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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Wolfgang G in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Jänner 1991, Zl. MA 70 - 8/406/90, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Jänner 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß ihm für die Zeit von 18 Monaten, gerechnet vom Tage der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (15. März 1990), keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde die gegenständliche Entziehungsmaßnahme darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer - wie auf Grund eines rechtskräftigen Straferkenntnisses feststand - am 15. März 1990 als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen hat. Es liege sohin eine bestimmte Tatsache vor, bei deren im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung zum Nachteil des Beschwerdeführers ins Gewicht falle, daß er eine umfangreiche einschlägige "Vorgeschichte" aufweise. Wiederholte mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang stehende Alkoholdelikte seien verwerflich und gefährlich. Die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 sei in eine Entziehung nach § 73 Abs. 1 leg. cit. "umzuwandeln" gewesen, weil die "Vorgeschichte" des Beschwerdeführers nicht den Schluß zulasse, daß nach Ablauf der Entziehungszeit die Verkehrszuverlässigkeit wieder gegeben sei.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid insofern für rechtswidrig, als mit ihm die Entziehung nach § 73 Abs. 1 KFG 1967 und nicht nur die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung ausgesprochen und nicht eine kürzere als die festgesetzte Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 bestimmt wurde. Er rügt in diesem Zusammenhang, daß die belangte Behörde keine konkreten Feststellungen zu seiner "Vorgeschichte" getroffen habe, weshalb nicht zu erkennen sei, welche Fakten in welcher Weise gewertet worden seien.
Der Beschwerdeführer vermag damit keinen relevanten Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach der im Akt befindlichen Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld an die erstinstanzliche Behörde vom 6. März 1989 wurde der Beschwerdeführer mit den Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 4. Dezember 1984, 31. Oktober 1985 und 3. Juni 1986 wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 bestraft. Mit Bescheiden dieser Behörde vom 19. November 1985 und vom 23. Oktober 1986 wurde ihm die Lenkerberechtigung für die Dauer von drei bzw. sechs Monaten vorübergehend entzogen. In der Begründung des Mandatsbescheides der erstinstanzlichen Behörde vom 5. April 1990 wird auf den zuletzt genannten Entziehungsbescheid hingewiesen, dem wiederholte Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 zugrundegelegen seien. Im gesamten Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer dies mit keinem Wort in Abrede gestellt. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, in der auf die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit wiederholter, als Lenker eines Kraftfahrzeuges begangener Alkoholdelikte hingewiesen wird, mußte dem Beschwerdeführer klar sein, daß mit der "umfangreichen einschlägigen Vorgeschichte" die vom Beschwerdeführer begangenen Alkoholdelikte und die insoferne erfolglos gebliebenen Maßnahmen im Sinne der §§ 73 und 74 KFG 1967, als sie eine nachhaltige Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers nicht bewirkten, gemeint sind.
In seinem ergänzenden Schriftsatz vom 14. Mai 1991 rügt der Beschwerdeführer, daß ihm das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 6. März 1989 nicht bekannt sei, und meint, dieses Schreiben machen keinen vollen Beweis.
Er vermag auch damit keine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen, weil er nicht dartut, was er im Falle der Gewährung des Parteiengehörs zu diesem Schreiben gegen dessen Richtigkeit hätte vorbringen können. Es ist daher nicht zu erkennen, inwiefern die belangte Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs zu diesem Schreiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Es ist zwar richtig, daß als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 nur das am 15. März 1990 begangene Alkoholdelikt der im angefochtenen Bescheid verfügten Entziehungsmaßnahme zugrunde liegt, dies bedeutet aber nicht, daß im Rahmen der von der belangten Behörde vorgenommenen Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967, dessen Kriterien auch bei der Festsetzung der Zeit gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. maßgeblich sind, nicht auch auf die früher begangenen Alkoholdelikte (unabhängig von ihrer Tilgung) und die bisher gesetzten Entziehungsmaßnahmen Bedacht zu nehmen war (siehe dazu das Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/11/0159, mit weiteren Judikaturhinweisen). Mit Recht hat die belangte Behörde auf die besondere Verwerflichkeit der Begehung von Alkoholdelikten im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen hingewiesen, aus der wiederholten Begehung derartiger Delikte auf eine gefährliche Neigung des Beschwerdeführers hiezu geschlossen und der seit der letzten Übertretung verstrichenen Zeit keine wesentliche Bedeutung zugunsten des Beschwerdeführers beigemessen. Berücksichtigt man, daß weder die wiederholten Bestrafungen noch die bisher gesetzten Entziehungsmaßnahmen den Beschwerdeführer davon abgehalten haben, am 15. März 1990 neuerlich in dieser Richtung straffällig zu werden, kann weder in der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 noch in der von der belangten Behörde gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. bestimmten Zeit eine Rechtsverletzung zum Nachteil des Beschwerdeführers erkannt werden. Vor allem die bisherige Erfolglosigkeit der Bestrafungen und Entziehungsmaßnahmen im oben beschriebenen Sinn spricht gegen die für eine vorübergehende Entziehung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 notwendige, schon bei Bescheiderlassung zu treffende Annahme, der Beschwerdeführer werde nach Ablauf der Entziehungszeit wieder verkehrszuverlässig sein (vgl. dazu das Erkenntnis vom 27. Februar 1985, Zl. 83/11/0307). Es ist daher nicht verfehlt, wenn die belangte Behörde meint, sie müsse nach Ablauf der Entziehungszeit in einem neuerlichen Ermittlungsverfahren das Wiedervorliegen der Verkehrszuverlässigkeit prüfen. Verfehlt ist allerdings ihr Hinweis, diese Frage werde "in einer dann Platz greifenden amtsärztlichen Untersuchung zu klären sein", weil es zur Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit keines ärztlichen Sachverständigen bedarf (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 11. März 1988, Zl. 88/11/0051, und vom 12. Februar 1991, Zl. 91/11/0008). Ein ärztliches Gutachten wird jedoch gemäß § 67 Abs. 2 KFG 1967 darüber einzuholen sein, ob der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen geistig und körperlich geeignet ist. Die unrichtige Auffassung der belangten Behörde über die in Zukunft durchzuführenden Ermittlungen ändert jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entziehungsmaßnahme.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
W i e n , am 2. Juli 1991
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110015.X00Im RIS seit
19.03.2001