Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Dr. N in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. März 1991, Zl. VI/4-J-159/2, betreffend gemeinsamer Abschuß von Hirschen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1990, Zl. 90/19/0034, hingewiesen. Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 81 Abs. 3 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-7, abgewiesen. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das von ihr eingeholte Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen. Danach sei im Hegering A laut den vorgelegten Wildstandsmeldungen ein Stand von 75 Hirschen anzunehmen. In den Wildstandsmeldungen würden die Hirsche nicht nach Altersklassen getrennt ausgewiesen. Es sei auch in der Praxis völlig unmöglich, etwa die Altersklassengliederung durch Organe der Behörde feststellen zu lassen. Es könne daher nur von Erfahrungswerten ausgegangen werden. Bei einer richtigen Altersklassenverteilung müßte der Anteil der Althirsche etwa 15 % betragen, d.h. es müßten im Hegering etwa 11 Hirsche der Altersklasse I vorhanden sein. Folge man nun den Berufungsausführungen, wonach die Altersstruktur überaus ungünstig sei, so könne man aber trotzdem annehmen, daß wenigstens 5 % der Hirsche, das wären im gegenständlichen Fall drei bis vier Stück, Althirsche seien. Daß Althirsche nicht beobachtet worden seien, sage noch nichts darüber aus, daß überhaupt keine vorhanden wären. Bekanntlich seien gerade die alten Hirsche besonders vorsichtig und andererseits auch sehr unstet. Es müsse aber auch davon ausgegangen werden, daß der Hegering A für sich allein mit seinem Flächenausmaß von rund 4500 ha durchaus nicht eine geschlossene Rotwildpopulation aufweisen werde, sondern daß die Population bei weitem über den Hegering hinausgehe. Sollten also Althirsche aus benachbarbarten Hegeringen im Hegering A zum Abschuß kommen, so sei dies wildökologisch durchaus vertretbar. Aufgrund dieses Gutachtens sowie der Stellungnahme des Landesjagdbeirates, wonach gerade während der Brunft starke Verschiebungen in den Populationen stattfänden und daher auch ein Zuzug von Althirschen in den Hegering anzunehmen sei, könne - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - vom Vorhandensein "einer entsprechenden Anzahl" von Hirschen der Klasse I im Jahr 1989 ausgegangen werden. Die Bewilligung des Abschusses von zwei Stück Hirschen der Klasse I für den gesamten Hegering erscheine zur Erreichung eines entsprechenden Altersklassenaufbaues gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem oben angeführten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes muß die Begründung eines Bescheides, mit dem eine Maßnahme nach § 81 Abs. 3 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 getroffen wird, jedenfalls den für die Entscheidung maßgeblichen Wildstand erkennen lassen, um einer inhaltlichen Überprüfung zugänglich zu sein. Des weiteren muß daraus hervorgehen, wie hoch die unter Berücksichtigung der in § 81 Abs. 1 leg. cit. verankerten Grundsätze wünschenswerte Wilddichte in den von der Abschußregelung betroffenen Jagdgebieten ist. Schließlich ist die Eignung der getroffenen Maßnahme zur Verwirklichung des angestrebten Zieles darzulegen, sofern sie nicht ohnehin der Sachlage nach offenkundig ist. Letzterem Erfordernis wird die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gerecht. Dem von der belangten Behörde der Entscheidung zugrunde gelegten Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen zufolge "müßte" der Anteil der "Althirsche", also der Hirsche der Klasse I, "bei einer richtigen Altersklassenverteilung" etwa 15 % des Standes an Hirschen im Hegering A betragen, also etwa 11 Stück bei insgesamt 75 Hirschen. Dieser Wert kann - arg. "bei einer richtigen Altersklassenverteilung" - dem den Kriterien des § 81 Abs. 1 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 entsprechenden "Soll-Stand" an Hirschen der Klasse I gleichgesetzt werden. Geht man auf dem Boden des erwähnten Gutachtens von einem "Ist-Stand" von drei bis vier Stück "Althirschen" aus, dann erscheint der mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte Abschuß von zwei Hirschen der Klasse I als eine der Erreichung des "Soll-Standes" geradezu abträgliche Maßnahme, zumal konkrete Anhaltspunkte für die Annahme eines vollständigen Ersatzes des Fehlbestandes an "Althirschen" durch den Zugang aus benachbarten Hegeringen nicht vorliegen.
Schon wegen dieser Mangelhaftigkeit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote AbschußplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190064.X00Im RIS seit
03.05.2001