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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des Dr. N in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S gegen den Bescheid der Besonderen Habilitationskommission beim Bundesminister für Wissenschaft und Forschung im Habilitationsverfahren Dr. N vom 30. Mai 1990, betreffend Habilitation, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Universitäts-Assistent am Institut für Christliche Philosophie der Theologischen Fakultät der Universität A. Am 20. Oktober 1987 reichte der Beschwerdeführer ein Ansuchen um Erteilung der Lehrbefugnis für das Fach "Christliche Philosophie" und seine Habilitationsschrift beim Dekanat der genannten Fakultät ein.
Nachdem die Habilitationskommission der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität A mit Bescheid vom 27. Juli 1988 dem Ansuchen des Beschwerdeführers im zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens mit Bescheid vom 27. Juli 1988 nicht stattgegeben hatte, setzte der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung über Berufung des Beschwerdeführers die besondere Habilitationskommission mit Bescheid vom 4. April 1989 ein, die sich am 21. April 1989 beim Bundesminister für Wissenschaft und Forschung konstituierte und bei der der Beschwerdeführer den zweiten und dritten Abschnitt des Habilitationsverfahrens positiv abschloß.
Am 23. Mai 1990 fand vor dieser besonderen Habilitationskommission das Habilitationskolloquium im vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens gemäß § 36 Abs. 5 UOG statt.
Mit dem angefochtenen Bescheid der "Besonderen Habilitationskommission Dr. N" gab diese belangte Behörde dem Ansuchen um Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozent für das Fach "Christliche Philosophie" gemäß § 36 Abs. 5 UOG nicht statt und wies das Ansuchen des Beschwerdeführers damit ab. Begründend wird ausgeführt, die besondere Habilitationskommission habe in ihrer unmittelbar nach Abschluß des Habilitationskolloquiums stattgefundenen Sitzung die Ergebnisse des Habilitationskolloquiums gemäß § 36 UOG zum Gegenstand der Erörterung und Urteilsfindung gemacht und sei "fast einmütig" zur Auffassung gelangt, daß durch Aussprache mit dem Bewerber nicht erwiesen worden sei, daß er das Habilitationsfach im verlangten Sinn ausreichend methodisch beherrsche und ausreichend wissenschaftlich durchdringe. Daher sei das Habilitationsansuchen abgewiesen worden. Zur näheren Begründung der Auffassung und des Urteils wird folgendes ausgeführt:
"1) Der zu Beginn des Habilitationskolloquiums abzuhaltende einleitende Vortrag des Bewerbers hat gemäß Durchführungserlaß zu § 36 Abs. 5 UOG (VBL Nr. 51/1976) den Zweck zu erfüllen, sich 'in kurz gefaßter, gedrängter Form mit der Methode und den neuen Ergebnissen der Habilitationsschrift und der sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten des Bewerbers zu befassen'. Der Vortrag hat das nicht erfüllt, weil er weder die angewandte Methode noch die neuen Ergebnisse der Habilitationsschrift vorgestellt noch ein Wort zu den sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten gesagt hat. Es wurden vielmehr nach anders thematisierten Darlegungen in nur wenigen abschließenden Sätzen mögliche Früchte der Habilitationsschrift thesenhaft kurz genannt. Dies wiegt umso schwerer, als aufgrund einer entsprechenden Korrespondenz des Bewerbers gerade bezüglich des Vortragsthemas mit dem Vorsitzenden der Habilitationskommission der Bewerber schon im März 1990 ausdrücklich auf das im Gesetz Vorgesehene aufmerksam gemacht und nachdrücklich gebeten war, sich daran zu halten. Die vorgesehene Diskussion, als deren erstgenannten Gegenstand der Durchführungserlaß den Vortrag des Habilitationsbewerbers mit der eben angegebenen Thematik angibt, war dadurch ungebührlich erschwert und von vornherein beeinträchtigt.
2) Das Gespräch betraf daher unmittelbar die Habilitationsschrift, näherhin die schon in den Gutachten aufgewiesenen schwerwiegenden Mängel nach Methode und inhaltlichen Momenten, wie auch die darin gründenden schweren Bedenken gegen die tatsächlich vorgelegten Ergebnisse der Habilitationsschrift. In seinen Antworten ging der Bewerber in den meisten Fällen nicht auf das in den Anfragen zur Diskussion Gestellte ein, sodaß es erst nach mehrmaligen Anläufen zur Aussprache über das eigentlich Gefragte kam, wobei sich dann viel Unverständnis in der jeweils angesprochenen Problematik zeigte. Dazu ist zu bemerken, daß dem Bewerber aufgrund seiner Kenntnis der Gutachten, auf die er übrigens seinerseits auch ungefragt einging, die schwerwiegenden Vorbehalte und Bedenken gegenüber seiner Habilitationsschrift nach Methode und Ergebnis bekannt waren und damit auch die Sinnrichtung der seinerzeit doch noch positiv erfolgten Entscheidung über den zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens offenkundig war. Das Habilitationskolloquium soll ja gemäß dem Durchführungserlaß zum UOG gerade dazu dienen, "die positive Begutachtung der Habilitationsschrift und der sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen des zweiten Abschnittes zu bestätigen". In Wirklichkeit wurden jedoch gerade die in den Gutachten geäußerten schwerwiegenden Bedenken in Bezug auf Methode und auf die wissenschaftliche Durchdringung des Habilitationsfaches nachhaltig bestätigt. Diese Tatsache war, zusammen mit dem unter 1) Genannten, für die Beurteilung des Habilitationskolloquiums ausschlaggebend. Die Habilitationskommission kam zur Erkenntnis, daß der Bewerber nicht erwiesen hat, daß er das Habilitationsfach im Sinne der Vorschriften des Habilitationsverfahrens gemäß UOG ausreichend methodisch beherrscht und ausreichend wissenschaftlich durchdringt. So waren die Gründe für den fast einmütig erfolgten ablehnenden Beschluß gegeben."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Erst in der Äußerung zur Gegenschrift hat der Beschwerdeführer Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was zunächst die Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde anlangt, so ist davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid im Kopf als Behörde "Die besondere Habilitationskommission Dr. N
Der Vorsitzende Univ.-Prof. Dr. R
Institut für Dogmatische Theologie und Dogmengeschichte an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität B" bezeichnet. Aus dieser Bezeichnung der belangten Behörde im Vorspruch des angefochtenen Bescheides selbst ist klar erkennbar, daß es sich um die beim Bundesminister für Wissenschaft und Forschung eingerichtete besondere Habilitationskommission Dr. N, konstituiert in der Sitzung am 21. April 1989, handelt, weil sich die Bezeichnung der Fakultät eindeutig auf den Vorsitzenden der Kommission bezieht. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde ist demnach nicht zu erkennen.
Gemäß § 36 Abs. 5 UOG ist im vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens ein Kolloquium über die Habilitationsschrift und die sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten zu begutachten. An einen einleitenden Vortrag des Habilitationswerbers hat sich eine Diskussion anzuschließen. Alle Mitglieder der Habilitationskommission haben dem Kolloquium beizuwohnen, jedoch macht die Abwesenheit einzelner Mitglieder das Kolloquium nicht ungültig. Das Kolloquium ist öffentlich; § 24 Abs. 6 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes gilt sinngemäß. An der Diskussion können sich neben den Mitgliedern der Habilitationskommission Universitätslehrer, Mitarbeiter im Lehrbetrieb, sonstige Mitarbeiter im wissenschaftlichen Betrieb sowie ordentliche Hörer der betreffenden Fachrichtung, auf Beschluß der Habilitationskommission auch Absolventen der betreffenden Fachrichtung beteiligen. Für die Beurteilung sind weniger die Einzelkenntnisse des Bewerbers entscheidend als die methodische Beherrschung und die wissenschaftliche Durchdringung des Habilitationsfaches.
Nach Abs. 6 dieser Bestimmung ist der Habilitationswerber zu einer einmaligen Wiederholung des Habilitationskolloquiums frühestens nach einem, spätestens nach zwei Jahren zuzulassen, wenn er zum Zeitpunkt der Begutachtung des Habilitationskolloquiums noch nicht geeignet erscheint.
Die belangte Behörde hat als Maßstab für die Beurteilung den Erlaß des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 15. Mai 1976 betreffend die Durchführung des III. Abschnittes des Universitäts-Organisationsgesetzes (3. Durchführungserlaß zum UOG), VBl. Nr. 51, (abgedruckt in Ermacora-Langeder-Strasser, Österreichisches Hochschulrecht, S. 389 ff) herangezogen. Dieser Erlaß wurde obwohl keine Ausnahmeregelung besteht (entgegen § 2 Abs. 1 BGBlG) im Bundesgesetzblatt nicht kundgemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Erlässe, die nicht gehörig kundgemacht sind, selbst dann keine auf der Stufe einer Verordnung, geschweige denn eines Gesetzes, stehenden Rechtsvorschriften, wenn sie generelle Anordnungen an einen unbestimmten Personenkreis enthalten. Sie können keinen Anspruch auf allgemeine Rechtsverbindlichkeit erheben, aus ihnen können weder Rechte noch Pflichten abgeleitet werden (vgl. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht6 Rz 602 und Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1975, Zl. 1662/74, Slg. N.F. Nr. 8.877/A sowie die dort zitierte Judikatur). Soweit die belangte Behörde unter Hinweis auf den zitierten Erlaß unter Punkt 1) den Zweck des Habilitationskolloquiums darin erblickt, sich "in kurz gefaßter, gedrängter Form mit der Methode und den neuen Ergebnissen der Habilitationsschrift und der sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten des Bewerbers zu befassen" und daraus, daß der Vortrag des Beschwerdeführers diese Anforderungen nicht erfüllt habe, ableitet, der Beschwerdeführer habe sich nicht an das im Gesetz Vorgesehene und Verlangte gehalten, hat sie die Beurteilung des Habilitationskolloquiums nicht am Gesetz selbst, sondern an dem von ihr angewendeten Erlaß gemessen, ohne in einer überprüfbaren Weise zu begründen, warum sie dem Gesetz den von ihr als erforderlich angesehenen Zweck gegeben hat. Daß die an den Anforderungen des genannten Erlasses gemessene Abhaltung des einleitenden Vortrages des Beschwerdeführers durch die Abweichung von den Erfordernissen des Erlasses "ungebührlich" erschwert und beeinträchtigt gewesen sein mag, stellt keinen aus dem Gesetz ableitbaren Grund für die Abweisung des Antrages dar.
Auch im zweiten Punkt der Bescheidbegründung beruft sich die belangte Behörde auf den genannten Erlaß, um daraus abzuleiten, das Habilitationskolloquium diene dazu, "die positive Begutachtung der Habilitationsschrift und der sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen des zweiten Abschnittes zu bestätigen". Damit steht die Bescheidbegründung insofern im Widerspruch, als sie schwerwiegende Mängel nach Methode und inhaltlichen Momenten sowie Bedenken gegen die "tatsächlich vorgelegten Ergebnisse der Habilitationsschrift" zum Ausgangspunkt nimmt und nicht von einer positiven Begutachtung der Habilitationsschrift durch den bescheidmäßig erfolgten Abschluß des zweiten Abschnittes des Habilitationsverfahrens ausgeht. Eine am Maßstab des Gesetzes zu überprüfende Feststellung über die von der Habilitationskommission festgestellten Mängel der methodischen Beherrschung und der wissenschaftlichen Durchdringung des Habilitationsfaches durch den Beschwerdeführer ist der Begründung des Bescheides nicht zu entnehmen.
Vor allem aber fehlt dem Bescheid der Abspruch darüber, bis zu welchem Termin der Beschwerdeführer der Habilitationskommission zum Zeitpunkt der Begutachtung des Habilitationskolloquiums geeignet erschien, ein am Maßstab des Gesetzes durchzuführendes neuerliches Habilitationskolloquium vor der belangten Behörde abzulegen weil er nach dem zwingenden Wortlaut der Bestimmung des § 36 Abs. 6 UOG zu einer einmaligen Wiederholung des Habilitationskolloquiums nach einer von der Kommission im Rahmen des Gesetzes zu bestimmenden Frist zuzulassen ist. Einen Ausschluß des Habilitationswerbers von der einmaligen Wiederholung im Falle gänzlich mangelnder Eignung, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, sieht das Gesetz nicht vor.
Da die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, war auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Mängel des Verfahrens und auf die dazu angebotenen Beweismittel nicht weiter einzugehen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren ErlässeBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120218.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009