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L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der D & Co GesmbH in B, vertreten durch Dr. W Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 1. März 1991, Zl. IIIa-221/43, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erließ den mit 1. Februar 1990 datierten Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Abwassereinleitung der Firma D & Co. GesmbH., B, im Jahre 1989: 323.072 m3.
300.000 m3 a S 9.-- = S 2.700.000,--
23.072 m3 a S 5,715 = " 131.856,48
abzüglich Teilzahlungen 1989 ohne MWSt. = " 1.453.824,--
Restzahlung S 1.378.032,48
+ 10 Prozent MWSt. = " 137.803,24
Gesamtbetrag S 1.515.835,72
Der im Bescheid angeführte Gesamtbetrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zur Zahlung fällig. Bei Nichteinhaltung dieses Zahlungstermines gelangen Säumniszuschläge und gegebenenfalls Mahngebühren in Anrechnung."
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde "auf Grund des Beschlusses der Abgabenkommission der Gemeinde B vom 12. Juli 1990" mit dem vom Gemeindeamt ausgefertigten und mit 6. August 1990 datierten Berufungsbescheid abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Februar 1990 bestätigt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. März 1991 gab die Vorarlberger Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es:
"Gemäß § 20 Abs. 7 lit. b des Kanalisationsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1989, kann die Gemeindevertretung durch Verordnung bestimmen, daß bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühren bis zu 50 v.H. der anfallenden Schmutzwassermengen außer Betracht bleiben, wenn diese ein solches Ausmaß erreicht, daß sie geeignet ist, die auf eine Mengeneinheit des Schmutzwassers entfallenden Betriebskosten der bestehenden oder geplanten Abwasserreinigungsanlage zu verringern.
Aufgrund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 9.6.1987 wurde eine Verordnung entsprechend den §§ 19, 20 und 22 des Kanalisationsgesetzes erlassen. Die Verordnung datiert vom 28.12.1987. In Art. I wird normiert, daß bei der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühren für die Firma D & Co, B, folgende
Rabattstaffel angewendet wird:
Abwassereinleitung bis 300.000 m3 pro Jahr: 0 Prozent Rabatt
Abwassereinleitung ab 300.001 m3 pro Jahr: 35 Prozent Rabatt
auf die jeweils gültigen Kubikmetersätze zuzüglich
Mehrwertsteuer. Danach steigender Rabattsatz von jeweils
0,5 Prozent pro 10.000 m3/Jahr bis zu einer Jahresmenge von
600.000 m3. Über 600.000 m3 bleibt der Rabattsatz bei
50 Prozent stehen.
In Art. II wurde festgesetzt, daß die Verordnung am 29.12.1987 in Kraft tritt. Der Tag der Verlautbarung war am 28.12.1987. Die Abnahme an der Amtstafel erfolgte am 11.1.1988.
In das Protokoll über die Gemeindevertretungssitzung vom 9.6.1987 betreffend die Mengenrabattbestimmungen für Kanalbenützungsgebühren wurden zwei Beispiele aufgenommen. Im ersten Falle wurde die Annahme von 450.000 m3 pro Jahr getroffen. Dies ergibt 35 Prozent + 15 x 0,5 Prozent (7,5 Prozent), sohin einen Mengenrabatt von 42,5 Prozent. Als zweites Beispiel wurden 590.000 m3 pro Jahr angenommen. Hier ergibt sich der Prozentsatz von 49,5 Prozent
(35 Prozent + 29/0,5 Prozent (= 14,5 Prozent)).
Aus der Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der Firma D vom 3.6.1987 ergibt sich unter Pkt. 1., daß der Rabatt linear steigend von 300.000 m3 jährlich mit 35 Prozent Rabatt und alle 10.000 m3 um 0,5 Prozent verläuft, bis ein Rabatt von maximal 50 Prozent erreicht wird. Diese Rabattgrenze wird bei 600.000 m3 erreicht und bleibt ab dieser Größe gleich.
Bei den vierteljährlichen Vorschreibungen der Kanalbenützungsgebühr wurde ein Preis von S 4,50 je m3 angesetzt. Dies entspricht dem halben Gebührensatz (S 9,-- pro m3 laut Verordnung der Gemeindevertretung vom 27.4.1987). Bei der Berechnungsgrundlage wurde von einer Abwassereinleitung über 600.000 m3 pro Jahr ausgegangen.
Im Jahr 1988 wurde für die vorläufige Einleitung ein Rabattsatz von 50 Prozent gewährt. Bei der Rechnungslegung am Jahresende wurde ein Rabattsatz von 42 Prozent für das Gesamtjahr 1988 angesetzt. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 7.8.1990 kam es zu einer nachträglichen Festsetzung der Kanalbenützungsgebühren 1988. Im Bescheid heißt es einleitend, daß die als 'Rechnung' titulierte Nachforschung vom 29.12.1988 sich zwischenzeitlich durch eine FEHLINTERPRETATION des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 9.6.1987 (Rabattstaffel Firma D & Co) als nicht richtig erwiesen habe, weshalb die endgültige Rabattfestsetzung für 1988 neu vorgenommen werden mußte und die Kanalbenützungsgebühren für 1988 somit bescheidmäßig vorgeschrieben werden.
Die Gemeinde B geht nunmehr bei der Verordnung vom 28.12.1987 betreffend die Mengenrabatte davon aus, daß bis zu einer Menge von 300.000 m3 pro Jahr kein Rabatt gewährt wird und erst ab dieser Größe ein Rabatt von 35 Prozent linear steigend bis 50 Prozent eingeräumt wird. Die Vorstellungswerberin ist der Auffassung, daß bei Überschreiten der 300.000 m3 pro Jahr eine Rabattierung einsetzt, wobei die ersten 300.000 m3 bereits mit 35 Prozent begünstigt werden und dann je 10.000 m3 mit 0,5 Prozent weiter bis zur Größe von 50 Prozent steigt.
Die Vorschreibung für 1988 unterstreicht die Betrachtungsweise der Vorstellungswerberin. Weiters verwundert die vierteljährliche Vorschreibung im Jahre 1989 insofern, als hier die ersten 300.000 m3 nicht mit 0 Prozent, sondern auch mit 50 Prozent Berücksichtigung erfuhren. Ende 1988 war die Gemeinde B in Kenntnis, daß von der D & Co Ges.m.b.H.
336.359 m3 eingeleitet wurden. Es wird sohin die Grenze von 300.000 m3 nur geringfügig überschritten. Dies hätte die Gemeinde B im Sinne ihrer Auslegung zum Anlaß nehmen können, für das Jahr 1989 100 Prozent und nicht 50 Prozent des Abgabensatzes zur Vorschreibung zu bringen, weil die Grenze von 300.000 m3 sowieso nur geringfügig überschritten wurde.
Verordnungen sind Allgemeinregelungen, die von Verwaltungsorganen in hoheitlicher Funktion einseitig erlassen werden und subjektive Rechte der Adressaten zum Inhalt haben. Verordnungen sind generelle Rechtsvorschriften, die von Verwaltungsbehörden erlassen werden. In der Charakterisierung der Verordnung als Allgemeinregelung kommt die Abgrenzung zum Einzelakt der Verwaltung, insbesonders auch zum Bescheid zum Ausdruck. In dieser Hinsicht irritiert der Text der Verordnung über die Festsetzung der Rabatte bei Kanalbenützungsgebühren, wenn es heißt, daß bei der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühren FÜR DIE FIRMA D & CO folgende Rabattstaffeln anzuwenden sind.
Bei der Interpretation der Verordnung entsprechend § 6 des ABGB darf kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Diese Absicht ergibt sich insbesondere aus den im Gemeindevertretungsprotokoll aufgenommenen Beispielen für die Berechnung des Rabattsatzes. Aus der Berechnung ergibt sich, daß für die ersten 300.000 m3 Rabatt gewährt werden. Dazu kommt im Beispiel 1 für 150.000 m3 noch ein Prozentsatz von 7,5 Prozent (15 x 0,5 Prozent) hinzu. Es ergibt sich daher ein Rabattsatz von 42,5 Prozent jährlich bei 450.000 m3. Daß hier die ersten 300.000 m3 pro Jahr ebenfalls begünstigt werden, ergibt sich aus der Addition 35 Prozent + 15/0,5 Prozent. Dies spricht auch dafür, daß von einem Sockelprozentsatz ausgegangen wird und anschließend pro 10.000 m3 eine Erhöhung von 0,5 Prozent dazugenommen wird. In der Verordnung wird festgesetzt, daß bei einer Abwassereinleitung ab 300.001 m3 35 Prozent auf die jeweils gültigen Kubikmetersätze zuzüglich Mehrwertsteuer entfallen.
Sohin wären auch für 300.001 m3 ein Rabattsatz von 35 Prozent anzusetzen. Es heißt dann weiter, daß danach der Rabattsatz jeweils 0,5 Prozent pro 10.000 m3/Jahr ansteigt. Dieses "danach" ergibt ebenfalls zu erkennen, daß bereits die Kubikmetersätze davor einer Rabattregelung zuzuführen sind. Die Vorgangsweise im Jahre 1988 und auch die vierteljährlichen Berechnungen für das Jahr 1989 sprechen für die Berücksichtigung der ersten 300.000 m3 Abwässer bei der Berechnung der Rabatte für die Kanalbenützungsgebühren. Die Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der Firma D vom 3.6.1987 schlägt in dieselbe Kerbe einer linear ansteigenden Rabattstaffel.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Verordnung über die Rabattfestsetzung vom 28.12.1987 keine klare Regelung aufweist. Dies konnte die Gemeinde B auch zum Anlaß nehmen, von ihrer Interpretation im Jahre 1988 abzugehen. Aufgrund des gegenständlichen Verwaltungsaktes, der Vereinbarung zwischen der Gemeinde B und der Firma D vom 3.6.1987, der Rechenbeispiele im Sitzungsprotokoll der Gemeindevertretung vom 12.6.1987 und der Art der vierteljährlichen Vorschreibung betreffend das Jahr 1989 lassen den Schluß zu, daß auch die ersten 300.000 m3 mit dem Rabattsatz von 35 Prozent in Ansatz zu bringen sind.
Die Gemeinde B dokumentiert die Mehrdeutigkeit der Verordnung, indem sie am 7.12.1990 eine neue Kanalordnung in Kraft setzte, welche die Gebühr für eine Abwassermenge von 300.000 m3 pro Jahr den für alle Benützer geltenden Sätzen gleichstellt. Erst bei einer Abwassermenge ab 300.001 m3 werden Rabatte gewährt.
Entsprechend § 52 Abs. 1 des Abgabenverfahrensgesetzes haben die Behörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und VON AMTS WEGEN die tatsächlichen und RECHTLICHEN VERHÄLTNISSE zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Verwaltung der Abgaben wesentlich sind.
Die Gemeinde B konnte keine Unterlagen vorweisen, welche eine eindeutige Interpretation der Verordnung zulassen würden. Eine Zeugeneinvernahme oder Niederschrift mit dem ehemaligen Protokollführer, Dr. Guntram J, liegen nicht vor. Aktenvermerke oder Befragungen von Gemeindevertretern bezüglich der Interpretation der Verordnung gibt es ebenfalls nicht. Es fehlt an den amtswegigen Nachforschungen und Erhebungen für eine klare Interpretation der Verordnung vom 28.12.1987.
Gemäß § 83 Abs. 7 des Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 40/1985, hat die Aufsichtsbehörde, wenn durch den Bescheid Rechte des Einschreiters verletzt wurden, den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen. Aufgrund obiger Erwägungen kam es zur spruchgemäßen Entscheidung."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der (als "Beschwerdepunkte") Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, aus ihrer Sicht sei die Entstehung der Gebührenrabattverordnung vollkommen klar. Es sei von allem Anfang an davon die Rede gewesen, daß der Rabattsatz jeweils die gesamte Abwassermenge betreffe. Dies ergebe sich aus der ersten Vorschreibung für das Jahr 1988 auch zweifelsfrei. Erst später habe die mitbeteiligte Gemeinde wider Treu und Glauben ihre eindeutige Verordnung "uminterpretiert". Es sei verfehlt, von einer unklaren Regelung eines Falles, mit dessen Eintreten keiner der Besprechungspartner je gerechnet habe (und der auch erwartungsgemäß nie eingetreten sei) auszugehen und darauf aufbauend eine Verordnung als unklar zu bezeichnen, obwohl sie in Wirklichkeit vollkommen eindeutig sei.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und
eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bindungswirkung einer aufhebenden Vorstellungsentscheidung an die ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung TRAGENDEN BegründungsELEMENTE geknüpft. Jener Teil der Begründung eines aufhebenden Vorstellungsbescheides, der darlegt, in welchen Punkten nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, der also aufzeigt, welche der in der Vorstellung geltend gemachten oder sonst in Betracht kommenden Rechtsverletzungsmöglichkeiten mangels tatsächlicher Rechtsverletzung keine Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides nach sich zu ziehen hätten, löst deshalb keine bindende Wirkung aus, weil er den aufhebenden Spruch nicht trägt. Die so zu verstehende Bindungswirkung erstreckt sich in der Folge auch auf die Vorstellungsbehörde sowie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1989, Zl. 87/17/0021).
Soweit in der Gegenschrift der belangten Behörde die Meinung vertreten wird, daß durch die "Zurückweisung" der Angelegenheit an die Gemeinde zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung "keinerlei Bindungswirkung bezüglich Auslegung der Verordnung vom 28.12.1987" entstanden sei, so ist auf folgendes hinzuweisen:
Die belangte Vorstellungsbehörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Aussage getroffen, "daß die Verordnung über die Rabattfestsetzung vom 28. Dezember 1987 keine klare Regelung aufweist". Dieses von der belangten Behörde gegebene Begründungselement tritt nun sprachlich keinesfalls als bloß unverbindliche Belehrung über die Rechtslage, als bloßes obiter dictum in Erscheinung. An diese Aussage wird vielmehr die Rechtsansicht geknüpft, es fehle "an den amtswegigen Nachforschungen und Erhebungen für eine klare Interpretation der Verordnung vom 28. 12. 1987". Diese den Aufhebungsausspruch tragende Rechtsansicht der belangten Vorstellungsbehörde vermag aber auch eine Bindungswirkung auf die neuerliche von der Abgabenbehörde der mitbeteiligten Gemeinde zu treffende Entscheidung auszuüben, und zwar in dem Sinne, daß eine näher bezeichnete Rechtsfrage (nur) unter Anwendung einer bestimmten (subjektiv-historischen) Interpretationsmethode zu lösen ist. In einem solchen Fall ist aber auch die Beschwerde der Beschwerdeführerin als gegeben anzusehen.
Gemäß § 83 Abs. 7 des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 40/1985, hat die Aufsichtsbehörde, wenn durch den Bescheid Rechte des Einschreiters verletzt wurden, den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
Eine solche Rechtsverletzung kann - analog zum Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - unter anderem in einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides der höchsten Gemeindeinstanz oder in einer relevanten Verletzung von Verfahrensvorschriften bestehen; ist etwa der Sachverhalt auf Gemeindeebene nicht hinreichend geklärt worden und führt die Vorstellungsbehörde kein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, so hat sie den Bescheid der obersten Gemeindeinstanz aufzuheben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10067/A, vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/05/0164, und vom 25. Juli 1990, Zl. 87/17/0304). Nicht jedoch darf eine solche Aufhebung mit der Begründung erfolgen, die Gemeindebehörden hätten die Klärung einer RECHTSFRAGE unterlassen.
Die belangte Vorstellungsbehörde hat der mitbeteiligten Gemeinde nicht etwa die nähere Klärung eines Sachverhaltes aufgetragen; sie hat sie vielmehr angewiesen, eine Rechtsfrage - und zwar unter Anwendung einer bestimmten (subjektiv-historischen) Interpretationsmethode - zu lösen. Zur Lösung der Rechtsfrage war aber die belangte Vorstellungsbehörde in Wahrheit selbst verpflichtet. Da sie dies verkannt hat, hat sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1985, Zl. 83/05/0001; damals war die Vorstellungsbehörde fälschlicherweise vom Fehlen einer Begründung im Bescheid der obersten Gemeindebehörde ausgegangen, anstatt die Stichhältigkeit der Begründung zu überprüfen).
Da die belangte Behörde die gegenständliche Verordnung auf den Sachverhalt nicht angewendet hat, stellte sich für den Verwaltungsgerichtshof nicht die Frage einer allfälligen Gesetzwidrigkeit derselben.
Aus den obigen Gründen erweist sich die dem angefochtenen Bescheid tragend zugrunde gelegte Rechtsansicht der belangten Vorstellungsbehörde als unzutreffend. Dieser Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der VorstellungsbehördeMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren VorstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991170061.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
24.03.2014