TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/3 90/03/0288

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Veröffentlicht am 03.07.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. November 1990, Zl. 8V-3411/1/90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 25. September 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 6. Oktober 1989 um 17.40 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges auf der Turracher Straße in Moosburg auf Höhe des Friedhofes bei km. 13,6 die Fahrgeschwindigkeit nicht den durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen angepaßt, indem er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 48 km/h überschritten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage) verhängt wurde.

Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung gab die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 7. November 1990 mit der Maßgabe Folge, als die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe auf S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage) herabgesetzt wurde. Zur Begründung führte die Berufungsbehörde aus, es könne das Verschulden des Beschwerdeführers keinesfalls als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen sei, daß die Vermeidung der gegenständlichen Übertretung eine besondere Aufmerksamkeit erfordert oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes nur schwer vermieden hätte werden können. Bezüglich des Unrechtsgehaltes der Tat sei weiters bemerkt, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen die häufigsten Unfallsursachen seien. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß selbst die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten nur bei optimalen Verhältnissen (trockene Fahrbahn, gute Sicht, geringes Verkehrsaufkommen) gefahren werden dürften. Gegenständlich komme zusätzlich noch hinzu, daß dem Radarbild zu entnehmen und auch amtsbekannt sei, daß die Übertretung in einem Kreuzungsbereich begangen worden sei und im Tatortbereich sich auch ein Schutzweg befinde. Durch die Geschwindigkeitsüberschreitung habe der Beschwerdeführer im übrigen nicht nur die Verkehrssicherheit gefährdet, sondern auch die Umwelt durch den erhöhten Schadstoffausstoß vermehrt belastet. Der Unrechtsgehalt sei daher erheblich und als Verschuldensgrad Vorsatz anzunehmen (eine derart erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung müsse einem Kraftfahrer bewußt sein). Als besonders erschwerend sei weiters zu werten, daß der Beschwerdeführer sich bereits mehrerer Geschwindigkeitsüberschreitungen schuldig gemacht habe. Des weiteren sei auch bemerkt, daß der Beschwerdeführer Geschwindigkeitsüberschreitungen mehrere Jahre hindurch immer wieder begangen habe und offenbar auch immer wieder begehe, was darauf schließen lasse, daß er nicht gewillt sei, sich an die bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten. Daher finde die Berufunsbehörde, daß auch unter Berücksichtigung, daß die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, die verhängte Strafe an und für sich als durchaus angemessen erscheine. Wenn sich die Berufungsbehörde dennoch veranlaßt gesehen habe, die Strafe herabzusetzen, so sei dies deshalb erfolgt, weil die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht als besonders günstig zu bezeichnen seien. Eine weitere Strafherabsetzung habe aber nicht in Betracht gezogen werden können, weil die Strafe angesichts des nicht unbedeutenden Verschuldens und des erheblichen Unrechtsgehaltes immerhin einen spürbaren Nachteil für den Beschwerdeführer darstellen müsse, um ihn von einer neuerlichen Begehung gleichartiger Übertretungen in Zukunft abzuhalten. Des weiteren sei noch bemerkt, daß durch die nunmehr festgesetzte Strafe der gesetzliche Strafrahmen ohnehin erst zur Hälfte ausgeschöpft werde.

Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen den darin getätigten Strafausspruch, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafverfahrens sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Ermessensentscheidung dar. Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG 1950, der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. Nr. 10.077/A).

Wie der vorstehend wiedergegebenen Begründung des angeochtenen Bescheides zu entnehmen ist, nahm die belangte Behörde bei der Strafzumessung auf alle im § 19 VStG 1950 angeführten Kriterien Bedacht. Zu Recht wurde von ihr auf den schweren Unrechtsgehalt der gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitung verwiesen. Daß durch das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um beinahe 100 %, noch dazu in einem Bereich, in dem sich eine Kreuzung und ein Schutzweg für den Fußgängerverkehr befinden, die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung. Bei Einhaltung einer Geschwindigkeit, die nahezu das Doppelte der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beträgt, muß auch dem in der Beschwerde vorgetragenen Einwand, daß im Tatortbereich Umstände - wie Übersichtlichkeit und guter Ausbauzustand der Straße, kein Fahrzeug- und Fußgängerverkehr - vorgelegen seien, die einen Fahrzeuglenker geradezu zum Einhalten einer überhöhter Geschwindigkeit "ermuntern", der Erfolg versagt bleiben. Daß der Beschwerdeführer die Festsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf bloße 50 km/h in diesem Bereich dem Charakter der Straße als Umfahrungsstraße widersprechend ansieht, berechtigte ihn ebenso wie die Behauptung, daß er als Zeitungsredakteur einer Berufssparte angehöre, die unter "besonderem Zeitdruck" stehe, die festgesetzte Höchstgeschwindigkeit, noch dazu in einem solchen Ausmaße zu überschreiten.

Geschwindigkeitsüberschreitungen stellen nun eine der häufigsten Unfallsursachen dar, wie die belangte Behörde zutreffend darlegte. Daß eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer erhöhten Umweltbelastung führt, was im übrigen eine nachteilige Folge im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1950 darstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls schon wiederholt ausgesprochen (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0278).

Dem Beschwerdeführer wurde entgegen seiner Ansicht auch nicht sinngemäß angelastet, die gegenständliche Verwaltungsübertretung unter besonder gefährlichen Verhältnissen begangen zu haben. Auf das dazu erstattete Beschwerdevorbringen war daher nicht weiter einzugehen.

Dem Einwand in der Beschwerde, bei Betrachtung der im Verwaltungsstrafakt erliegenden Strafkartei falle auf, daß darin zwei Vormerkungen enthalten seien, auf die infolge "Verjährungsablaufes" nicht mehr Bedacht zu nehmen sei, ist zu entgegnen, daß diese beiden bereits getilgten Verwaltungsstrafen keine Übertretung der Geschwindigkeit zum Gegenstand haben und von der belangten Behörde auch nicht als straferschwerend gewertet wurden. Daß der Beschwerdeführer bereits mehrere, noch nicht getilgte Vorstrafen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen aufweist, was ihn aber nicht abhielt, immer wieder, und zwar durch Jahre hindurch, Geschwindigkeitsüberschreitungen zu begehen, ist unbestritten und läßt erkennen, daß er offenbar gar nicht gewillt ist, sich an die bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten. Unter diesem Gesichtspunkte ist auch der von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer unterstellte Verschuldensgrad des Vorsatzes nicht als rechtswidrig zu erkennen. Wenn sich die belangte Behörde bei dieser Sach- und Rechtslage nicht veranlaßt sah, selbst bei Bedachtnahme auf den Umstand, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht als besonders günstig zu bezeichnen sind, die Strafe angesichts des nicht unbedeutenden Verschuldens und des erheblichen Unrechtsgehaltes weiter herabzusetzen, weil die Strafe immerhin einen spürbaren Nachteil für den Beschwerdeführer darstellen müsse, um ihn von der Begehung gleichartiger Übertretungen in Zukunft ausreichend abzuhalten, ist darin weder ein Ermessensmißbrauch noch sonst eine Rechtswidrigkeit zu erblicken, zumal mit der nunmehr festgesetzten Strafe der gesetzliche Strafrahmen ohnehin erst zur Hälfte ausgeschöpft ist.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf sein Vorbringen in der zur hg. Zl. 90/03/0262 protokollierten Beschwerde bezieht, ist er auf das diese Beschwerde abweisende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1991 gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen.

Die zur Gänze unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Erschwerende und mildernde Umstände Schuldform Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Geldstrafe und Arreststrafe Überschreiten der Geschwindigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030288.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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