TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/10 91/04/0101

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Veröffentlicht am 10.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z2;
GewO 1973 §75 Abs2;
GewO 1973 §80 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der S-GmbH in V, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Jänner 1991, Zl. 308.885/11-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Z-GmbH in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug - nach erfolgter Aufhebung des Bescheides vom 6. April 1989 durch das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 0090, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, auf dessen Darlegungen in Ansehung des bis dahin gegebenen Ganges des Verwaltungsverfahrens zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - ergangenen (Ersatz-)Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Jänner 1991 wurde ausgesprochen, daß auf Grund des Ansuchens der Z-KG vom 10. Oktober 1984 der mitbeteiligten Partei als Rechtsnachfolgerin gemäß § 77 i.V.m.

§ 74 Abs. 2 GewO 1973 i.d.F. der Gewerberechtsnovelle 1988 i. V.m. § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Selbstbedienungsmarktes für Wiederverkäufer auf den Grundstücken Nr. 317/1, 318, 321, 322, 325, 326, 329/1 und 329/2, jeweils KG X, nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk der Behörde dritter Instanz versehenen und im Spruchabschnitt A bezeichneten Pläne und der im Spruchabschnitt B bezeichneten Pläne und Unterlagen einschließlich der Betriebsbeschreibung und unter Einhaltung der im Spruchabschnitt C angeführten Auflagen, erteilt werde. Ferner wurde u.a. ausgesprochen, daß die Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 356 Abs. 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen werden. Zur Begründung des letztangeführten Abspruches wurde ausgeführt, es sei festzuhalten, daß der Einwendung eine Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes innewohnen müsse und (um zur Erlangung der Parteistellung geeignet zu sein) auf einen oder mehrere Tatbestände des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 konkret abstellen müsse. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zu entnehmen, daß dieser einen strengen Maßstab dabei anlege, ob eine Einwendung im vordargestellten Sinn vorliege, oder ob nur bloß allgemeine Befürchtungen oder Anregungen der Behörde, von Amts wegen tätig zu werden, wiedergegeben würden; dies gelte gerade auch in Ansehung der Verletzung des Eigentumsrechtes.

Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1985 habe die Beschwerdeführerin u.a. nachstehendes vorgebracht:

"Die S-GmbH als grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke 314/1, 314/2 und 312, KG X. Bezüglich dieser Grundstücke bestehen rechtskräftige wasserrechtliche und gewerberechtliche Bewilligungen zum Schotterabbau durch Trockenbaggerung, wobei der Abbau des Sandes und Schottermaterials nur bis 1 m über dem höchsten Grundwasserspiegel vorgenommen werden darf. Auf Grund der vorliegenden Projektsunterlagen ist ersichtlich, daß nach Abdeckung der Humusschichte auf dem freigelegten Schotterkoffer die Fundamente der Betriebsanlage aufgesetzt werden, wobei das Fußbodenniveauerdgeschoß durch Aufschüttung ca. 1,6 bis 1,8 m über dem nunmehr bestehenden Niveau der Grundstücke, auf welchen die Konsenswerberin ihr Projekt plant, situiert wird.

Durch die Bauführung bzw. hart an der Grundwassergrenze kommt es durch Staubildungen zu einer Veränderung des Grundwasserspiegels bei den anrainenden Grundstücken der Antragstellerin derart, daß bei diesen der Grundwasserspiegel angehoben wird. Dies bedeutet, daß gegenüber den derzeit gegebenen Verhältnissen durch Anhebung des Grundwasserspiegels der abbaufähige Grund auf Grund der vorliegenden behördlichen Genehmigung drastisch reduziert wird. Diesbezüglich wird auf das von der Antragstellerin in der gewerberechtlichen Genehmigungsverhandlung noch vorzulegende hydrologische Gutachten .... verwiesen. Durch das geplante Vorhaben wird daher in bestehende und wohl erworbene, durch rechtskräftige Behördenbescheide gewährleistete Rechte der Antragsteller in unzumutbarer Weise eingegriffen und die Rechte dieser durch das Projekt der Konsenswerberin verletzt."

Unter Bedachtnahme auf die vordargestellte Rechtslage falle in Ansehung der dargestellten Erklärung auf, daß eine Gefährdung des Eigentumsrechtes in dieser Erklärung ausdrücklich nicht behauptet werde, sondern eine solche allenfalls aus dem Gesamtzusammenhang der Erklärung erschlossen werden könnte. Die Beschwerdeführerin vermeine darin ausschließlich, in ihrem Eigentumsrecht in bezug auf den Schotterabbau durch Trockenbaggerung durch die gegenständliche Betriebsanlage gefährdet zu werden. Dies setze nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch voraus, daß sie im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde dritter Instanz - somit im Entscheidungszeitpunkt - über die in Rede stehenden Einwendungen, berechtigt gewesen sei, auf den angeführten Flächen Schotter abzubauen, zumal ohne eine solche Berechtigung kein Anspruch auf Schutz einer allenfalls somit rechtswidrig vorgenommenen Tätigkeit bestehe. Es sei daher im Sachverhaltsbereich nach eigener Würdigung der bescheiderlassenden Behörde festzustellen, inwieweit und allenfalls für welchen Zeitraum der Beschwerdeführerin insbesondere eine aufrechte gewerberechtliche Bewilligung zum Schotterabbau auf den in Rede stehenden Grundstücken zukomme:

Aus dem - dem Parteiengehör unterzogenen - Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. November 1989 könne entnommen werden, daß mit 7. Juli 1986 infolge Nichtinbetriebnahme die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 7. Juni 1983 dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin, Ing. Ernst T, erteilte Berechtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Sand- und Schottergrubenbetriebsanlage erloschen sei. Dieser Bescheid stütze sich in materieller Hinsicht insbesondere auf ein schlüssiges Gutachten eines gewerbetechnischen Sachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, in dem festgestellt werde, daß die anläßlich eines Ortsaugenscheines am 23. Dezember 1986 vorgefundene 31 m2 große, und nicht in die Abbautiefe des Schotters eingreifende Geländemulde nicht als Aufnahme einer Sand- und Schottergewinnungsanlage (Trockenbaggerung) anzusehen sei. Die vorgenommene Tätigkeit entspreche eher einer landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Bewirtschaftung und nicht einem gewerblichen Schotterabbau, zumal die Tätigkeit weder regelmäßig (über eine gewisse Zeitdauer hinweg), noch offenbar in der Absicht betrieben worden sei, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil durch den Schotterabbau zu erzielen (§ 1 Abs. 2 GewO 1973), sondern bloß die Humusschicht bewegt worden sei. Darüber hinaus handle es sich dabei weder um das Errichten noch um das Betreiben einer Betriebsanlage (§ 74 Abs. 2 leg. cit.), sondern um "Vorarbeiten", für die nach der zitierten Gesetzesstelle keine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei. Demzufolge könne durch solche Vorarbeiten auch das Erlöschen einer bereits erteilten Betriebsanlagengenehmigung infolge Nichtbetreibens der Betriebsanlage "in einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage (§ 80 Abs. 1 leg. cit.)" nicht verhindert werden. Daran ändere auch die Behebung des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. November 1989 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0001, nichts. Die Behebung sei nämlich ausschließlich deswegen erfolgt, weil der Verwaltungsgerichtshof eine gesetzliche Grundlage für die Erlassung eines Feststellungsbescheides verneint habe, nicht jedoch, weil er zur Auffassung gelangt sei, daß die gegenständliche Betriebsanlagengenehmigung nicht erloschen sei. Zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 3. Oktober 1990 sei auszuführen, daß das Abschieben eines Teiles der Humusschichte wohl notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den gewerblichen Schotterabbau sei. Zu den vorgelegten Bescheiden der Gemeinde X sei festzuhalten, daß die darin verfügten Baueinstellungen außerhalb des relevanten Zeitraumes von drei Jahren, nämlich nach dem 7. Juli 1986 ergangen seien und auch die darin Bezug habenden Tätigkeiten offenbar außerhalb dieses Zeitraumes vorgenommen worden seien. Im Bescheid der Gemeinde X vom 18. Juli 1986 sei z.B. festgehalten, daß Beamte des Gendarmeriepostens X am 10. Juli 1986 mittels fotographischer Aufnahmen der gegenständlichen Grundstücke eindeutig dokumentiert hätten, daß mit dem Betrieb der gegenständlichen Schottergewinnungsanlage noch nicht begonnen worden sei. Es sei daher zusammenfassend festzuhalten, daß die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 6. Juli 1983 erteilte Gewerbeberechtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Sand- und Schottergrubenbetriebsanlage auf den Gp. 312, 314/1 und 314/2, KG X, zwischenzeitig erloschen sei. Daher könne die unter Berufung auf die Nachbarstellung einschreitende Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Eigentumsrecht in bezug auf die gegenständliche Schottergewinnung verletzt sein. Eine darüber hinausgehende Verletzung der Substanz des Eigentumes sei nicht behauptet worden. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin seien daher gemäß § 356 Abs. 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin wie folgt in Rechten verletzt:

"-

Verletzung des gemäß § 356 Abs. 3 GewO gewährleisteten Rechtes als Partei beigezogen zu werden;

-

durch die zu Unrecht erfolgte Aberkennung der Parteistellung Verletzung des Rechtes auf ein den Verfahrensvorschriften entsprechendes Verwaltungsverfahren sowie des Rechtes auf eine dem § 77 iVm § 74 GewO entsprechende Betriebsanlagengenehmigung."

Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, der Verwaltungsgerichtshof habe die Zurückweisung ihrer Einwendungen durch den Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 1989 infolge Widerspruches der Auffassung der damals (und heute) belangten Behörde zu der maßgebenden Rechtslage wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dem sei zugrunde gelegen, daß der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten habe, sie habe sehr wohl Einwendungen in Richtung Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 erhoben, mit welchen sich die belangte Behörde auseinanderzusetzen gehabt hätte. Im nunmehr angefochtenen Bescheid habe sich zwar die belangte Behörde mit diesen Einwendungen auseinandergesetzt, diese aber - im Ergebnis völlig unrichtig - für unberechtigt gehalten. Selbst von der unrichtigen Rechtsauffassung der belangten Behörde ausgehend, hätte sie aber die Einwendungen nicht zurück- sondern abweisen müssen. Aber auch eine Abweisung der aktenkundigen Einwendungen stünde im Widerspruch zur maßgebenden Rechtslage. Richtig sei zwar, daß die belangte Behörde "nach eigener Würdigung" festzustellen habe, ob ihre gewerberechtliche Bewilligung für den Schotterabbau noch bestehe. Da sie sich aber, wie auch der Landeshauptmann von Steiermark, in ihrer Begründung im wesentlichen bloß auf das zitierte Sachverständigengutachten stütze, hätte sie sich auch mit den Bedenken in ihrer Stellungnahme vom 9. September 1988 hiezu auseinandersetzen müssen. Die Feststellung, daß keine "Gewinnerzielungsabsicht" vorliege und keine "regelmäßige" Tätigkeit betrieben worden sei, sei zum Teil bloße Spekulation. Sie habe bereits innerhalb der Dreijahresfrist mit dem Betrieb wesentlicher Anlageteile begonnen (funktionelle Betrachtungsweise) und sei in der Folge lediglich durch die - allerdings erst nach einem langwierigen Verwaltungsverfahren als rechtswidrig erkannten - Baueinstellungsbescheide der Gemeinde X an einer Fortführung des Betriebes der Anlage gehindert gewesen. Die Baueinstellungsbescheide der Gemeinde X seien zeitlich noch vor deren Behebung in dem für sie negativen Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung übergegangen, der nach Bestätigung durch den Landeshauptmann für Steiermark erst durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0001, habe beseitigt werden können. Die Feststellung der belangten Behörde, daß die "Abbautätigkeiten" offenbar nach dem 7. Juli 1986 erfolgt seien, sei schon nach der Diktion bloße Spekulation und widerspreche in diesem Punkt völlig ihrem Vorbringen in diesem Verfahren. Die belangte Behörde habe trotzdem jegliche Auseinandersetzung mit der Frage unterlassen, die notwendigerweise zu beantworten sei, wenn man nicht deren unrichtige Auffassung teile, die getätigten Arbeiten seien bloße "Vorarbeiten" gewesen. Weiters setze sich die belangte Behörde mit der aufgezeigten rechtswidrigen Behinderung der innerhalb der Dreijahresfrist begonnenen Abbautätigkeiten durch die Gemeinde X und die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung nicht auseinander. Das Behördenverhalten sei einseitig zu ihren Lasten willkürlich. Es seien nämlich die gleichen Behörden, die nichts dabei gefunden hätten, daß das beschwerdegegenständliche Projekt abweichend von den eingereichten Bauplänen gebaut worden sei, und zwar schon beginnend mit der Fundierung (Gemeinde X), und die Dutzende von Strafanzeigen wegen des Betriebes einer nicht genehmigten Betriebsanlage unbehandelt ließen (Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), die aber sofort und rigoros, und zwar sogar unter Intervention von Gendarmerie gegen sie eingeschritten seien und sie an der Durchführung ihrer rechtswahrenden legalen Tätigkeit behindert hätten. Die belangte Behörde erkenne in ihrem Bescheid selbst, daß das Abschieben eines Teiles der Humusschicht wohl notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den gewerblichen Schotterabbau sei, gebe aber keinerlei Begründung dafür, warum es sich dabei um keine "hinreichende Voraussetzung" handle. Unabhängig davon gingen ihre Einwendungen wesentlich weiter als die offenbar bewußt enge Interpretation durch die belangte Behörde. Es sei in den Einwendungen ausdrücklich von Staubildung und Erhöhung des Grundwasserspiegels an ihrem Nachbargrundstück die Rede. Selbst unter der Voraussetzung der unrichtigen Annahme der belangten Behörde, es läge keine aufrechte Abbaubewilligung vor, bedeutet die Anhebung des Grundwasserspiegels, daß der zur Verfügung stehende Schotterkoffer je nach Höhe der Grundwasserspiegelanhebung und damit selbstredend nicht nur der Wert des Grundstückes sondern auch dessen Verwendbarkeit eingeschränkt und gemindert werde. Damit ergebe sich eine Beeinträchtigung der Substanz des Eigentums an sich, die per se ihre Parteistellung begründet habe. Diese liege nicht bloß in einer Beeinträchtigung des Verkehrswertes der Liegenschaft, da eine Erhöhung des Grundwasserspiegels über eine bloße Beeinträchtigung des Verkehrswertes hinausgehend eine Beeinträchtigung in der Substanz - nämlich in bezug auf den Wasseranteil im Boden - erwarten lasse. Dies zu prüfen wäre auf Grund der erhobenen Einwendungen im Rahmen der amtswegigen Wahrheitsforschung, die das Verwaltungsverfahren beherrsche, unumgänglich notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen ergebe sich, daß die belangte Behörde in diesem Punkt zum einen ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes aber auch mit Verletzung von wesentlichen Verfahrensvorschriften belastet habe. In weiterer Folge enthält die Beschwerde Verfahrens- und Rechtsrügen betreffend mangelhafte Feststellungen der Geruchs- und Lärmimmissionen in Ansehung des Verkehrs auf der Zufahrtsrampe zur Betriebsanlage, deren Qualifikation als "öffentliche Straße" aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen bekämpft werde, sowie betreffend die Nichteinbeziehung der "Liegenschaft Z/S" in Lärmmessungen. Schließlich wird noch gerügt, im vorliegenden Fall liege das Spannungsfeld zwischen der Tatsache, daß zum Zeitpunkt der Beurteilung des Marktes dieser bereits als Letztverbrauchermarkt errichtet und als solcher betrieben worden sei, der Antrag der mitbeteiligten Partei aber auf Genehmigung eines Wiederverkäufermarktes gerichtet gewesen sei. Wenn es auch grundsätzlich im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend sei, daß die Behörde bei einem antragsbedürftigen Verfahren vom Ansuchen des Konsenswerbers auszugehen habe und dieses nicht modifizieren oder über dieses hinausgehen dürfe, so müsse diese Rechtsauffassung jedoch in Verbindung mit der Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Wahrheitsforschung gesehen werden. Da nämlich im vorliegenden Fall die Betriebsanlage bereits in Betrieb gegangen sei, hätte die Behörde über die bloße "Parteienabsicht" hinausgehend von Amts wegen feststellen müssen, ob die beantragte Betriebsanlage auch mit der tatsächlich betriebenen und von der Behörde bei ihren Ermittlungen ja auch tatsächlichen zugrunde gelegten Betriebsanlage übereinstimme, und wenn das - wie in der Beschwerde näher vorgebracht wird - nicht der Fall sei, diese nicht genehmigen dürfen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem vorangeführten aufhebenden Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 0090, im gegebenen Beschwerdezusammenhang in den Entscheidungsgründen unter Bezugnahme auf das auch im Bescheid enthaltene Einwendungsvorbringen der Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren dargelegt, daß eine Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 vorliege, wenn das Eigentum in seiner Substanz bedroht sei. Ein Fall einer Gefährdung des Eigentums liege auch vor, wenn jedwede Nutzung eines Grundstückes unmöglich gemacht werde. Aus den angeführten Einwendungen ergebe sich die Befürchtung der Beschwerdeführerin einer wesentlichen Beeinträchtigung der Nutzung ihrer zum Schotterabbau verwendeten Grundstücke. Die belangte Behörde hätte sich mit diesem Vorbringen somit auseinandersetzen müssen, sei es um darzutun, weshalb trotz dieser von der Beschwerdeführerin im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 rechtzeitig geäußerten Befürchtung kein zur Begründung der Parteistellung im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 geeignetes Vorbringen vorliege, sei es, um auf dieses Vorbringen - unter Beachtung des Grundsatzes der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 39 AVG) - meritorisch einzugehen. Die belangte Behörde habe sich jedoch unter Hinweis auf den Gesichtspunkt des Mangels der Verwertbarkeit des nach § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 geschützten Eigentums mit der Aussage begnügt, die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, "daß die vom Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage herrührenden Immissionen derartige Auswirkungen haben". Abgesehen davon, daß diese Aussage mit der Aktenlage, nämlich mit dem vorbezeichneten Vorbringen der Beschwerdeführerin im Widerspruch stehe, habe die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang die amtswegige Erforschung der materiellen Wahrheit verfehlt. Mit der angeführten Aussage des angefochtenen Bescheides sei die belangte Behörde auch der Bestimmung des § 74 Abs. 2 Einleitung GewO 1973 nicht gerecht geworden, die sich auf die Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebes und in diesem Zusammenhang nicht nur auf die vom Betrieb einer Betriebsanlage verursachten Immissionen, sondern schlechterdings auf die Betriebsanlage, also insbesondere auch auf ihre Errichtung und ihren Bestand, und deren Eignung zu Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteiligen Einwirkungen beziehe. Die mit dem - dort - angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung der Einwendungen der Beschwerdeführerin beruhe somit auf einer mit den Bestimmungen des § 356 Abs. 3 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 im Widerspruch stehenden Auffassung der belangten Behörde von der maßgebenden Rechtslage, wodurch der angefochtene Bescheid sowohl hinsichtlich des zurückweisenden als auch hinsichtlich des - zufolge solcherart nicht gerechtfertigter Nichtberücksichtigung der Einwendungen der Beschwerdeführerin - somit ebenfalls zu Unrecht getroffenen meritorischen Abspruches mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet sei.

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1973 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Halter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer oder sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

Insofern sich die Beschwerdeführerin im Sinne ihres dargestellten Beschwerdevorbringens inhaltlich auf Immissionen der Betriebsanlage durch Geruch und Lärm und dadurch gegebene Gefährdungen bzw. Belästigungen bezieht, so erübrigt sich eine Erörterung des damit im Zusammenhang stehenden Vorbringens schon deshalb, da eine - persönliche - Gefährdung oder Belästigung durch Immissionen einer Betriebsanlage in Ansehung einer juristischen Person schon begrifflich nicht in Betracht kommen (vgl. hiezu u.a. die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0178) und sie im übrigen auch in der Beschwerde kein geeignetes Vorbringen erstattete, welche ihre Nachbareigenschaft zumindest behauptungsmäßig im Sinne des letzten Satzes der angeführten Gesetzesbestimmung erkennen ließe; unabhängig davon fällt aber die Geltendmachung von Gefährdungen und Belästigungen durch Immissionen einer Betriebsanlage für andere Personen nicht in den Bereich der der Beschwerdeführerin nach der Gewerbeordnung zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechte.

Weiters erweist sich aber auch im Hinblick darauf, daß es sich bei einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung entsprechend den Bestimmungen der §§ 353 ff GewO 1973 um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt, das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte bei ihrem bescheidmäßigen Abspruch nicht vom Inhalt des Antrages der mitbeteiligten Partei, sondern von den tatsächlich vorgefundenen Betriebseinrichtungen ausgehen müssen, als im Gesetz nicht gedeckt.

Die belangte Behörde hatte daher entsprechend der Anordnung des § 63 Abs. 1 VwGG - eine etwa in der Zwischenzeit eingetretene relevante Sachverhaltsänderung wurde auch in der Beschwerde nicht vorgebracht - auf Grund der die Entscheidung tragenden Gründe des vorangeführten aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1990,

Zlen. 89/04/0089, 0090, zunächst zu prüfen, ob die dort als relevant bezeichneten, auf die bescheidmäßigen Bewilligungen zum Schotterabbau abgestellten Einwendungen der Beschwerdeführerin vom 17. Dezember 1985 im Sinne der dort als maßgeblich bezeichneten Rechtslage ihre Parteistellung zu begründen geeignet waren.

Hiebei war von den für die Beurteilung in Betracht kommenden Sachverhaltsumständen auszugehen, wie sie sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides darstellten. Im Sinne der diesbezüglich nicht als rechtswidrig zu erkennenden Annahme der belangten Behörde war daher im Beschwerdezusammenhang unter Bedachtnahme auf den Inhalt der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen zu prüfen, ob in diesem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin auf den in Rede stehenden Grundstücken auf Grund aufrechter gewerberechtlicher Genehmigung zum Schotterabbau berechtigt war oder nicht.

Hiebei war vom Normeninhalt des § 80 Abs. 1 GewO 1973 auszugehen, wonach die Genehmigung der Betriebsanlage erlischt, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen drei Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als drei Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird.

Wenn unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage die belangte Behörde zu dem Schluß kam, daß die Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme des Erlöschens der dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin erteilten Berechtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Sand- und Schottergrubenbetriebsanlage erfüllt seien, so vermag der Verwaltungsgerichtshof eine der Behörde im Zusammenhang damit unterlaufene rechtswidrige Gesetzesanwendung nicht zu erkennen. Zum einen kann nämlich das Vorhandensein der im angefochtenen Bescheid bezeichneten, am 23. Dezember 1986 vorgefundenen Geländemulde im Sinne der behördlichen Annahme allein keinen schlüssigen Hinweis darauf bilden, daß ein - in der Folge nicht i.S. des § 80 Abs. 1 GewO 1973 unterbrochener - Betrieb in einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen worden wäre, zumal auch in der Beschwerde nicht etwa ein konkretisiertes Vorbringen in der Richtung erstattet wurde. Wenn sich aber die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die bezeichneten Baueinstellungsbescheide weiters darauf beruft, sie sei durch willkürliche Behördentätigkeit an der Durchführung ihrer rechtswahrenden legalen Tätigkeit behindert worden, so würde auch das Zutreffen eines derartigen Umstandes nach der dargestellten Gesetzeslage der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 1 GewO 1973 in Ansehung des Erlöschens einer Betriebsanlagengenehmigung nicht entgegenstehen.

Ausgehend von der sich so darstellenden Rechtslage, wonach die Eignung der erhobenen Nachbareinwendungen auf Grund der Sachverhaltsumstände im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu prüfen war, kommt aber auch der im erörterten Zusammenhang erhobenen verfahrensrechtlichen Beschwerderüge schon deshalb keine Relevanz zu, da danach nicht etwa ausschließlich auf Sachverhaltsumstände im Zeitpunkt der Erstellung des im Bescheid bezeichneten gewerbetechnischen Amtssachverständigengutachtens vom 23. Dezember 1986 bzw. auf die in den angeführten Baueinstellungsbescheiden der Gemeinde X verfügten Baueinstellungen abzustellen war.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040101.X00

Im RIS seit

10.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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