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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art144 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache des Karl L jun. in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in S gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 7. Februar 1990, Zl. MDR-L 13/89, betreffend Vergnügungssteuer, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. Juli 1989 schrieb der Magistrat der Stadt Wien, MA 4/7, unter anderem dem Beschwerdeführer Vergnügungssteuer im Betrag von S 960.000,-- zuzüglich Verspätungs- und Säumniszuschlag vor. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Akt erliegenden Rückschein unter der im Bescheid genannten Anschrift XY zu Handen seiner Mutter Hedwig L zugestellt.
In der dagegen erhobenen Berufung bezeichnete der Beschwerdeführer seine Anschrift gleichlautend wie oben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Auch dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer unter der oben genannten Anschrift zu Handen seiner Mutter zugestellt, und zwar nach dem im Akt erliegenden Rückschein am 16. Februar 1990.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Darin gab er seine Adresse mit "richtig: M-Straße nn, S" an und behauptete, der angefochtene Bescheid sei ihm am 19. Februar 1990 zugestellt worden.
Mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 456/90-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der nach Mängelbehebung und Einleitung des Vorverfahrens erstatteten Gegenschrift der belangten Behörde wies diese auf die Verspätung der Beschwerde sowie auf den Umstand hin, daß der Beschwerdeführer selbst im Verwaltungsverfahren die Adresse "XY" angeführt und eine etwaige Änderung der Abgabestelle der Behörde nicht mitgeteilt habe.
Der Beschwerdeführer ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof diesem Vorbringen nicht entgegengetreten.
Gemäß § 4 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort.
Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren eine Änderung seiner Abgabestelle nicht bekanntgegeben. Eine solche Bekanntgabe erfolgte erst im gegenständlichen Beschwerdeverfahren. Hat die Partei in einem Anbringen eine Abgabestelle genannt, so kann diese als ihre bisherige Abgabestelle angesehen werden; eine Partei, die der Behörde eine allenfalls unrichtige Wohnanschrift angibt, hat die ihr aus einer Zustellung an diese unrichtige Wohnanschrift erwachsenden Rechtsnachteile selbst zu vertreten (vgl. Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, Seite 44, Anmerkung 4 zu § 8 ZustellG, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Die Zustellung des angefochtenen Berufungsbescheides durfte daher rechtens unter der vom Beschwerdeführer in seiner Berufung selbst angegebenen Anschrift XY erfolgen und zwar im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 leg. cit. an seine Mutter als Ersatzempfängerin; daß die in den zuletzt genannten Gesetzesstellen aufgestellten Voraussetzungen für eine gültige Ersatzzustellung etwa nicht vorgelegen seien, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Es ist daher davon auszugehen, daß die Zustellung des angefochtenen Bescheides bereits am 16. und nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, am 19. Februar 1990 in rechtswirksamer Weise erfolgt ist. Die sechswöchige Beschwerdefrist des § 82 Abs. 1 VfGG bzw. des § 26 Abs. 1 VwGG endete daher am 30. März 1990. Die erst am 2. April 1990 zur Post gegebene Verfassungsgerichtshofbeschwerde war daher verspätet. Die Versäumung der Beschwerdefrist mußte vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens wahrgenommen werden und hatte somit - ungeachtet des Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes - zur Zurückweisung der Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zu führen, zumal auch der Abtretungsbeschluß keinen den Verwaltungsgerichtshof bindenden Ausspruch über die Rechtzeitigkeit der Beschwerde darstellt (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 31. Jänner 1986, Zl. 85/17/0113, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990170327.X00Im RIS seit
18.04.2001Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008