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50 GewerberechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
AutomatenV des Bürgermeisters der Gemeinde Klaus vom 17. Mai 1982; keine Deckung des weiten Untersagungsbereiches in §52 Abs4 GewO - Aufhebung der Worte "Walgaustraße L 50", in Z2 unter Hinweis auf das Erk. VfSlg. 10594/1985Spruch
I. Die Worte "Walgaustraße L 50," in der Z2 der V des Bürgermeisters der Gemeinde Klaus vom 17. Mai 1982, mit welcher auf Grund des §52 Abs4 der Gewerbeordnung 1973 idF der Gewerbeordnungs-Nov. BGBl. Nr. 619/1981 das Betreiben von Süßwaren- und Kaugummiautomaten untersagt wird, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist verpflichtet, die Aufhebung unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Beim VfGH ist zu B1330/87 ein Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, die sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg richtet. Mit diesem Bescheid wurde der Bf. wegen der Verwaltungsübertretung nach §367 Z15 der Gewerbeordnung 1973 idF der Gewerbeordnungs-Nov. 1981, BGBl. Nr. 619 (künftig: GewO), iVm Z2 der
V des Bürgermeisters der Gemeinde Klaus vom 17. Mai 1982 (künftig: AutomatenV), mit einer Geldstrafe von S 2.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Arreststrafe in der Dauer von vier Tagen, bestraft.
2.1. Der VfGH hat aus Anlaß dieser Beschwerde beschlossen, die Worte "Walgaustraße L 50," in der Z2 der AutomatenV von Amts wegen zu prüfen.
2.2. Die AutomatenV (die in Prüfung gezogenen Worte sind hervorgehoben) lautet:
"Verordnung
die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zur Abgabe von Süßwaren und Kaugummi betreffend.
Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zur Abgabe von Süßwaren und Kaugummi, wird gemäß §52(4) der Gewerbeordnungsnovelle 1981, BGBl. Nr.619/1981,
1.
im näheren Umkreis der Volksschule, der von der Anna-Henslerstraße, Sattelbergstraße, Mühlgasse und Schmalzgasse, sowie im näheren Umkreis der Hauptschule, der von der Treietstraße L 64 abgegrenzt wird,
2.
im Bereich der Walgaustraße L 50, Treietstraße L 64 und Sattelbergstraße im Gemeindegebiet von Klaus untersagt.
Übertretungen dieser V werden von der Bezirksverwaltungsbehörde geahndet.
Diese V tritt mit dem Tage der Kundmachung, spätestens am 20.5.1982 in Kraft. Gleichzeitig tritt die V vom 23.3.1982 außer Kraft."
2.3. Die in Prüfung gezogene Regelung stützt sich auf §52 Abs4 der GewO, der lautet:
"(4) Soweit dies zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben erforderlich ist, kann die Gemeinde durch V die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind,
1. im näheren Umkreis von Schulen, die von unmündigen Minderjährigen besucht werden,
2. bei Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs, die erfahrungsgemäß viel von unmündigen Minderjährigen auf dem Wege zur oder von der Schule benützt werden,
3. bei Schulbushaltestellen, die von unmündigen Minderjährigen benützt werden,
4. auf Plätzen oder in Räumen, die erfahrungsgemäß viel von unmündigen Minderjährigen besucht werden, oder
5. im näheren Umkreis der in Z. 4 angeführten Plätze und Räume
untersagen."
2.4. Der VfGH hat seine Bedenken gegen die AutomatenV wie folgt umschrieben:
"Dem VfGH scheint die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle dem Einleitungssatz des Abs4 des §52 GewO zu widersprechen, wonach die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit mittels Automaten nur untersagt werden darf, soweit dies für die im Gesetz genannte Zielsetzung 'erforderlich' ist (vgl. hiezu VfSlg. 10050/1984). Aus dem von der bel. Beh. vorgelegten Lageplan ergibt sich, daß die Walgaustraße größtenteils weiter als 200 m von der Volksschule Klaus entfernt ist. Es ist nicht einsichtig, daß ein Erfordernis im Sinne des Einleitungssatzes des Abs4 des §52 GewO im gesamten Bereich der Walgaustraße gegeben ist.
Die Regelung dürfte dem Gesetz auch insoferne widersprechen, als bei der verfügten Verbotszone nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß sie den 'näheren Umkreis' im Sinne des §52 Abs4 Z1 oder Z5 GewO betrifft (vgl. hiezu VfSlg. 10594/1985)."
3.1. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat bekanntgegeben, daß er von einer Äußerung Abstand nimmt.
3.2. Der Bürgermeister hat von der ihm eröffneten Möglichkeit, eine Äußerung zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.
4. Der VfGH hat erwogen:
4.1. Das Verfahren ist zulässig.
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Anlaßbeschwerde und der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Worte der V zweifeln ließe.
4.2. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken erweisen sich als begründet:
Der Sache nach hat der VfGH gegen diese AutomatenV dieselben Bedenken geäußert, die ihn in dem Fall VfSlg. 10594/1985 zur Aufhebung der dort geprüften V bewogen haben. In diesem Erkenntnis hat der VfGH zur Frage, was unter "näherem Umkreis" verfassungskonform zu verstehen ist, folgendes ausgeführt:
"Sicher wird an die Einschätzung einer Gemeinde, in welchem Ausmaß eine Untersagungsverordnung erforderlich ist, kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein, solange die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß Kinder, um deren Schutz es dem Gesetzgeber geht, den Aufstellungsort eines Warenautomaten von den im Gesetz genannten Orten aus, an denen sie sich erfahrungsgemäß häufig aufhalten, leicht, also ohne besondere Mühe und ohne besonderen Zeitaufwand, (was einer Distanz von höchstens 200 m entspricht) erreichen können. Die Festlegung eines Umkreises von 300 m scheint dem VfGH in jedem Fall als zu weitgehend, da sich der Automat in einem solchen Fall nicht mehr in einer solchen Nahebeziehung zu den von Kindern am häufigsten frequentierten Plätzen befindet."
Der VfGH sieht keinen Anlaß, von dieser Auslegung des §52 Abs4 GewO abzugehen. Im Verfahren wurde nichts
vorgebracht, was im konkreten Fall die Festlegung eines über einen Umkreis von 200 m hinausgehenden Verbotsbereichs gerechtfertigt hätte.
Die Worte "Walgaustraße L 50," der AutomatenV entsprechen somit nicht dem Gesetz. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
GewerberechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:V121.1988Dokumentnummer
JFT_10118872_88V00121_00