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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AMFG §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der A-GmbH & Co KG gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg vom 19. Dezember 1990, Zl. III/6702, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte am 22. Oktober 1990 als Arbeitgeber beim Arbeitsamt Dornbirn die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den türkischen Staatsangehörigen E, geboren 1955, der bereits von 1971 bis 1982 in Österreich beschäftigt war. Als berufliche Tätigkeit wurde ausdrücklich "Beifahrer" ohne spezielle Kenntnisse angegeben.
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde jedenfalls ein vom Arbeitsamt zur Bewerbung aufgeforderter Arbeitsloser am 29. Oktober 1990 nicht eingestellt, weil - so ist der entsprechende Vordruck über den Vermittlungsversuch gekennzeichnet - die Stelle schon besetzt sei und weitere Vorstellungen nicht gewünscht würden. Diesem Vordruck, der firmenmäßig gezeichnet ist, ist weiters ein Ausdruck mit den Namen der sich sonst beworben habenden sieben weiteren Personen angeschlossen, deren Einstellung in fünf Fällen laut Anmerkung wegen "besetzt" unterblieben ist.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes wurde der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG abgelehnt. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe der genannten gesetzlichen Bestimmung ausgeführt, daß für die berufliche Tätigkeit als Beifahrer geeignete einheimische sowie langjährig in Österreich beschäftigte ausländische Arbeitskräfte arbeitssuchend vorgemerkt und vermittelbar seien; vom Arbeitsamt angebotene Ersatzkräfte seien mit der Begründung, die Stelle wäre schon besetzt, abgewiesen worden.
In der von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung wurde die Behauptung, daß geeignete Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, ohne näheres Vorbringen bestritten und bemängelt, daß sich der angefochtene Bescheid auf reine Behauptungen ohne konkrete Nachweise stütze.
Zu einer Verständigung über das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nahm die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1990 Stellung und spezifizierte die an den zu besetzenden Arbeitsplatz gestellten Anforderungen wie folgt:
"Der beantragte Ausländer soll Möbel an Kunden der Berufungswerberin ausliefern. Dafür werden eine ganze Reihe von Qualifikationen verlangt, die die vom Arbeitsamt vermittelten Arbeitskräfte durchwegs nicht erbracht haben. Zum einen muß ein Fahrer ortskundig sein. Er benötigt außerdem einen Führerschein, um den LKW zu lenken. Die vom do. Amt 'vermittelten' Arbeitskräfte haben schon diese Voraussetzungen nicht erbracht. Daneben müssen die Möbel dann beim Kunden montiert und aufgestellt werden. Dies erfordert eine gewisse Geschicklichkeit im Umgang mit Möbeln. Beim Versuch hat der beantragte Ausländer gezeigt, daß er mit Möbeln umgehen kann. Außerdem muß ein Möbellieferant auch mit Kunden umgehen können. Zum einen erfordert dies ausreichende Sprachkenntnisse, insbesondere natürlich in deutscher Sprache aber auch türkische Sprachkenntnisse können durchaus gelegentlich zum Einsatz gebracht werden, und zum anderen muß ein derartiger Möbelzusteller auch Reklamationen entgegen nehmen, zusätzliche Kundenwünsche registrieren und im kleineren Rahmen allenfalls auch beratend dem Kunden zur Seite stehen können. Natürlich muß ein derartiger Mitabeiter auch entsprechende Umgangsformen im Gespräch haben."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 AuslBG (in der Fassung der Novelle 1990, BGBl. Nr. 450) keine Folge.
Nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage wird zur Begründung im wesentlichen weiter ausgeführt:
Dem Einwand der beschwerdeführenden Partei, daß die angebotenen Ersatzkräfte nicht die notwendige Qualifikation aufgewiesen hätten, könne nicht gefolgt werden. Dies ergebe sich schon aus der Tatsache, daß der genannte Ausländer von der beschwerdeführenden Partei für die berufliche Tätigkeit als Beifahrer ohne spezielle Kenntnisse oder Ausbildung beantragt worden sei. Nach den Angaben der beschwerdeführenden Partei bezüglich der beruflichen Tätigkeit und den gewünschten speziellen Kenntnissen und der speziellen Ausbildung sei dann vom Arbeitsamt auch die Auswahl und Vermittlung der Vorzugspersonen vorgenommen worden. Nachdem die vom Arbeitsamt angebotenen in- und ausländischen Leistungsbezieher nicht mangels entsprechender Qualifikation nicht eingestellt worden seien, sondern weil die "Stelle schon besetzt" gewesen sei, sei die Eignung der angebotenen acht Vorzugspersonen in der Sache nicht bestritten worden.
Somit könne abschließend festgehalten werden:
1. Der genannte Ausländer sei als Beifahrer ohne spezielles Bildungserfordernis und Ausildung beantragt worden.
2. Keiner der vom Arbeitsamt angebotenen, für diese berufliche Tätigkeit geeigneten acht Leistungsbezieher sei eingestellt worden, weil die Stelle bereits besetzt gewesen sei; weitere Vorstellungen seien nicht erwünscht gewesen.
3. Auf Grund des ruhend gelegten Vermittlungauftrages könne auch keinem der 44 in- und 25 ausländischen arbeitslos gemeldeten Hilfsarbeitern, die für die gewünschte berufliche Tätigkeit als Beifahrer ohne spezielle Kenntnisse und Ausbildung geeignet seien, die Vorstellung im Betrieb der beschwerdeführenden Partei empfohlen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Aktenwidrigkeit, sonstiger Rechtswidrigkeiten infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990, in Kraft getreten am 1. Oktober 1990, anzuwenden. Ausgehend von der zeitlichen Lagerung des dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens (Einbringung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung vor dem 31. Oktober 1990) behauptet weder die beschwerdeführende Partei noch gibt es sonst Anzeichen dafür, daß § 32 Abs. 1 AuslBG Anwendung zu finden gehabt hätte. Der mit dem Antrag auf Beschäftigungsbewilligung vorgelegte Meldezettel zeigt viel mehr als Datum der Anmeldung den 20. Juli 1990.
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgendes nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Arbeitskräfte in folgender Reihenfolge vermittelt werden können:
1. a) Inländer,
b)
Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 2 lit. a und Befreiungsscheininhaber (gleichgestellte Ausländer),
2.
Ausländer, die
a)
einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben und im Falle eines Fortbezuges den Leistungsbezug nicht länger als drei Jahre unterbrochen haben oder
b)
nach mehrjähriger Beschäftigung im Inland einen derartigen Leistungsanspruch erschöpft haben (begünstigte Ausländer),
3. a)
Ausländer, bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wie längerer rechtmäßiger Aufenthalt naher Familienangehöriger (Ehegatten und minderjähriger Kinder) von Inländern, von gleichgestellten oder von begünstigten Ausländern,
b)
Asylwerber, die im Besitze einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126/1968, sind,
c)
Ausländer, die einen nicht von Z. 2 erfaßten Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 91/09/0014, und die dort zitierte Vorjudikatur) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber ansprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Diese Beweisführung erübrigt sich jedoch dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft ohne zwingenden Grund von vornherein abgelehnt wird (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0082).
Grundlage für das von der Behörde durchzuführende Ermittlungsverfahren und die vorzunehmende Entscheidung ist die im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung bezeichnete berufliche Tätigkeit. Hinsichtlich des solcherart festgelegten Anforderungsprofiles hat die Behörde entsprechend den Regelungen des AVG (Art. II Abs. 2 lit. D Z. 30 EGVG) die Ermittlungen zu führen, bzw. wenn möglich die Vermittlung in die Wege zu leiten.
Im Beschwerdefall war ein "Beifahrer" ausdrücklich ohne spezielle Kenntnisse oder Ausbildung beantragt. Für diese Tätigkeit hat das Arbeitsamt die Vermittlung von Ersatzkräften versucht. Die Ablehnung der angebotenen Ersatzkräfte ist - wie den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens unbedenklich entnommen werden kann- zumindest in einem Falle nicht in einer mangelnden Qualifikation des Bewerbers begründet gewesen, sondern darin, daß die Stelle angeblich schon besetzt war; eine weitere Vorstellung wurde als unerwünscht bezeichnet.
Ausgehend von diesen auf Grund der Aktenlage unbedenklichen Feststellungen, konnte die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung versagen.
Was die Argumentation der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der behaupteten Verfahrensmängel einschließlich der angeblichen Aktenwidrigkeit betrifft, ist folgendes zu bedenken:
Die beschwerdeführende Partei bestreitet die Feststellung, daß der genannte Ausländer nur als Beifahrer ohne spezielle Bildungserfordernisse und Ausbildung beantragt worden sei, im Hinblick auf das Begleitschreiben zum formularmäßigen Antrag und im Hinblick auf die Präzisierung des Anforderungsprofiles in ihrem Schriftsatz vom 10. Dezember 1991.
Im Begleitschreiben zum formularmäßigen Antrag weist die beschwerdeführende Partei zwar auf den Umstand, daß der genannte Ausländer bereits acht Jahre in Österreich gearbeitet habe und aus dieser Zeit über nicht näher spezifizierte Kenntnisse, insbesondere Sprachkenntnisse verfüge, hin. Daraus ist aber für den Standpunkt der beschwerdeführenden Partei unter Beachtung der am Antragsformular ausdrücklich erfolgten Verneinung spezieller Kenntnisse und Ausbildung für die Erfüllung der mit "Beifahrer" bezeichneten beruflichen Tätigkeit nichts zu gewinnen. Aus der Andeutung von nicht näher spezifizierten Vorkenntnissen des genannten Ausländers im Begleitschreiben folgt noch nicht, daß diese primär nicht dargelegten Kenntnisse wesentlicher Bestandteil des mit Formularantrag abgesteckten Anforderungsprofiles gewesen sind. Was die angegebene berufliche Tätigkeit "Beifahrer, ohne spezielle Bildungserfordernisse und Ausbildung" und die angebliche Spezifikation im Berufungsverfahren betrifft, kann der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen im Schriftsatz vom 10. Dezember 1991 nicht bloß als eine Modifikation des urspünglichen Antrages deuten. Die darin verlangten Qualifikationen (LKW-Führerschein, Ortskunde, Kenntnisse bei der Montage von Möbeln, Fähigkeit zur Beratung von Kunden) gehen weit über die ursprünglich beantragte berufliche Tätigkeit hinaus. Eine solche Tätigkeit war nicht Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz und konnte daher auch nicht "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG im Berufungsverfahren sein (vgl. Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0092).
Was das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit betrifft, ist ihr beizupflichten, daß es zusätzlich zum Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eines "aktuellen Vermittlungsauftrages nicht bedarf (vgl. Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 91/09/0009). Diese Überlegung kann der Beschwerde aber deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil diesem Gesichtspunkt für die Entscheidung überhaupt keine Bedeutung zugekommen ist.
Die Entscheidung der Behörde ist im Ergebnis nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet, weil die Einstellung der vom Arbeitsamt angebotenen, bevorzugt zu vermittelnden Personen - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - nicht aus Gründen der mangelnden fachlichen Qualifikation bezogen auf das beantragte Anforderungsprofil unterblieben ist, sondern weil die Stelle angeblich bereits besetzt war. Damit hat die beschwerdeführende Partei die Ersatzkraftstellung von vornherein aus NICHT in der Person der vom Arbeitsamt normierten Stellenwerber gelegenen Gründen abgelehnt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991090021.X00Im RIS seit
26.06.1991