG herrschenden Neuerungsverbotes bringt der Beschwerdeführer ferner vor, es sei nicht auszuschließen, daß die Ausländer in Wahrheit die österreichische Staatsbürgerschaft besessen hätten. Abgesehen von der Frage des Neuerungsverbotes stehen die diesbezüglichen Vermutungen des Beschwerdeführers im Gegensatz zu den im Verwaltungsverfahren unbestritten gebliebenen diesbezüglichen Feststellungen in der Gendarmerieanzeige. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher einen relevanten Verfahrensmangel auch darin nicht erblicken, daß die belangte Behörde die fünf Ausländer nicht als Zeugen einvernommen hat.

Der Beschwerdeführer deutet ferner in seiner Beschwerde erneut an, es habe "allenfalls" ein Werkvertrag mit den fünf an der Baustelle beschäftigten Personen bestanden, die "eventuell" ohne Wissen des Beschwerdeführers an die Baustelle gebracht worden seien. Wenn die belangte Behörde mit Rücksicht auf die bei ihren Ermittlungen erzielten Ergebnisse Feststellungen dieser Art nicht getroffen, vielmehr als gegeben angenommen hat, daß der Beschwerdeführer als Hälfteeigentümer des Bauobjektes, der auch an der Baustelle anwesend gewesen sei und dafür die Unterbringung der vier Jugoslawen gesorgt habe, für die Beschäftigung der insgesamt fünf Ausländer verantwortlich gewesen sei, dann hat sie damit eine durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Beweiswürdigung vorgenommen, deren weitere Kontrolle aus den oben genannten Gründen nicht dem Verwaltungsgerichtshof obliegt.

Eine Gesetzwidrigkeit der Strafbemessung (Verhängung der in § 28 Abs. 1 AuslBG vorgesehenen Mindeststrafe) macht der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht geltend. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich auch nach der Aktenlage zu keinen Bedenken in dieser Richtung veranlaßt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher nicht als mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991090043.X00

Im RIS seit

26.06.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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