TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/9 90/12/0108

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Veröffentlicht am 09.07.1991
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §49 Abs1;
PG 1965 §49;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des minderjährigen Karl X in K, zunächst vertreten durch den Vormund Karl X, dieser vertreten durch Dr. W Rechtsanwalt in Z, nunmehr vertreten durch Dr. Karl X in W ,als gesetzlicher Vertreter, gegen den Bundesminister für Finanzen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung gegen den Bescheid des Bundesrechenamtes vom 25. Juni 1987 in Angelegenheit Unterhaltsbeitrag nach § 49 Abs. 1 PG 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG wird die Berufung gegen den Bescheid des Bundesrechenamtes vom 25. Juni 1987, Zl. 1423-200279/1, abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1988, Zlen. 88/12/0126-0128, verwiesen, mit dem unter anderem der den Beschwerdeführer betreffende Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 1988, Zl. 55 5310/1-VI/5/87, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden ist.

Im fortgesetzten Verfahren ließ die belangte Behörde Säumnis eintreten, sodaß die Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG (§ 27 VwGG) zulässig ist.

Die belangte Behörde blieb auch in der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten dreimonatigen Frist untätig. Sie hat weder innerhalb der Frist den versäumten Bescheid erlassen noch angegeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers ist daher auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund der vorgelegten Akten, Urkunden sowie der Vernehmung des Karl X, geboren am 16. Juli 1916 und des Dr. Karl X, geboren am 10. Juli 1943 wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer Karl X wurde am 20. Februar 1979 als ehelicher Sohn der Eva Maria X und des Dr. Karl X. geboren. Die Mutter des Beschwerdeführers verstarb am 27. März 1985. Der Vater des Beschwerdeführers verlor laut Bescheid des Oberlandesgerichtes Graz vom 24. September 1986 (bestätigt mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 18. November 1986) mit Wirksamkeit vom 16. September 1986 sein Amt als Richter. Die Bezüge des Vaters des Beschwerdeführers Dr. Karl X. wurden gemäß § 6 Abs 2 des Gehaltsgesetzes 1956 mit Ablauf des Monates September 1986 eingestellt.

Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Steiermark, vom 28. Mai 1986 wurde dem Beschwerdeführer ein Leistungsanspruch ab 27. März 1985 an Waisenpension von monatlich S 526,20 und ab 1. Jänner 1986 von S 544,60 zuerkannt, wobei ausgesprochen wurde, über einen allfälligen Anspruch auf Ausgleichszulage könne erst später entschieden werden.

Seit Anfang November 1984 befand sich der Beschwerdeführer in Pflege bei seinem Großvater Karl X, der ihm vollen Unterhalt (in natura) gewährte.

Mit einer vom 22. Oktober 1986 datierten Eingabe stellte Dr. Karl X. an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz den Antrag gemäß § 49 Abs. 1 und 2 PG 1965 auf Gewährung von monatlichen Unterhaltsbeiträgen unter anderem auch für den Beschwerdeführer.

Dr. Karl X. beantragte am 6. Jänner 1987 beim Bezirksgericht K, die Vormundschaft für die minderjährigen Johannes X., Karl X. und den Beschwerdeführer für die Dauer seiner Haftzeit seinem Vater Karl X. zu übertragen, weil er mit 7. Jänner 1987 eine fünfjährige Haftstrafe antreten werde. Mit Beschluß des genannten Pflegschaftsgerichtes vom 19. März 1987 wurden Dr. Karl X. für die Dauer seiner Haft die elterlichen Rechte und Pflichten entzogen und der väterliche Großvater Karl X. zum Vormund der Minderjährigen bestellt.

Gemäß § 4 Z. 3 des Unterhaltsvorschußgesetzes wurde angeordnet, Vorschüsse für die Minderjährigen, darunter den Beschwerdeführer, an den Vormund auszuzahlen.

Mit Beschluß des gleichen Gerichts vom 12. Mai 1987, P 124/84-33, wurden dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1987 Unterhaltsvorschüsse von monatlich S 1.603,-- gewährt, die an Karl X. auszubezahlen waren. Die Unterhaltsvorschüsse wurden für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1989 auf monatlich S 1.691,-- und ab 1. Jänner 1990 auf S 1.802 erhöht, ab 31. Mai 1990 jedoch eingestellt.

Vom 1. Jänner bis 30. Juni 1987 verfügte der Beschwerdeführer über eine Waisenpension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern von monatlich S 565,30 (Bescheid vom 26. März 1987), ab 1. Juli 1988 S 578,30, ab 1. Jänner 1989 S 590,40, ab 1. Jänner 1990 S 608,10, ab 1. Juli 1990 S 614,20 (Bescheid vom 26. Juli 1990), ab 1. September 1990 S 614,20 (+ Ausgleichszulage S 11,70) und seit 1. Oktober 1990 S 614,20 (Bescheid vom 23. Oktober 1990). Mit Bescheid derselben Anstalt vom 26. Juli 1990 wurde die Ausgleichszulage des Beschwerdeführers für die Zeit vom 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1986 mit S 687,-- monatlich bemessen, jedoch ab 1. Jänner 1987 kein Anspruch auf Ausgleichszulage festgesetzt, weil die Summe der anrechenbaren Einkünfte bereits den Richtsatz überstiegen habe.

Der vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpfte Bescheid des in erster Instanz zuständigen Bundesrechenamtes, mit dem dem Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Oktober 1986 auf Unterhaltsbeitrag gemäß § 49 Abs. 1 PG 1965 nicht stattgegeben wurde, beruht nach der Bescheidbegründung im wesentlichen darauf, daß dem Beschwerdeführer im Jahre 1986 monatlich S 544,60, ab 1. Jänner 1987 S 565,30 von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Waisenpension nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) und für die Zeit vom 1. Jänner 1987 bis 31. Dezember 1989 Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z. 3 des Unterhaltsvorschußgesetzes (UVG) von monatlich S 1.603,-- gewährt worden seien.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit seinem in dieser Sache ergangenen Erkenntnis vom 12. Dezember 1988,

Zlen. 88/12/0126-0128, ausgesprochen hat, ist bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrages gemäß § 49 Abs. 1 PG 1965 von der tatsächlichen Lage des Einkommens der antragstellenden Angehörigen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung auszugehen und danach zu prüfen, ob die Angehörigen ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen besitzen. Unter "Einkommen" im Sinne des § 49 Abs. 1 PG 1965 ist alles das zu verstehen, was dem Angehörigen aus was immer für einen Rechtstitel oder sonstigen Anlaß an Geld oder Geldeswert zufließt und geeignet ist, daraus den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dazu gehören auch Unterhaltsleistungen, die der Angehörige von welcher Seite immer tatsächlich erhält.

Der Beschwerdeführer hat ab dem Tod seiner Mutter (27. März 1985) ein Einkommen in festgestellter Höhe als Waisenpension von der Bauern-Sozialversicherungsanstalt sowie die festgestellten Unterhaltsvorschüsse bezogen.

Seit Anfang November 1984 befindet sich der Beschwerdeführer in Pflege und Erziehung des väterlichen Großvaters Karl X., der dem Beschwerdeführer Unterhaltsleistungen in einem solchen Ausmaß geleistet hat, daß dadurch tatsächlich der notwendige Lebensunterhalt des Beschwerdeführers ausreichend gewährleistet war.

Der väterliche Großvater des Beschwerdeführers war während der hier maßgeblichen Zeit außer für den Beschwerdeführer, für seine Ehefrau sowie in der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis 5. Oktober 1988 auch für den Bruder des Beschwerdeführers Maximilian als Großvater sorgepflichtig. Er war während dieser Zeit Pensionist im Sinne des Pensionsgesetzes 1965. Die Höhe der Pension betrug 1986 S 25.420,--, 1987 und 1988 S 26.157,60, 1989 S 27.204,--, 1990 S 27.992 und 1991 S 29.940,-- brutto monatlich (14 mal jährlich). Einen Steigerungsbetrag zur Haushaltszulage hat Karl X. für den Beschwerdeführer trotz Antragstellung nicht erhalten.

Einkünfte aus der Landwirtschaft sind dem Beschwerdeführer nicht zugekommen.

Weder der Beschwerdeführer noch der im Verfahren einvernommene Großvater Karl X. haben vorgebracht, daß durch die Gewährung des Unterhaltes in natura an den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der sonstigen Sorgepflichten der eigene angemessene Unterhalt des Großvaters gefährdet worden wäre.

Nach Amtsenthebung und Einstellung seiner Bezüge sowie während der Dauer seiner Strafhaft (7. Jänner 1987 bis 30. Mai 1990) leistete der Vater des Beschwerdeführers diesem keinen Unterhalt.

Nach der Haftentlassung wohnte Dr. Karl X. zunächst im gemeinsamen Haushalt mit seinem Vater Karl X. und dem Beschwerdeführer. Er bezog eine Notstandshilfe vom Arbeitsamt T im Betrag von S 185,-- täglich bis 31. Dezember 1990. Daneben bezog er eine Pension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern von monatlich S 1.023,70 (14 mal jährlich). Auch nach der Entlassung aus der Strafanstalt hat der Vater des Beschwerdeführers dem Beschwerdeführer keinen Unterhalt geleistet. Die Unterhaltsleistungen erfolgten im vollen Ausmaß des notwendigen Unterhaltes durch den väterlichen Großvater, der vom Vater des Beschwerdeführers keine Unterhaltsbeiträge forderte. Seit 1. Jänner 1991 wohnt der Vater des Beschwerdeführers in W. Seither ist er als Angestellter der F-Gesellschaft beschäftigt und bezieht ein monatliches Einkommen von brutto S 10.845,--.

Auch seither hat sich an den Unterhaltsleistungen für den Beschwerdeführer nichts verändert, d.h. der Unterhalt wird vom Großvater geleistet, der keine Forderungen an den Vater des Beschwerdeführers stellt.

Der vom Großvater während der Haft des Vaters des Beschwerdeführers auf Grund seiner Unterhaltspflicht in natura geleistete Unterhalt hat den notwendigen Unterhalt des Beschwerdeführers ausreichend gewährleistet. Diese gesetzliche Unterhaltspflicht (§ 141 ABGB) kam deshalb zum Tragen, weil der Vater des Beschwerdeführers zunächst nach Verlust des Richteramtes und Einstellung seiner Bezüge sowie in der Folge während der Dauer seiner Haft zur Leistung des gesetzlichen Unterhaltes nicht imstande war. In der Zeit nach der Haftentlassung des Vaters des Beschwerdeführers hat der Großvater des Beschwerdeführers es unterlassen, vom Vater des Beschwerdeführers angemessene Beiträge zum Unterhalt des Beschwerdeführers zu begehren. Dadurch ist er in jenem Ausmaß, das vom Vater an Unterhalt auf Grund seiner Leistungsfähigkeit zu leisten gewesen wäre, nicht auf Grund des Gesetzes sondern freiwillig für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufgekommen. Diese freiwilligen Leistungen des Großvaters des Beschwerdeführers sollten aber, wie sich aus seiner eigenen Aussage und der des Vaters des Beschwerdeführers eindeutig entnehmen läßt, den Vater des Beschwerdeführers von dessen eigener Leistungspflicht befreien. Hat doch der Vater des Beschwerdeführers angegeben, sein Vater habe nach der Haftentlassung zu seinem eigenen Unterhalt beigetragen. Beiden Zeugenaussagen ist auch eindeutig zu entnehmen, daß sich der Großvater um die Regelung der finanziellen Verhältnisse seines Sohnes während der ganzen hier maßgeblichen Zeit in dessen Interesse bemüht hat und offenbar durch Übernahme der Unterhaltsleistungen an den Beschwerdeführer seinen Sohn von dieser Last befreien wollte. Für einen allfälligen Anspruch auf Ersatz des Aufwandes nach § 1042 ABGB bleibt demnach in diesem Fall kein Raum.

Für die Gebührlichkeit der hier strittigen Ansprüche des Beschwerdeführers auf Unterhaltsbeiträge nach § 49 Abs. 1 PG bleibt es bei dieser Sach- und Rechtslage irrelevant, ob der notwendige Unterhalt des Beschwerdeführers vom gesetzlich hiezu jedenfalls subsidiär verpflichteten Großvater oder vom Vater zur Gänze oder zum (seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen angemessenen) Teil geleistet worden ist, weil die Naturalleistungen, die dem Beschwerdeführer erbracht wurden, jedenfalls ein Einkommen im Sinne des § 49 Abs. 1 PG 1965 darstellen, durch das sein notwendiger Unterhalt gewährleistet war.

Auf Grund dieses Sachverhaltes ergibt die bereits im Vorerkenntnis im wesentlichen dargelegte rechtliche Beurteilung, daß die Berufung des Beschwerdeführers im Ergebnis nicht berechtigt ist. Rechnet man nämlich zu den festgestellten Geldeinnahmen des Beschwerdeführers die ihm erbrachten Naturalleistungen hinzu, so kann kein Zweifel darüber bestehen, daß er über ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen verfügt hat.

Der Beschwerdeführer verkennt in seiner Beschwerde die Rechtslage, wenn er vermeint, daß die Leistung des Unterhalts durch den Großvater väterlicherseits, der den Unterhalt des Beschwerdeführers nach dem Beschwerdevorbringen gedeckt hat, kein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Angehörigen im Sinn des § 49 PG 1965 zu berücksichtigendes Einkommen darstellt.

Der Berufung des Beschwerdeführers mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990120108.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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