TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/3 90/14/0066

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Veröffentlicht am 03.07.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
UStG 1972 §1 Abs1 Z2 litb;
UStG 1972 §12 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Nöst, über die Beschwerde der N als Erbin nach B gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 9. November 1989, Zl. B 180-3/88, betreffend Umsatzsteuer 1981 bis 1984 und Einkommensteuer 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der verstorbene Ehegatte der Beschwerdeführerin war praktischer Arzt und errichtete etwa 3 Kilometer von seiner Ordination entfernt ein im Jahr 1982 fertiggestelltes Privathaus. Er gab 18 Prozent der Gesamtbaukosten dieses Hauses als betrieblich veranlaßt an und machte entsprechende Vorsteuern und Betriebsausgaben (AfA, Betriebskosten, Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter und Investitionsfreibetrag) geltend. In seinem privaten Wohnhaus befinde sich eine Notordination, bestehend aus einem Ordinationsraum

(16,74 m2), einem Vorraum (16,70 m2), einer Garderobe (5,02 m2) und einem WC (1,41 m2). Anläßlich einer für die Jahre 1981 bis 1984 durchgeführten Betriebsprüfung wurden die genannten Räume nicht als betrieblich genutzt anerkannt.

Der gegen die den Prüfungsfeststellungen folgenden Abgabenbescheide erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid nur teilweise Folge. Im gegenständlichen Wohnhaus habe sich nicht eine Arztpraxis, sondern nur eine sogenannte Notordination für dringende Notfälle befunden. Der Ordinationsraum sei zumindest fallweise tatsächlich betrieblich genutzt worden, während Vorraum, Garderobe und WC regelmäßig und überwiegend privat genutzt worden seien. Nach dem Nutzflächenverhältnis ergebe sich ein betrieblicher Anteil von 3,9 Prozent.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 13/90-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem erachtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihrem Recht auf Anerkennung einer betrieblichen Hausnutzung von 18 Prozent verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet ausschließliche betriebliche Nutzung nicht nur des Notordinationsraumes, sondern auch eines Vorraumes, der Garderobe und des WCs im Erdgeschoß des Wohnhauses ihres verstorbenen Ehegatten. Damit bekämpft sie die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die insoweit eine überwiegend private Nutzung angenommen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Kontrollbefugnis (vgl. die Judikaturhinweise in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit,

3. Auflage, Seite 548 f) nicht finden, daß diese Beweiswürdigung rechtswidrig wäre: Bereits der Bauplan spricht nicht für, sondern gegen die Richtigkeit der Darstellung der Beschwerdeführerin, der Zugang zum Notordinationsraum habe sinnvollerweise nur vom Patienten genutzt werden können. Vielmehr stellt dieser Vorraum die Verbindung zwischen Hauseingang und Garderobe, WC sowie den übrigen Hausräumen dar. Daß das Haus an anderen Seiten weitere Türen ins Freie, offenbar in den Garten, besitzt, ändert an der Funktion des Vorraumes nichts. Auf die Verhältnisse in nach den Streitjahren liegenden Zeiträumen kommt es für den Beschwerdefall nicht an; im übrigen würde eine Nichtnutzung nicht schon eine betriebliche Nutzung bedeuten.

Die Beschwerdeführerin räumt selbst ein, daß die Garderobe "natürlich auch gelegentlich" als Privatgarderobe benutzt worden sei, was aber nur die für die Fahrt zum Patienten notwendige Oberbekleidung betroffen haben soll. Sie ist freilich nicht in der Lage, schlüssig zu begründen, warum die anderen Hausbewohner und Gäste die einzige Garderobe im Erdgeschoß des Hauses nicht benützt hätten. Wenig einleuchtend ist auch, daß ärztliche Utensilien in der Garderobe und nicht im Notordinationsraum aufbewahrt worden wären.

Auch das strittige WC ist das einzige im Erdgeschoß. Es ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde insoweit ebenfalls eine überwiegend private Nutzung unterstellt hat; andernfalls hätten die jeweils in Küche, Stube, Wohnzimmer und Bibliothek befindlichen Personen im Bedarfsfall andere Stockwerke aufsuchen müssen.

Soweit die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer die strittigen Räumlichkeiten betreffenden Ausführungen den Investitionsfreibetrag erwähnt, genügt es zu bemerken, daß im Schriftsatz ihres steuerlichen Vertreters vom 24. März 1987 der Antrag auf Berücksichtigung eines Investitionsfreibetrages für 1982 vollinhaltlich zurückgezogen wurde. Unverständlich ist auch der Hinweis auf Seite 4 der Berufung, da diese mit Seite 3 endet. Inwieweit in diesem Zusammenhang eine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben sein soll, ist nicht erkennbar.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde von einer Zweitordination spricht, ist ihr das eigene Berufungsvorbringen entgegenzuhalten, wonach das Ärztegesetz eine Zweitordination verbietet. Die betriebliche Nutzung eines Notordinationsraumes (bei einer Entfernung zwischen Wohnhaus des Arztes und Ordination von ca. 3 km) hat die Behörde nicht bestritten. Da dieser Raum aber nur in besonders dringenden Notfällen benützt wurde, bestehen gegen die Annahme einer überwiegenden privaten Nutzung der strittigen Nebenräume im Hinblick auf deren Lage zu den übrigen Hausräumen keine Bedenken.

Schließlich wäre nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Aufteilung nach dem "Parifizierungsschlüssel" gemäß dem Wohnungseigentumsgesetz, wozu sie im Verwaltungsverfahren ein Gutachten aus 1980 vorgelegt hatte, und nicht nach einem "reinen Quadratmeterschlüssel" vorzunehmen gewesen. Schon in seinem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 24. Juni 1986, Zl. 85/14/0175, hat der Verwaltungsgerichtshof aber ausgesprochen, daß sich das Nutzflächenverhältnis bei Gebäuden, die teils einem Arzt als Ordination, teils Wohnzwecken dienen, regelmäßig als brauchbare Grundlage für die Bestimmung des betrieblichen und des privaten Gebäudeanteiles erweist. Dies gilt grundsätzlich auch im Fall einer Notordination in einem von zahlreichen Hausräumen. Gegen die von der Beschwerdeführerin offenbar ins Treffen geführte Nutzwertfeststellung gemäß § 5 WEG 1975 hat die belangte Behörde zu Recht Bedenken geäußert; insbesondere ist nicht einzusehen, warum bei der vorzunehmenden Aufteilung für Ordinationsräumlichkeiten gegenüber Wohnräumen im selben Geschoß ein Zuschlag von 30 Prozent angebracht sein soll. Was das Kellergeschoß anlangt, so befinden sich dort laut Bauplan immerhin eine Sauna, zwei Zimmer, zwei WC und eine Dusche, sodaß sich aus der Stockwerkslage allenfalls ergebende unterschiedliche Wertkomponenten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 86/13/0104) nicht von entscheidender Bedeutung sein können. Selbst im Falle von Abstrichen für das Kellergeschoß im Verhältnis zum Erdgeschoß - denen wiederum Zuschläge für das ebenfalls ausschließlich privat genutzte Obergeschoß gegenüberstünden - ergäbe sich angesichts der geringen Ausmaße des Notordinationsraumes kein wesentlich anderer Anteil, sodaß es im Beschwerdefall beim Grundsatz der Aufteilung nach Nutzflächen bleiben kann. Dachbodenräume hat die belangte Behörde bei den von ihr angenommenen Flächenmaßen - wie eine Nachrechnung zeigt - ohnehin nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin mitberücksichtigt. Die von der Behörde angestellte Verhältnisrechnung ist somit nach Auffassung des Gerichtshofes als für die Ermittlung des Anteiles betrieblicher Nutzung des gegenständlichen Hauses geeignet anzusehen.

Soweit die Beschwerdeführerin auf die notwendige Beheizung des Notordinationsraumes hinweist, ist zu bemerken, daß die belangte Behörde ohnehin anteilige Betriebskosten anerkannt hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Sachverhalt BeweiswürdigungArzt Aufwendungen gemischte Ordination

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990140066.X00

Im RIS seit

03.07.1991

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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