TE Vfgh Erkenntnis 1988/11/29 B1135/87

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Veröffentlicht am 29.11.1988
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967

Norm

KFG §103 Abs2

Leitsatz

KFG 1967; keine Bedenken gegen die dem Zulassungsbesitzer nach §103 Abs2 idF der 10. KFG-Nov., BGBl. 106/1986, auferlegte Erteilung einer Auskunftspflicht über den Lenker des Fahrzeuges; keine Bedenken im Hinblick auf das nicht anerkannte Zeugnisverweigerungsrecht in bezug auf Familienangehörige; kein Entzug des gesetzlichen Richters durch bloßes Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 13. Oktober 1987 erkannte der Landeshauptmann von Kärnten den Bf. einer Übertretung nach §103 Abs2 des Kraftfahrgesetzes 1967 idF der 10. KFG-Nov. schuldig, weil er als Zulassungsbesitzer eines mit dem Kennzeichen angeführten Pkws über Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt am Gendarmeriepostenkommando Völkermarkt (Befragung durch einen Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostens Völkermarkt) keine Auskunft habe darüber erteilen können, wer den Pkw zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem näher bezeichneten Straßenbereich gelenkt hat. Über den Bf. wurden gemäß §134 KFG 1967 eine Geldstrafe sowie eine Ersatzarreststrafe verhängt.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie eine Rechtsverletzung infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend macht und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. U.a. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ersten bis dritten Satzes im §103 Abs2 KFG 1967 in der erwähnten Fassung ein. Der Gerichtshof sprach mit dem Erkenntnis G72/88 (und weitere Zahlen) vom 29. September 1988 aus, daß diese Gesetzesvorschriften nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.

III. Die Beschwerde ist nicht gerechtfertigt.

1. Soweit die Beschwerde die Verfassungswidrigkeit des §103 Abs2 KFG 1967 (- hier und im folgenden ist diese Vorschrift stets in der Fassung der 10. KFG-Nov. gemeint -) behauptet, ist auf die Entscheidungsgründe des Gesetzesprüfungserkenntnisses G72/88 hinzuweisen.

2. Zu dem ohne Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des VfGH erhobenen Beschwerdevorwurf, es hätte in der Sache zufolge Art6 MRK ein Gericht (gemeint: ein Tribunal) entscheiden müssen, genügt es, etwa auf das Erk. VfSlg. 9409/1982 aufmerksam zu machen.

Wenn die Beschwerde ferner eine Verletzung des aus Art8 MRK erfließenden Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf das nicht anerkannte Zeugnisverweigerungsrecht in bezug auf Familienangehörige geltend macht, läßt sie den - in den Entscheidungsgründen des gefällten Gesetzesprüfungserkenntnisses dargelegten - normativen Inhalt des §103 Abs2 KFG 1967 völlig außer Betracht; der von ihr gerügte Umstand hat seine Wurzel nicht etwa in der behördlichen Vollzugstätigkeit, sondern im Gesetz.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nimmt die Beschwerde schließlich deshalb an, weil im Verwaltungsverfahren beantragte Beweise nicht durchgeführt worden seien. Eine solche Rechtsverletzung kann nach der ständigen Judikatur des Gerichtshofs jedoch durch ein bloßes Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften nicht bewirkt werden (zB VfSlg. 10140/1984).

3. Auch eine sonstige, im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wahrzunehmende Rechtswidrigkeit kam nicht hervor. Die Beschwerde war sohin abzuweisen und - antragsgemäß dem VwGH abzutreten.

IV. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen.

Schlagworte

Kraftfahrrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B1135.1987

Dokumentnummer

JFT_10118871_87B01135_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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