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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §240 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Nöst, über die Beschwerde des Dr. Ernst L in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. April 1991, Zl. 443/1-5/Se-1990, betreffend Rückzahlung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für das Kalenderjahr 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde von seinem Arbeitgeber zum 31. Dezember 1987 gekündigt. Er focht bei Gericht die Kündigung mit Erfolg an. Im Jahre 1988 bezog der Beschwerdeführer kein Arbeitseinkommen. Auf Grund des Prozeßerfolges erhielt er 1989 den Arbeitslohn für 1988 und 1989 nachbezahlt.
Der Arbeitgeber wendete einen Belastungsprozentsatz gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 von 29,27 Prozent an.
Der Beschwerdeführer stellte beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers einen Antrag auf Rückzahlung 1989 zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer. Er vertrat die Meinung, das letzte volle Kalenderjahr im Sinne § 67 Abs. 8 EStG 1988 sei das vor der Nachzahlung, hier also das Kalenderjahr 1988. Da er in diesem Jahr kein Arbeitseinkommen gehabt habe, betrage der Steuersatz (Belastungsprozentsatz) null.
Die belangte Behörde folgte im Instanzenzug dieser Ansicht nicht. Unter dem letzten vollen Kalenderjahr sei dasjenige zu verstehen, in dem der Arbeitnehmer vom betreffenden Arbeitgeber ein volles Jahr hindurch Lohn ausbezahlt erhalten habe. Dies sei hier das Kalenderjahr 1987. In Anlehnung an § 122 Abs. 7 EStG 1988 sei der Tarif des EStG 1988 zur Ermittlung des Belastungsprozentsatzes auf die Lohnsteuerbemessungsgrundlage 1987 (laut Lohnzettel) von S 447.489,-- anzuwenden. Dabei zog die belangte Behörde bereits das Werbungskostenpauschale und das Sonderausgabenpauschale ab und gelangte zu einem Steuersatz (Belastungsprozentsatz) von 28,26 Prozent. Den aus der Differenz zu dem vom Arbeitgeber herangezogenen Steuersatz sich ergebenden Betrag anerkannte die belangte Behörde ebenso als Rückzahlungsanspruch wie einen - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allerdings nicht mehr interessierenden - Betrag aus der Abfertigungsbesteuerung.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anwendung eines Belastungsprozentsatzes von 27,05 Prozent verletzt, der nach Abzug "sämtlicher Freibeträge" - nicht nur der Pauschbeträge - aus einer Bemessungsgrundlage für das Kalenderjahr 1987 von S 421.034,-- zu ermitteln sei. Der Beschwerdeführer behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich nicht durch die Heranziehung der Bemessungsgrundlage für das Kalenderjahr 1987 zur Ermittlung des Steuersatzes (Belastungsprozentsatzes) in seinen Rechten verletzt, sondern geht selbst in der Beschwerde von der Bemessungsgrundlage dieses Jahres aus.
Infolge der Beschränkung der Prüfungsbefugnis durch den Beschwerdepunkt ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf die Frage einzugehen, ob die belangte Behörde bei Ermittlung des Steuersatzes gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 zu Recht vom Kalenderjahr 1987 als letztem vollen Kalenderjahr ausgegangen ist.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nämlich nur dadurch in seinen Rechten verletzt, daß die belangte Behörde bei der Errechnung des Belastungsprozentsatzes nicht von Amts wegen Sonderausgaben als die Bemessungsgrundlage mindernd beachtet habe, die vom im Sprengel einer anderen Finanzlandesdirektion gelegenen Wohnsitzfinanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung des Beschwerdeführers für 1987 im Bescheid vom 6. Mai 1988 berücksichtigt worden waren.
Daß diese Sonderausgaben bereits als Freibeträge in die Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen wären oder eine solche Eintragung vom Beschwerdeführer überhaupt rechtzeitig beantragt worden sei, wird von diesem nicht behauptet.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag dem Beschwerdeführer darin nicht zu folgen, daß die belangte Behörde im Rahmen des Verfahrens über den beim Betriebsstättenfinanzamt gestellten Rückzahlungsantrag von Amts wegen Sonderausgaben als Freibeträge im Rahmen der Errechnung des Belastungsprozentsatzes von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen gehabt hätte, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid des Wohnsitzfinanzamtes des Beschwerdeführers vom 6. Mai 1988 hätten entnehmen lassen.
Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, der belangten Behörde den erwähnten Einkommensteuerbescheid vorgelegt oder die belangte Behörde auf diesen Bescheid wenigstens aufmerksam gemacht zu haben, übersieht er, daß § 240 Abs. 3 BAO dem Arbeitnehmer nur jenen ergänzenden Rechtsschutz gewährt, der wegen des zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden besonderen Verhältnisses beim Lohnsteuerabzug notwendig ist, um ein Fehlverhalten des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber korrigieren zu können. Von einer zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer im Sinne des § 240 Abs. 3 BAO kann somit nur dann die Rede sein, wenn der Arbeitgeber in Nichtbeachtung der auf der Lohnsteuerkarte bescheinigten oder unter Vernachlässigung der selbsttätig (ohne Lohnsteuerkarteneintragung) zu berücksichtigenden (persönlichen) Verhältnisse des Abgabe(Lohnsteuer)pflichtigen zu viel an Lohnsteuer einbehalten hat, oder Ansprüche des Arbeitnehmers, die sich auf Grund eines von ihm rechtzeitig beantragten Jahresausgleiches ergeben, nicht befriedigt (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, S. 600). Welche besonderen Verhältnisse der Arbeitgeber berücksichtigen darf, ist § 62 EStG 1972 bzw. 1988 zu entnehmen. Danach besteht - auch im Zusammenhang mit der Errechnung des Belastungsprozentsatzes - für den Arbeitgeber keine Möglichkeit der Berücksichtigung von Sonderausgaben, für die Freibeträge in die Lohnsteuerkarte nicht eingetragen sind bzw. in Freibetragsbescheiden nicht aufscheinen.
Für die vom Beschwerdeführer vorgetragene Rechtsansicht finden sich auch in den von ihm zitierten Belegstellen keine Anhaltspunkte.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991140121.X00Im RIS seit
27.08.1991