TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/8 91/19/0008

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Veröffentlicht am 08.07.1991
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65003 Jagd Wild Niederösterreich;

Norm

JagdG NÖ 1974 §81 Abs1 idF 6500-2;
JagdG NÖ 1974 §81 Abs3 idF 6500-2;
JagdG NÖ 1974 §98 Abs1 idF 6500-3;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. N in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1990, Zl. VI/4-J-35, betreffend gemeinsamer Abschuß von Rotwild (mitbeteiligte Parteien:

1. Dr. Walter Z, W, 2. Jagdgesellschaft A, z.H. des Jagdleiters Josef B, A, 3. Arch. Dipl.Ing. Dr. Egon P, W,

4. Dipl.Ing. Arnold H, W, 5. Ing. Bruno W, S, 6. Leopold R sen., 7. Leopold R jun., beide S, 8. Arch. Prof. Dipl.Ing. Herbert M, W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Mai 1990 ordnete die Bezirkshauptmannschaft A für sämtliche Jagdgebiete des Hegeringes A zusätzlich zum bereits bewilligten bzw. verfügten Abschuß für das Jagdjahr 1990 einen gemeinsamen Abschuß von Rotwild, und zwar 15 Tiere und 10 Kälber an. Als Rechtsgrundlage wurde § 98 Abs. 1 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-7, (JG) in Verbindung mit § 81 Abs. 2, 3 und 7 leg. cit. angeführt. Nach der Begründung seien Erhebungsberichten der Bezirksforstinspektion zufolge im Hegebereich von A Wildschäden festgestellt worden. Anläßlich der Abschußplanbesprechung für das Jagdjahr 1990 sei daher in der Sitzung des Bezirksjagdbeirates vereinbart worden, daß ein zusätzlicher Abschuß an weiblichem Rotwild für die Jagdgebiete des Hegeringes A zur Hintanhaltung weiterer Wildschäden bzw. zur Schaffung eines gesunden Verhältnisses zwischen männlichem und weiblichem Wild unter Bedachtnahme auf einen biologisch richtigen Altersklassenaufbau anzuordnen wäre.

Die vom Beschwerdeführer als Pächter des im genannten Hegering gelegenen, 1034 ha großen Eigenjagdgebietes A VIII gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 81 Abs. 3 und 7 JG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Abschuß gemäß § 81 Abs. 3 JG verfügt wurde. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen. Danach habe der Hegering A laut den vorgelegten Abschußplänen ein Gesamtflächenausmaß von 4536 ha. Die Wildstandsmeldungen gäben einen Wildstand von 79 Hirschen und 111 Tieren mit einem voraussichtlichen Zuwachs von 80 Kälbern an. Die Abschußpläne sähen einen Abschuß von 27 Hirschen, 41 Tieren und 32 Kälbern vor. Dazu komme der bescheidmäßig angeordnete Abschuß von 15 Tieren und 10 Kälbern, sodaß sich ein Gesamtabschuß von 27 Hirschen, 56 Tieren und 43 (richtig 42) Kälbern ergebe. Bei voller Erfüllung des Abschusses und ohne Berücksichtigung von Zu- und Abwanderungen verblieben im Hegering 52 Hirsche, 55 Tiere und 37 (richtig 38) Kälber. Gehe man davon aus, daß es sich bei den Kälbern um 19 Hirsch- und 18 (richtig 19) Wildkälber handle, so ergebe sich für Frühjahr 1991 der ideale Wildstand von 71 Hirschen und 73 (richtig 74) Tieren. Von einer Eliminierung des Rotwildes könne keineswegs die Rede sein. Die Rotwilddichte würde sich auf 3,2 Stück (pro 100 ha) belaufen. Vom fachlichen Standpunkt aus erscheine daher die Abschußanordnung richtig und zweckmäßig. Es könne - so führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides weiter aus - als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, daß die Hege des Rotwildes nur großflächig erfolgen könne. Eine Regulierung des Geschlechterverhältnisses, die aufgrund der durchaus schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen erreicht werde, erscheine deshalb unter Einbeziehung aller Jagdgebiete des Hegeringes als gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 81 Abs. 3 2. Fall JG sieht für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes einen entsprechenden Altersklassenaufbau und eine Regulierung des Geschlechterverhältnisses von Schalenwildbeständen nicht zulassen, vor, daß der Abschuß bestimmter Wildstücke für mehrere aneinander grenzende Jagdgebiete mit der Auflage bewilligt oder verfügt werden kann, daß die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuß in den anderen Jagdgebieten ausschließt. Für Maßnahmen, die aufgrund dieser Bestimmung getroffen werden, gelten die in § 81 Abs. 1 JG verankerten Grundsätze (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1990, Zl. 90/19/0034). Danach hat die Abschußbewilligung oder -verfügung unter Bedachtnahme auf die Entwicklung und Erhaltung eines qualitativ guten, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes sowie eines gesunden Verhältnisses zwischen männlichem und weiblichem Wild zu erfolgen, wobei auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft Rücksicht zu nehmen ist. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß durch den Abschuß ein biologisch richtiger Altersklassenaufbau hergestellt wird.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht, daß § 81 Abs. 3 JG für das Eigenjagdgebiet A VIII aufgrund der Größe dieses Jagdgebietes nicht anwendbar sei, so scheint er zu übersehen, daß er selbst in der im Berufungsverfahren der belangten Behörde gegenüber abgegebenen Stellungnahme vom 14. September 1990 den Standpunkt vertreten hat, daß selbst der gesamte Hegering A für eine Rotwildbewirtschaftung denkbar ungeeignet und flächenmäßig bei weitem zu klein sei. Dieselbe Auffassung brachte er auch in der Berufung gegen einen weiteren Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A vom 4. Mai 1990, mit welchem ein gemeinsamer Abschuß von Hirschen der Klassen I und II festgesetzt wurde, zum Ausdruck, nachdem er schon in dem dem oben erwähnten hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1990 zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren die Annahme der Behörde unbestritten gelassen hatte, daß das Rotwild einen über das Flächenausmaß der Jagdgebiete des Hegeringes A hinausgehenden Lebensraum benötige. Da der Bedarf des Rotwildes nach einem ausgedehnten Lebensraum den wildbiologischen Erkenntnissen entspricht (vgl. etwa Raesfeld, Die Hege in der freien Wildbahn4 17) hegt auch der Verwaltungsgerichtshof gegen die Anwendbarkeit des § 81 Abs. 3 JG im konkreten Fall keine Bedenken.

Bei dem vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand, daß der angeordnete Abschuß die Rudelstrukturen des Rotwildes im Hegering derart maßgeblich beeinträchtigen würde, daß durch den erhöhten Streß für die durch den hohen Jagddruck zersprengten einzelnen Reststücke ein höherer Wildschaden zu erwarten wäre als durch die derzeitigen Bestände, handelt es sich um eine bloße Annahme, die mangels entsprechender fachlicher Untermauerung nicht geeignet ist, die Rechtswidrigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Maßnahme darzutun.

Die vom Beschwerdeführer vermißte Einschränkung dahin, daß in den einzelnen betroffenen Jagdgebieten nur beschränkt vom gemeinsamen Abschuß Gebrauch gemacht werden dürfte, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage und würde überdies dem Zweck der Maßnahme, nämlich der Regulierung des Geschlechterverhältnisses im Sinne der Herbeiführung eines gesunden Verhältnisses zwischen männlichem und weiblichem Wild im Hegering, nicht förderlich sein.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, daß keine ausreichenden Feststellungen über Wildschäden getroffen worden seien, geht sein Vorbringen ins Leere, weil sich der angefochtene Bescheid - im Gegensatz zum erstinstanzlichen Bescheid - nicht mehr auf § 98 Abs. 1 JG, sondern nur auf die auch von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Bestimmung des § 81 Abs. 3 zweiter Fall JG stützt, deren Anwendung das Vorliegen von Wildschäden nicht voraussetzt.

Da keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen - solche wurden auch vom Beschwerdeführer nicht dargetan -, daß die Wildstandsmeldungen der Jagdausübungsberechtigten nicht den Tatsachen entsprechen, bestehen keine Bedenken gegen die Vorgangsweise des Amtssachverständigen, die in diesen Meldungen aufscheinenden Wildstände seinem Gutachten zugrunde zu legen. Zu einer Überprüfung der Wildstandsmeldungen im Wege von Wildzählungen bestand bei dieser Sachlage keine Veranlassung.

Wenn es für den Beschwerdeführer nicht ersichtlich ist, "in welchem Ausmaß der Abschuß von 15 Tieren und 10 Kälbern im Hegering einen biologisch richtigen Altersklassenaufbau offensichtlich beim männlichen Rotwild herzustellen vermag", so ist er neuerlich darauf hinzuweisen, daß die von der Behörde getroffene Maßnahme die Regulierung des Geschlechterverhältnisses beim Rotwild bezweckt. Ihre Eignung dazu ist nach dem schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen nicht zweifelhaft.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Jagdschaden Wildschaden Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190008.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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