TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/10 91/04/0091

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1991
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §103 Abs1 litb Z34;
GewO 1973 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des E in Wien, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1991, Zl. MA 63-E 301/90, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis und Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 28 GewO 1973 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Gewerbe "Masseure" (§ 103 Abs. 1 lit. b Z. 34 GewO 1973) im Standort Wien, Städtisches Hallenbad XY, verweigert (Spruchpunkt 1) und gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1973 festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des am 19. Juni 1989 vom Beschwerdeführer angemeldeten, unter Punkt 1 genannten Gewerbes nicht vorlägen und es wurde die Ausübung des Gewerbes untersagt. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges, der wesentlichen Bestimmungen der Verordnung über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure und des Inhaltes der §§ 28 Abs. 1 und 16 Abs. 2 GewO 1973 aus, der Beschwerdeführer habe im erstinstanzlichen Verfahren eine Bestätigung der privaten Lehranstalt für Berufsausbildung der Körperpflege-Massage-Fußpflege Herricht vorgelegt, wonach er vom 2. Juni 1980 bis 27. Mai 1982 eine Massageausbildung (Gesamtstundenanzahl der Praxisausbildung und Schulung 80 Stunden) absolviert habe. Diese Ausbildung habe folgende Prüfungsfächer umfaßt: Theorie: Bau und Funktion des menschlichen Körpers, Krankheitslehre und Sanitätsverordnung, Körperpflege und Bäderkunde, Hygiene, Erste Hilfe, Massageverbote; Praxis: manuelle Massage, Massage mit Apparaten und Bürstenmassage, Gymnastik aktiv und passiv, Atmung, Saunakunde, Packungen, Bestrahlungen. Laut Äußerung der zuständigen Landesinnung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien sei der Beschwerdeführer in der Folge in mehreren Betrieben insgesamt 1 Jahr, 1 Monat und 13 Tage als Masseur fachlich tätig gewesen. Durch diese in der Befähigungsnachweisverordnung nicht vorgesehene Ausbildung und verhältnismäßig kurze fachliche Tätigkeit erbringe der Beschwerdeführer nicht einmal die Voraussetzungen zur Zulassung zur Befähigungsprüfung. Es könne daher schon deshalb nicht angenommen werden, er besitze sämtliche für die Ausübung des angestrebten Gewerbes erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen in dem Ausmaß, wie sie von einer Person erwartet würden, die die vorgeschriebene Befähigungsprüfung erfolgreich abgelegt habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht nachgewiesen, daß er über die im 3. Teil der Befähigungsprüfung geforderten volks- und betriebswirtschaftlichen sowie kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse verfüge. Da somit die volle Befähigung des Beschwerdeführers für das angestrebte Gewerbe nicht gegeben sei, sei die Verweigerung der Nachsicht von der Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises durch die Erstinstanz zu Recht erfolgt. Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 habe die Behörde auf Grund der Gewerbeanmeldung zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorlägen. Sie habe hiebei von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erstattung der Gewerbeanmeldung auszugehen. Von diesem Grundsatz mache nur § 340 Abs. 6 GewO 1973 eine Ausnahme, wonach eine Gewerbeanmeldung, die vor der rechtskräftigen Erteilung einer erforderlichen Nachsicht oder einer erforderlichen Gleichstellung eingebracht werde, erst ab Rechtskraft der Nachsicht oder der Gleichstellung als erstattet gelte. Diese Regelung finde nur dann Anwendung, wenn das Nachsichts- oder Gleichstellungsansuchen bereits im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung vorliege. Da dies im vorliegenden Fall nicht zutreffe, sei somit die Gewerbeanmeldung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erstattung - also ohne Rücksicht auf das erst später eingebrachte Nachsichtsansuchen und den Ausgang dieses Verfahrens - zu beurteilen, sodaß das Recht zur Gewerbeausübung mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mit der Anmeldung entstanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Gewährung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises für die Ausübung des Gewerbes Masseur gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 34 GewO 1973, gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, nach den im Verfahren vorgelegten Urkunden sowie seinen geschilderten persönlichen Verhältnissen lägen die Voraussetzungen einer Nachsichtsgewährung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a GewO 1973 durchaus vor. Die Feststellung der belangten Behörde, er habe im gesamten Verfahren nicht nachgewiesen, daß er über die geforderten volks- und betriebswirtschaftlichen sowie kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse verfüge, stehe im Widerspruch zum Akteninhalt, da er sehr wohl "namens meines Nachsichtsansuchens" eine entsprechende Bestätigung vorgelegt habe, wonach er im Zeitraum vom 29. Jänner 1983 bis 31. März 1984 Büro- und Verwaltungsdienste geleistet habe und hiebei die betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und kaufmännischen Kenntnisse habe erwerben können.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 ist - sofern eine Verordnung gemäß § 22 Abs. 4 nicht gegenteiliges bestimmt - die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis - ausgenommen vom Erfordernis der Zusatzprüfung gemäß § 99 oder § 102 - zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt und Z. 1 a) ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen und Z. 2 keine Ausschließungsgründe gemäß § 13 vorliegen.

Gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 34 ist die Ausübung des Gewerbes der Masseure an den Nachweis der Befähigung gebunden, welcher zufolge § 1 der Verordnung über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure, BGBl. Nr. 175/1986, durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Prüfung nachzuweisen ist. Zufolge § 4 Abs. 1 dieser Verordnung ist zur Prüfung zuzulassen, wer durch Zeugnisse nachweist

1) den erfolgreichen Besuch der Studienrichtung Medizin an einer inländischen Universität und eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit oder

2) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlußprüfung im Lehrberuf Masseur und eine nachfolgende mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit oder

3) die erfolgreiche Ausbildung zum diplomierten Assistenten für pysikalische Medizin und eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit oder

4) den erfolgreichen Besuch des in der Anlage 1 festgesetzten Lehrganges für Masseure und eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit oder

5) die erfolgreiche Ausbildung zum Heilbademeister und Heilmasseur und eine nachfolgende mindestens vierjährige fachliche Tätigkeit.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist unter einer fachlichen Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 eine hauptberufliche nicht im Rahmen eines Lehrverhältnisses zurückgelegte Beschäftigung im Rahmen einer befugten Berufsausübung zu verstehen; diese Beschäftigung muß überwiegend die in § 2 Abs. 3 genannten Massagetätigkeiten zum Gegenstand haben.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis unter anderem das Vorliegen der vollen (nicht etwa nur einer "hinreichenden") Befähigung. In diesem Sinne umfaßt die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ- geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die (kumulative) Nachsichtsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 erster Satzteil GewO 1973 vorliegt. Wird in einer solchen Vorschrift der Nachweis des Erwerbes gewerblich orientierter Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch eine fachliche Tätigkeit gefordert, so können diese Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch nicht auf eine Gewerbeausübung oder sonstige, den Bestimmungen der Befähigungsnachweisverordnung entsprechende Tätigkeit bezogene Erfahrungen des täglichen Lebens allein nicht ersetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1989, Zl. 88/04/0235).

Da, wie oben dargestellt, die Verordnung über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure als Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung und damit für die Erbringung des Befähigungsnachweises in jedem Fall mindestens eine zweijährige fachliche Tätigkeit voraussetzt, erweist sich entsprechend der dargestellten Rechtslage die durch die belangte Behörde ausgesprochene Verweigerung der vom Beschwerdeführer angestrebten Nachsicht im Hinblick darauf, daß die vom Beschwerdeführer erreichten Zeiten einer einschlägigen fachlichen Tätigkeit dieses Mindestausmaß nicht erreichen, als nicht rechtswidrig. In Hinsicht darauf war ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040091.X00

Im RIS seit

10.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten