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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Karl E in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 5. November 1990, Zl. 3/07-7037/14-1990, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Bauarbeitenschutzverordnung,
Spruch
1) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Schuldspruches richtet, zurückgewiesen;
2) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Straf- und des Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1990, Zl. 90/19/0205, verwiesen. Mit diesem war der damals angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg (der belangten Behörde) vom 10. Jänner 1990 im Umfang des Straf- und des Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im übrigen aber, d.h. hinsichtlich des Schuldspruches, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Der aufhebende Ausspruch des Erkenntnisses wurde damit begründet, daß der von der belangten Behörde bestätigte Strafausspruch als Strafnorm i.S. des § 44a lit. c VStG nicht auch § 33 Abs. 7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes angeführt hätte. Darüber hinaus hatte der Gerichtshof die Rechtsmeinung zum Ausdruck gebracht, daß die belangte Behörde in Ansehung des Strafausspruches in mehrfacher (konkret bezeichneter) Hinsicht ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen wäre.
2. Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde unter dem Datum 5. November 1990 einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes und § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung wird der Berufung des Herrn Karl E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aus seinen zutreffenden Gründen vollinhaltlich bestätigt.
Gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 hat der Beschuldigte zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Beitrag von S 7.000,-- zu entrichten."
Die im bekämpften Bescheid zum neuerlich bestätigten erstinstanzlichen Schuldspruch (Straferkenntnis vom 20. September 1989) gegebene Begründung entspricht vollinhaltlich jener, die der mit dem genannten Vorerkenntnis Zl. 90/19/0205 hinsichtlich des Schuldspruches bestätigte Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 1990 zu dieser Frage aufgewiesen hatte.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Strafanzeige durch das Arbeitsinspektorat in keiner, vor allem wirksamer Weise auf die gesetzwidrigen Verhältnisse auf der Baustelle Einfluß genommen habe, was zwangsläufig zu einer neuerlichen Anzeige habe führen müssen. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei erhoben worden, daß der Beschwerdeführer eine Pension von monatlich S 15.299,-- und als gewerberechtlicher Geschäftsführer monatlich S 1.500,-- brutto beziehe, einen Hälftehausanteil mit einem Einheitswert von S 464.000,-- und einen PKW Marke Jaguar 1969 besitze, alleinstehend sei und keine Sorgepflichten habe. Die Einkommens- und Vermögenslage lasse, verbunden mit dem Fehlen jeglicher Sorgepflichten, die verhängte Strafhöhe gerechtfertigt erscheinen. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hätten sich die Strafbehörden gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sehr wohl von Überlegungen der Generalprävention leiten zu lassen. Unabhängig davon erscheine es im konkreten Fall auch aus Überlegungen der Spezialprävention notwendig, das verhängte Strafausmaß beizubehalten, da nur dann allenfalls erwartet werden könne, daß der Beschwerdeführer künftig den Bestimmungen, die den Schutz des Lebens und der Gesundheit der ihm anvertauten Arbeitnehmer gewährleisteten, die notwendige Wertverbundenheit angedeihen lasse.
Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens stütze sich auf die zitierte Gesetzesstelle.
Das erstinstanzliche Straferkenntnis sei somit vollinhaltlich zu bestätigen gewesen, wobei darauf hingewiesen werde, daß hinsichtlich des bereits bekämpften Schuldspruches der Verwaltungsgerichtshof diesen mit Erkenntnis vom 2. Juli 1990, Zl. 90/19/0205, rechtlich unbeanstandet gelassen habe.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, wobei sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, keine gesetzwidrige Strafe auferlegt zu erhalten, verletzt erachtet.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine "Gegenschrift", die sich in dem Hinweis darauf erschöpft, daß der ausführlichen Begründung des angefochtenen Bescheides "nach ha. Auffassung in rechtlicher Hinsicht nichts mehr hinzugefügt werden kann".
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides erblickt der Beschwerdeführer zunächst darin, daß die belangte Behörde mit diesem neuerlich einen Schuldspruch gefällt und solcherart gegen § 68 Abs. 1 AVG verstoßen habe, obwohl der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis Zl. 90/19/0205 den damals angefochtenen Bescheid im Umfang des Schuldspruches unberührt gelassen habe.
1.2. Es trifft zu, daß der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Vorerkenntnis Zl. 90/19/0205 die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 1990 hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen hat. Die belangte Behörde hätte sich daher bei Erlassung des (nunmehr angefochtenen) Ersatzbescheides einer neuerlichen Entscheidung über die Schuldfrage zu enthalten gehabt. Dadurch, daß sie mit dem bekämpften Bescheid neuerlich den erstinstanzlichen Schuldspruch bestätigte, hat sie demnach objektiv rechtswidrig gehandelt. Ungeachtet dessen konnte der Beschwerdeführer durch diese Vorgangsweise in keinem subjektiven Recht verletzt werden, weil ihm dadurch kein über den Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 1990 (im Umfang des Schuldspruches) hinausgehender Rechtsnachteil erwachsen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0450).
2. Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen die neuerliche Bestätigung des erstinstanzlichen Schuldspruches wendet, mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
3.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid des weiteren insoweit für inhaltlich rechtswidrig, als es die belangte Behörde neuerlich unterlassen habe, auch § 33 Abs. 7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes als angewendete Strafnorm anzuführen.
3.2. Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer im Recht. In dem mehrfach zitierten Vorerkenntnis Zl. 90/19/0205 führte der Gerichtshof aus, daß die Anführung lediglich des § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes als Strafnorm i.S. des § 44a lit. c VStG und nicht, wie erforderlich, auch des § 33 Abs. 7 leg. cit. den Strafausspruch einschließlich des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Kostenausspruches des damals angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 10. Jänner 1990 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belaste.
Die belangte Behörde hat auch im nunmehr bekämpften Bescheid allein § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes als Strafnorm zitiert. Sie hat damit - wie von der Beschwerde zutreffend erkannt - nicht nur (wie im ersten Rechtsgang) gegen § 44a lit. c VStG, sondern auch gegen die im § 63 Abs. 1 VwGG verankerte Verpflichtung der Behörde verstoßen, der im den Straf- und den Kostenausspruch aufhebenden Vorerkenntnis geäußerten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu entsprechen.
4. Der Beschwerdeführer weist darüber hinaus zu Recht darauf hin, daß die belangte Behörde im Ersatzbescheid auch den weiteren den Strafausspruch betreffenden und diesen zusätzlich in mehrfacher Hinsicht als mangelhaft erweisenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Zl. 90/19/0205 nicht Rechnung getragen habe. Auch der nunmehr angefochtene Bescheid enthält - sieht man von den allerdings unter Übergehen des ausgewiesenen Parteienvertreters und damit in Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ab - keine der vom Gerichtshof im Grunde des § 19 Abs. 1 und 2 VStG für geboten erachteten Feststellungen und hat es neuerlich verabsäumt, den im Vorerkenntnis aufgezeigten Begründungsmangel in bezug auf die von der belangten Behörde für notwendig gehaltene Verhängung der Höchst-Geldstrafe wegen der Übertretung vom 17. November 1987 zu beheben.
5. Nach dem Gesagten erweist sich der in Beschwerde gezogene Bescheid im Umfang des Strafausspruches und des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Kostenausspruches als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 194/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Verwaltungsgerichtsbarkeit Bescheidcharakter von Erledigungen nach AVG §68European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190003.X00Im RIS seit
08.07.1991