TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/5 91/17/0062

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Veröffentlicht am 05.07.1991
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Index

L37015 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
GetränkesteuerG Slbg 1967 §2 Abs4 idF 1987/030;
GetränkesteuerGNov Slbg 1988;
VfGG/VwGGNov 1997 §62 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der H-Kommanditgesellschaft in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Salzburg vom 20. März 1991, Zl. MD/00/81006/90/6, betreffend Vorschreibung von Getränkesteuer für den Zeitraum vom 1. März 1980 bis 31. Mai 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Salzburg vom 20. März 1991 wurde die Getränkesteuer für die von der beschwerdeführenden Partei im Zeitraum vom 1. März 1980 bis 31. Mai 1987 im Bereich der Stadt Salzburg an Letztverbraucher abgegebenen Getränke in der Höhe von insgesamt S 4,489.701,-- vorgeschrieben. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Selbstbemessung habe sich insoweit als unrichtig erwiesen, als sie in den Getränkesteuererklärungen den Wert der mitverkauften Getränkeverpackungen vom Gesamtentgelt in Abzug gebracht und für den Verpackungskostenanteil somit keine Getränkesteuer entrichtet habe. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die rückwirkende Einbeziehung des Verpackungskostenanteiles in die Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer seien im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1990, G 13/10 (richtig: vom 2. Oktober 1990, G 13/90, V 73/90 und Folgezahlen), unbegründet.

Sodann heißt es in der Bescheidbegründung weiter, auch der Einwand der Beschwerdeführerin, hinsichtlich des Abgabenzeitraumes vom 1. März 1980 bis 31. Dezember 1981 sei bereits Bemessungsverjährung eingetreten, sei unbegründet. Der Landesgesetzgeber habe nämlich durch die Getränkesteuergesetz-Novelle, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 30/1987 (in Kraft getreten am 11. Juni 1987) hinsichtlich der Verpackung von Getränken einen neuen Abgabentatbestand geschaffen und durch die Novelle LGBl. Nr. 37/1988 (in Kraft getreten am 26. Mai 1988) bestimmt, daß diese Bestimmung auch auf steuerpflichtige Tatbestände Anwendung finde, die vor dem 11. Juni 1987 verwirklicht worden seien. Unter steuerpflichtigem Tatbestand sei in diesem Zusammenhang das Abgeben der mit dem Getränk mitverkauften Verpackung an Letztverbraucher im Sinne des § 2 Abs. 4 Salzburger GetränkesteuerG 1967 in der Fassung LGBl. Nr. 30/1987 zu verstehen. Anders als etwa in Oberösterreich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. August 1990, Zl. 90/17/0220) habe jedoch der Salzburger Landesgesetzgeber den Zeitraum, innerhalb dessen die Novelle LGBl. Nr. 30/1987 rückwirkend Anwendung finde, nicht begrenzt. Sie sei daher auf alle in der Vergangenheit verwirklichten steuerpflichtigen Tatbestände anzuwenden. Die Gemeinden seien ermächtigt worden, ihre Beschlüsse über die Einhebung der Getränkesteuer dementsprechend zu ergänzen. Dies sei für die Stadtgemeinde Salzburg durch den Gemeinderatsbeschluß vom 13. Juli 1988, Amtsblatt Nr. 14/1988, ausgegeben am 1. August 1988, somit in Kraft getreten am 2. August 1988, erfolgt. Der Abgabenanspruch der Stadtgemeinde Salzburg hinsichtlich der gegenständlichen Getränkeverpackungen, die zur Gänze vor dem Inkrafttreten dieses neuen Steuertatbestandes an Letztverbraucher abgegeben worden seien, sei somit erst am 2. August 1988 entstanden. Die 5-jährige Verjährungsfrist hinsichtlich des Rechtes, für diese Getränkeverpackungen eine Abgabe festzusetzen, habe daher erst am 1. Jänner 1989 zu laufen begonnen, sodaß die geltend gemachte Verjährung noch nicht eingetreten sei.

1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr die Getränkesteuer nicht auch für die Verpackung vorgeschrieben werde, dies insbesondere für einen Zeitraum, für welchen das Recht, eine Abgabe festzusetzen, infolge Verjährung bereits erloschen gewesen sei. Nach der Begründung dieser Beschwerde könne die im Landesgesetz vom 3. Februar 1988, LGBl. Nr. 37, angeordnete Rückwirkung, auch wenn dieses Gesetz keine Begrenzung der Rückwirkung enthalte, nicht ad infinitum angenommen werden. Die österreichische Verfassungsrechtsordnung kenne zwar kein allgemeines Rückwirkungsverbot, jedoch dürfe ein rückwirkendes Inkrafttreten gesetzlicher Vorschriften keine gleichheitswidrigen Ergebnisse zeitigen. Dies wäre aber der Fall, wenn die rückwirkende Anwendung einer Gesetzesänderung auch hinsichtlich eines Bemessungszeitraumes möglich wäre, für welchen das Recht auf Abgabenfestsetzung bereits infolge Verjährung erloschen sei. Da nach § 3 der Salzburger Landesabgabenordnung der Abgabenanspruch mit Verwirklichung des abgabepflichtigen Tatbestandes beginne und das Recht, eine Abgabe festzusetzen, gemäß § 151 leg. cit. nach 5 Jahren durch Verjährung erloschen sei, komme eine Anwendung der durch LGBl. Nr. 37/1988 geänderten Rechtslage auf den Zeitraum vom 1. März 1980 bis 31. Dezember 1981 keineswegs in Frage, da die während dieser Zeit verwirklichten Tatbestände nach der damaligen Rechtslage "behandelt und abgewickelt wurden, und allfällige Ansprüche durch Verjährung erloschen waren".

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Salzburger GetränkesteuerG in der Fassung LGBl. Nr. 30/1987 zählt der im Entgelt enthaltene Anteil für ein mitverkauftes Gefäß oder eine sonstige mitverkaufte Verpackung des Getränkes zur Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer. Diese Regelung trat am 11. Juni 1987 in Kraft.

Mit Gesetz LGBl. Nr. 37/1988 wurde der Geltungsbeginn des § 2 Abs. 4 Sbg GetrStG 1967 in der Fassung LGBl. Nr. 30/1987 wie folgt bestimmt:

"§ 2 Abs. 4 des Salzburger Getränkesteuergesetzes 1967, LGBl. Nr. 14/1968, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 109/1973 und Nr. 30/1987 findet auch auf steuerpflichtige Tatbestände Anwendung, die vor dem 11. Juni 1987 verwirklicht worden sind. Die Gemeinden werden ermächtigt, ihre Beschlüsse über die Einhebung der Getränkesteuer dementsprechend zu ergänzen."

Von dieser Ermächtigung hat die hebeberechtigte Stadtgemeinde Salzburg mit Verordnung des Gemeinderates vom 13. Juli 1988, Amtsblatt Nr. 14/1988, Gebrauch gemacht.

2.2.1. Die belangte Behörde hat die Rechtslage im angefochtenen Bescheid zutreffend dargestellt, wenn sie auf dem Boden der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausgeführt hat, der Landesgesetzgeber habe durch die GetrStG-Novelle LGBl. Nr. 30/1987 hinsichtlich der mitverkauften Verpackung von Getränken zunächst für künftige Fälle einen neuen Abgabentatbestand geschaffen und habe in diesen sodann durch Rückwirkungsanordnung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 37/1988 auch Fälle, die vor dem 11. Juni 1987 verwirklicht worden sind, einbezogen. Zutreffend wird dargetan, daß der Salzburger Landesgesetzgeber den Zeitraum der rückwirkenden Anwendung der Novelle LGBl. Nr. 30/1987 iVm LGBl. Nr. 37/1988 nicht begrenzt habe. Diese Novelle ist daher auf alle in der Vergangenheit verwirklichten steuerpflichtigen Tatbestände anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Rechtsauffassung der belangten Behörde dahingehend, daß der Abgabenanspruch der Stadtgemeinde Salzburg mit Inkrafttreten der entsprechenden rückwirkenden Getränkesteuerverordnung vom 13. Juli 1988 am 2. August 1988 hinsichtlich der gegenständlichen Getränkeverpackungen entstanden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher - entgegen den Beschwerdeausführungen - keine Möglichkeit, die bestehenden Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen dahingehend auszulegen, daß nur Fälle erfaßt wären, die sich innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, etwa des Verjährungszeitraumes (welches?), vor Inkrafttreten der Getränkesteuerverordnung der Stadt Salzburg aus 1988 mit 2. August 1988 verwirklicht hätten.

2.2.2. Es bestehen allerdings beim Verwaltungsgerichtshof durchaus Bedenken gegen die Sachlichkeit einer Regelung, die eine unbegrenzte Rückwirkung der neuen Abgabenvorschrift anordnet, dies insbesondere vor dem Hintergrund des auch vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1990, G 13/90, V 73/90 und Folgezahlen, zugrunde gelegten Umstandes, daß die Verwaltungspraxis in Salzburg die bisherige Regelung so ausgelegt und gehandhabt hatte, als ob die Getränkeverpackungsabgabe bereits seit jeher bestanden hätte. Hätte es tatsächlich diesen Abgabentatbestand schon vor der Gesetzesnovellierung gegeben, dann stellte sich die Frage, ob der Gesetzgeber in den von den Abgabenbehörden - aus welchem Grund immer - nicht wahrgenommenen und sohin verjährten Fällen anordnen durfte, daß an sich bereits verwirklichte Abgabentatbestände neuerdings (mit Inkrafttreten der entsprechenden Getränkesteuerverordnung) als verwirklicht und neuerlich steuerpflichtig angesehen werden. Ähnliches gilt wohl auch für die Einführung einer neuen Abgabe, wobei sich die Frage der Sachlichkeit insbesondere einer unbeschränkt rückwirkenden Erfassung von Abgabentatbeständen stellt.

Allein, es ist dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, mit diesen Bedenken einen neuerlichen Gesetzesprüfungsantrag zu begründen, weil die Bedenken gegen das Gesetz im Hinblick auf den von der Rückwirkung erfaßten Zeitraum bereits Gegenstand der amtswegigen und der auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofes eingeleiteten Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren zu G 13/90, V 73/90 und Folgezahlen, waren. Im amtswegigen Prüfungsbeschluß hieß es dazu:

"Die durch das in Prüfung gezogene Gesetz verfügte rückwirkende Einbeziehung von Sachverhalten, die vor dem 11. Juni 1987 verwirklicht worden sind, scheint jedenfalls alle Fälle zu betreffen, für die Verjährung noch nicht eingetreten ist, sodaß unter bestimmten Voraussetzungen eine nachträgliche Steuervorschreibung einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren erfassen kann. Dies erweckt das Bedenken, daß der Gesetzgeber exzessiv vorgegangen ist, zumal die Pflicht zur Aufbewahrung der für die Nachversteuerung erforderlichen Geschäftsunterlagen dann bereits erloschen wäre. Die in Prüfung gezogene Bestimmung scheint aber auch insoferne gleichheitswidrig, als sie im Hinblick auf den von der Rückwirkung erfaßten Zeitraum und das hiedurch bewirkte Ausmaß nachträglicher Vorschreibungen besondere Belastungen für die Betroffenen auszulösen vermag.

Der Verfassungsgerichtshof kann vorläufig aber auch keinen die Notwendigkeit einer rückwirkenden Regelung sachlich rechtfertigtenden Aspekt erkennen."

Die gleichen Erwägungen übernahm der Verwaltungsgerichtshof in seinen Prüfungsanträgen. Diese Bedenken waren Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens. Die Salzburger Landesregierung hat sich auch hiezu geäußert. Die allgemein gehaltene Formulierung im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1990, es könne zusammenfassend festgehalten werden, daß die in den Einleitungsbeschlüssen aufgeworfenen und vom Verwaltungsgerichtshof übernommenen Bedenken nicht zuträfen, begründet den endgültigen, auch die vorgetragenen Bedenken umfassenden normativen Abspruch im Sinne der Nichtaufhebung der in Prüfung gezogenen Normen bzw. der Abweisung der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, mag auch die im besonderen gegebene Begründung nur einen Teilaspekt der aufgeworfenen Frage nach der Gleichheitskonformität der Rückwirkungsanordnung erfassen.

Im Erkenntnis heißt es dazu:

"Ebensowenig hat sich auch das weitere, im Einleitungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken bewahrheitet, daß das Gesetz vom 3. Februar 1988, LGBl. Nr. 37/1988, deshalb gleichheitswidrig sei, weil es auch eine rückwirkende Einbeziehung von Sachverhalten vorsieht, für die rechtskräftige Steuerbescheide gemäß § 2 Abs. 4 des Salzburger Getränkesteuergesetzes 1967 idF vor der Novelle 1987 bereits ergangen waren (siehe auch das Erkenntnis vom 14.3.1990, G 283/89 ua.)."

Diese Formulierung läßt die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes erkennbar erschließen, daß er keine Bedenken gegen die unbeschränkt rückwirkende Erfassung von bisher abgabenbehördlich noch nicht erfaßten Tatbeständen hat, wenn er eine selbst die Rechtskraft bereits erlassener Steuerbescheide durchbrechende Rückwirkung nicht für gleichheitswidrig erachtet. Es war daher kein (neuerlicher) Gesetzes- und Verordnungsprüfungsantrag zu stellen.

2.3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991170062.X00

Im RIS seit

14.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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