TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/3 91/03/0019

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Veröffentlicht am 03.07.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
93 Eisenbahn;

Norm

AVG §13 Abs1;
EisenbahnG 1957 §14 Abs1;
EisenbahnG 1957 §17 Abs1;
EisenbahnG 1957 §17 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Innsbrucker Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 6. Juli 1988, Zl. 230560/5-II/3-1988 betreffend eisenbahnrechtliche Konzession, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. Juni 1986 auf Erteilung der eisenbahrechtlichen Konzession für eine Hauptseilbahn "Seegrube-Lift" von der Stütze III der Nordkettenbahn zur Station Seegrube abgewiesen und die eisenbahnrechtliche Konzession für diese als Doppelsesselbahn projektierte Hauptseilbahn nicht erteilt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, Zweck der geplanten Doppelsesselbahn sei die Ermöglichung und Intensivierung des Skisportes im Bereich der Seegrube anstelle des derzeit dort befindlichen förderleistungsschwachen Einsesselliftes. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Seilbahn selbst zwar lawinensicher angelegt werden könne und auch eine lawinensichere Skipiste zur Verfügung stehe, daß ein Problem aber beim Zugang bzw. der Zufahrt zur Talstation bestehe. Die Skifahrer müßten nämlich, nachdem sie mit der Nordkettenbahn zur Seegrube gelangt seien, von dort aus auf Skiern in das von der geplanten Doppelsesselbahn erschlossene Skigebiet ein- bzw. zufahren. Einen anderen praktikablen Zugang zur Talstation der Doppelsesselbahn gebe es nicht, da vom Tal her keine andere Aufstiegshilfe bestehe, mit der die Talstation erreicht werden könnte. Die Zufahrt von der Seegrube her überquere in einer Länge von ca. 150 m den Gefahrenbereich der Kaminspitzen - und Mittelrinne-Lawine. Zwar bestehe für den Bereich der Mittelrinne dzt. bereits eine Lawinensprengseilbahn und sei eine solche auch für den Bereich der Kaminspitzen vorgesehen, doch handle es sich damit in beiden Fällen um eine temporäre Sicherungsmaßnahme. Die Lawinensachverständigen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft hätten von jeher die Ansicht vertreten, daß eine ständige Lawinensicherheit nach dem Stand des Wissens und der Technik nur durch permanente Lawinenverbauung erzielbar sei. Temporäre Maßnahmen seien nicht geeignet, optimale Lawinensicherheit für Seilförderanlagen und Schiabfahrten zu gewährleisten. Für die Behörde bestehe der Grundsatz, daß die Sicherheit der Benützer einer Seilbahn allen Dingen vorzugehen habe, sohin ein wesentliches öffentliches Interesse darstelle. Dieses öffentliche Interesse sei so groß, daß für seine Gewährleistung nur die bestmögliche Lösung in Betracht gezogen werden dürfe, das sei die permanente Verbauung. Da somit weder die zweitbeste Lösungsmöglichkeit durch Lawinensprengseilbahnen in Erwägung gezogen werden könne, noch das Interesse an der Förderung des Skisports oder an der Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen das öffentliche Interesse an der Sicherheit der Seilbahnbenützer überwiegen könne, sei wie vor zu entscheiden gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende - nach Abweisung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1990, B 1465/88, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der geltend gemacht wird, daß nach § 17 des Eisenbahngesetzes 1957 ein Anspruch auf Verleihung der beantragten Konzession nicht bestehe und die Beschwerdeführerin daher in keinem subjektiven Recht verletzt sein könne und in der abgesehen von dem solcherart geltend gemachten Zurückweisungsgrund die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Grunde des § 14 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957 ist zum Bau und zum Betrieb einer öffentlichen Eisenbahn - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - u.a. die Konzession erforderlich.

Die Verleihung der Konzession ist nach § 17 Abs. 1 leg.cit. bei der Behörde zu beantragen. Gemäß § 17 Abs. 3 leg.cit. darf die Konzession nur verliehen werden, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder wenn das öffentliche Interesse an der Erbauung und dem Betrieb der geplanten Eisenbahn die entgegenstehenden Interessen überwiegt (Gemeinnützigkeit der Eisenbahn).

Die durch diese Bestimmungen gegebene Rechtslage ist dadurch gekennzeichnet, daß die Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Konzession einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt darstellt. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession sind in § 17 Abs. 3 leg.cit. dergestalt formuliert, daß nur bei deren Vorliegen die Konzessin verliehen werden darf. Auf dem Boden dieser Rechtslage aber kommt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und sohin die Konzession verliehen werden darf und deshalb entsprechend der Gesetzesbindung der Behörde verliehen werden muß, dem Antragsteller auch ein subjektives Recht darauf zu, daß ihm die Konzession verliehen wird. Die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß ein Anspruch auf Verleihung der beantragten Konzession nicht bestehe, wird dem normativen Gehalt der in Rede stehenden Bestimmungen nicht gerecht. Es trifft daher nicht zu, daß die Beschwerdeführerin in keinen subjektiven Recht verletzt sein könne; ein Zurückweisungsgrund, wie er von der belangten Behörde eingangs ihrer Gegenschrift geltend gemacht wird, liegt nicht vor.

In der Sache selbst stützt sich der angefochtene Bescheid auf die Gefährdung von Schifahrern durch Lawinen in dem ca. 150 m langen Gefahrenbereich der Kaminspitzen- und Mittelrinnelawine. Die belangte Behörde vertrat hiezu im angefochtenen Bescheid die Auffassung, daß die Sicherheit der Benützer einer Seilbahn allen Dingen vorzugehen habe und sohin ein wesentliches öffentliches Interesse darstelle.

Diese von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung steht mit dem normativen Gehalt des § 17 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 in Einklang. Geht man davon aus, daß die von der belangten Behörde angenommene Gefährdung sachverhaltsmäßig zutrifft, so bedurfte es keiner weiteren Interessenabwägung, die belangte Behörde durfte den Schutz vor einer solchen Gefährdung vielmehr als ein der Projektverwirklichung schlechterdings entgegenstehendes öffentliches Interesse behandeln. Mit dem Vorwurf einer "Verabsolutierung" des entgegenstehenden öffentlichen Interesses vermag die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Aus dem angeführten Grund liegt keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor; der in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf den Aufhebungstatbestand einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erscheint im gegebenen Zusammenhang in Ansehung der Frage der Anwendbarkeit der materiellrechtlichen Bestimmung des § 17 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 von vornherein verfehlt.

Als Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens lagen der belangten Behörde abgesehen von den Äußerungen der Beschwerdeführerin samt Beilagen die Äußerungen des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung, Sektion Tirol, vom 7. Juli 1986 und vom 16. Mai 1988, der gemeinsam namens dieser Dienststelle und namens der Beschwerdeführerin unterzeichnete Aktenvermerk vom 22. Oktober 1986 und die Stellungnahme eines für Fragen des Lawinenschutzes bestellten Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Mai 1988 vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es auf dem Boden dieser Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde eine Gefährdung, wie sie im angefochtenen Bescheid dargestellt wurde, als gegeben annahm. Die Aktenlage bot der belangten Behörde keinen Anlaß, die "Technik der temporären Lawinensicherung, wie sie bei der gegenständlichen Anlage praktiziert wird" "einem permanenten Schutz" gleichzusetzen. Auch die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte "gute Überschaubarkeit" entkräftet die der Aktenlage entsprechende Annahme der belangten Behörde von der Gefährdung der Skifahrer nicht.

Die belangte Behörde hatte über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der eisenbahnrechtlichen Konzession für einen als Doppelsesselbahn projektierten "Seegrube-Lift" zu entscheiden. Sie hatte ihren Bescheid auf die im Verfahren über diesen Antrag erzielten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu stützen. Im gegebenen Zusammenhang war weder eine Beurteilung der Frage der Sicherheit in Ansehung des bestehenden Einsesselliftes vorzunehmen, noch darüber zu entscheiden, ob und inwiefern sich die Situation gegenüber dem maßgebenden Sachverhalt zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides derart ändern könnte, daß der Verwirklichung eines Projektes im Sinne des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages eine Gefährdung im Sinne der Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht mehr entgegenstünde. Solcherart vermag die Beschwerdeführerin auch mit ihren Hinweisen auf den Einsessellift und auf Eingriffe in die Landschaft keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Nach § 39 Abs. 1 VwGG ist - sofern nicht Gründe für ein Absehen im Sinne des § 39 Abs. 2 VwGG vorliegen - über die Beschwerde nach Abschluß des Vorverfahrens eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durchzuführen, u.a. (Z. 1) wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde die Durchführung der Verhandlung beantragt hat. Der Verhandlungsantrag im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 11. März 1991 wurde somit verspätet gestellt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Antrages der belangten Behörde auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030019.X00

Im RIS seit

17.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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