Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z26;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Mohamed E in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Februar 1991, Zl. IIa-16.446/48, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Abänderung des erstbehördlichen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 8. Oktober 1987 - wie folgt schuldig erkannt:
"Der Beschuldigte, Mohamed E, geboren am 9.11.1946, ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-GesmbH dafür verantwortlich, daß folgende Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.11.1984, Zl. 3-8023/4a, in der Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 25.7.
- richtig wohl: 10. - 1985, Zl. IIa-16.446/7, (Berufungsbescheid) vom 10.3.1987 bis 6.7.1987 folgendermaßen nicht eingehalten wurden:
1) Auflage I/1:
'Das Kühlaggregat ist allseitig geschlossen einzuhausen mit Ausnahme der notwendigen Lüftungsöffnungen. Die Umfassungsbauteile sind mit mindestens 70 mm Trittschutzplatten auszustatten. Die Umhausung ist einschließlich einer eventuellen Tür- oder Besichtigungsöffnung stets geschlossen zu halten.'
Die Tür war nicht geschlossen.
2) Auflage I/2:
'An den Lüftungsöffnungen sind Vorsatzblenden anzubringen, die seitlich und oben abgeschlossen sind und einen direkten Schallaustritt aus dem Aggregatraum verhindern.'
Die Vorsatzblenden waren nicht angebracht.
Der Beschuldigte hat dadurch die gemäß § 77 Gewerbeordnung 1973 im vorzitierten Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (in der Fassung des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes vom 25.10.1985) vorgeschriebenen Auflagen nicht eingehalten und dadurch zu 1) und 2) Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z. 26
Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit § 370 Abs. 2
Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.11.1984, Zl. 3-8023/4-A, Auflage I/1 (1) und Auflage I/2 (2) in der Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 25.10.1985, Zl. IIa-16.446/7, begangen, weswegen über ihn nach § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 Geldstrafen in der Höhe von 1)
S 1.000,--, 2) S 1.000,-- verhängt werden, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzarreststrafen in der Dauer von
1) 2 Tagen, 2) 2 Tagen ..."
Zur Begründung wurde ausgeführt, mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer folgendes zur Last gelegt worden:
"Der Beschuldigte, Mohamed E, geboren am 9.11.1946, ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-GesmbH dafür verantwortlich, daß die Betriebsanlage in R, bis zum 6.7.1987 betrieben wurde, obwohl folgende Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.11.1984, Zl. 3-8023/4-A, bzw. des Landeshauptmannes von Tirol vom 25.10.1985, Zl. IIa-16.446/7, mit dem die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb dieser Betriebsanlage unter bestimmten Auflagen erteilt wurde, nicht eingehalten wurden:
..."
In der Begründung habe die Erstbehörde auf die Ergebnisse zweier Augenscheine am 10.3.1987 und am 6.7.1987 bzw. auf die Eigenschaft des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-GesmbH seit 3. Oktober 1986 hingewiesen. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung sei die Eigenschaft des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestritten bzw. der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses als zu ungenau gerügt worden. Ebenso sei gerügt worden, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht ermittelt worden seien. Unbestritten (siehe Schriftsatz des Beschwerdeführers im Verfahren IIa-20.583 am 27. November 1989) sei, daß der Beschwerdeführer am 18. Juli 1986 zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der X-GesmbH für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 Gewerbeordnung 1973 und für den Kleinhandel mit Naturblumen gemäß § 105 GewO 1973 bestellt worden sei. Unbestritten sei auch, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer für das dritte Gewerbe der X-GesmbH, nämlich das Blumenbindergewerbe, Albert H sei. Es werde hingegen von der X-GesmbH unter Hinweis auf die äußerliche Gestaltung des Verkaufslokales in R, und die Zeugeneinvernahme des Cornelius P, bestritten, daß im Standort R, außer dem Blumenbindergewerbe das Kleinhandelsgewerbe mit Naturblumen und das Großhandelsgewerbe als weitere Betriebsstätten betrieben würden. Hiezu seien folgende Tatsachen bzw. Erhebungen zu berücksichtigen: 1) Der Handel gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Großhandel mit Blumen- und Topfpflanzen (Stammgewerbe in W, - nunmehr verlegt nach B), sei in Form einer weiteren Betriebsstätte am 5. Oktober 1983 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck angemeldet worden. 2) Das Blumenbindergewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 5 GewO 1973 auf Stammgewerbe in W, sei in Form einer weiteren Betriebsstätte bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 3. Jänner 1986 angemeldet worden. 3) Der Kleinhandel mit Naturblumen gemäß § 105 GewO 1973 (Stammgewerbe in G) sei am 12. November 1986 als weitere Betriebsstätte bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck angemeldet worden. Alle diese weiteren Betriebsstätten hätten den Standort R, wie dies aus den Gewerberegisterauszügen, die in dem im Bescheid bezeichneten Akt erlägen, entnommen werden könne. Auf behördliche Anfrage habe die Innung der Gärtner und Floristen am 12. Oktober 1990 mitgeteilt, daß im Standort R, drei weitere Betriebsstätten der X-GesmbH für verschiedene - wie oben bezeichnet - Gewerbe angemeldet worden seien, die allesamt nach wie vor aufrecht und nicht als ruhend gemeldet worden seien. Im Bescheid wird - nach Hinweis auf dort bezeichnete Auskünfte - weiter ausgeführt, am 8. Februar 1990 habe im Standort R, ein Augenschein in Anwesenheit eines Vertreters der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck und eines Vertreters der Innung der Gärtner und Floristen stattgefunden. Der Innungsmeister-Stellvertreter Erich H habe folgendes zu Protokoll gegeben: Der Händler (Blumenhändler) sei abgesehen vom Handel, nur zur Herstellung einfacher Blumensträuße berechtigt, Gestecke dürften keine hergestellt werden. Die Herstellung von Kränzen, Gestecken und großen Arrangements sei alleinige Sache der Blumenbinder. Die Blumenbinder seien auch zum Handel berechtigt. Blumenbinder- und Händler seien Lehrberufe. In der Folge sei ein Lokalaugenschein durchgeführt worden. Auf dem Eingang des Geschäftslokales sei außen über der Türe in der Höhe von 2,10 m ein Schild in der Größe von 12 x 3 cm mit folgendem Inhalt angebracht: "X-GesmbH, Blumenbinder gemäß § 103". Im Geschäft seien Ständer mit acht Töpfen mit 30 cm Durchmesser mit je ca. zehn Sträußen, ein Blumenstrauß bei der Kasse zu sehen. Die Sträuße seien vom Mitglied der Handelskammer als einfach angesehen worden (fünf bis sieben Stück). Im restlichen Lokal seien Topfblumen und Einzelware in Selbstbedienung angeboten worden, sowie Trockenblumensträuße und Zubehör. Die Filialleiterin habe erklärt, daß die Blumensträuße so wie sie angeboten würden, direkt von Holland kämen. In Rum würden keine Gebinde hergestellt. Ein Teil der Arbeitnehmer seien ausgebildete Blumenbinder, Floristen, ein Teil komme aus anderen Berufen. Cornelius P habe am 7. August 1990 als Zeuge vor der Bezirkshauptmannschaft folgendes zu Protokoll gegeben: Er sei Generalhandelsbevollmächtigter der X-GesmbH. Er sei nur sicher, daß im Standort R, das Blumenbindergewerbe betrieben werde. Sie hätten 117 Filialen in Österreich, wo das Blumenbindergewerbe gemeldet sei. Sie hätten drei Stellen, wo der Handel mit Naturblumen gemeldet worden sei und auch ausgeübt werde. Im Großmarkt Inzersdorf bei Wien, in Linz und Graz werde an den dort bezeichneten Adressen der Großhandel ausgeübt. Es sei nicht richtig, daß in R das Klein- und Großhandelsgewerbe ausgeübt werde. Erich H habe als Innungsmeisterstellvertreter und als Privatperson mehrere Prozesse gegen die X-GesmbH geführt und werde deswegen als befangen bezeichnet und abgelehnt. Ergänzend wolle er noch angeben, daß der Großhandel mit Blumen an mehr als drei Stellen gemeldet sei, aber nicht ausgeübt werde. Auf Grund der - im angefochtenen Bescheid im einzelnen dargestellten - durchgeführten Erhebungen gehe die Behörde davon aus, daß im Standort R, das Blumenbindergewerbe nicht ausgeübt werde, sondern nur die beiden Handelsgewerbe, nämlich Großhandel mit Blumen nach § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 und Kleinhandel mit Naturblumen. Damit sei aber der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Handelsgewerbe für die Übertretung verantwortlich. Die Nichterfüllung beider Auflagen in der Zeit vom 10. März bis 6. Juni 1987 sei einerseits durch die Niederschrift im erstinstanzlichen Akt vom 10. März 1987, andererseits durch die Aufnahmen vom 6. Juli 1987 um 17.10 Uhr und durch die Einvernahme des Beamten K bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 3. Dezember 1987 als erwiesen anzusehen, da der Zustand der Betriebsanlage am 6. Juli 1987 derselbe gewesen sei, wie bei der Überprüfung am 10. März 1987 sowie weiters im Hinblick darauf, daß die Tür nicht mit einem Scharnier versehen gewesen sei, sondern mit vier Schrauben zu befestigen gewesen wäre, sodaß ein Auf- und Abmontieren nur sehr erschwert möglich gewesen sei. Im Hinblick darauf könne man davon ausgehen, daß beide Auflagen in der Zeit vom 10. März 1987 bis 6. Juli 1987 dauernd nicht eingehalten worden seien. Mit Bescheid vom 3. Juni 1988 habe die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Außerbetriebnahme des Kühlaggregates der Betriebsstätte der X-GesmbH verfügt. Die dagegen durch den Beschwerdeführer als gewerberechtlichen Geschäftsführer der genannten Gesellschaft erhobene Berufung sei rechtskräftig mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. August 1988 zurückgewiesen worden. Laut einem Aktenvermerk des Referenten M sei bei einer Kontrolle am 24. August 1988 festgestellt worden, daß das Kühlaggregat in einen eigenen neugeschaffenen Raum verlegt worden sei. Im Hinblick auf diese Änderung des Sachverhaltes - der seinerzeit beschwerdeführende Nachbar habe erklärt, daß er sich durch den Betrieb der Kühlanlage in der geänderten Form nicht mehr belästigt fühle - sei der Bescheid nach § 360 Abs. 4 GewO 1973 durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck widerrufen worden. Da die Betriebsanlage geändert worden sei, nütze ein Augenschein für die Wahrheitsfindung nichts. Die Übertretung könne auch ohne Augenschein als erwiesen angenommen werden. Die weiteren Bescheidausführungen enthalten Erwägungen zur Straffrage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, auf Grund der gegebenen Rechts- und Sachlage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis vom 8. Oktober 1987 sei ihm zur Last gelegt worden, als gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der X-Gesellschaft m.b.H. dafür verantwortlich zu sein, daß die Betriebsanlage am angeführten Standort "bis zum 6.7.1987" trotz Nichteinhaltung der in Rede stehenden Auflagen betrieben worden sei. Diesem Straferkenntnis sei er mit Berufung entgegengetreten, in der er insbesondere geltend gemacht habe, daß er nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer für das in R, ausgeübte Gewerbe sei, sowie daß dem Spruch des Erkenntnisses nicht zu entnehmen sei, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit die bezeichnete Türe nicht geschlossen gewesen sei und die bezeichneten Vorsatzblenden nicht angebracht gewesen wären. Diesem Rechtsmittel sei mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 24. März 1988 keine Folge gegeben und der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses dahingehend abgeändert worden, daß ihm nun zur Last gelegt worden sei, als gewerberechtlicher Geschäftsführer dafür verantwortlich zu sein, daß die in Rede stehende Betriebsanlage "zwischen dem 10.3.1987 (gegen 14.30 Uhr) und dem 6.7.1987 (17.10 Uhr)" betrieben worden sei, obwohl die bezeichneten Auflagen nicht eingehalten worden seien. Mit Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0121-5, habe der Verwaltungsgerichtshof diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und habe insbesondere darauf verwiesen, daß die angeführte Beschreibung der Tatzeit nicht als ausreichend angesehen werden könne, und daß es im übrigen an der Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift mangle. Mit Bescheid vom 10. April 1989 habe der Landeshauptmann von Tirol seiner Berufung neuerlich keine Folge gegeben und habe den Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses insbesondere dahin abgeändert, daß ihm nun zur Last gelegt werde, dafür verantwortlich zu sein, daß die Betriebsanlage "vom 10.3.1987 bis 6.7.1987" betrieben worden sei. Auf Grund einer auch gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof abermals mit Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0113-6, diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und habe insbesondere ausgeführt, daß der Spruch des dort angefochtenen Bescheides der Bestimmung des § 44a lit. b VStG 1950 nicht genüge, weil die Tatbeschreibung mangelhaft sei. Die nunmehr erhobenen Vorwürfe betreffend Übertretungen aus der Zeit vor dem 6. Juli 1987 seien mangels einer gehörigen Verfolgungshandlung nicht Gegenstand des Verfahrens erster Instanz gewesen sondern seien in der Berufungsentscheidung vom 24. März 1988 erstmals erhoben worden. Tatsächlich könne nicht vom Vorliegen einer - Übertretungen in der Zeit vor dem 6. Juli 1987 betreffenden - gehörigen Verfolgungshandlung im Straferkenntnis vom 8. Oktober 1987 ausgegangen werden, zumal darin ein konkreter Vorwurf einer vor dem 6. Juli 1987 gesetzten Übertretung nicht erfolgt sei. Eine derartige Verfolgungshandlung hätte vielmehr den Zeitpunkt dieser vor dem 6. Juli 1987 angeblich gesetzten Tat oder den von der Verfolgung erfaßten Zeitraum bestimmt bezeichnen müssen. Die belangte Behörde habe die eingetretene Verfolgungsverjährung somit zu Unrecht außer Betracht gelassen und ihm unzulässigerweise Übertretungen aus der Zeit vor dem 6. Juli 1987 zur Last gelegt. Gemäß § 9 VStG in Verbindung mit § 39 GewO 1973 seien gewerberechtliche Geschäftsführer der Gesellschaft für die Einhaltung der Bestimmungen der Betriebsanlagengenehmigung (verwaltungsstrafrechtlich) verantwortlich. Das Ermittlungsverfahren habe keine Ergebnisse erbracht, die den Schluß zuließen, welcher der beiden gewerberechtlichen Geschäftsführer, die im vorliegenden Fall in Frage kämen, von der Gesellschaft mit der Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften beauftragt worden sei. Fest stehe lediglich, daß mehrere Gewerbe am betreffenden Standort aufrecht angemeldet seien. Wer für die strittige Kühlanlage zuständig sei, sei nicht festgestellt worden. Ferner habe er sich zum Nachweis dafür, daß die Türe der Lüftungseinhausung mit Schanieren befestigt gewesen sei und die überdies erfolgte Anbringung einer - mit einer Schraube befestigten - Platte an dieser Tür nur erfolgt sei, da dies von dem mit der Wartung der Kühlanlage befaßten Unternehmen verlangt worden sei, um bei etwaigen Reparaturen an den Kühlmotor gelangen zu können, das Kühlaggregat aber dennoch allseitig geschlossen eingehaust gewesen sei, in seinem Schriftsatz vom 9. März 1989 auf die Vorführung der Türe bei einem Augenschein der Behörde berufen. Die Aufnahme dieses Beweises habe die Behörde jedoch unterlassen. Der angefochtene Bescheid verweise in diesem Zusammenhang auf einen "Aktenvermerk des Erstreferenten vom 6.2.1989", der so mehr als eineinhalb Jahre nach Besichtung der Betriebsanlage errichtet worden sei und laut dem die "Tür nicht mit einer Scharniere befestigt war". Eine Vernehmung des "Erstreferenten" - nämlich des mit der Erlassung des Straferkenntnisses vom 8. Oktober 1987 befaßten Beamten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, K - als Zeuge habe in diesem Zusammenhang nicht stattgefunden. Die Behörde folge vielmehr bereits seinem "Aktenvermerk" und gehe im übrigen ohne weiteres davon aus, daß der beantragte Lokalaugenschein "im Hinblick auf die zwischenzeitlichen Änderung der Betriebsanlage" unterbleiben habe können, ohne daß erkennbar sei, auf welches Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Behörde ihre Annahmen einer - in Wahrheit nicht stattgefundenen - "zwischenzeitlichen Änderung der Betriebsanlage" stütze. Die Behörde habe somit die Durchführung des vom Beschwerdeführer angebotenen Augenscheins unterlassen, durch den unter Beweis habe gestellt werden sollen, daß die Türe der Lüftungseinhausung zwar auch eine mit einer Schraube befestigte Platte getragen habe, im übrigen aber mit Scharnieren befestigt gewesen sei, sodaß das Kühlaggregat also allseitig geschlossen eingehaust gewesen sei. In seiner Stellungnahme vom 2. April 1991 habe er darauf hingewiesen, daß die Erhebungen vom 8. Februar 1990 auch insofern mangelhaft geblieben seien, als nicht festgestellt worden sei, daß Topfpflanzen in erheblichem Maß in der strittigen Betriebsstätte angeboten würden, wobei diese einen Anteil von 37 % am Gesamtverkaufsvolumen hätten. Er habe dazu die Vornahme eines Augenscheines und die Vernehmung des Zeugen Cornelius P beantragt, weil § 105 GewO 1973 lediglich den Kleinhandel mit "Schnittblumen" umfasse, wohingegen für den Handel mit Topfpflanzen eine Gewerbeberechtigung für das Blumenbindergewerbe notwendig sei. Diesem Antrag sei jedoch nicht Folge gegeben worden. Im weiteren wird in der Beschwerde in diesem Zusammenhang eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellungen über die tatsächliche Art der Gewerbeausübung in der in Rede stehenden Betriebsanlage unter Hinweis darauf gerügt, daß es sich hiebei um eine Vorfrage handle, deren Klärung in diesem Verfahren wegen der Verantwortlichkeit der Geschäftsführer zentrale Bedeutung zukomme. Abschließend wird ausgeführt, selbst wenn man davon ausgehe, daß trotz gegenteiliger Behauptung an diesem Standort das Großhandelsgewerbe ausgeübt werde, stehe damit keinesfalls fest, in wessen Verantwortungsbereich die Kühlanlage falle. Da zwei Geschäftsführer für diese Betriebsstätte verantwortlich seien, stehe keineswegs ohne weiteres fest, von welchem Geschäftsführer der Betrieb der Kühlanlage zu verantworten sei. Eine automatische Zuordnung der Verantwortlichkeit nach der Zugehörigkeit der gekühlten Ware zu einem bestimmten Gewerbe entspreche nicht der Logik. Selbst dann, wenn überhaupt keine Blumenbindertätigkeit ausgeübt werden würde, könne wegen des aufrechten Bestandes einer Gewerbeberechtigung hiefür nicht ausgeschlossen werden, daß der Betrieb des Kühlaggregates dem für das Blumenbindergewerbe verantwortlichen Geschäftsführer obliege.
Zunächst ist der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht in eindeutiger Weise geklärt, welches Gewerbe in der angeführten Betriebsanlage tatsächlich ausgeübt werde, zumal er nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer für das in R, tatsächlich ausgeübte Blumenbindergewerbe sei, folgendes entgegenzuhalten:
In der Beschwerde wird nicht bestritten, daß die X-GesmbH, einer deren bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, Inhaberin der hier in Rede stehenden Betriebsanlage in R, ist, deren Genehmigung mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. Oktober 1985 unter teilweiser unveränderter Übernahme der Spruchbestandteile des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2. November 1984 erfolgte. Nach den hierüber in den Verwaltungsakten erliegenden Bescheidausfertigungen ist aber weder aus dem hiefür in Betracht kommenden Spruchbestandteilen noch auch aus der im zweitbehördlichen Bescheid ersichtlichen Betriebsbeschreibung zu entnehmen, daß die in Rede stehende Betriebsanlage (Verkaufsraum, Lagerräume sowie Kühlraum) auf Tätigkeiten von einzelnen der hier in Rede stehenden Gewerbe der X-GesmbH beschränkt wäre. Im Hinblick darauf und in Ansehung der vom Beschwerdeführer gleichfalls unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach an dem gegenständlichen Betriebsanlagenstandort für sämtliche im angefochtenen Bescheid bezeichneten Gewerbe weitere Betriebsstätten bestehen, kann daher der belangten Behörde - im Ergebnis - keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie den Beschwerdeführer als - in dem von ihm bezeichneten Umfang - bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführer und strafrechtlich Verantwortlichen heranzog, dies unabhängig davon, ob neben dem Beschwerdeführer allenfalls KUMULATIV auch andere Personen (gewerberechtliche Geschäftsführer) strafrechtliche Verantwortlichkeit getroffen hätte. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 367 Z. 26 GewO 1973 stellt nämlich auf die Nichteinhaltung von in Ansehung von gewerblichen Betriebsanlagen vorgeschriebenen Auflagen ab, nicht jedoch (auch) auf die Art der dort tatsächlich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit. Im Hinblick darauf kommt aber auch der Beschwerderüge, die belangte Behörde hätte es unterlassen, festzustellen, welcher der gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Kühlanlage "verantwortlich" gewesen sei, keine entscheidungserhebliche Relevanz zu.
Die Beschwerde erweist sich aber im Hinblick auf folgende Überlegungen als berechtigt:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem aufhebenden Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0121, in Ansehung der auf § 31 VStG gestützten Beschwerderüge zum Spruch des dort betroffenen angefochtenen Bescheides dargetan hat, kann die Anführung der Tatzeit mit "zwischen dem 10.3.1987 (gegen 14.30 Uhr) und dem 6.7.1987 (17.10 Uhr)" schon deshalb nicht als ausreichend angesehen werden, weil daraus nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Begehung eines fortgesetzten Deliktes oder aber - punktuell - zeitlich bezeichnete Einzeltathandlungen zur Last legte, zumal sich die belangte Behörde in der Bescheidbegründung lediglich auf die Durchführung von Erhebungen zu den angeführten Zeitpunkten bezogen habe und der Tatvorwurf zu "1) Auflage I/1" dahin gehe, daß die Tür nicht geschlossen gewesen sei, ein Umstand, der aber nicht etwa schon seiner Art nach eine Tatbegehung im gesamten Zeitraum zwischen den beiden im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Zeitpunkten schlüssig indizieren würde.
Sofern nunmehr die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den von ihr im Spruch bezeichneten Tatzeitraum auf die Feststellung gründet, daß die beiden Auflagen in dieser Zeit dauernd nicht eingehalten worden seien, da der Zustand der Betriebsanlage am 6. Juli 1987 wie bei der Überprüfung am 10. März 1987 gewesen sei und weiters die Tür nicht mit einem Scharnier befestigt gewesen sei, sondern mit vier Schrauben zu befestigen gewesen wäre, sodaß ein Auf- und Abmontieren nur "sehr erschwert" möglich gewesen sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof unabhängig von den in diesem Zusammenhalt in der Beschwerde erhobenen weiteren Sachverhaltsfeststellungsrügen - diese Folgerung im Tatsachenbereich im Rahmen der ihm in diesem Umfang obliegenden Schlüssigkeitsprüfung nicht als zwingend zu erkennen, da danach auch nach der behördlichen Annahme jedenfalls eine andere "Möglichkeit" nicht etwa schlechthin ausgeschlossen gewesen wäre. Diesem Umstand kommt aber insofern Relevanz zu, als bei Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für ein fortgesetztes Delikt im Hinblick auf den dargestellten Spruchinhalt des erstbehördlichen Bescheides ein Schuldspruch für Tatzeitpunkte vor dem 6. Juli 1987 in der für die belangte Behörde als Berufungsbehörde gegebenen "Sachentscheidungsbefugnis" - abgesehen von Fragen der Verjährung im Sinne des § 31 VStG - keine Deckung fände.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung der im Zusammenhang damit erstatteten weiteren Feststellungs- und Erhebungsrüge des Beschwerdeführers bedurft hätte.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für "Barauslagen" angesprochenen Betrag, da solche im Sinne der hiefür maßgeblichen Bestimmungen des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040104.X00Im RIS seit
10.09.1991