Index
L71092 Automatenverkauf Kärnten;Norm
AutomatenverkaufsV Kötschach-Mauthen 1987;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Alois W in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 2. Oktober 1990, Zl. Gew-729/10/89, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0019, den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. September 1989 - mit welchem der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 GewO 1973 in Verbindung mit zwei Tatbeständen der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kötschach-Mauthen vom 21. April 1987 schuldig gesprochen und dafür bestraft worden war -, soweit dieser Bescheid über Strafart und Strafausmaß sowie die Kosten des Strafverfahrens abgesprochen hatte, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und im übrigen die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Ersatzbescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 2. Oktober 1990 wurde der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung, soweit sie die Strafart, das Strafausmaß und die Kosten des Strafverfahrens betrifft, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe "im Sinne der Deliktseinheit" gemäß § 367
Einleitungssatz GewO 1973 auf S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) herabgesetzt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, daß im übrigen die Berufung abgewiesen werde.
Zur Begründung wurde ausgeführt, unter Abwägung des für die Strafbemessung heranzuziehenden Sachverhaltes müsse festgestellt werden, daß das Verhalten des Beschwerdeführers schuldhaft gewesen sei, da ihm jedenfalls die Verordnung bekannt gewesen sei, und er sich somit darüber bewußt hinweggesetzt habe. Der Unrechtsgehalt der Tat des Beschwerdeführers sei als erheblich zu bezeichnen, da die übertretenen Gesetzesbestimmungen im Interesse des Jugendschutzes aufgestellt worden seien und deren Einhaltung daher im öffentlichen Interesse gelegen sei. Mildernde Umstände seien keine hervorgetreten. Erschwerend müßten das
uneinsichtige Verhalten des Beschwerdeführers sowie die seit dem Jahre 1985 regelmäßigen Übertretungen der Gesetzesbestimmung gewertet werden. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Unterlagen wie Vermögensbescheid, Pensionsbescheid u. a., seien trotz behördlicher Aufforderung nicht vorgelegt worden. Aktenkundig sei, daß der Beschwerdeführer
sorgepflichtig für Ehegattin und ein Kind sei, über ein monatliches Einkommen von ca. S 8.000,-- verfüge und ein Wohnhaus in A besitze. Zu der im erstbehördlichen Straferkenntnis ausgesprochenen Strafe in Höhe von 2 mal S 2.500,-- sei zu sagen, daß die unter Punkt a) und b) zusammengefaßten Tathandlungen eine Deliktseinheit bildeten und als fortgesetztes Delikt nur einer Bestrafung unterlägen. Die Bestrafung wegen eines Teiles der fortgesetzten Akte zehre grundsätzlich auch den Strafanspruch hinsichtlich der übrigen Einzelakte auf. Demgemäß sei über den Beschwerdeführer nur eine Strafe für den durch mehrere Tathandlungen verwirklichten Tatbestand zu verhängen gewesen. Ausgehend von dem Verbot der mehrfachen Bestrafung im Zusammenhang mit einem fortgesetzten Delikt erscheine die verhängte Strafe von S 2.500,-- unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Strafrahmen bis zu S 20.000,-- schuldangemessen und den beim Beschwerdeführer anzunehmenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen jedenfalls angepaßt.
Dagegen richtete sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde enthält folgende Erklärung über
den Beschwerdepunkt:
"Der Bescheid wird insbesondere deshalb angefochten, weil dieser in rechtswidriger Auslegung der Bestimmungen der Gewerbeordnung, der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kötschach-Mauthen vom 21.4.1987, sowie der maßgebenden Bestimmungen des VStG und AVG 1950, insbesondere der Bestimmung des § 19 VStG, einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 367 Z. 15 (GewO 1973) in Verbindung mit der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kötschach-Mauthen vom 21.4.1987 als erwiesen annimmt."
Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, werden in der vorliegenden Beschwerde dahin ausgeführt, daß die der Strafbemessung zugrundegelegten Überlegungen der belangten Behörde nicht nachvollziehbar und widersprüchlich seien. Obgleich sich die Voraussetzungen in bezug auf die Beurteilung mehrfach geänderten hätten, sei tatsächlich eine Änderung in bezug auf die Bemessung der Strafhöhe nicht erfolgt. Seitens der Erstbehörde sei in der Begründung ausgeführt worden, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie der Schuldgehalt bei der Bemessung der Geldstrafe entsprechend berücksichtigt worden seien. Tatsächlich hätten der Erstbehörde über in bezug auf die Bemessung der Strafhöhe maßgebende Umstände keine Informationen vorgelegen, sodaß anzunehmen sei, daß die Erstbehörde bei der Bemessung davon ausgegangen sei, daß der Beschwerdeführer noch unternehmerisch tätig sei, daß er weiters keine Sorgepflichten habe und daß er über entsprechende Einkommens- und Vermögensverhältnisse verfüge. Die Erstbehörde habe weiters der Strafhöhe den Strafrahmen im Ausmaß von S 30.000,-- zugrunde gelegt. Die belangte Behörde sei im ersten Rechtsgang ebenfalls von einem Strafrahmen von S 30.000,-- ausgegangen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien aber entsprechend einer ergänzenden Stellungnahme geändert angenommen worden. Trotz dieser entscheidenden Änderung der Beurteilungskriterien habe die belangte Behörde aber keine Änderung der Strafhöhe vorgenommen. Mit dem angefochtenen Bescheid seien wiederum in bezug auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse andere Kriterien zugrunde gelegt worden. Gleichzeitig sei auch der richtige Strafrahmen festgestellt worden. Trotz dieser wesentlichen Änderungen sei keine Änderung der Strafhöhe erfolgt. Seitens der belangten Behörde sei auch keine entsprechende Begründung abgegeben worden. Der bloße Hinweis auf die entsprechende Angemessenheit sei keineswegs als ausreichende Klarstellung anzusehen. Die Beurteilung seitens der belangten Behörde sei daher nicht nachvollziehbar. Die Beurteilungskriterien hinsichtlich des Unrechtsgehaltes seien ebenfalls nicht richtig. Der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verstoß habe keine wesentlichen Nachteile und Folgen nach sich gezogen. Es sei unbestritten, daß die gegenständlichen gesetzlichen Regelungen im Sinne des Jugendschutzes erlassen worden seien. Im gegenständlichen Fall sei aber nicht klargestellt, daß mit diesen Automaten tatsächlich Interessen unmündiger Minderjähriger wesentlich beeinträchtigt worden seien. Die Kenntnis der Verordnung könne erst mit dem Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung seitens der Erstbehörde als erwiesen angenommen werden. Dem Beschwerdeführer müsse aber in diesem Zusammenhang zugute gehalten werden, daß er von einer Gesetzwidrigkeit der Verordnung ausgegangen sei und daß im übrigen das gegenständliche Rechtsgebiet äußerst umstritten sei. Es könne daher keineswegs die Rede davon sein, daß sich der Beschwerdeführer über eine gesetzliche Regelung bewußt hinweggesetzt habe. Darüber hinaus sei unrichtig, daß die Übertretung bereits seit dem Jahre 1985 begangen worden sei, nachdem die gegenständliche Verordnung erst seit dem Jahre 1987 bestehe. Des weiteren sei davon auszugehen, daß sehr wohl mildernde Umstände vorliegen. Die aufgezeigte Problematik der genannten Normen mindere jedenfalls den Unrechtsgehalt der zur Last gelegten Tat. Des weiteren sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer seit Anfang 1989 nicht mehr in der Automatenbranche tätig sei und daher auf die Situierung des gegenständlichen Automaten keinen Einfluß mehr nehmen könne. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei davon auszugehen, daß die belangte Behörde die Entscheidungskriterien nach § 19 VStG 1950 nicht entsprechend berücksichtigt habe und daher den Sachverhalt insoweit rechtlich unrichtig beurteilt habe. Der Begründung des angefochtenen Bescheides sei zu entnehmen, daß die belangte Behörde bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse noch Unklarheiten gehabt habe. Trotz dieses Umstandes habe es offenbar die belangte Behörde nicht für notwendig erachtet, entsprechende ergänzende Erhebungen vorzunehmen bzw. die notwendigen Urkundenanforderungen durchzuführen. Die seitens der belangten Behörde vorgenommenen Beweisaufnahmen seien daher mangelhaft. Folglich sei die belangte Behörde auch zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt. Die vorliegenden Verfahrensfehler seien daher für den Ausgang des Verfahrens von entscheidender Bedeutung.
Soweit sich die Erklärung des Beschwerdeführers über den Beschwerdepunkt auch auf den mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Ausspruch bezieht, daß die Berufung, soweit sie nicht Strafart und Strafausmaß sowie die Kosten des Strafverfahrens betrifft, abgewiesen werde, ist ihm entgegenzuhalten, daß er durch diesen Ausspruch in seinen Rechten nicht verletzt worden sein konnte, weil die Rechtskraft des mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. September 1989 im Verwaltungsrechtszug getroffenen Schuldspruches durch das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0019, nicht berührt wurde.
Im übrigen ist das Vorbringen in der vorliegenden Beschwerde begründet.
Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Ausgehend von dieser Regelung ist der folgende, in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Satz von Bedeutung: "Der Unrechtsgehalt der Tat des Beschuldigten ist als erheblich zu bezeichnen, da die übertretenen Gesetzesbestimmungen im Interesse des Jugendschutzes aufgestellt worden sind und deren Einhaltung daher im öffentlichen Interesse gelegen ist."
Der kausale Nebensatz in dieser Stelle der Begründung des angefochtenen Bescheides stellt lediglich einen Hinweis auf die normative Verknüpfung zwischen § 367 Z. 15 GewO 1973 und den auf § 52 Abs. 4 GewO 1973 gegründeten Verordnungen dar. Das in diesen Verordnungen statuierte Verbot der Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten hat dem Schutz von unmündigen Minderjährigen zu dienen, woraus folgt, daß insofern die Strafbestimmung des § 367 Z. 15 GewO 1973 dem an diesem Schutz bestehenden öffentlichen Interesse dient. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält allerdings keine auf die Bestimmung des § 19 Abs. 1 VStG 1950 bezogene Sachverhaltsfeststellung über das Ausmaß der im vorliegenden Fall eingetretenen Schädigung oder Gefährdung dieses Interesses. Schon insofern wurde der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Im Grunde des § 19 Abs. 2 VStG 1950 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Unter dem Blickwinkel dieser Regelung rügt der Beschwerdeführer zu Recht das Fehlen solcher Sachverhaltsfeststellungen, die eine Beurteilung dahin zuließen, ob sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt bewußt über die zitierte Verordnung hinweggesetzt habe.
Ein Erschwerungsgrund ist es nach § 33 StGB (§ 19 Abs. 2 VStG 1950) insbesondere, wenn der Täter (Z. 2) schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist.
Nach § 55 Abs. 1 VStG 1950 zieht ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses als getilgt.
Gemäß § 55 Abs. 2 VStG 1950 dürfen getilgte Verwaltungsstrafen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden.
Die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens enthalten eine Ablichtung eines mit 10. März 1988 datierten Vorstrafenverzeichnisses (Nr. 16 der Akten des Berufungsverfahrens), welchem Aktenzeichen mit den Zahlen 1984 und auch 1985 zu entnehmen sind, wobei allerdings die Jahreszahl des beigefügten Datums nicht vollständig mitkopiert wurde. Socherart vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit die belangte Behörde in Anbetracht der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 25. Oktober 1990 im Sinne des § 55 VStG 1950 in Verbindung mit § 33 Z. 2 StGB (§ 19 Abs. 2 VStG 1950) Vorstrafen bei der Strafbemessung als erschwerend berücksichtigen durfte.
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - und zwar im Hinblick darauf, daß der Spruchteil, wonach die Berufung im übrigen als unbegründet abgewiesen werde, keinen Ausspruch darstellt, der - unter Bedachtnahme auf den vom Verwaltungsgerichtshof nicht aufgehobenen Schuldspruch des Bescheides der belangten Behörde vom 8. September 1989 - für sich allein bestehen bleiben könnte - zur Gänze aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040333.X00Im RIS seit
11.09.1991