TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/28 90/18/0171

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Veröffentlicht am 28.06.1991
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §48 Abs2;
StVG §48;
StVG §51;
StVG §52;
StVG §57 Abs2;
StVG §57 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Wilhelm R in S, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Dr. Johannes Hübner, Rechtsanwalt in Wien, Stephansplatz 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 20. Juli 1990, Zl. 419.698/29-V7/90, betreffend Strafvollzug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Jänner 1990 wies der Leiter der Strafvollzugsanstalt Garsten den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1989, sein am 1. April 1987 als Gasthörer der Fernuniversität H "ohne Matura und dergleichen" begonnenes Fernstudium gemäß § 48 Strafvollzugsgesetz (StVG) als Berufsausbildung anzurechnen, gemäß § 57 Abs. 3 in Verbindung mit § 119 StVG mit der Begründung ab, daß es sich beim Studium des Beschwerdeführers nicht um einen Lehrgang im Sinne des § 48 Abs. 2 leg. cit. sondern um einen Fernlehrgang gemäß § 57 Abs. 2 leg. cit. handle; da gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle die mit einem Fernlehrgang verbundene Tätigkeit in der arbeitsfreien Zeit vorzunehmen sei, bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Arbeitsvergütung nach § 48 Abs. 2 leg. cit. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und führte hiezu begründend aus, daß das gegenständliche Fernstudium einen Fernlehrgang im Sinne des § 57 Abs. 3 leg. cit. darstelle und kein Lehrgang zur Berufsaus- und -fortbildung, nach § 48 Abs. 2 StVG sei, der in der zur Verrichtung von Arbeiten bestimmten Zeit abgehalten werden dürfe. Die Teilnahme am Fernstudium habe daher in der arbeitsfreien Zeit stattzufinden, weshalb kein Anspruch auf Arbeitsvergütung nach den §§ 51 und 52 StVG bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 48 Abs. 1 StVG sind Strafgefangene, die keinen Beruf erlernt haben oder im erlernten Beruf nicht beschäftigt werden können, in einem ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und womöglich auch ihren Neigungen entsprechenden Beruf auszubilden, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafvollzugsortänderung (§ 10) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten innnerhalb der Strafzeit möglich ist. Nach Abs. 2 leg. cit. dürfen Lehrgänge zur Berufsausbildung und -fortbildung auch in der zur Verrichtung von Arbeiten bestimmten Zeit abgehalten werden. Strafgefangene, die an solchen Lehrgängen teilnehmen, haben für die damit zugebrachte Zeit eine Arbeitsvergütung in der Höhe der mittleren Vergütungsstufe (§ 52 Abs. 1 lit. c StVG) zu erhalten.

Der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1974, BGBl. Nr. 424, eingefügte § 48 Abs. 2 leg. cit. regelt die Abgeltung von Lehrgängen zur Berufsausbildung und -fortbildung im Rahmen des Strafvollzugs. Die rechtssystematische Einordnung in den dritten Unterabschnitt "Arbeit" des zweiten Abschnittes des 3. Teiles des StVG zeigt die Intention des Gesetzgebers, eine derartige berufsspezifische Ausbildung (als eine Resozialisierungsmaßnahme) der Arbeit insofern gleichzustellen, als diese Art der Aus- und Fortbildung als Arbeit anerkannt und daher auch vergütet wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 StVG ist in Anstalten, in denen dies im Hinblick auf die durchschnittliche Zahl der dort angehaltenen Strafgefangenen und die durchschnittliche Dauer ihrer Strafzeit mit den Grundsätzen einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung vereinbar ist, Vorsorge dafür zu treffen, daß Strafgefangene, denen die Kenntnisse und Fertigkeiten mangeln, deren Vermittlung Aufgabe der Volksschulen ist, den erforderlichen Unterricht erhalten können. Unter den gleichen Voraussetzungen sind in den Anstalten für geeignete Strafgefangene regelmäßige Fortbildungskurse abzuhalten. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen dürfen Strafgefangene an Fernlehrgängen teilnehmen. Sie dürfen hiefür auch Gelder verwenden, die ihnen sonst im Strafvollzuge nicht zur Verfügung stehen. Im Falle eines Mißbrauches ist die weitere Teilnahme an dem Lehrgang zu untersagen. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen sind der Unterricht und die mit der Teilnahme an Fernlehrgängen verbundenen Tätigkeiten in der arbeitsfreien Zeit vorzunehmen.

Aus der rechtssystematischen Einordnung in den vierten Unterabschnitt "Erzieherische Betreuung und Beschäftigung der Strafgefangenen in der Freizeit" des zweiten Abschnittes des 3. Teiles des StVG und der Überschrift "Unterricht und Fortbildung" zu § 57 StVG kann erschlossen werden, daß nach den Intentionen des Gesetzgebers einerseits Mängeln der Schulbildung durch Unterricht bzw. Abhaltung von Fortbildungskursen und Ermöglichung der Teilnahme an Fernlehrgängen begegnet werden sollen; andererseits wird klar gesetellt, daß derartige, primär der Hebung der ALLGEMEINBILDUNG (zB. als eine Möglichkeit der Verbesserung künftiger Berufschancen und damit als ein Aspekt der Resozialisierung) dienende Fortbildungsmöglichkeiten nur in der ARBEITSFREIEN ZEIT absolviert werden können.

Fernlehrgänge sind somit eine Art der Freitzeitbeschäftigung des Strafgefangenen (wobei im Einzelfall der Fernlehrgang durchaus auch der Berufsausbildung oder -fortbildung dienen kann). Daraus ergibt sich, daß die Arbeitsvergütungsregelung nach § 48 Abs. 2 StVG in Verbindung den mit den §§ 51 und 52 leg. cit. lediglich für Lehrgänge zur Berufsausbildung und -fortbildung vorgesehen ist, nicht aber auch für in der arbeitsfreien Zeit ermöglichte Unterrichts- und Fortbildungsmaßnahmen nach § 57 leg. cit. Soweit der Beschwerdeführer argumentiert, daß sein Fernstudium kein Fernlehrgang im Sinne des § 57 Abs. 2 leg. cit. sei, sondern ein Berufsausbildungs- und -fortbildungslehrgang nach § 48 leg. cit., übersieht er, daß unter die letztzitierte Gesetzesstelle nur solche Lehrgänge subsumiert werden können, die von der Strafvollzugsanstalt ABGEHALTEN, dh. von ihr den Strafgefangenen angeboten und unter ihrer organisatorischen Leitung auch durchgeführt werden. Nur für derartige Lehrgänge gelten die Vergünstigungen des § 48 Abs. 2 leg. cit., dh. Besuch während der Arbeitszeit und Vergütung der Ausbildungszeit als Arbeitszeit.

Unbestritten ist, daß das vom Beschwerdefüher absolvierte Fernstudium der Fernuniversität H nicht von der Strafvollzugsanstalt abgehalten wird. Es mangelte daher schon an einer Voraussetzung der Anwendung des § 48 leg. cit. Es konnte bei dieser Sach- und Rechtslage daher dahingestellt bleiben, ob dieses Studium der Berufsausbildung und -fortbildung im Sinne des § 48 leg. cit. oder der Hebung der Allgemeinbildung im Sinne des § 57 leg. cit. dient.

Diese sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180171.X00

Im RIS seit

28.06.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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